Abendländer hat geschrieben:Ich nehme mit dem, was ich geschrieben habe, nicht nur auf China Bezug, sondern das ist meine grundsätzliche Meinung bezüglich Volksgruppen- und Sprachenpolitik. Und es ist Tatsache, daß manche Eingeborenenvölker Tänze, Trachten, Zeremonien oder sonst etwas zur Belustigung für Fremde vorführen. Inwiefern das in China der Fall ist, kann ich nicht beurteilen. Ich habe nur einmal ein paar Berichte gelesen, wo das behauptet wird. Reine Fremdenbelustigung mag ich grundsätzlich nicht, gleichgültig wo es ist.
Vielleicht solltest du mal die Leute, die sich da vor den Touristen so und ihre kulturellen Eigenschaften "prostituieren" vielleicht einmal fragen, wie sie es empfinden. Denn mitunter stellen diese Folklore- und Trachtendarbietungen für nicht wenige von ihnen eine gute, aber vor allem ordentliche und saubere Tätigkeit dar. Einige machen das sogar, weil sie wirklich Spaß an ihren eigenen Bräuchen und Kulturen haben und sie gerne irgendwie auch ausleben wollen (was aber eher seltener der Fall ist). Und wenn nun einige mit diesen Darbietungen ihr Brot verdienen, dann hat das meine vollste Unterstützung.
Auch aus anderen Gesichtspunkten, denn mitunter ist es manchmal so, dass die ein oder andere kulturelle Eigenheit ohne diese, wenn auch nur zu touristischen Zwecken aufbereiteten Darbietungen, sonst gänzlich verschwinden würden. Siehe z.B. die Schrift der Miao...es gibt in ganz Hunan nur noch 3 alte Miao-Frauen, die diese Schrift noch aktiv beherrschen. Wenn sie sterben (und diese 3 Frauen gehen schon stramm auf die 80+ zu), dann ist die Miao Schrift aus dem aktiven Teil ihrer Kultur wohl für eine lange Zeit, wenn nicht gar für immer, verschwunden. Dadurch, dass sich aber zumindenstens eine Frau von denen mit Hilfe ihrer Kalligraphien im Rahmen einer Folkloreausstellung etwas hinzuverdient, wird diese Schrift irgendwo lebendig gehalten und wer weß, ob nicht vielleicht ein Tourist da besonders Spaß daran bekommt und dann alles tut, um diese Schrift im aktiven Gedächtnis zu bewahren.
Daher haben solche Dinge von mir auf jeden Fall die Unterstützung. Sicher, wirkt es wie in einem Zoo, aber wenn der Zoo dabei hilft, besondere kulturelle Aspekte zu konservieren, sehe ich nichts, was man dagegen haben könnte.
Mir ist es lieber, wenn ich als Besucher Einblick in etwas bekomme, was wirklich noch Teil des Alltags der Menschen ist. Ansonsten ist es unecht. Am liebsten ist es mir, an einer Veranstaltung selbst teilzunehmen.
Dann heiße ich dich in Hunan herzlich willkommen. Ich weiß nicht, wie es bei anderen Minderheitendarbietungen in anderen Regionen aussieht, aber dort in der Autonomen Region Xiangxi im Westen Hunans wird man als Zuschauer immer übelst in die Festivitäten eingezogen, da muss man dann mittanzen oder mitsingen oder aber mitsaufen...
Ja, mir ist genau bekannt, daß es in China 56 anerkannte Volksgruppen gibt. Genauso weiß ich, daß es nicht eine einzige chinesische Sprache gibt, sondern vielmehr mehrere chinesische Sprachen. Übereinstimmend wird davon berichtet, daß sie überwiegend im Alltag noch gesprochen werden. Eine Entwicklung hin zum Putonghua als vorwiegend gesprochene Alltagssprache soll es vor allem in Großstädten wie z. B. Shanghai geben, wo sehr viele Menschen von außen zugewandert sind. Wenn die Berichte wahr sind, so sehe ich die sprachliche Vielfalt in China auf lange Sicht durchaus bedroht. Die USA und Deutschland sind abschreckende Beispiele von kultureller Verödung. Deshalb fande ich eine Politik der Zweisprachtigkeit in China besser als die Nur-Putonghua-Politik.
Gebe ich dir Recht, solange du zugleich auch die Forderung erhebst, dass Putonghua zwingend Erstsprache sein muss und die Regionalsprachen erst danach kommen. Denn wenn nicht und es umgekehrt gehandhabt wird, dann kann den Kindern, die so in einer Zweisprachigkeit schulisch erzogen werden eine Menge im Hinblick auf die Zukunft verbaut werden. Denn ein Kind, dass dann kein richtiges Putonghua beherrscht, weil es in der Schule als Erstsprache seinen Heimatdialekt gelernt hat, wird es dann später mal verdammt schwer haben hier in China...
