Gedankenspiel über die politischen Strategien in China

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shuhan
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Gedankenspiel über die politischen Strategien in China

Beitrag von shuhan »

Um das heutige politische China und um das Herrschaftsdogma der herrschenden Kommunistischen Partei Chinas zu verstehen, braucht man lediglich ein paar Blicke in die Geschichte zu werfen:

Jede Dynastie in der Geschichte Chinas hat nach den Gründen gesucht, die zum Zusammenbruch des Machterhalts ihrer Vorgängerdynatie geführt haben. Jede Dynastie versuchte daraufhin, aus den Fehlern ihrer Vorgängerdynastie zu lernen und dafür zu sorgen, dass diesen Fehler nicht wiederholt werden.

Lehren der altchinesischen Dynastien aus ihren Vorgängern


So haben die äußerst brutalen Gesetzesgebungen und die drakonischen legalistischen Herrschaftspraxise der ersten chinesischen Kaiserdynatie Qin entscheidend dazu beigetragen, dass das Reich schon wenige Jahrzehnte nach der Ausrufung des Kaisertums von Aufständischen in den Untergang gerissen wurde. Daraufhin versuchte das Kaiserhaus der aus den Trümmerfeldern der ersten Kaiserdynastie hervorgegangenen Han eine weniger drakonische Gesetzesgebung einzuführen. Gleichzeitig wurde das strafende legalistische Staatssystem schrittweise durch ein belehrendes konfuzianisches System ersetzt, welches zu einer langen Stabilität des Reiches führte.

So hat die große Macht der Militärgouverneure in der Tang-Dynastie zum Aufstieg Chinas zum Weltreich, dessen Grenzen sich von der Grenze zu Persien bis nach Korea streckten, beigetragen, gleichzeitig aber auch deren Untergang besiegelt. Der Verrat des Kriegesherren Anlushan fügte dem Reich einen solchen vernichtenden materiellen wie menschlichen Verlust zu, dass sich das Reich nie mehr davon erholt hat. Millionen Menschen wurden durch die Raubzüge der Kreigsparteien getötet und das Reich geriet in immer größere Abhängigkeit zu den Militärgouverneuren, die zwar den Aufstand von Anlushan niederschlagen konnten, aber gleichzeitig die Autorität des Kaisershauses untergraben wurde. Der Untergang war zementiert. Das darauffolgende Song-Reich zog ihre Lehre aus dem Niedergang des einst mächtigen Tang-Imperiums und entledigte sich einem Großteil der Machtbefugnisse der Kriegsherren. Fortan wurden die Krieger von den konfuzinischen Gelehrten-Beamten strengst kontrolliert und gezähmt. Gleichzeitig verlor die gesellschaftliche Stellung des Kriegers ins Bodenlose. Ein goldenes Zeitalter des Gelehrtentums begann.

Von Anfang an war das militärisch schwache Reich Song einer ständigen Bedrohung durch Außen ausgesetzt - zunächst durch die Kitan (Groß-Liao), dann durch die Jurchen (Groß-Jin), und schließlich durch die Mongolen. Statt sich mit den fremden Mächten militärisch auseinanderzusetzen, praktizierten die Herrscher der Song eine Politik der Kompronisse und Entspannung gegenüber den Nordvölkern, um sie zu besänftigen. Die Chinesen zahlten den Nordreichen eine enorme Summe von Tributen, in der Hoffnung, ihnen die Aggression nehmen zu können. Obwohl diese Taktik zum Teil recht erfolgreich war (etwa gegenüber den Kitan und Jurchen), endete das Reich letztendlich in einer totalen Niederlage und totalen Unterwerfung durch die Mongolen. Es war das erste Mal, dass das gesamte Chinesische Reich von einem fremden Volk unterworfen wurde. Den Nachfolgergenerationen der Chinesen blieb deshalb in erster Linie die bittere Unterwerfung durch fremde Aggressoren schmerzlich in der Erinnerung. Nach der Vertreibung der Mongolen durch das chinesische Kaiserhaus der Ming verfolgten die Chinesen daraufhin eine Politik der NULL-Toleranz mit den fremden Völkern. Keine Komprosse! Keine Kapitulation! Keine Tribut-Zahlungen!Keine Vermählungen der chinesischen Prinzessionen und der Prinzen mit den Nicht-Chinesen! Diese Politik durchlief die gesamte Ming-Dynastie und blieb bis zum bitteren Ende die Staatsräson der Ming schlechthin. Als der Mongolenfürst Altan Khan den Chinesischen Kaiser um eine gegenseitige Handelsbeziehung bat, ließ der Kaiser die gesamte mongolische Gesandschaft hinrichten. Es war den Ming selbstverständlich klar, dass die Mongolen dies mit Vergeltung und vor allem mit Raubzügen rächen würden, um das zu nehmen, wo ihnen der Handel verwehrt wurde. Aber dies nahmen die Ming in Kauf. Als der Krieg gegen die aufstrebenden Mandschu den Chinesen eine Niederlage nach der anderen einbrachte, kam eine Friedensverhandlung trotzdem für die Entscheidungsträger der Ming niemals in Frage, auch wenn innerhalb des Reiches bereits chinesische Aufständischen eine Stadt nach der anderen einnahmen und dem finanziell klammen Reich ein Zwei-Front-Krieg offenbar nicht gewachsen war. Selbst wenn der Kaiser einen Kompromiss mit den Mandschu gewollt hätte, er würde kläglich an dem massiven Wiederstand der gesamten Konfuzianischen Beamten, die als Meinungsführer der Gesellschaft fungierten, scheitern.

Ich kann noch unendlich weitere Beispiele nennen, die allerdings den Rahmen dieses Beitrags sprengen würden.

Lehren aus der Beiyang-Regierung und der KMT-Regierung für die KPCh

Jetz kommen wir zu der Kommunistischen Partei Chinas.

Betrachtet man den Aufstieg der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh), so kann man nur feststellen, dass der Aufstieg der KPCh ohne die eklatante Schwäche der chinesischen Beiyang-Regierung (Beiyang-Warlords) und der Nationlregierung (Kuomintang) gegenüber den Oppositionellen und den Systemkritikern nicht möglich gewesen wäre.

