Taxigespräche...wie ich sie vermisst habe! ^^

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RoyalTramp
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Taxigespräche...wie ich sie vermisst habe! ^^

Beitrag von RoyalTramp »

So, auch auf die Gefahr hin, dass dies schon mal irgendwo angesprochen worden ist...aber mit der SuFu habe ich mit den mir sinnvollen Stichworten keinen Treffer gelandet, aber auch keine Lust da jetzt 1000 Wortkombinationen auszuprobieren, um am Ende vielleicht trotzdem herauszufinden: Hey...es gab dazu noch keinen Topic. Daher schon mal vorab an ALLE: Sorry, sollte das Thema bereits einmal besprochen worden sein.

Und zwar geht es um Taxigespräche...die wir doch eigentlich...sofern wir schon in China waren...alle kennen dürften. Nur, könnt ihr euch vorstellen, dass man sie sogar vermissen kann? ^^

Aktuell geht es darum, dass ich gerade eben zur Schule geheizt bin und weil ich dieses Mal keine Lust hatte, das Fahrrad zu nehmen, habe ich dieses Mal ne Taxe zur U-Bahn-Station genommen, was ich hier in Shanghai sehr sehr selten tu, da der Verkehr auf den Straßen eh häufig eine Taxifahrt völlig sinnentfreit erscheinen lässt. Jedenfalls kam ich mit dem Taxifahrer ins Gespräch, nachdem ihn mein Chinesisch ein wenig verblüfft hatte und habe mit ihm über die typischen Themen unterhalten, wie wie lange hat man Chinesisch gelernt, was macht man in Shanghai etc. Und natürlich hat er mich auch gefragt, woher ich komme und ich habe im Affekt natürlich sofort "Deutschland" gesagt und damit einen Gesprächsfaden eröffnet, den ich schon so ewig lange nicht mehr hatte...

Ihr könnt Euch sicher denken, welchen Gesprächsfaden ich meine, denn sobald man sich als Deutscher outet, dann ist es nur noch einen Sprung bis zu diesem Thema, denn in China ist Deutschland neben der Automobilindustrie natürlich für eines sehr bekannt: Hitler und die Nazis. Ich weiß nicht...seit ich jetzt in Shanghai bin, ist es mir jetzt vielleicht gerade mal 2 Mal passiert, dass man sich mit mir darüber unterhalten hat...als ich damals in Zhangjiajie war, da war es auf wirklich jeder Taxifahrt DAS Thema Nummero 2 (nach Benz und BMW)...von daher...als der Taxifahrer gerade eben davon angefangen hat, war in mir der erste Gedanke: "Mensch! Darüber habe ich mich ja jetzt schon ewig nicht mehr mit einem Taxifahrer unterhalten!" Ist es euch schon mal ähnlich gegangen, dass ein Thema, dass man als Deutscher üblicherweise eher vermeidet, so richtig "vermissen" kann?

Übrigens verlief das Gespräch in den gewohnten Bahnen: Deutsche - Germanen - fähigste Volksgruppe der Geschichte - Hitler - für das Germanentum - ein Held - Visionär - hat Großes für sein Volk geleistet - (konzessiv eingeräumt: auch wenn es scheiße war - aber immerhin) - hat Deutschland von einem rückständigen Staat zu einer modernen Industriemacht gewuchtet (egal - auch wenn Millionen von Opfer - die hatte Mao auch, aber ohne den keine "Befreiung") - ohne ihn würde Deutschland in der industriellen Produktion weltweit nicht so erfolgreich sein und und und...

Abgesehen von der Frage, ob ihr diese Gespräche auch manchmal vermisst, wie sieht das bei Euch aus? Wie verhaltet ihr Euch in solchen Situationen? Lasst ihr euch dann auf ein solches Gespräch dann ein? Oder steigt ihr z.B. stumpf aus und nehmt das nächste Taxi? Wie reagiert ihr? Me: Ich habe eher ein unverkrampftes Verhältnis zur neueren deutschen Geschichte und lasse mich immer gerne auf solche Gespräche ein, in denen ich die Euphorie des Gegenübers ein wenig bremsen kann... (ich olle Spassbremse) ^^
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Bernhard
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Re: Taxigespräche...wie ich sie vermisst habe! ^^

Beitrag von Bernhard »

also erst mal beneide ich dich, dass du so gut chinesisch kannst. Ich würde es auch gern können, aber ich weiß, dass ich es nie schaffen werde. Meine "Taxigespräche" beschränkten sich darauf, woher ich komme und ob ich verheiratet bin, und ob der Fahrer verheiratet ist und Familie hat :?