Was die Angleichung der nicht-chinesischen Völker angeht, besteht eben keine Einigkeit, ob es die Absicht der Angleichung an die Chinesen gibt oder nicht. Deshalb suche ich hier ja den Austausch, um der Wahrheit näher zu kommen. Ich habe mich auf einen Beitrag auf diesem Forum bezogen, als ich das mit dem Schielen nach allem Chinesischen seitens tibetischer Jugendlicher schrieb. Wenn Jugendliche freiwillig kein Tibetisch mehr im Alltag sprechen wollen, dann kann man das nicht einfach der Regierung vorwerfen.
Es gibt keinen Masterplan der chinesischen Regierung, der diese kulturelle Besonderheiten hinwegbügeln und alles vereinheitlichen will. Jedenfalls ist mir so was noch nicht zu Ohren gekommen (<- daher nur eine Vermutung meinerseits). Diese Angleichung findet wohl in der Mehrheit von den betroffenen Menschen selbst aus statt. Was in dieser Frage immer bemüht wird als Beispiel, ist dann die Kulturrevolution, aber sie richtete sich in erster Linie gegen mutmaßliche falsche "Götzen", die den Alleinregierungsanspruch der KP in irgendeiner Form hätten streitig machen können. Aber Sprachen sind davon überhaupt nicht betroffen gewesen, da Sprachen alleine keine Gefahr für den Machtanspruch der KP darstellten. Dazu hat es schon ein wenig mehr bedurft, dass da die Roten Garden über einen hergefallen wären.
Jedoch sage ich das unter Vorbehalt, da ich jetzt nicht so der Kenner der Kulturrevolution bin.
Ein Volk, dessen Mehrheit auf seine Herkunft stolz ist, wird niemals freiwillig seine Sprache aufgeben. Die Berichte über die Tibeter sind eben sehr widersprüchlich.
Was heißt schon Stolz? Ich glaube, den Menschen ist es wichtiger, etwas zu essen und zu trinken und ein Dach über den Kopf zu haben, als ihre kulturellen Verwurzelungen. In meinen Augen erscheint das logisch.
Was die (muslimischen) Zuwanderer in Europa angeht, ist das kein Stolz mehr, sondern Eigensucht. Ich hätte nichts dagegen, wenn die in ihren eigenen Vierteln wohnen und dort Türkisch sprechen. Aber ich habe etwas dagegen, wenn manche von denen das Ziel haben, sich immer mehr auszubreiten und uns ihre Vorstellungen aufdrücken wollen. Wenn sie mit mir als Einheimischen in Verbindung treten wollen, verlange ich von denen, daß sie Deutsch sprechen.
Ich denke mal, dass dir noch niemand begegnet ist, der dich zwingen hat wollen, Türkisch zu reden, oder? Denn wenn doch, dann ist das in der Tat sehr schlimm...
Übertragen auf China finde ich, ist es recht und billig, daß Tibeter von allen, die sich in ihrem Siedlungsgebiet niederlassen, erwarten, daß sie mit ihnen Tibetisch sprechen. Selbstverständlich erwarten Pekinger zu recht, daß Leute, die dort leben, mit ihnen Mandarin sprechen.
Tun sie das? Der Pekinger schlechthin müsste doch demnach erwarten können, dass alle den Beijing Standard Dialekt sprechen können, aber wer von den Hinzugewanderten aus Südchina und auch dem Ausland kann das schon? Also ich kann jedenfalls dieses unglaubliche "R" an fast jeder Endsilbe nicht sprechen...und lass es dann auch lieber...
Der ansässigen Urbevölkerung eines Landes gestehe ich die meisten rechtmäßigen Ansprüche zu und den neuesten Einwanderern am wenigsten, sofern sie sich nicht der Urbevölkerung angepaßt haben.
Was heißt schon "Urbevölkerung"? Wer ist denn wo wie und ab wann "Urbevölkerung". Sowas wie Urbevölkerung gibt es eigentlich nicht (vielleicht noch die australischen Aborigines?), denn es gibt fast nur Wandervölker, die irgendwann mal in grauer Vorzeit mal aus jener Richtung, mal aus dieser Richtung in ein Gebiet eingwandert sind, dort mal kürzer oder mal länger zugebracht haben und dann mitunter weitergezogen sind. Das gilt auch für die Tibeter, die dort im Himalaya nicht schon seit den ältesten Urzeiten dort hocken, sondern auch sie sind da "nur" eingewandert.
Thank you for your contribution to China's flourishing and prosperity! 感谢你为祖国繁荣昌盛作出的贡献!