Bernhard hat geschrieben:aquadraht hat geschrieben:
Ja. Man hat gesehen, dass die "Grossmacht China" vor 1949 nicht einmal das Sozialprodukt von Belgien hatte. Die Kommunisten haben das Land so gründlich ruiniert, dass es möglicherweise im nächsten Jahrzehnt zur stärksten Wirtschaftsmacht der Welt wird. Ein beeindruckender Ruin.
das ist auch eine einseitige Sicht.
Die Guomindang beherrschte faktisch nur einen Teil Chinas, und das zu Kriegszeiten. Solche Bedingungen kann man wohl kaum mit der Zeit gesicherter Verhältnisse vergleichen.
Ich sage ja nicht, die KMT hätte den Zustand Chinas vor 1949 verschuldet, der war eine Folge der halbkolonialen Zurichtung Chinas, die Ende des 18. Jahrhunderts ihren Anfang genommen hat, und auch der tiefen Krise und Stagnation der überkommenen chinesischen Gesellschaft in dieser Periode.
Aber es war meiner Meinung nach nicht der richtige Weg, über die eigenen Verbündeten und den gesamten linken Flügel der KMT herzufallen und einen zehnjährigen Bürgerkrieg auszulösen, während das Land noch ein Flickenteppich von Regionalherrschern war, die Engländer in Tibet und Südxinjiang ein Defacto-Protektorat hatten, die Japaner im Begriff waren, in Nordostchina einzufallen und die Wirtschaft sich gerade zögernd etwas erholte (was dann mit Bürgerkrieg und Weltwirtschaftskrise wieder Essig war). Und ohne diese idiotische Machtgier und Gewaltverliebtheit hätte Mao Zedong nie die Bedeutung erlangen können.
Desweiteren fährt China heutzutage einen turbokapitalistischen Kurs. Und dadurch kam der Aufstieg zur Wirtschaftsmacht. Zur Zeit Mao Zedongs sah es in dieser Hinsicht auch eher mau aus.
Mit "turbokapitalistisch" ist die chinesische Wirtschaftspolitik, die sich auf sehr differenzierte Lenkungsinstrumentarien stützt und im letzten Jahrzehnt durch eine recht weitgehende Arbeitsgesetzgebung, die Einführung einer landesweiten Kranken- und Sozialversicherung (auf niedrigem Niveau, gewiss) und eine direkte Stützung der niedrigsten Einkommen auszeichnet, zumindest nicht vollständig beschrieben.
In der Mao-Ära war das Wirtschaftswachstum deutlich langsamer, aber sehr wohl signifikant, und andere Parameter wie Säuglings-, Kinder- und Müttersterblichkeit, Lebenserwartung etc. haben sich bereits in dieser Zeit gegenüber den vorherigen Zeiten eindrucksvoll verbessert, nicht zu reden von der Alphabetisierung (wenn man die so nennen kann bei den Hanzi
).
Als Chiang nur noch über Taiwan herrschte, ging es der Insel wirtschaftlich definitiv besser als dem Festland.
Bevor er da herrschte, ging es den Taiwanern besser als unmittelbar nach der Machtübernahme der KMT.
Tatsache ist aber, dass der Aufschwung auf dem Festland erst nach der Herrschaft Maos kam.
(darüber hinaus muss man sich überlegen, ob das Sozialprodukt wirklich ein guter Indikator dafür ist, wie es Li Normalchinesen ging)
Soweit Du den Aufschwung durch die Reformpolitik meinst, gewiss. Und ich schrieb schon an anderer Stelle, dass Mao schwere wirtschaftliche Fehler aus ideologischer Fixierung heraus gemacht hat. Aber wie gesagt, so einfach kann man es sich nicht machen, dass es da keine Fortschritte gegeben hätte.
Wie genau Du das mit dem Sozialprodukt als Indikator meinst, weiss ich jetzt nicht. Aber sicher war etwa die Kulturrevolution eine Katastrophe, die sich in ökonomischen Kennziffern nicht abbilden lässt.
aquadraht hat geschrieben:
Und mehr als das: Anstatt das Land gegen die drohenden Japaner zu einen und das bisschen Shanzhai in Jiangxi und Fujian schlicht eine Weile zu ignorieren, nutzte er jedes Gewehr für seine blutigen und sinnlosen Feldzüge gegen die kommunistischen Aufständischen und lud damit die Japaner zu ihrer Aggression ein.
wobei die Kommunisten noch weit weniger gegen die Japaner gekämpft hatten. Viel mehr hofften sie wohl, die KMT würde sich im Kampf gegen die Japaner aufreigen, so dass sie, die Kommunisten, die Macht an sich reißen können.
Hätte Jiang Jieshi 1927 nicht geputscht, hätte es keinen Bürgerkrieg gegen die Kommunisten gegeben. Die Vorwürfe, die Kommunisten hätten nicht gegen die Japaner gekämpft, sind auch nur teilweise stichhaltig. Die kommunitischen regulären Einheiten, die 8.Routearmee und die Neue 4., waren nicht annähernd so ausgerüstet wie die KMT-Einheiten. Sich auf den Guerillakrieg zu konzentrieren und hinter den japanischen Linien zu operieren, war daher auch militärisch nicht verkehrt. Das zweite Bündnis hielt auch nur bis 1941, als KMT-Einheiten die befehlsgemäss auf dem Abzug aus Jiangsu befindliche Neue 4. Armee in dem 新四軍事件 einkesselten und zu vier Fünfteln vernichteten.
Ob Mao das Japanern so gesagt hat mit dem an die Macht kommen oder nicht, es ist eigentlich unumstritten, und das schreibe ich ja auch, dass ohne den Krieg mit Japan die KP kaum an die Macht gekommen wäre. Aber das hängt ja auch zusammen. Die KPCh war 1926 eine Partei mit 1300 Mitgliedern (die KMT hatte 50.000), sie hatte etwas Einfluss auf städtische Arbeiter und Intellektuelle und arbeitete mit dem linken Flügel der KMT zusammen. Sie hat vermutlich nicht im Traum daran gedacht, überhaupt in den nächsten Jahrzehnten an die Macht kommen zu können. Erst durch den Putsch und die Repression von 1927 kam es zu den Aufständen, die den zehnjährigen ersten Bürgerkrieg einleiteten. Und an dessen Ende war Mao Zedong unumstrittener Führer der KPCh, einer Partei, die sich um Direktiven der Komintern nicht scherte und ihre Mobilisierungsbasis in der verelendeten Landbevölkerung suchte und fand. Und natürlich kochte die ihr eigenes Süppchen. Aber sowohl im Januar 1941 als auch wieder 1946 begannen die innerchinesischen Kämpfe dadurch, dass Jiang Jieshi die Kommunisten angriff. Irgendwie konnte er von der Gewaltpolitik nicht lassen.
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