Re: Interessante Artikel
Verfasst: 03.11.2022, 23:49
Die Dialektik des Chinageschäfts
Vor Scholz-Reise nach China: Streit um chinesische Investitionen in Deutschland dauert an. Chinas Industrie könnte bei weiterem Wachstum die deutsche Konkurrenz deklassieren.
HAMBURG/BEIJING (Eigener Bericht) – Vor der Chinareise von Kanzler Olaf Scholz in dieser Woche dauert der Streit um chinesische Investitionen in Deutschland an. Der vor einem Jahr vereinbarte Einstieg der chinesischen Reederei COSCO bei einem Terminal im Hamburger Hafen ist in der vergangenen Woche nur mit Einschränkungen genehmigt worden. Bundesminister von FDP und von Bündnis 90/Die Grünen hatten mit aller Kraft versucht, ihn gänzlich zu verhindern. Hintergrund sind Widersprüche in der ökonomischen Entwicklung der Bundesrepublik. Während zahlreiche deutsche Unternehmen, zum Teil sogar ganze Branchen weiterhin massiv von einer engen Wirtschaftskooperation mit der Volksrepublik profitieren, trägt die intensive Zusammenarbeit auch zum Erstarken der chinesischen Industrie bei – zu Lasten der deutschen Konkurrenz. COSCO etwa hat bereits heute mit einem Weltmarktanteil in der Containerschiffahrt von elf Prozent die Hamburger Reederei Hapag-Lloyd überholt und droht sie auf lange Sicht zu deklassieren. Ähnliche Entwicklungen zeichnet eine aktuelle Studie des Berliner Think-Tanks MERICS mit Blick auf die China-Aktivitäten deutscher Kfz-Konzerne nach.
Streit um Tollerort
Der harte Streit um den Einstieg der chinesischen Reederei COSCO bei einem Terminal im Hamburger Hafen hat in den vergangenen Tagen die widersprüchlichen Interessen, denen die Chinapolitik der Bundesregierung folgt, deutlich zutage treten lassen. COSCO hatte mit der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) im September 2021 vereinbart, an dem Containerterminal Tollerort einen Minderheitsanteil von 35 Prozent zu übernehmen. Tollerort ist das kleinste Terminal im Hamburger Hafen. Der Schritt schien unproblematisch zu sein, da Tollerort nicht zur kritischen Infrastruktur gehört: Diese beginnt bei einem Umschlag von 17 Millionen Tonnen pro Jahr; Tollerort verzeichnete zuletzt einen Umschlag von nur 12,1 Millionen Tonnen. Dies räumte selbst das Bundeswirtschaftsministerium ein – ebenso wie die Tatsache, dass COSCO mit der Terminalbeteiligung keinen Einfluss auf die Hamburg Port Authority erhalten hätte, die im Hafen Grund und Boden kontrolliert.[1] Einen Anteil an Terminals zu erwerben ist in der Branche üblich, weil damit meist eine Option verbunden ist, bevorzugte Anlanderechte zu erhalten; dadurch vermeidet man lange, teure Wartezeiten vor überlasteten Terminals. Die Hamburger Reederei Hapag-Lloyd etwa ist gegenwärtig auf Einkaufstour in Häfen Europas, Nord- und Südamerikas.[2]
Zum beiderseitigen Vorteil
Zur den recht geringen Folgen des COSCO-Einstiegs beim Containerterminal Tollerort – die Kosten wurden auf 65 Millionen Euro beziffert, Hapag-Lloyd dagegen investiert zur Zeit eine Milliardensumme – kam ein erheblicher ökonomischer Nutzen für den Hamburger Hafen hinzu. COSCO hatte zugesagt, den Hafen, sollten die Beteiligung an Tollerort und die damit verbundene Zuteilung günstiger Anlanderechte zustande kommen, zu einem bevorzugten Umschlagsort an der Nordsee für den Chinahandel zu machen. Schon heute sind chinesische Unternehmen die wichtigsten Kunden in dem Hafen und lasten besonders Tollerort zu großen Teilen aus.[3] Für Hamburg galt dies als vorteilhaft: Zum einen ist COSCO auch an den konkurrierenden Häfen in Rotterdam und Antwerpen beteiligt; zum anderen wird der Hafen von technischen Problemen wie etwa der Versandung der Fahrrinne belastet und hat mit entsprechenden Schwierigkeiten zu kämpfen. Die mit dem vereinbarten Einstieg von COSCO verbundene Aussicht, langfristig verlässliche Kundschaft zu erhalten, war daher äußerst attraktiv. Hinzu kam, dass HHLA und COSCO auch darüber hinaus gemeinsame expansive Aktivitäten planten; so war etwa eine gemeinsame Beteiligung in Polen geplant.