Dann.... Ich wäre wohl aus dem Taxi nicht ausgestiegen. Hätte aber auch nicht gewusst, was ich dem Fahrer hätte antworten sollen. Ich könnte ihm nicht in allerkleinsten Teilen zustimmen. Hätte ihm höchstens höflich erklären können, dass die Sicht der allermeisten Deutschen und aller anderer Westler eine völlig andere ist.

Ich hoffe, dass nicht die Mehrheit der Chinesen so denkt wie der Taxifahrer. Denn, vereinfacht gesagt, lautet diese Sichtweise doch:
Wenn's mal mit einem Land gar nicht mehr läuft, wenn die Situation komplett verworren ist und eine Entwicklung zum Besseren völlig außer Reichweite erscheint - dann nur mal mit dem Hammer drauf schlagen. Davon krepieren zwar ein Haufen Menschen, aber danach geht's wieder.
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Grufti
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Re: Taxigespräche...wie ich sie vermisst habe! ^^

Beitrag von Grufti »

Ein Taxifahrer aus Beijing sagte mir einmal auf dern Kopf zu, daß ich aus Deutschland komme, da ich die Fahrt auf einem genauen Stadtatlas verfolgt hatte...
Früher ging es uns gut. heute geht es uns besser...
Es wäre aber besser , es ginge uns wieder gut !
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RoyalTramp
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Re: Taxigespräche...wie ich sie vermisst habe! ^^

Beitrag von RoyalTramp »

Bernhard hat geschrieben:Ich hoffe, dass nicht die Mehrheit der Chinesen so denkt wie der Taxifahrer. Denn, vereinfacht gesagt, lautet diese Sichtweise doch:
Wenn's mal mit einem Land gar nicht mehr läuft, wenn die Situation komplett verworren ist und eine Entwicklung zum Besseren völlig außer Reichweite erscheint - dann nur mal mit dem Hammer drauf schlagen. Davon krepieren zwar ein Haufen Menschen, aber danach geht's wieder.
Mit Gewissheit kann ich es nicht sagen, aber der Eindruck ist schon, dass Chinesen im Allgemeinen eine durchaus positive Haltung gegenüber Hitler und Nazi-Deutschland vertreten, ohne ihn aber gleich zum Heiligen zu erklären. Manchmal passiert es aber auch, dass der ein oder andere direkt seine Bewunderung für Hitler-Deutschland ausspricht: Ein Mann...ein Volk...das lange Zeit gegen halb Europa gekämpft und gesiegt hat. Da ist man dann manchmal echt ein wenig überrumpelt und denkt sich: "Ah...wie bitte?" Man weiß dann nie, ob der gegenüber das nur so daher sagt, um jemandem zu "schmeicheln" (ein leichtes Missverständnis) oder ob dahinter wirklich eine gewisse Überzeugung steckt, dass "Hitler" wirklich ein "Töften" gewesen wäre. Da bin ich mir manchmal nicht so sicher...
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Re: Taxigespräche...wie ich sie vermisst habe! ^^

Beitrag von RoyalTramp »

Grufti hat geschrieben:Ein Taxifahrer aus Beijing sagte mir einmal auf dern Kopf zu, daß ich aus Deutschland komme, da ich die Fahrt auf einem genauen Stadtatlas verfolgt hatte...
Das ist ja mal cool! Der Typ heute war da auch nicht schlecht...auf die Frage, wie lange ich denn Chinesisch gelernt hätte, antwortete er sich prompt selber "5 Jahre?" und das ist korrekt! Ich frage mich, woher der Typ das wusste! ^^
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Re: Taxigespräche...wie ich sie vermisst habe! ^^

Beitrag von HK_Yan »

RoyalTramp hat geschrieben:Jedenfalls kam ich mit dem Taxifahrer ins Gespräch, nachdem ihn mein Chinesisch ein wenig verblüfft hatte
Dazu reicht in der Regel ein 你好.