Wir können uns ein einfaches Beispiel in Erinnerung rufen:

Im 1920 verfasste der damals 27-järhige Mao Zedong mehrere Zeitungsartikel, die jeweils in einer Zeitung in Hunan und in Schanghai veröffentlicht wurden.

Darin propagierte er offen für die Errichtung einer unabhängigen Republik Hunan (die Provinz, in der er geboren wurde) und gegen die Einheit der chinesischen Nation. Er sprach für die Auflösung der chinesischen Staates in verschiedene unabhängigen Provinzen aus.

Zitat 1:
" Ich will ein neues zukünftiges echtes China errichten, indem das heutige falsche China zerschlagen wird. Zumindest dürfen Nord- und Südchina keine Einheit bleiben, dann sollen einzelne Provinzen selbst bestimmen und selbst regieren. Die Selbstbestimmung und das Selbstregierung ist die einzige Methode zur Errichtung des echten Chinas."
(Quelle: 10 Oktober 1920, "Gegen Einheit" (《反对统一》(上海《时事新报》副刊《学灯》)

Zitat 2:"
Es muss den Menschen klar sein, dass der Aufbau der gesamten Nation in einer Phase hoffungslos ist. Die beste Methode besteht folglich darin, dass wir gar nicht erst das Land aufbauen, sondern es einfach abspalten und einen separaten Aufbau der einzelnen Provinzen anstreben und das Selbstbestimmungsrecht der Menschen der einzelnen Provinzen realisieren. Die 22 Provinzen, drei Sonderbezirke, zwei Autonomie-Gebiete, insgesamt 27 Regionen, sollen am besten in 27 Staaten abgespalten werden."
(Quelle: 3. September 1920, "das Grundlegende Problem des Aufbaus Hunan- Republik Hunan, 湖南建设问题的根本问题——湖南共和国-湖南《大公报》)


Würde jemand diese Artikel in der heutigen Volksrepublik China veröffentlichen, dann sei ihm gewiss, dass ihn als Separatist eine harte Strafe erwartet. Unter der Herrschaft von Mao würde so jemand für jeden einzelnen solchen Artikel wegen Konterevolution einen Genickschuß erhalten. Heute, im Jahre 2014, würde so jemand wegen "Intrige/ oder Anstiftung zur Subversion gegen die Regierung", "Gefährung der Staatssicherheit" oder "Abspaltung der Nation" zu hoher Haft verurtelt werden. Obendrein würde keine chinesische Zeitung, ob regional oder national, es wagen, solche dreiste "Blasphemie" zu öffentlichen. Würde eine Zeitung trotzdem dieses Wagnis eingehen, dann sei auch dieser Zeitung gewiss, dass die gesamte Redaktion ausgetauscht und des Jobs entledigt wird, und ebenfalls eine harte Strafe erwartet.

Stattdessen kam der junge Mao unter der "finsteren und reaktionären Beiyang-Regierung" unbehelligt davon.

Wer die chinesische Geschichte kennt, weiss, dass gerade in der Phase der relativ lockeren staatlichen Kontrolle über die Gesellschaft eine Blüte der verschiedenen Gedankenströme stattfand.
Zum Beispiel: in der Zeit des Frühlings und des Herbstes und der Streitenden Reiche, in der späteren Ming-Dynastie und eben auch in der Republikära vor 1949.

Es war vor allem unter der Beiyang-Herrschaft nach dem Zusammenbruch des letzten Kaiserreiches, in der verschiedene Ideologien und Gedankenströme in China emporgestiegen sind, in der auch die Kommunisten gedeihen oder wachsen konnten. Zumindest konnten die verschiedenen jungen Maos unter dieser relativen Freiheit unbehelligt ihre subversiven Tätigkeiten nachgehen. Gleichzeitig erhielt die KPCh massive Unterstützungen von der Sowjetunion, ohne diese die Partei auch niemals groß geworden wäre (Waffenunterstützung von Russland an die Kuomintang war zum Beispiel an die Aufnahme der KPCh-Mitglieder in die KMT geknüpft, sodass die KPCh auf den Ressourcen der KMT rasch gedeihen konnte).

Die nachfolgende Nationalregierung der Kuomintang ging unter der Führung von Chiang Kai-Shek zwar brutal gegen die Kommunisten vor, duldete jedoch weitesgehend die Meinungen der damals vorherrschenden linken oder prokommunistischen Intelligenz. So konnte zum Beispiel das KPCh-Mitglied Yuan Shuipai, der langjährig bei den Medien "Xinmingbao" und "Dagongbao" angestellt war, trotz der Medienzensur mehr als 300 regierungskritische Balladen veröffentlichen, die unverhohlen die Korruption und das Chaos in den Gebieten unter Kontrolle der Nationalregierung verhöhnten.

Welche chinesische Hochschule, welches chinesisches Medium würde heutezutage einen solchen Regimekritiker in den eigenen Reihen dulden?

Diese relative Toleranz der nationalchinesischen Regierung gegenüber ihren politischen Gegnern wurde von der KPCh als Schwäche ausgenutzt, um die Meinungen in der Bevölkerung zugunsten der KPCh und zulasten der Regierung zu lenken (zumal die KPCh damals keine Regierungsverantwortung hatte, die Regierung dagegen nur falsch machen konnte), Studenten, Gewerkschaftler auf die Straßen zu hetzen, die Wirtschaft durch Arbeiterbewegungen und Streiks zu zersetzen und letendlich den chinesischen Bürgerkrieg zu ihrem Vorteil zu wenden.

Fakt bleibt, dass die KMT vor ihrem Rückzug nach Taiwan keine alle gesellschaftlichen Schichten durchdringende totalitäre Einheitspartei war, die ihre Herrschaft autoritär, aber nicht totalitär ausübte. Genau dies war in einer Zeit der fremden Invasion (Japan), der bewaffneten Rebellion im Inland (KPCh und zahlreiche Warlords) und der wirtschaftlichen Krise aufgrund all diesen Konflikten eine fatale Schwäche, die letztendlich der KMT ihre Herrschaft auf dem chinesischen Festland gekostet hat.

