Die Verfolgung von Falun Gong durch die KP

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Yingxiong
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Re: Die Verfolgung von Falun Gong durch die KP

Beitrag von Yingxiong »

Nicht immer und überall bestimmt der Papst direkt einen neuen Bischof. Es geht auch anders: http://www.nzz.ch/nachrichten/schweiz/b ... 90059.html" target="_blank (Andere Länder, andere Sitten!)
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RoyalTramp
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Re: Die Verfolgung von Falun Gong durch die KP

Beitrag von RoyalTramp »

Bernhard hat geschrieben:Welche konkret verändert werden können und welche nicht, kann nicht in ein paar Sätzen erörtert werden.
Es geht nicht darum, etwas zu veraendern, sondern um die Frage, inwiefern die Ernennung eines Bischofes durch den Papst Teil des religioesen Rituals ist. Das ist leider eine Frage, wo man wohl aber keinen gemeinsamen Nenner finden kann, bzw. sehe ich da kein Argument, welches mich davon ueberzeugen wuerde, dass dem so ist.
Religionsfreiheit bedeutet auch, ein Bekenntnis unverfälscht hören zu dürfen. Und für mich bedeutet es auch, einem Geistlichen vertrauen zu können. Ob das nach UN-Charta auch unter "Religionsfreiheit" fällt, weiß ich nicht. Aber wenn man als gläubiger Mensch mit seinen Geistlichen praktisch nicht offten reden kann, weil man nicht weiß, was dann in die Kanäle der atheistischen Staatspartei weitergetragen wird, dann ist das zumindest sch....lecht.
Noch gravierender wird es, wenn diese Geistlichen der Politik der KP mehr Loyalität entgegenbringen als der Lehre der Kirche, bzw. die christliche (Moral-)Lehre nach Bedürfnissen der KP bzw. der Regierung verbiegen.
Das ist eine der ueblichen Unterstellung ganz nach westlichem Schema: von der KP ernannte Bischoefe muessen per se schlecht und nicht vertrauenswuerdig sein. Da wird gar nicht darauf geschaut, welche Arbeit diese wirklich verrichten...denn dann koennte man vielleicht sogar feststellen, dass die eine bessere Arbeit ableisten, als irgendein vom Papst ernannter bischoeflicher? Jetzt nur mal in den Raum gestellt.

Stichwort "Vertrauen": Warum sollte jemand, der der KP vertraut, kein Vertrauen zu einem durch die KP eingesetzten Bischof haben? Oder umgekehrt, warum sollte jemand, der dem Papst nicht traut, einem von ihm ernannten Bischof trauen? Das "Vertrauen" als Wegmarke fuer "Religionsfreiheit" ist denkbar ungeeignet, denn die von mir hier angefuehrten Gedankenspiele bestehen theoretisch, aber werden - eben typisch westlich - direkt fuer abwegig gehalten. Und da sage noch einer, wir im Westen waeren objektiv und nicht voreingenommen. ;)
Ich beurteile nicht alles nach westlicher Perspektive. Aber wenn jede Organisation vom Staat kontrolliert werden muss, bedeutet das wohl im Umkehrschluss, dass die Regierung es als ihr Recht ansieht, die Gedanken und Äußerungen ihrer Bürger komplett zu kontrollieren.
Ja, wenn man es in einem Negativismus sehen moechte. Positivistisch gesehen koennte man aber auch sagen, dass die Regierung in China eben alles unternimmt, um groesstmoeglichen Schaden vom Volke abzuwenden. Dazu gehoert es auch, Organisationen zu kontrollieren, um eventuellen, die Staatsordnung gefaehrdenden und destabilisierenden Entwicklungen vorbeugen zu koennen. Problem: Der Westen befleissigt sich einer sehr negativen Sichtweise in bezug auf die chinesische Regierung (ist ja auch der olle Systemfeind!), waehrend sich die KP selbst natuerlich bis zum Erbrechen im positiven Lichte glaenzen sieht (sozusagen als der atheistische Messias!).
Bedenke: Es gibt auch keine unabhängigen Gewerkschaften und ähnliches. Und solche Dinge wie Bürgerinitiativen (z.B. gegen ein geplantes AKW) werden meines Wissens als "Widerstand gegen die Staatsgewalt" angesehen und entsprechend sanktioniert. Und ich weiß nicht, ob so eine Einstellung von "der Staat darf alles, wenn's der Staatsraison dient" wirklich traditionell chinesisch ist oder nicht doch eher kommunistisch.
Nein, Buergerbegehren gibt es schon in einer gewissen Form, jedoch sind die Huerden vor einem solchen Begehren enorm und betreffen zumeist lokale Angelegenheiten, wie Verschoenerung der Wohnanlage und aehnliches. Auch ist die Erfolgschance ungleich geringer. Uebrigens darin Deutschland nicht ganz unaehnlich, denn da duerfen ja Buergerbegehren sich auch nur auf regionale oder lokale Angelegenheiten beziehen, wie den Bau einer Moschee in der Nachbarschaft oder aehnliches. Was die Gewerkschaften betrifft, wird meines Wissens nach - vor dem Hintergrund der Tragoedien bei Foxconn und den Zustaenden bei Honda - derzeit in China daruber diskutiert betrieblichen Gewerkschaften mehr Unabhaengigkeit einzuraeumen. ic hsag mal: 慢慢来.