Taxifahrer sind aber in der Tat gute Testobjekte.
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Re: Taxigespräche...wie ich sie vermisst habe! ^^

Beitrag von RoyalTramp »

HK_Yan hat geschrieben:
RoyalTramp hat geschrieben:Jedenfalls kam ich mit dem Taxifahrer ins Gespräch, nachdem ihn mein Chinesisch ein wenig verblüfft hatte
Dazu reicht in der Regel ein 你好.
Nicht mehr. Man muss schon mindestens noch den Zielort und den auch noch akzentfrei auf Chinesisch wiedergeben, um Taxifahrer hier in Shanghai noch von den Socken zu reißen. Ein 你好 gehört hier mittlerweile zum Minimum, was sie scheinbar von einem Ausländer (in meinen Augen auch zurecht) erwarten. Noch größer wäre das "Oho" selbstverständlich, wenn man hier den Shanghai Dialekt beherrschen würde, aber den kenne ich nicht.
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Re: Taxigespräche...wie ich sie vermisst habe! ^^

Beitrag von HK_Yan »

RoyalTramp hat geschrieben:Noch größer wäre das "Oho" selbstverständlich, wenn man hier den Shanghai Dialekt beherrschen würde, aber den kenne ich nicht.
Dann sag einfach: Sang Häe Wu Gan Ve Läe
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Re: Taxigespräche...wie ich sie vermisst habe! ^^

Beitrag von RoyalTramp »

HK_Yan hat geschrieben:Dann sag einfach: Sang Häe Wu Gan Ve Läe
Mach' ich, wenn eine unabhängige Quelle bestätigt, dass das nix "Schweinisches" ist. ;)

P.S.: Ich bin da jetzt eigentlich gar nicht so im Bilde...warst du chinesischer Muttersprachler? Ich werde alt...weil, wenn, dann würde mich mal interessieren, ob du auch in solche Gespräche im Taxi verwickelt wirst, oder überhaupt nicht. Worüber unterhalten sich Chinesen z.B. im Taxi? ^^
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Re: Taxigespräche...wie ich sie vermisst habe! ^^

Beitrag von HK_Yan »

RoyalTramp hat geschrieben:
HK_Yan hat geschrieben:Dann sag einfach: Sang Häe Wu Gan Ve Läe
Mach' ich, wenn eine unabhängige Quelle bestätigt, dass das nix "Schweinisches" ist. ;)

P.S.: Ich bin da jetzt eigentlich gar nicht so im Bilde...warst du chinesischer Muttersprachler? Ich werde alt...weil, wenn, dann würde mich mal interessieren, ob du auch in solche Gespräche im Taxi verwickelt wirst, oder überhaupt nicht. Worüber unterhalten sich Chinesen z.B. im Taxi? ^^
Da bedeutet: Ich versteh kein Shanghainesisch.

Das kommt aber nur gut an wenn der Fahrer aus SH kommt, die meistens sind selber Fremdsprachler in SH.

Bin zwar Muttersprachler, aber nur für deutsch.

Meine Themen sind immer Sprachen. Das ergibt sich immer schnell weil Fahrer fast immer von woanders sind. Das geht dann so:

ich: 你是哪的人?
er: 我是xxx人
ich: 啊,但是你的普通话不错了
usw usw

oder:
er: 我是湖南人
ich: 啊,知道,阜南 (Funan, lokale Aussprache von Hunan)

Das führt immer zu lustigen Gesprächen.
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Re: Taxigespräche...wie ich sie vermisst habe! ^^

Beitrag von RoyalTramp »

Ist natürlich auch geschickt! Anstatt sich vom Fahrer ausquetschen zu lassen, den Fahrer ausquetschen. Und bevor das Thema dann auf Deutschland und Hitler kommt, ist man dann bereits am Ziel. *hehe* ^^
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Re: Taxigespräche...wie ich sie vermisst habe! ^^

Beitrag von Laogai »