Nach der bitteren Niederlage, bei der Millionen KMT-Anhängern ihre Heimat beraubt wurde, hat die KMT-Führung ihre Fehler studiert und danach die gesamte Parteipolitik umgebaut. Nach dem Rückzug nach Taiwan wurde die KMT eine totalitäre, straffe, alle gesellschaftlichen Schichten durchdringende Einheitspartei, die brutal, aber effektiv die subversionen und Infiltierungen der KPCh auf Taiwan abgewehrt hat und alle pro-kommunistischen politischen Gegner ausgeschaltet hat. Die KMT wurde eine andere Partei auf Taiwan. Es war ein spätes, aber erfolgreiches Einsehen, welches die Republik China zumindest vor dem totalen Untergang bewahrt hat.

Die KPCh-Strategen haben ebenfalls die Fehler ihrer "Vorgängerdynastie" studiert, um deren Fehler während ihrer eigenen Herrschaft zu vermeiden. Beispiel Mediengesetz. Chen Yun, der zu der alten Eminenz der KPCh gehörte, hat aus der Medienpolitik der KMT den Schluß gezogen, dass die blosse Existenz des Mediengesetzes der KMT-Nationalregierung der KPCh die Gelegenheiten verschafft habe, die Gesetzeslücken zu studieren und auszunutzen. Darum werde die KPCh kein entsprechendes Mediengesetz verabschieden, um die Ausnutzung der Gesetzeslücken zu vermeiden, sodass die Regierung die Initiative behalten könne - Ohne ein mediengesetz kann die Regierung dann die Medien kontrollieren, wie sie wolle. Darum gibt es bis heute kein Mediengesetz in China.

Fazit

Die relative Toleranz der Beiyang-Regierung und der Nationalregierung gegenüber ihren politischen Gegnern und ihr politischer Pluralismus gehört mitunter zu den wichtigsten Gründen für deren Scheitern in China und für das Wachsen und den Aufstieg der KPCh zur Herrschaftspartei über China. Das ist den heutigen Machthabern der KPCh bestens vertraut. Darum gehört es zur Staatsräson des KPCh-Staates, dass diesselben Fehler der KMT nicht bei der KPCh wiederholt werden. Damit kann man sich von der Vorstellung getrost verabschieden, dass von der KPCh ausgehend eine politische Reform im Sinne von mehr Pressefreiheit oder generell Machtübertragung auf Dritte zu rechnen wäre. Denn jede politische Reform in Richtung eines Rechtstaates und eines politisch plurastischen Staates (sodass die KPCh auch durch Dritte effektiv kontrolliert werden könne) würde zwangsläufig auf Kosten des Machtmonopols der KPCh ausfallen. Aus diesem Grunde ist die KPCh bis heute eine totalitäre, alle gesellschaftlichen Schichten durchdringende Einheitspartei geblieben, die seit jeher hartnäckig an ihrem Machtmonopol auf sämtliche Resourcen Chinas hält. Zusammen gefasst kann man behaupten, dass für die KPCh einzig der Machterhalt ihr Universum darstellt.

Betrachtet man weitere äußeren Faktoren, die die Machtergfreifung der KPCh wesentlich begünstigt haben, so stellt man weitere Aspekte fest:

1) Unterstützung der politschen Opposition durch eine fremde Macht. Ohne eine massive Unterstützung durch eine fremde Macht (Sowjetrussland) wäre der Aufstieg der KPCh von vornherein ausgeschlossen.

2) Äußerst unvorteilhafte außenpolitische Umgebung. Mit der Sowjetunion (etwa der Einmarsch der Sowjets in die Mandschurei 1929, um deren Privilegien dort zu sichern) und dem Kaiserreich Großjapan hat die Nationalchinesische Regierung gleich zwei Aggressoren an der Grenze. Insbesondere der achtjährige Krieg Japans mit China hat fast sämtliche wirtschaftspolitische Errungenschaften der KMT in den Jahren 1928-36 zunichte gemacht. Obendrein hat der Krieg ein enormes Machtvakkuum im besetzten Nordchina geschaffen, wodurch der politische Gegner, die KPCh, enorm an Mannstärke dazu gewinnen konnte.

3) Große soziale Spannungen, die infolge des Kriegs gegen Japan und des daraus resultierenden Wirtschaftskollaps äußerst verschärft wurde.

4)Verheerende Korruptionen innerhalb der KMT-Regierung, die sich vor allem nach dem Sieg im entbehrungsreichen Krieg gegen Japan ab 1945 besonders verschlimmerten. Wobei gesagt werden muss, dass die Korruption allein noch nie eine Herrschaftsdynastie zum Fall gebracht hat, wenn nicht noch weitere Faktoren wie die Existenz einer starken politischen Opposition dazu gespielt hätten.


Aus dieser Perspektive heraus folgen weitere Überlegungen:

Falls eine politische Opposition zukünftig die KPCh ernsthaft herausfordern möchte und ernsthaft gefährden möchte, dann muss sie rücksichtslos sein und bereit sein, jede Unterstützung einer fremden Macht zu erhalten, die im Konkurrenz zur Volksrepublik China steht, um zu gedeihen und zu wachsen.

Darüber hinaus muss diese politische Opposition eine straff organisierte Partei sein, die sämtliche Kräfte und sämtliche Resourcen gezielt bündeln kann. Zudem muss sie in der Lage sein, sämtliche gesellschaftlichen Schichten zu durchdringen. Weiterhin muss sie eine Ideologie entwickeln, die Menschen anzieht.

Man kann die wirtschaftlich-gesellschaftliche Situation des heutigen Chinas mit den Worten der berühmten Wirtschafts- und Sozialwissenschafterin He Qinglian so beschreiben: 溃而不崩, also Niedergang, aber kein Zusammenbruch.