Diese "Staatsphilosophie", von der du sprichst, ist uebrigens nicht "kommunistisch" in dem Sinne, denn sie folgt schlicht und ergreifend einer alten chinesischen Denkrichtung, dem sich schon die alten Konfuzianer feindlich gegenueber sahen: Dem Legismus mit dessen Oheim, Guan Zhong (725 - 645 v.u.Z.), der durch andere Theoretiker (eigentlich eher Praktiker) wie Xunzi (313 - 238 v.u.Z.), Han Feizi 280 - 233 v.u.Z.) elaboriert und von Li Si (280 - 208 v.u.Z.) unter dem ersten Kaiser zur absoluten Staatsraeson erhoben worden ist. Alle anderen Dynastien haben in der Folge wesentliche Elemente des Legismus, insbesondere die institutionelle Ausformung mit dem ganzen Beamtenapparat, uebernommen. Bereits der Konfuzianismus der Han-Zeit (ca. 206 v. - 220 n.u.Z.) - und erst in der Han-Dynastie wird der Konfuzianismus zur vorherrschenden Staatsdoktrin - ist bereits kein reiner Konfuzianismus mehr, sondern eine Vermischung des urspruenglichen Konfuzianismus mit legistischen und kosmologischen (Yin-Yang-Schule) Ideen. Eine geniale "Erfindung", die auf den Gelehrten Dong Zhongshu (179 - 104 v.u.Z.) zurueckgeht und das politische Leben Chinas bis in die Gegenwart hinein gepraegt hat (der Vergleich Mao Zedongs mit Qin Shihuangdi kommt nicht von ungefaehr).

Nachtrag: Damit kein Missverstaendnis aufkommt, aber Guan Zhong ist nur Pate des Legismus bzw. repraesentiert den ersten Schritt hin zu einer "Oekonomisierung" der politischen Macht. Er selbst wuerde sich kaum als Legisten gesehen haben, zumal der Begriff "Legismus", also "Gesetzesschule", eine spaetere Wortschoepfung ist. Auch Xunzi selbst wuerde fuer sich verneinen, dass er Legist sei, da er sich selbst als Konfuzianer sah, der aber nunmal in seinen Schriften wesentliche legistische Tendenzen aufweist. Der demnach erste "reine" Legist, der in diesem Bewusstsein auch handelt und schreibt, waere Han Feizi - sozusagen der God-Father of Legismus - der aber einer Intrige seines Schuelers und "Neidhammels" Li Si erlegen ist.

Sorry, fuer den historischen Ausflug, aber mir war als ollem Sinologen gerade danach...man, habe mich schon lange nicht mehr mit sowas beschaeftigt *schnueff* :cry:
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Re: Die Verfolgung von Falun Gong durch die KP

Beitrag von Bernhard »

Ich möchte diese Organisation jetzt nicht ins Unendliche ausdehnen, deshalb nur ein paar Gedanken:

Das Kernproblem ist nicht das "Arbeit verrichten", sondern die Reinheit der Lehre. Wenn z.B. Abtreibung nach katholischer Lehre Mord und damit eine schwere Sünde ist, darf ein Priester oder Bischof nichts anderes verkünden, nur weil es der KP gerade in den Kram passt. Und wenn ein Gläubiger nicht mehr weiß, ob dieser Priester nun gerade als Sprachrohr der KP oder der Kirche fungiert, ist das für einen gläubigen Menschen eine schwere Gewissensfrage.
Ich glaube nicht, dass die "patriotischen" Priester gegenwärtig verkünden müssen, Abtreibung sei in Ordnung. Aber theoretisch vorstellbar wäre es.