...fff
https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/9070
Hinweis: nur noch bis 13.Nov.2022 barrierefrei zu lesen
Vor Scholz-Reise nach China: Streit um chinesische Investitionen in Deutschland dauert an. Chinas Industrie könnte bei weiterem Wachstum die deutsche Konkurrenz deklassieren.
HAMBURG/BEIJING (Eigener Bericht) – Vor der Chinareise von Kanzler Olaf Scholz in dieser Woche dauert der Streit um chinesische Investitionen in Deutschland an. Der vor einem Jahr vereinbarte Einstieg der chinesischen Reederei COSCO bei einem Terminal im Hamburger Hafen ist in der vergangenen Woche nur mit Einschränkungen genehmigt worden. Bundesminister von FDP und von Bündnis 90/Die Grünen hatten mit aller Kraft versucht, ihn gänzlich zu verhindern. Hintergrund sind Widersprüche in der ökonomischen Entwicklung der Bundesrepublik. Während zahlreiche deutsche Unternehmen, zum Teil sogar ganze Branchen weiterhin massiv von einer engen Wirtschaftskooperation mit der Volksrepublik profitieren, trägt die intensive Zusammenarbeit auch zum Erstarken der chinesischen Industrie bei – zu Lasten der deutschen Konkurrenz. COSCO etwa hat bereits heute mit einem Weltmarktanteil in der Containerschiffahrt von elf Prozent die Hamburger Reederei Hapag-Lloyd überholt und droht sie auf lange Sicht zu deklassieren. Ähnliche Entwicklungen zeichnet eine aktuelle Studie des Berliner Think-Tanks MERICS mit Blick auf die China-Aktivitäten deutscher Kfz-Konzerne nach.
Streit um Tollerort
Der harte Streit um den Einstieg der chinesischen Reederei COSCO bei einem Terminal im Hamburger Hafen hat in den vergangenen Tagen die widersprüchlichen Interessen, denen die Chinapolitik der Bundesregierung folgt, deutlich zutage treten lassen. COSCO hatte mit der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) im September 2021 vereinbart, an dem Containerterminal Tollerort einen Minderheitsanteil von 35 Prozent zu übernehmen. Tollerort ist das kleinste Terminal im Hamburger Hafen. Der Schritt schien unproblematisch zu sein, da Tollerort nicht zur kritischen Infrastruktur gehört: Diese beginnt bei einem Umschlag von 17 Millionen Tonnen pro Jahr; Tollerort verzeichnete zuletzt einen Umschlag von nur 12,1 Millionen Tonnen. Dies räumte selbst das Bundeswirtschaftsministerium ein – ebenso wie die Tatsache, dass COSCO mit der Terminalbeteiligung keinen Einfluss auf die Hamburg Port Authority erhalten hätte, die im Hafen Grund und Boden kontrolliert.[1] Einen Anteil an Terminals zu erwerben ist in der Branche üblich, weil damit meist eine Option verbunden ist, bevorzugte Anlanderechte zu erhalten; dadurch vermeidet man lange, teure Wartezeiten vor überlasteten Terminals. Die Hamburger Reederei Hapag-Lloyd etwa ist gegenwärtig auf Einkaufstour in Häfen Europas, Nord- und Südamerikas.[2]
Zum beiderseitigen Vorteil
Zur den recht geringen Folgen des COSCO-Einstiegs beim Containerterminal Tollerort – die Kosten wurden auf 65 Millionen Euro beziffert, Hapag-Lloyd dagegen investiert zur Zeit eine Milliardensumme – kam ein erheblicher ökonomischer Nutzen für den Hamburger Hafen hinzu. COSCO hatte zugesagt, den Hafen, sollten die Beteiligung an Tollerort und die damit verbundene Zuteilung günstiger Anlanderechte zustande kommen, zu einem bevorzugten Umschlagsort an der Nordsee für den Chinahandel zu machen. Schon heute sind chinesische Unternehmen die wichtigsten Kunden in dem Hafen und lasten besonders Tollerort zu großen Teilen aus.[3] Für Hamburg galt dies als vorteilhaft: Zum einen ist COSCO auch an den konkurrierenden Häfen in Rotterdam und Antwerpen beteiligt; zum anderen wird der Hafen von technischen Problemen wie etwa der Versandung der Fahrrinne belastet und hat mit entsprechenden Schwierigkeiten zu kämpfen. Die mit dem vereinbarten Einstieg von COSCO verbundene Aussicht, langfristig verlässliche Kundschaft zu erhalten, war daher äußerst attraktiv. Hinzu kam, dass HHLA und COSCO auch darüber hinaus gemeinsame expansive Aktivitäten planten; so war etwa eine gemeinsame Beteiligung in Polen geplant.
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Hinweis: nur noch bis 13.Nov.2022 barrierefrei zu lesen