TomXian hat geschrieben: ↑20.09.2023, 15:47
Ich habe Dir immer zugutegehalten, dass Du noch nie in China warst.
diese "Schwanzvergleiche" wer wie lange in China war, finde ich immer doof. Aber wenn Du es unbedingt wissen willst: ich war vor 19 Jahren das erste Mal in China, noch als Student als Praktikant bei einem JV in Xian für ein Dreivierteljahr. Seither bis zum Ausbruch von Corona jedes Jahr mindestens einmal beruflich und/oder privat. Nach Corona bislang nur einmal und nur privat für zwei Wochen Mai diesen Jahres.
Ich denke, ich kenne daher China ganz gut, wenn auch vor allem aus der Zeit vor Corona und tatsächlich musste ich gerade bei dem letzten Besuch feststellen, dass heute nach Corona sich sehr viel verändert hat und meine Erfahrungswerte aus der Vergangenheit nicht mehr so nützlich sind.
Übrigens arbeite ich im Bahnsektor, damals bei einem Zulieferer für Infrastruktureinrichtungen und Signaltechnik, seit 10 Jahren nun im Rolling Stock Bereich für einen Logistikdienstleister. Zu einem Tarifexperten macht mich das allerdings nicht.
TomXian hat geschrieben: ↑20.09.2023, 15:47
Die Anzahl dieser Plätze ist ohnehin klein. Tagsüber fahren fast nur noch G Züge, also ICE-Kopien.
Wenn ich in der Bahn-App für morgen schaue, sehe ich für die Verbindung Xian-Shanghai 19 G/D Direktverbindungen, von denen noch 8 freie Plätze in der 2 Klasse haben (600-700 RMB); und ich sehe 12 Z/K Direktverbindungen, von denen noch 7 freie Plätze in Hard Seater haben (180 RMB). Dass "fast nur noch" HighSpeed Trains fahren, würde ich so nicht sehen. Richtig aber, bei mindestens 15h Fahrzeit sind die meisten K Züge Nachtzüge. Das war aber schon immer so, die HighSpeed Trains, die die Verbindung am Tage schaffen, haben keine konventionellen Züge ersetzt, sondern sind nur ergänzend dazugekommen.
TomXian hat geschrieben: ↑20.09.2023, 15:47
Und hoer auf Leute zu belehren, wo Du doch noch nie auch nur eine Fahrkarte in China je erworben hast.
da ich nicht nur im Bahnsektor arbeite, sondern auch Bahn-Fan ("Pufferküsser") bin, habe ich schon einige hundert Bahnfahrkarten erworben. Ja, die Preise haben angezogen, aber die Leistung ist eben auch sehr viel besser geworden (Komfort, Geschwindigkeit)...
Habe gerade mal nachgeschaut, meine allererste Bahnfahrt in China war am 4.9.2004 von Xian nach Baoji mit N387 für 16 RMB, und am gleichen Tag zurück mit 2262 für 14 RMB.
Würde ich diese Fahrt morgen machen wollen, würde sie mich pro Richtung zwischen 28.5 RMB (K) und 51.5 RMB (G/D) kosten. Vergleichen kann man nur Gleiches mit Gleichem, also nur den Preis der konventionellen Züge.
Eine ungefähre Verdopplung des Preises in 19 Jahren entspricht einer Preissteigerung von ca. 3.8% pro Jahr. Das dürfte eher unter der Inflation und der Lohnentwicklung in China in dieser Zeit liegen, also ist Bahnfahren seither eher billiger und nicht teurer geworden!
Der entscheidende Punkt ist dieser: die Hochgeschwindigkeitszüge sind nicht Teil der Daseinsvorsorge. Sie sind ein Angebot für die, die einen gegenüber dem Grundangebot höheren Komfort oder kürzere Reisezeit wollen und daher auch bereit sind, dafür mehr zu bezahlen. Das Angebot konventioneller Züge zu niedrigen Preisen ist nur geringfügig eingeschränkt worden, die Hochgeschwindigkeitszüge sind im Kern einfach ergänzend dazugekommen.
Die Diskussion, ob diese Preise gerechtfertigt sind, ist alt, kann mich erinnern, dass nach Eröffnung der HSR Wuhan-Guangzhou 2010 eine sehr hitzige Diskussion dazu ausbrach, zumal dort im Zuge dessen 13 der 45 konventionellen Verbindungen gestrichen wurden. Aber schlussendlich muss man eines sagen: für Sparsame gibt es die billigen Züge, wer viermal so schnell reisen will, darf auch viermal soviel bezahlen... Da die HSR zumeist voll sind, wäre ein günstigerer Reisepreis auch nutzlos, die Nachfrage ist bei diesem Preis vorhanden, mehr Tickets und damit mehr Reisende gäbe es bei niedrigerem Preis für HSR auch nicht.
Das ist anders als in Deutschland.
Ob die Chinesischen Bahnen nun zuviel Neubau betrieben haben, darüber kann man unterschiedliche Meinungen haben. Aber trotz allen Ausbaus ist das Bahnnetz noch immer weitaus dünner als in den meisten anderen Ländern.
In Deutschland zB. haben wir zB. 94m Strecke pro 1km^2 Landesfläche, in sehr bahn-dichten Ländern wie Schweiz, Belgien oder Tschchien sind es sogar 136, 122, 117m. in den USA sind es 29,8m, in China hingegen nur rund 13m! Wenn man auf die Bevölkerung bezieht, so hat jeder Deutsche rund 41cm Schiene, jeder Schweizer rund 65cm Schiene, jeder Chinese hingegen nur 9cm Schiene.
Nicht einmal die Dichte des Highspeed Netzes Chinas ist besonders groß, Japan hat 9m Highspeed Rail pro 1km^2, Deutschland 8,5m, Frankreich 6m, China hingegen nur 3,3m.
Der Ausbau der Bahn in China war nur ein Nachholen eines zu lange vernachlässigten Teils der Grundversorgung und müsste im Prinzip noch einige Jahrzehnte in gleicher Geschwindigkeit fortgesetzt werden, um auch nur näherungsweise auf westlichen Stand zu kommen. (und um mir noch ein paar Jahrzehnte mein Einkommen zu sichern
)