Re: Politische Ziele der Zero-Covid-Politik - "Verschwörungstheorien"
Verfasst: 12.05.2022, 18:32
Bürgerkrieg, (Konter-) Revolution ... huch!otternase hat geschrieben: ↑12.05.2022, 17:30Jein
Vorrangig dachte ich zwar in der Tat an Taiwan, aber nicht nur. Es gibt weitere Grenzkonflikte Chinas, denkbares Szenario könnte aber auch ein interner Bürgerkrieg sein. Vielleicht auch eine Mischung aus Beidem: zB eine Farbenrevolution in Kasachstan (Anfang des Jahres gab es da ja bewaffnete Aufstände), die über die Grenze nach Xinjiang überschwappt, muslimische Aufstände dort, die militärisch niedergeschlagen werden müssen und in der Folge ausländische Einmischung durch Handelssanktionen gegen China durch arabische und/oder westliche Staaten…
Nur als Beispiel.
Momentan ist Hongkong ruhig, aber potentiell hätten die Demonstrationen dort auch in einen militärischen Konflikt ausarten können…
Oder vielleicht sogar ein Konflikt, in den China nur reingezogen wird, zB Nordkorea-USA…
Vermutlich ist das so, aber es ist nicht zwingend, dass Xi hier die freie Wahl haben wird. Bevor es zu einem bewaffneten Konflikt kommt, gibt es fast immer eine beidseitige Eskalation, deren Spin nicht eine Partei allein bestimmen kann!
Was eine "Revolution" angeht, hat Franka Lu [veröffentlicht in der FAZ und in der ZEIT] mal mit Sozialwissenschaftlern zusammengetragen, dass Chinesen im Grunde [gewollt] unpolitisch sind, über politische Prozesse und Entscheidungen in der Regel nicht informiert sind und deshalb die Beurteilung Beijings nur an der eigenen Lebenssituation festmachen.
Für sie folgte daraus, dass
a) weniger als 10% tatsächlich solidarisch mit der Führung in Beijing sind
b) 10-15% Beijing so lange die Stange halten, solange die eigene [Einkommens-] Entwicklung keinen größerer Schaden nimmt
c) die Masse (75%) von Beijing nichts erwartet und insoweit Beijing auch nicht beurteilt, es sei denn, die Lebenssituation würde sich deutlich ändern
Laut Franka Lu sind diese 75% die eigentliche Gefahr für Beijing und gleichzeitig die mit dem größten Toleranzspielraum.
Sollte hier die Minimalerwartung, dass man die Familie durchbringt, also den Kindern eine Ausbildung ermöglicht, den Älteren das Essen und die Gesundheitsvorsorge finanziert, nicht mehr erfüllt werden, käme es schnell zu großen Unruhen.
Franka sagt aber selbst, dass Beijing leicht in der Lage wäre [100 Mrd RMB, <1% BIP] durch Geld schlimmeres zu verhindern.
Anders wäre es, wenn Versorgungsengpässe bei Strom, Gas oder Lebensmitteln einträten.
Bei Strom (Australien, Importstopp) wäre bereits sichtbar geworden, dass Beijing den Bogen überspannt hat und - vor allem im Süden - in den Orten, in denen lange nur an 2-3 Tagen pro Woche noch Strom verfügbar war, die Führung Beijings von allen Schichten angezweifelt wurde.
Beijing wird sich deshalb möglicherweise künftig davor hüten, solche Fehler zu wiederholen.
Allerdings könnten die NULL COVID Maßnahmen genau in diese Richtung führen und Versorgungsengpässe hervorrufen.
Dass Xi keine Wahl mehr hat und aus Gründen der Selbstverteidigung, Humanität und um einen Genozid an Chinesen auf Taiwan zu verhindern ... also ähnlich Russland ... zu militärischen Maßnahmen gezwungen wird, halte ich für ausgeschlossen.
Weder Japan noch die USA oder gar Taiwan werden China militärisch bedrängen oder gar angreifen.
Alle drei werden und können auch keinen Wirtschaftskrieg beginnen, der Xi keine Wahl lässt, weil er darum fürchten muss, seinen Kaiserstatus zu verlieren.