Wirtschaftlich ist Chinas Entwicklung nicht nachhaltig, da das bisherige Wirtschaftswachstum hauptsächlich durch die Anlageninvestitionen angetrieben wird. Ein 7-Prozentiges Wirtschaftswachstum ist für Deutschland traumhaft, für China dagegen ein Grenzwert zu einer Katastrophe, weil ein Wachstum unter 7 Prozent nicht ausreichend neue Arbeitskräfte in China absorbieren würde und zur Massenarbeitslosigkeit führen würde. Der Binnenkonsum ist aufgrund der niedrigen Einkommen der meisten Chinesen und der quasi-fehlenden sozialen Systeme sehr schwach und stellt in absehbarer Zeit kein Ersatz-Motor für das chinesische Wirtschaftswachtum dar. Der Export allein würde kein 7 Prozentiges Wachstum sichern können, geschweige denn von der Tatsache, dass die Nachfragen nach chinesischen Industriegütern in den Industrieländern insgesamt nicht mehr so stark wachsen wie früher der Fall war und das goldene Zeitalter des chinesischen Exports schon längst vorbei ist. Außerdem kann ein hohes Wachstum ohnehin nicht langfristig beibehalten werden. Sollte das hohe Wirtschaftswachstum aber weitesgehend ausbleiben, dann fehlt es der KPCh-Regierung an den nötigen Ressourcen, um die Bevölkerung ruhig zu stellen, zumal eine echte Ideologie in China fehlt und niemals von der herrschenden KPCh wieder etabliert werden kann. Ein Zurück ist das von der Außenweit abgeschottete Land, wo die Bevölkerung durch ideologische Eintrichterungen, durch Propaganda, durch Klassenkämpfe und durch Massenbewegungen in Schach gehalten wird, wird es nicht mehr geben können.

Darum bahnen sich in China mittel- bis langfristig unruhige Zeiten zu. Schon heute gibt der KPCh-Staat mehr Gelder für die "Wahrung der Stablität", d.h. für Polizeieinsätze gegen inländische Proteste und Unruhen etc, aus als für das gesamte Militär. Langfristig spielen die Zeiten gegen den Erhalt des Machtmonopols der KPCh.

Weiterhin steht der KPCh-Staat genau wie die ehemalige Nationalregierung der KMT in der Falle: Als Regierungspartei der Nation hat sie zwar Zugang zu sämtlichen Resourcen Chinas, ist jedoch genauso solchen Einschränkungen als Regierungspartei unterworfen. Wenn man viel hat, hat man viel zu verlieren. Es gibt mächtige Interessengruppen innerhalb der Partei, die sich gegenseitig konkurrieren und die eine radikale Reform unmöglich machen, weil die Parteispitze immer zu Komprossen zu verschiedenen Interessengruppen der herrschenden Cliquen verdammt ist. Des Weiteren steht sie als eine nationale Regierungspartei viel stärker im Fokus der Öffentlichkeit als jede Opposition und ist mehr oder weniger den Druck der inneren wie auländischen Öffentlichkeit ausgesetzt. Sie kann daher überwiegend nur defensiv agieren, aber nicht mehr so offensiv, wie sie einst gegen ihre politischen Gegner zu Zeiten als Opposition noch tat.


Die KPCh-Führung kann derzeit allerdings glücklich schätzen, dass es für sie derzeit keine nennenswerte außenpolitische Bedrohung gibt. Allerdings hat China in Ostasien so gut wie keine Verbündete und ist von "Feinden" umgeben, wenn auch diese "Feinde" derzeit noch nicht zu offenen Auseinandersetzungen bereit sind. Selbst die Beziehung zwischen China und Russland kann man nicht als Bündnis bezeichnen. Ob die gegenwärtige offizielle Partnerschaft sich längerfristig hält, wird sich zeigen. Fakt bleibt, dass Russland in der Neuzeit die meisten Gebiete Chinas annektiert hat und zwischen den beiden Nationen selbsverständlich eine starke Konkurrenz besteht.


Die zukünftigen chinesischen politischen Opposionen können sich entpannt zurücklehnen und auf außenpolitische Veränderungen hoffen. Wie bereits erläutert: Langfristig spielen die Zeiten für sie und gegen die KPCh. Es muss aber Personen geben, die aller wahrscheinlichkeit halber im Ausland eine straff organisierte politische Opposition bilden müssen. Sodann müssen sie alle verfügbaren Kräfte bündeln, und entschlossen und rücksichtslos handeln.
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Luntan
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Re: Gedankenspiel über die politischen Strategien in China

Beitrag von Luntan »

Das ist schon fast ein Buchbeitrag :)

Ergänzen kann man aber immer noch:

1. Die Meinungsfreiheit war 1911-1949 vor allem deswegen grösser, weil es von Ausländern verwaltete "Schutzgebiete" gab. Als sich dann die KMT nach 1949 in Taiwan breitgemacht hat war es schnell vorbei mit Forderungen für die Unabhängigkeit von einzelnen Provinzen.

2. China benötigt längst nicht mehr 7% Wirtschaftswachstum um "ausreichend neue Arbeitskräfte zu absorbieren", da es diese wegen der Einkindfamilie kaum mehr gibt. Sind erst einmal die Personen die 1964-1974 geboren wurden in Rente, schrumpft die Anzahl der Erwerbstätigen sogar. Diese Anzahl nimmt bereits jetzt nicht mehr zu.

3. Diskussionen müssen heute nicht mehr in Zeitungen ausgetragen werden. Wenn dieses Jahr erstmals mehr als 100 Millionen Chinesen aus China rauskommen sehen sie ohnehin wie es in anderen Ländern ist. Da helfen dann auch keine Berichte mehr über den Vorteil des "Chinesischen Demokratischen Systems" :) in den staatlichen Medien.
shuhan
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Re: Gedankenspiel über die politischen Strategien in China

Beitrag von shuhan »

Luntan hat geschrieben:Das ist schon fast ein Buchbeitrag :)

Ergänzen kann man aber immer noch:

1. Die Meinungsfreiheit war 1911-1949 vor allem deswegen grösser, weil es von Ausländern verwaltete "Schutzgebiete" gab. Als sich dann die KMT nach 1949 in Taiwan breitgemacht hat war es schnell vorbei mit Forderungen für die Unabhängigkeit von einzelnen Provinzen.