Davon bleibt natürlich unberührt, dass man der KP in anderen, säkulären Dingen vertrauen kann. Aber in speziell diesem Bereich eben nicht.

Ich bin sehr dafür, dass die Regierung alles unternimmt, um "eventuellen, die Staatsordnung gefaehrdenden und destabilisierenden Entwicklungen vorbeugen" zu können. Allerdings ist dennoch die Frage, ob diese Einstellung "du bist Chinese, deswegen sind wir berechtigt, dir zu sagen, was du zu denken hast" gerechtfertigt ist. Auch vor der chinesischen Tradition.

Diese alten Theorien, die du beschrieben hast, kenne ich in Grundzügen auch. Ob sich diese Praxis wirklich auf den Legalismus zurückführen lässt, weiß ich nicht. Viele Praktiken haben sich in den 50-ern herausgebildet, als die Sowjetunion der "Große Bruder" Chinas war.
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Re: Die Verfolgung von Falun Gong durch die KP

Beitrag von Skorpid »

Ich kann mir auch kaum vorstellen, daß ein religiöser Führer von der weltlichen Führung ernannt werden kann. Der Bischof hat zum Beispiel zu predigen "Du sollst nicht töten" und dennoch gibt es die staatliche Todesstrafe. Was predigt dann ein staatlich gelenkter Bischof? Oder wird die Stelle in der Bibel geschwärzt und das Thema tabuisiert?

Am Rande: n.u.Z. und v.u.Z ? Ist das jetzt zwanghafte political (religious) correctness? Also zu meiner Zeit lernten wir noch v.Chr. und n.Chr. (ich schreibe auch noch "daß" ;-) )
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Re: Die Verfolgung von Falun Gong durch die KP

Beitrag von Saiber »

@ bernhard

Wenn also die KP V-Leute in die Kirchen einschleussen koennte, was ja auch nachvollziehbar und moeglich, deshalb nicht zu verneinen ist, koennte aber auch nicht der Vatikan, bzw. andere Kirchlichen Institutionen das Gleiche tun um den Chinesischen Staat zu infiltrieren bzw. per politischer Order von Aussen, Instabilitaet im Land verursachen?
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Re: Die Verfolgung von Falun Gong durch die KP

Beitrag von Yingxiong »

Skorpid hat geschrieben:Ich kann mir auch kaum vorstellen, daß ein religiöser Führer von der weltlichen Führung ernannt werden kann. Der Bischof hat zum Beispiel zu predigen "Du sollst nicht töten" und dennoch gibt es die staatliche Todesstrafe. Was predigt dann ein staatlich gelenkter Bischof? Oder wird die Stelle in der Bibel geschwärzt und das Thema tabuisiert?

Am Rande: n.u.Z. und v.u.Z ? Ist das jetzt zwanghafte political (religious) correctness? Also zu meiner Zeit lernten wir noch v.Chr. und n.Chr. (ich schreibe auch noch "daß" ;-) )
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Re: Die Verfolgung von Falun Gong durch die KP

Beitrag von beowulf »

Yingxiong hat geschrieben:
Skorpid hat geschrieben:Ich kann mir auch kaum vorstellen, daß ein religiöser Führer von der weltlichen Führung ernannt werden kann. Der Bischof hat zum Beispiel zu predigen "Du sollst nicht töten" und dennoch gibt es die staatliche Todesstrafe. Was predigt dann ein staatlich gelenkter Bischof? Oder wird die Stelle in der Bibel geschwärzt und das Thema tabuisiert?