Bernhard hat geschrieben:Ich hoffe, dass nicht die Mehrheit der Chinesen so denkt wie der Taxifahrer. Denn, vereinfacht gesagt, lautet diese Sichtweise doch:
Wenn's mal mit einem Land gar nicht mehr läuft, wenn die Situation komplett verworren ist und eine Entwicklung zum Besseren völlig außer Reichweite erscheint - dann nur mal mit dem Hammer drauf schlagen. Davon krepieren zwar ein Haufen Menschen, aber danach geht's wieder.
Doch, genau so denkt die Mehrheit der Chinesen. Deswegen wird ja auch Mao so unkritisch reflektiert. Allerdings gibt es eine große Ausnahme von dieser engstirnigen Sichtweise: Japan!

Wenn mir gegenüber einer mit der dumpfen Lobhudelei auf Hitler anfängt mutiere ich oft zum glühenden Anhänger des japanischen Kaiserreichs. War doch toll, was die Japaner während WWII in China und anderswo so alles geleistet haben. Schade nur, dass sie kapitulieren mussten...
Meist muss ich mir danach ein anderes Taxi suchen :(
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Re: Taxigespräche...wie ich sie vermisst habe! ^^

Beitrag von RoyalTramp »

Du lebst gefährlich. ;)

Nachgehakt: Soooo unkritisch wird er nicht reflektiert, aber du wirst kaum einen Chinesen finden, der sagt, dass Mao nur Scheiße war. Aber dass er Scheiße gebaut hat, daraus machen die Chinesen keinen Hehl. Aber sie sehen das Gute im Menschen und sagen sich: "Er hat das alles ja nur zum Wohle des Volkes gemacht." Wer sind wir, den Chinesen jetzt da vorhalten zu wollen, dass er es nicht zum Wohle des Volkes gemacht hat? Ich meine...ich war nicht dabei und habe Mao auf Schritt und Schritt begleitet, um nicht vielleicht auszuschließen, dass er nicht in Teilen tatsächlich an das Wohl des Volkes gedacht hat. Ich kann es von daher zumindestens nicht ausschließen. ;)
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Re: Taxigespräche...wie ich sie vermisst habe! ^^

Beitrag von Laogai »

Och nö, nicht schon wieder eine Mao-Diskussion :(
Meine Meinung zu dem Kerl habe ich bereits an anderer Stelle kundgetan.
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Re: Taxigespräche...wie ich sie vermisst habe! ^^

Beitrag von beowulf »

laogai hat geschrieben:
Bernhard hat geschrieben:Ich hoffe, dass nicht die Mehrheit der Chinesen so denkt wie der Taxifahrer. Denn, vereinfacht gesagt, lautet diese Sichtweise doch:
Wenn's mal mit einem Land gar nicht mehr läuft, wenn die Situation komplett verworren ist und eine Entwicklung zum Besseren völlig außer Reichweite erscheint - dann nur mal mit dem Hammer drauf schlagen. Davon krepieren zwar ein Haufen Menschen, aber danach geht's wieder.
Doch, genau so denkt die Mehrheit der Chinesen. Deswegen wird ja auch Mao so unkritisch reflektiert. Allerdings gibt es eine große Ausnahme von dieser engstirnigen Sichtweise: Japan!

Wenn mir gegenüber einer mit der dumpfen Lobhudelei auf Hitler anfängt mutiere ich oft zum glühenden Anhänger des japanischen Kaiserreichs. War doch toll, was die Japaner während WWII in China und anderswo so alles geleistet haben. Schade nur, dass sie kapitulieren mussten...
Meist muss ich mir danach ein anderes Taxi suchen :(
Sorry - deine sprachliche Kompetenz dürfte nicht so schlecht sein, aber von den chinesischen Denkweisen hast du 0 Ahnung.
Du urteilst und interpretierst rein aus deiner eigenen westlichen, gelernten Position heraus (wie übrigens viele Menschen - auch Chinesen machen das so).