2. China benötigt längst nicht mehr 7% Wirtschaftswachstum um "ausreichend neue Arbeitskräfte zu absorbieren", da es diese wegen der Einkindfamilie kaum mehr gibt. Sind erst einmal die Personen die 1964-1974 geboren wurden in Rente, schrumpft die Anzahl der Erwerbstätigen sogar. Diese Anzahl nimmt bereits jetzt nicht mehr zu.

3. Diskussionen müssen heute nicht mehr in Zeitungen ausgetragen werden. Wenn dieses Jahr erstmals mehr als 100 Millionen Chinesen aus China rauskommen sehen sie ohnehin wie es in anderen Ländern ist. Da helfen dann auch keine Berichte mehr über den Vorteil des "Chinesischen Demokratischen Systems" :) in den staatlichen Medien.
Hallo Luntan,

zu 1)
Natürlich haben die ausländischen Pachtzonen in einigen chinesischen Großstädten Sicherheit für manche Oppositionelle geboten. Aber ich glaube nicht, dass die relative große Meinungsfreiheit damals hautpsächlich daran lag, zumal die allermeisten regimekritischen Medien äußerhalb der ausländischen Pachtzonen befanden.

Außerdem wurden selbst während des chinesisch-japanischen Kriegs in den von der chinesischen Nationalregierung kontrollierten Gebieten regierungskritische Meinungen in den Zeitungen weitesgehend toleriert. Damals waren aber fast alle ausländische Pachtzonen den Japanern in die Hände gefallen.

Eine große Rolle spielten die Pachtzonen vor allem bei dem Umsturz des letzten Kaiserreiches. Denn damals nutzten die Köpfe der chinesischen Revolutionäre die Pachtzonen vor allem als Zufluchtort aus. Aber auch enorm wichtig war die britische Kolonie Hongkong, von dort aus die Revolutionäre ihre subversive Aktivitätem koodinierten oder direkt von Hongkong aus ins chinesische Inland infiltierten. Diese historische Bedeutung Hongkongs als "Zugbrücke" für Umsturzversuche ist vielleicht auch einer der Gründe, warum die KPCh unbedingt die vollständige Kontrolle über Hongkong erlangen wollte.


2.
Die 7%-Regel ist definitiv auch heute noch nach Meinung der chinesischen Regierung ein minimales Wachstum, das einzuhalten ist, weil nach deren Meinung sonst die soziale Stabilität aufgrund der Massenarbeitslosigkeit erheblich gefährdet ist.

Vor einigen jahren betrug diese Vorgabe sogar 8 Prozent und wurde auf 7 Prozent gesenkt, weil ein hohes Wachstum von über 8 Prozent aller Voraussicht nach nicht mehr erreicht werden kann.

Nach Angaben des ehemaligen chinesischen Ministers für Arbeit, Tian Chengping, betrug vor wenigen Jahren die wahre Zahl der Arbeitslosen in China 250 Millionen, davon 200 Millionen aus dem Land. Davon abgesehen gibt es heute mindestens 80 Millionen, nach manchen Studien sogar 90 Millionen Bauern (sogenannte Drei-Ohne-Bauern : ohne Arbeit, ohne Land, ohne Sozialversicherung "三无农民"), die weder Land noch Arbeit haben. Bereits heute stellt die hohe Arbeitslosigkeit in China der KPCh-Führung ein Riesenproblem dar. Nicht auszudenken, was passierne würde, wenn das Wirtschaftswachstum für länger Zeit nicht auf einem hohen Niveau gewährleistet werden kann.

Nach dem Bericht der chinesischen Akdemie der Sozialwissenschaften 2013 zum chinesischen Arbeitsmarkt wird es künftig jedes Jahr 24 Millionen Arbeitssuchende in den Städten geben, aber derzeit können jedes Jahr nur 12 Millionen Arbeitsplätze geschaffen werden.
http://finance.ifeng.com/a/20131011/10826440_0.shtml

3)

Die Printmedien und das Fernsehen bleiben leider für die meisten Chinesen immer noch das primäre Medium der Informationsbeschaffung. Auch wenn ein größer werdender Teil der Chinesen aus dem Internet Informationen gewinnt, so gibt es leider kaum Systematik hinter der großen Zahl von Blogs und Foren, weil sie meist völlig zersplittert und zusammenhangslos erscheinen. Ich wage zu bezweifeln, dass der Großteil der chinesischen Internetnutzer gezielt in den Foren nach zensierten Informationen suchen würden. Die Inhalte auf den Webseiten der Printmedien bleiben weitesgehend gleich wie die Printausgabe. Und für Fall der Fälle: Nicht umsonst gibt es eine umfassende Internetzensur. Wie gesagt, es gibt nur wenige, die sich die Mühe machen würden, die Zensur zu umgehen und systematisch nach zensierten Informationen zu suchen.

Es gibt natürlich immer mehr Chinesen, die ins Ausland gehen. Aber auch hier ist der Anteil derer, die sich dauerhaft im Ausland niederlassen, im Vergleich zu den Massen der chinesischen Bevölkerung verschwindend klein und gehören ohnehin eher zu den privilegierten Ober- und oberen Mittelschicht, die sich mit der Parteidiktatur bestens arrangiert haben. Und nur die wenigsten der Massen an chinesischen Touristen würden sich für kritische Berichterstattung über China im Ausland interessieren.
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Re: Gedankenspiel über die politischen Strategien in China

Beitrag von blackrice »

"Es gibt natürlich immer mehr Chinesen, die ins Ausland gehen. Aber auch hier ist der Anteil derer, die sich dauerhaft im Ausland niederlassen, im Vergleich zu den Massen der chinesischen Bevölkerung verschwindend klein und gehören ohnehin eher zu den privilegierten Ober- und oberen Mittelschicht, die sich mit der Parteidiktatur bestens arrangiert haben."