Am Rande: n.u.Z. und v.u.Z ? Ist das jetzt zwanghafte political (religious) correctness? Also zu meiner Zeit lernten wir noch v.Chr. und n.Chr. (ich schreibe auch noch "daß" ;-) )
In den USA geht immer noch ein Geistlicher zu den Kandidaten, die auf dem Weg zur Hinrichtung sind.
Was jetzt überhaupt nichts mit der Einstellung zur Todesstrafe zu tun hat.
Was man eher kritisieren kann, ist, dass die Kirche in ihrer fast 2000jährigen Geschichte ein doch sehr lockeres Verhältnis zur Todesstrafe hat. Übrigens lautet das sechste Gebot nicht "du sollst nicht töten", sondern "du sollst nicht morden". :wink:
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Re: Die Verfolgung von Falun Gong durch die KP

Beitrag von Saiber »

Skorpid hat geschrieben:Ich kann mir auch kaum vorstellen, daß ein religiöser Führer von der weltlichen Führung ernannt werden kann. Der Bischof hat zum Beispiel zu predigen "Du sollst nicht töten" und dennoch gibt es die staatliche Todesstrafe. Was predigt dann ein staatlich gelenkter Bischof? Oder wird die Stelle in der Bibel geschwärzt und das Thema tabuisiert?

Am Rande: n.u.Z. und v.u.Z ? Ist das jetzt zwanghafte political (religious) correctness? Also zu meiner Zeit lernten wir noch v.Chr. und n.Chr. (ich schreibe auch noch "daß" ;-) )
In der Bibel steht mehr als nur das eine unter mehreren Geboten, "Du sollst nicht toeten". Kirchliche Vertreter haben immer die passende Passage dazu um dieses Gebot auszuhebeln und um ihre Aktionen "vor Gott" zu rechtfertigen. Ansonsten haette es die Kreuzzuege, Inquisition und Missionen nicht gegeben. Die beliebteste Erklaerung ist: Man toetet um die Seele des Getoeteten zu retten.
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Re: Die Verfolgung von Falun Gong durch die KP

Beitrag von RoyalTramp »

@ Bernhard

Der @Saiber hat bereits einen klugen theoretischen Einwand erhoben: Ist es da so abwegig zu denken, dass die katholische Kirche auf diese Art und Weise nicht auch Bischöfe einschleusen könnte, die zu einer politischen Destabilisierung des Landes beitragen könnten? Ich bin häufig genug auch als Kind in die Kirche gezerrt worden, um mitzuerleben, das dortige Pfarrer sich nicht nur in religiösen Dingen befleißen, sondern durchaus auch reale Tagespolitik beten bzw. dazu Stellung nehmen. Sprich: Die Gefahr, dass ein katholischer Priester im Auftrage des Papstes hier die ein oder andere Phrase in Bezug z.B. auf die Menschenrechte, Dissidenten oder andere No-Go's aus Sicht der KP in seine Predigten einbindet...naja...du kannst dir ja denken, worauf ich mit dieser Aussage hinaus will.

Die KP hat daher aus ihrer eigenen Logik heraus da völlig Recht, die Bischöfe lieber selber bestimmen zu wollen! Ich würde es an ihrer Stelle nämlich exakt genauso tun.

Oder auch ein anderer überlegenswerter Punkt: Bei einem von der KP eingesetzten Bischof weiß ich in der Regel ziemlich gut, woran ich bin: "Oha...der kommt von der KP...alles klar...weiß ich, wie ich seine Aussage in etwa einzuschätzen habe." Bei einem vom Vatikan eingesetzten Bischof muss diese Gewissheit auch nicht unbedingt haben. Auch was den Glaubensinhalt betrifft, muss ein KP-Bischof nicht weniger qualifiziert sein, als ein Papst-Bischof...im Gegenteil...als kulturell etwas fremdständiges haben sich solche zumeist noch wesentlich intensiver mit der Lehre auseinandergesetzt, dass sie da - mitunter - mehr auf Draht haben dürften , als so manch ein vom Papst bestellter Bischof.

Das ist jetzt alles nur rein theoretisch dahergeredet, aber nur weil es theoretisch ist, sind all diese Gedankenspiele nicht per se als abwegig zu betrachten. Nur, dazu müsste man dann unsere Vorstellung von Moral und Ethik mal für einen Moment zur Seite stellen und versuchen, diese Problematik aus chinesischer Sicht auch zu verstehen. Und an dieser "Empathie" scheitert es bei vielen "Chinakritikern", wie z.B. dem Bossel hier...
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Re: Die Verfolgung von Falun Gong durch die KP

Beitrag von Saiber »

beowulf hat geschrieben: Übrigens lautet das sechste Gebot nicht "du sollst nicht töten", sondern "du sollst nicht morden". :wink:
Wenn das Toeten, durch ein Gesetz, Gebot, Regel rechtfertigen laesst, heisst das "Hinrichtung", wenn nicht, dann "Mord". Man muss nur die richtigen Gesetze, Gebote, Regeln dafuer finden.
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Re: Die Verfolgung von Falun Gong durch die KP