Möchtest du positives über Hitler hören? Fahr nach Indien. Da wirst du noch extremere Aussagen hören. Die Inder sind aber so tolle Demokraten, wie kann das den sein?. ;-) Ich glaube spätestens hier versteht du die Welt nicht mehr, stimmts?
Der Punkt ist der, dass Inder über Hitler aus ihrem Kontext heraus reden, genauso wie die Chinesen. Sie verbinden mit dem Thema ganz andere Sachen wie wir. Bei uns ist Hitler ein Dämon der die Deutschen mit magischen Sprüchen hypnotisiert hat und furchtbare Verbrechen begangen hat. In Indien ist er der Mann, der die fremden Besatzer (die Engländer) herausgefordert hat und dadurch massgeblich zur Schwächung des britischen Empires beigetragen hat, was einen Einfluss auf die Unabhängigkeit Indiens hatte.

Natürlich wissen die Inder und Chinesen von den Verbrechen Hitlers. Natürlich verurteilen sie diese. Aber die Verbrechen Hitlers sind dort nicht im Vordergrund* - im Gegensatz zu uns.
Ähnlich wie die japanischen Kriegsverbrechen bei uns. Die Deutschen verurteilen diese auch, aber richtig viel wissen tut man nicht darüber und die Assoziationen die mit Japan des WK2 verknüpft werden sind in erster Linie Atombombe, Kamikaze Flieger und tapfere Soldaten.
Das Ausmaß der japanischen Kriegsverbrechen ist kaum bekannt bzw. steht nicht im Vordergrund. In der Assoziationskette ist es eigentlich eher weiter hinten gereiht.
Wäre dies im Vordergrund und würden die japanischen Soldaten des WK2 gleich bewertet werden wie die Nazis, gäbe es bei uns eine wirkliche Empörung und Entsetzen über die Yasakuni Schrein Besuche oder Filme wie z.B. Letters from Iwojima wären stark in Kritik bzw. könnten niemals gedreht werden. Die Darstellung des japanischen Kommandanten (Ken Watanabe - der hier einfach seine heroisch-exotische Rolle aus Last Samurai noch einmal spielt) als ehrenvoller, selbstaufopfernder, weltoffener und intellektueller Samurai Krieger hätte zu Entsetzensschreien geführt.



Aus der chinesischen Schilderung dieses Taxlers, kann man einiges herauslesen. Aber nicht, dass was du herausliest bzw. herauslesen möchtest. Der nimmt Hitler und die deutsche Geschichte zum Anlass, Verständnis bei dir für die chinesische Entwicklung zu suchen. Er nimmt ihn als Beispiel, dass sich Deutschland auch erst über eine Diktatur von einem rückständigen, zerrissenen, Kriegsgeplagten und armen Land hin zu einem modernen, reichen, demokratischen und fortschrittlichen Staat entwickeln konnte. Was natürlich ein Blödsinn ist und deutlich zeigt, dass er die deutsche Geschichte nicht kennt und welche Assoziationen und Reflexe er bei Deutschen mit dem Begriff Hitler auslöst.
Sonst hätte er nämlich Bismarck gesagt. :lol:


*
Bzw. werden wieder aus dem eigenen Kontext heraus, andere Assoziationen mit den Verbrechen geknüpft. Wenn man einen Deutschen zu den Verbrechen befragt, werden mit ziemlicher Sicherheit die Wörter Auschwitz, Dachau, Judenverfolgung etc. fallen. Wenn man einen Chinesen dazu befragt, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass eher der Kniefall von Willy Brandt und die Entschuldigung der Deutschen positiv erwähnt wird. Das sagt uns zwei Dinge:
1. Da die Chinesen dies so positiv erwähnen, kann man schon mal mit Sicherheit ausschliessen, dass die Chinesen die deutschen Kriegsverbrechen gutheißen.
2. Da die Chinesen nicht unter deutschen Kriegsverbrechen leiden mussten, kann man wohl auch ausschliessen, dass diese einen persönlichen Bezug zur Entschuldigung haben. Warum also diese explizite Erwähnung? Weil sie aus ihren Kontext heraus denken - und hier ist der Kniefall von Willy Brandt der positive Gegenpol zu den japanischen Kniefällen am Yasakuni Schrein. Es geht also gar nicht so um die Verbrechen der Deutschen, sondern darum was die Chinesen sich von den Japanern erwarten.
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