:shock: :shock: :shock:

Kim..sieh´dich vor..wir möchten dies Forum noch länger "geniessen".. :mrgreen:
"Wenn Du sie nicht überzeugen kannst, verwirre sie"

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wir sind hier nicht bei WÜNSCH' DIR WAS sondern bei SO ISSES' HALT
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Re: Gedankenspiel über die politischen Strategien in China

Beitrag von shuhan »

blackrice hat geschrieben:"Es gibt natürlich immer mehr Chinesen, die ins Ausland gehen. Aber auch hier ist der Anteil derer, die sich dauerhaft im Ausland niederlassen, im Vergleich zu den Massen der chinesischen Bevölkerung verschwindend klein und gehören ohnehin eher zu den privilegierten Ober- und oberen Mittelschicht, die sich mit der Parteidiktatur bestens arrangiert haben."

:shock: :shock: :shock:

Kim..sieh´dich vor..wir möchten dies Forum noch länger "geniessen".. :mrgreen:
Was ist daran falsch? :?:

In die klassischen westlichen Einwanderungsländer wie Kanada, USA, Australien- die für die chinesischen Auswanderer am attraktivsten sind - dürfen überwiegend nur Chinesen auswandern, die sehr viel Geld in der Tasche haben. Diese sind in dem gegebenen gesellschaftspolitischen Rahmen Chinas reich geworden und sind gegenüber der absoluten Mehrheit der Chinesen sehr privilegiert. Natürlich wollen diese dann den Status-Quo in China beibehalten und das bedeutet die Einparteiendiktatur, wie sie derzeit ist.

Wenn man reich ist und / oder Macht hat oder halt ein europäisches Aussehen hat, für den ist China im Regelfall ein Paradies. Denn kaum woanders wird man derart wie ein Übermensch behandelt wie in China, wenn man die obigen Voraussetzungen erfüllt.

Wenn man zudem gute politische Beziehungen hat, dann kann man sich selbst über Gesetze hinwegsetzen. Möchte so jemand, dass sich dort an der politischen Ordnung was ändert?
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Re: Gedankenspiel über die politischen Strategien in China

Beitrag von shuhan »

Schade, dass es bisher kaum Kommentierungen zu meinem Artikel gegeben hat. Es wäre schon interessant, ob andere die Standpunkte in meinem Artikel auch so sehen wie ich.
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Re: Gedankenspiel über die politischen Strategien in China

Beitrag von Topas »

Ehrlich gesagt, reichen mal eben ein paar Minuten nicht aus, um deinen Artikel zu lesen. Idealerweise wäre, wenn du einen Kurzüberblick zu Beginn erstellen würdest, und erst dann ins Detail gehst. Die meisten haben nicht die Musse, so lange zu lesen.....
Topas grüsst recht herzlich WHSAP
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Re: Gedankenspiel über die politischen Strategien in China

Beitrag von ingo_001 »

Ich gehe jetzt mal nur darauf ein:
Aus dieser Perspektive heraus folgen weitere Überlegungen:

Falls eine politische Opposition zukünftig die KPCh ernsthaft herausfordern möchte und ernsthaft gefährden möchte, dann muss sie rücksichtslos sein und bereit sein, jede Unterstützung einer fremden Macht zu erhalten, die im Konkurrenz zur Volksrepublik China steht, um zu gedeihen und zu wachsen.
Einmischung von außen ...
Ne "super" Idee ...
Vielleicht noch durch die USA (Radio Free Asia), der FG- und/oder Free-Tibet-Geldgeber ...
Nach der über 100-jährigen Fremdbestimmung reagieren die Chinesen (nicht nur die chin. Regierung) da zu Recht sehr gereizt, weil eben dieses Trauma nach wie vor tief sitzt.

Und warum sollten die Chinesen dieses System ändern wollen, wo doch (bis jetzt) eine übergroße Mehrheit davon profitiert.

Der Lebensstandard steigt stetig und man kann, so man denn genug Geld hat, kaufen was und reisen wohin man will (etwas was in der DDR z.B. nicht möglich war).
Auch die völlige Freigabe der Wirtschaft (wie unter Jelzin in Russland) war der chin. Regierung ein warnendes Beispiel.
Man agierte also nach dem Prinzip: Take the best of both worlds.
Deng Xiaoping formulierte es so: Es ist egal, ob die Katze schwarz oder weiß ist - Hauptsache sie fängt Mäuse.
Und die chin. Katze fängt Mäuse - recht erfolgreich.

Das Dogma, dass nur westl. Demokratien auch wirtschaftl. erfolgreich sein können, ist ja mittlerweile widerlegt - auch wenn für hiesige "Fachleute" da eine "ewige Wahrheit" den Bach runter ging.

Unser Mehr-Parteien-System möchte ich (bei allen Fehlern) nicht missen.
ABER: Wo ist da der effektive Unterschied fürs Alltagsleben? (provokant gefragt).
Wir haben zwar die Wahl - aber immer weniger machen auch Gebrauch davon.
Deutschen wie Chinesen ist primär der eigene Lebensstandard wichtig.

Und das unsere Medien frei (von Einflussnahme) sind, ist ja wohl ein Witz.
"Wes Geld ich nehm, des Meinung ich hab" - so und nicht anders siehts aus.

Klar gibts in China auch Missstände: Korruption, fehlende Rechtsstaatlichkeit, keine unabhängige Justiz, Umweltverschmutzung etc.).
Aber trotzdem überwiegen für eine breite Mehrheit der chin. Bevölkerung die Vorteile.

Und das nur die das Land verlassen dürfen, die in der Partei sind und/oder linientreu die Meinung der chin. Regierung vertreten ...
Man, wer hat Dir denn solchen Quatsch eingeimpft?

Mein Rat an Dich, den ich Dir schon früher mal gab: Flieg selber nach China und mache Dir ein EIGENES BILD von den Menschen.
Unterhalte Dich auf Augenhöhe (und nicht von oben herab) mit den Menschen - und lasse den typisch dt. Moralin-Finger stecken.

Dt. ist nicht der Nabel und schon gar nicht das Heilmittel der Welt.