Beitrag von Yingxiong »

Da gingen die Pharisäer hin und hielten Rat, wie sie ihn in seinen Worten fangen könnten; 16 und sandten zu ihm ihre Jünger samt den Anhängern des Herodes. Die sprachen: Meister, wir wissen, daß du wahrhaftig bist und lehrst den Weg Gottes recht und fragst nach niemand; denn du achtest nicht das Ansehen der Menschen. 17 Darum sage uns, was meinst du: Ist's recht, daß man dem Kaiser Steuern zahlt oder nicht? 18 Als nun Jesus ihre Bosheit merkte, sprach er: Ihr Heuchler, was versucht ihr mich? 19 Zeigt mir die Steuermünze! Und sie reichten ihm einen Silbergroschen. 20 Und er sprach zu ihnen: Wessen Bild und Aufschrift ist das? 21 Sie sprachen zu ihm: Des Kaisers. Da sprach er zu ihnen: So gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist! 22 Als sie das hörten, wunderten sie sich, ließen von ihm ab und gingen davon. (Matthäus 22, 15-22)

aus: http://www.evangelium.de/1478.0.html?na ... =03&y=2005" target="_blank
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Re: Die Verfolgung von Falun Gong durch die KP

Beitrag von Bernhard »

Zum Thema Todesstrafe äußere ich mich hier nicht, weil das in diesem Zusammenhang nur eine äußerste Randerscheinung ist.

Betreffend des Einwands "Destabilisierung des Landes":
Die Kirche auf hoher Ebene nimmt in irgendwelchen tagespolitischen Querelen meistens nicht Stellung. Wenn ein einzelner Priester dies tut, ist es meist keine große Sache, weil es eben nur einer ist.
Nichtsdestoweniger wird die Kirche als Institution gewisse gesellschaftliche Entwicklungen kommentieren oder auch kritisch beurteilen. Die Frage ist: Kann die chinesische Regierung so ein bisschen Kritik nicht aushalten?

Problematisch wird es in der Tat bei Dingen wie der Ein-Kind-Politik. Diese ist nach katholischer Sicht schlicht ein Unding, vor allem, wenn sie mit frühabtreibenden Verhütungsmitteln (Pille, Spirale) oder sogar Abtreibung einhergeht. Ich habe auch keine Lösung zu diesem Problem, aber da wäre es vielleicht sogar noch besser, gegenüber der Kirche eine härtere Gangart einzuschlagen, als die Lehre zu verfälschen. Das hat irgendwie etwas.... Perfides.

Diese Unterscheidung in KP-Bischöfe und Papst-Bischöfe, wie RoyalTramp sie getroffen hat, verstehe ich hinwiederum gar nicht.
Um Bischof werden zu können, muss man erst einmal Priester sein. Und dafür braucht man ein langes Studium, ganz abgesehen von der Mitgliedschaft zur katholischen Kirche. Für keinen Priester ist der katholische Glaube etwas "kulturell Fremdständiges".
KP-Bischöfe sind nicht atheistische KP-Mitglieder, sondern natürlich auch Katholiken, oder zumindest tun sie so.
Wie früher erwähnt, weiß ich nicht genau, welche Rolle diese ominöse "Patriotische Vereinigung chinesischer Katholiken" bei diesem Prozedere spielt. Aber es scheint so zu sein, dass alle KP-Bischöfe aus dieser Organisation stammen, die ihrerseits wohl so einen wischiwaschi-Kurs zwischen katholischer und kommunistischer Lehre fährt. Es ist keineswegs eine Frage der "Qualifikation" (die fachliche Qualifikation von 爱国会-Mitgliedern zweifelt niemand an), sondern tatsächlich der Loyalität und der Reinheit der Lehre.
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Re: Die Verfolgung von Falun Gong durch die KP

Beitrag von RoyalTramp »

Bernhard hat geschrieben:Die Kirche auf hoher Ebene nimmt in irgendwelchen tagespolitischen Querelen meistens nicht Stellung. Wenn ein einzelner Priester dies tut, ist es meist keine große Sache, weil es eben nur einer ist.
Ja, aber wenn neben diesem Einen es noch einen anderen und noch einen und ganz viele gäbe. ;)