Wenn die Chinesen denn mal ihr herrschendes politisches System (ver)ändern wollen, dann werden sie das SELBST tun - eine Einmischung von außen kommt nur bei denen gut an, die davon (den jeweiligen Geldgebern) profitieren.

Solange eine Mehrheit für sich und ihre Familien mehr Vor- als Nachteile sehen, wird sich an den jetzigen Verhältnissen auch nichts Grundlegendes ändern.
Wer Geist hat, hat sicher auch das rechte Wort, aber wer Worte hat, hat darum noch nicht notwendig Geist.

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Re: Gedankenspiel über die politischen Strategien in China

Beitrag von edmund27 »

Zu langer und langweiliger Beitrag, den niemand so recht interessiert. :mrgreen:
Würden die Menschen verstehen, wie unser Geldsystem funktioniert, hätten wir eine Revolution – und zwar schon morgen früh. ( Henry Ford )
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Re: Gedankenspiel über die politischen Strategien in China

Beitrag von ingo_001 »

edmund27 hat geschrieben:Zu langer und langweiliger Beitrag, den niemand so recht interessiert. :mrgreen:
Kommentar aus der Fraktion: Lesen + Nachdenken -> stark überbewertet und daher unnötig? :mrgreen:
Wer Geist hat, hat sicher auch das rechte Wort, aber wer Worte hat, hat darum noch nicht notwendig Geist.

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Re: Gedankenspiel über die politischen Strategien in China

Beitrag von Grufti »

shuhan hat geschrieben:Schade, dass es bisher kaum Kommentierungen zu meinem Artikel gegeben hat. Es wäre schon interessant, ob andere die Standpunkte in meinem Artikel auch so sehen wie ich.
Qui tacet, consentire videtur.... :roll:
Früher ging es uns gut. heute geht es uns besser...
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blackrice
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Re: Gedankenspiel über die politischen Strategien in China

Beitrag von blackrice »

Grufti hat geschrieben:
shuhan hat geschrieben:Schade, dass es bisher kaum Kommentierungen zu meinem Artikel gegeben hat. Es wäre schon interessant, ob andere die Standpunkte in meinem Artikel auch so sehen wie ich.
Qui tacet, consentire videtur.... :roll:

Grufti...oute mich geguuugld zu haben...DER war n Kracher...ob ers frisst UND verdaut? :mrgreen:
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i18n
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Re: Gedankenspiel über die politischen Strategien in China

Beitrag von i18n »

shuhan hat geschrieben:Um das heutige politische China und um das Herrschaftsdogma der herrschenden Kommunistischen Partei Chinas zu verstehen, braucht man lediglich ein paar Blicke in die Geschichte zu werfen:
Binsenweisheit! Das ist wohl überall so.

Wenn man sich mit der Geschichte Europas befaßt – einer Geschichte von permanenten Kriegen –, kann man verstehen, warum es zu zwei Weltkriegen kam, der amerikanische Kontinent fast komplett von seinen Ureinwohnern »gesäubert« wurde, Sklaven aus Afrika »importiert« wurden und sich für den Aufbau der Wirtschaft des Weißen Mannes zu Tode schuften mußten, in den dreißiger Jahren in den meisten Ländern Diktatoren an die Macht kamen, die Wirtschaft als Non-Plus-Ultra-Grund mit Idealen wie Freiheit und Demokratie verbrämt wird, so daß unsere Söldner diese unsere »Freiheit« am Hindukusch »verteidigen« sollen, und und und.
shuhan hat geschrieben:Jede Dynastie in der Geschichte Chinas hat nach den Gründen gesucht, die zum Zusammenbruch des Machterhalts ihrer Vorgängerdynatie geführt haben. Jede Dynastie versuchte daraufhin, aus den Fehlern ihrer Vorgängerdynastie zu lernen und dafür zu sorgen, dass diesen Fehler nicht wiederholt werden.
Finde ich zu einseitig. Natürlich lernt man aus seinen Fehlern, man übernimmt aber auch, was sich bewährt hat.

Beispiel – Rechtsstaat:
Von jeher war das chinesische Rechtssystem ein System des Strafrechts. Seit Han Feizi und Shang Yang es ausformuliert und so die Basis für den Staat Qin zementiert hatten, ging man zur Regelung von Straftaten ins Yamen. Am Anfang bekamen beide Parteien Unrecht, beide Seiten wurden festgesetzt und mußten sich mit viel Geld im Gefängnis wenigstens eine einigermaßen schadlose Behandlung erkaufen. Nach dem Urteil, das frei nach den Belangen der Gesetzessprecher gefällt wurde, gab es oft grausame Strafen. Daran hat auch ein Herr Konfuzius nichts geändert. Ähnliches gab es in Europa: Der Adlige, Landesfürst sprach Recht – eben in Strafrechtsangelegenheiten.

Das Zivilrecht wurde von der Gemeinschaft geregelt, bei den Germanen im Thing, bei den Bauern in deutschen Landen einmal pro Woche in einer Beratung unter der Friedenslinde/-eiche. Warum der Bauernkrieg? Na, Heinrich von Kleist beschreibt das im »Zerbrochenen Krug« sehr genau: das städtische Recht (sog. Römisches Recht) sollte den Bauern aufgepropft werden, Advokaten sollten Recht sprechen, wo überall seit Jahrhunderten die Bauern selbst das Recht in der Hand hatten.

In China gibt es erst seit den 90ger Jahren ein Zivilrecht, wackere Eleven der 80ger hatten es in Heidelberg und anderswo in Dtl. studiert und nahmen es nun mit nach Hause, paßten es an – so gibt es jetzt in China ein Zivilrecht, das eben früher von den Bauern selbst gesprochen wurde, wie in Europa auch.

Dennoch ist das Strafrecht tiefer verwurzelt, eine Trennung von Legislative, Judikative und Exekutive gab es in vielen Jahrhunderten nicht, warum sollte man das plötzlich ändern? Warum also China etwas vorwerfen, was wir in Europa erst vor wenigen Jahrzehnten erreicht haben (auch wenn man sich streiten kann, inwieweit in Europa und Amerika/Canada/Australien die Realität mit dem Idealbild übereinstimmt).

Dafür gab es immer schon in China eine Trennung von Staat und Kirche. Bis heute treibt die deutsche Regierung die Steuer für die Kirche ein! Übrigens eine Steuer, die jedem Arbeitslosen automatisch abgezogen wird, auch wenn er nicht in der Kirche ist! In Frankreich war die Laizität (https://de.wikipedia.org/wiki/Laizismus) bereits eines der wichtigsten Ziele der Revolution.
ingo_001 hat geschrieben:Mein Rat an Dich, den ich Dir schon früher mal gab: Flieg selber nach China und mache Dir ein EIGENES BILD von den Menschen.
Unterhalte Dich auf Augenhöhe (und nicht von oben herab) mit den Menschen - und lasse den typisch dt. Moralin-Finger stecken.
Danke, ingo_001, Du sprichst mir aus dem Herzen.
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i18n
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Re: Gedankenspiel über die politischen Strategien in China

Beitrag von i18n »

edmund27 hat geschrieben:Zu langer und langweiliger Beitrag, den niemand so recht interessiert. :mrgreen:
Die Möglichkeit besteht in der Tat, daß dieser Beitrag uns nicht besonders interessant findet. :?
shuhan
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Re: Gedankenspiel über die politischen Strategien in China

Beitrag von shuhan »


"In China gibt es erst seit den 90ger Jahren ein Zivilrecht, wackere Eleven der 80ger hatten es in Heidelberg und anderswo in Dtl. studiert und nahmen es nun mit nach Hause, paßten es an – so gibt es jetzt in China ein Zivilrecht, das eben früher von den Bauern selbst gesprochen wurde, wie in Europa auch."
Du begehst genauso wie viele Deutsche oder Westler den gravierenden Denkfehler einer "kontinuerlichen Entwicklung und Fortschrittlichkeit" in China. Du denkst, in China sei vieles deshalb so schlecht, weil es vorher nie etwas besseres gegeben habe. Du denkst wahrscheinlich auch, dass der KPCh-Staat zwar diktatorisch und brutal sei, aber trotzdem der modernste Staat in der chinesischen Geschichte sei.

Mit diesem Denkfehler stehst du nicht alleine, weil du wie viele andere offenbar die chinesische Geschichte überwiegend nur von offiziellen Märchen-Erzählungen der VR China kennst.

Als Beispiel hast du das Zivilrecht aufgeführt.

Ich darf dich daran erinnern, dass ein modernes Zivilgesetz (民法) nach westlichem Vorbild bereits im Jahre 1931 in China in Kraft getreten war und nicht erst in den 90er Jahren!

An ein anderes Beispiel möchte ich dich ebenfalls gerne erinnern:

Das duale Hukou-System. So wurde die Niederlassungsfreiheit der Landbevölkerung in den Städten vor der Errichung der Volksrepublik China noch nie dermaßen eingeschränkt wie nach der Einführung des dualen Hukou-Systems 1958. Vorher durften die Bauern immer auf der Suche nach der Arbeit in die Städte ziehen und sich mit ihrer Familie dauerhaft in den Städten niederlassen. Nach 1958 wurden alle Bauern kategorisch als "Landbewohner" als Teil ihrer Identität deklariert. Gleichzeitig wurde es ihnen verboten, sich in den Städten zu niederlassen. Bis heute noch gelten mehr als 300 Millionen Menschen, die inzwischen in den Städten arbeiten und leben, offiziell als Angehörige der Landbevölkerung, und werden deshalb von einem Großteil der Sozialleistungen in den Großstädten (wie Sozialversicherungen, kostenlose Schulbesuche der Kinder) ausgeschlossen.

Ebenfalls dürfte dir höchstwahrscheinlich unbekannt sein, dass bereits 1947 eine allgemeine Parlamentswahl, wo hunderte Millionen Chinesen ihr nationales Parlament direkt wählen konnten, stattgefunden hat. Nach der Errichtung der Volksrepublik China dürfen bis heute nur auf der alleruntersten Verwaltungsebene, also in der Dorfebene, nur die sogenannten Vorsitzenden des Dorfkomittes direkt vom Volk gewählt werden. Ein Hinweis: Derjenige, der das letzte Sagen hat in der Dorfverwaltung, ist der Parteisekretär des Dorfparteikomittes der KPCh, der Vorsitzender des Dorfkomitees ist nur sein Vize.



"Dennoch ist das Strafrecht tiefer verwurzelt, eine Trennung von Legislative, Judikative und Exekutive gab es in vielen Jahrhunderten nicht, warum sollte man das plötzlich ändern?"

Sieh oben. Im Jahre 1947 trat in der Republik China der sogenannte Konstitutionalismus mit der verfassungsmäig grantierten Gewaltenteilung in Kraft. Dieser Prozess wurde nach dem kommmunistischen Sieg in Festlandchina und der Verhängung des Kriegsrechts als Folge des chinesischen Bürgerkriegs in Taiwan unterbrochen. Nach der Aufhebung des Kriegsrechts in Taiwan wurde der konstitutionalismus wieder fortgesetzt, in China jedoch aufgrund der Parteidiktatur der KPCh bis heute strengst verboten (sieh Niederschlagung der Charta 2008).

Selbst unter der Militärdiktatur der Kuomintang in Taiwan (Kriegsrecht) konnte die taiwanesische Bevölkerung zumindest die Bürgermeister der Stadtverwaltung und Kreisverwaltung direkt wählen.
Vergleicht man allerdings die Wahlmöglichkeiten von Taiwan unter dem Kriegsrecht 1950 mit den Möglichkeiten im heutigen China, so kann man nur feststellen, dass die gesellschaftspolitische Modernisierung Chinas mit der Machtergreifung der KPCh, der Zerschlagung der Republik China auf Festlandchina und der darauffolgenden Errichtung des stalinistisch-sowjetkommunisch-totalitären Parteistaates Volksrepulik China um Jahrzehnte zurückgeworfen wurde.
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