Und es ist nicht so, dass die Chinesen ein völlig selbstbeherrschtes Völkchen wären. Sie lassen sich sehr gerne von etwas mitreißen (am besten in großen Gruppen natürlich), sie sind eigentlich die geborenen Schwärmer. Und jetzt stelle dir vor...der eine Priester redet von der Unabdingbarkeit der Menschenrechte Silbe-für-Silbe, oder drückt seine Sympathie für den DL aus... In ihrer Begeisterung machen sich die Chinesen auf die Straße und propagieren das, was der Priester gesagt hat: Die Revolution steht.
Nichtsdestoweniger wird die Kirche als Institution gewisse gesellschaftliche Entwicklungen kommentieren oder auch kritisch beurteilen. Die Frage ist: Kann die chinesische Regierung so ein bisschen Kritik nicht aushalten?
Es würde leider nicht bei ein wenig Kritik bleiben in einem so totalitären System, wie in China. Dass die Kirche bei uns nicht an allem und jedem Sinnigen oder Unsinnigen herumkritisiert oder -kommentiert hat ja auch damit zu tun, dass wir ein "freiheitlicher Rechtsstaat" sind. Da gibt es dann aus religiöser Sicht nicht ganz so viele kritikwürdige Dinge, außer denen, die unsere Lebensweise beträfen. Aber in einem politischen System wie in China da gäbe es Konflikte allerortens, sei es Todesstrafe, Meinungsfreiheit und und und.
Problematisch wird es in der Tat bei Dingen wie der Ein-Kind-Politik. Diese ist nach katholischer Sicht schlicht ein Unding, vor allem, wenn sie mit frühabtreibenden Verhütungsmitteln (Pille, Spirale) oder sogar Abtreibung einhergeht. Ich habe auch keine Lösung zu diesem Problem, aber da wäre es vielleicht sogar noch besser, gegenüber der Kirche eine härtere Gangart einzuschlagen, als die Lehre zu verfälschen. Das hat irgendwie etwas.... Perfides.
Warum sich mit solchen Sachen überhaupt belasten. Ein von der KP erwählter, und vom Vatikan anerkannter Bischof und es dürfte keine Probleme geben.
Diese Unterscheidung in KP-Bischöfe und Papst-Bischöfe, wie RoyalTramp sie getroffen hat, verstehe ich hinwiederum gar nicht. Um Bischof werden zu können, muss man erst einmal Priester sein. Und dafür braucht man ein langes Studium, ganz abgesehen von der Mitgliedschaft zur katholischen Kirche.
Ich spiele dabei auf die politische Gesinnung an, wo ich mal davon ausgehe, dass von der KP erwählte Bischöfe wohl eher die politische Linie der KP vertreten könnten bzw. eher bereit sind, Konzessionen an die chinesische Regierung zu machen, während vom Papst erwählte da wohl eher Probleme haben könnten (<- man beachte den Konjunktiv).
Für keinen Priester ist der katholische Glaube etwas "kulturell Fremdständiges".
KP-Bischöfe sind nicht atheistische KP-Mitglieder, sondern natürlich auch Katholiken, oder zumindest tun sie so.
Es ist insofern Fremdes, da ja das Denken und Fühlen eines Priesters nicht alleine durch die Religion bestimmt wird. Er wird ja bereits von Anfang an durch die ihn umgegebende Gesellschaft sozialisiert und in der chinesischen Gesellschaft gibt es nunmal Dinge, die hier anders gedacht werden, als bei uns z.B. Das Christentum ist etwas "Fremdes" für einen Chinesen, meiner Meinung nach.
Wie früher erwähnt, weiß ich nicht genau, welche Rolle diese ominöse "Patriotische Vereinigung chinesischer Katholiken" bei diesem Prozedere spielt. Aber es scheint so zu sein, dass alle KP-Bischöfe aus dieser Organisation stammen, die ihrerseits wohl so einen wischiwaschi-Kurs zwischen katholischer und kommunistischer Lehre fährt. Es ist keineswegs eine Frage der "Qualifikation" (die fachliche Qualifikation von 爱国会-Mitgliedern zweifelt niemand an), sondern tatsächlich der Loyalität und der Reinheit der Lehre.
Und da ist eben ein Problem: Die reine Lehre kann durchaus häufig in Konflikt mit der politischen Agenda stehen mit oben angedeuteten Folgen. Daher ist es meiner Meinung nach gut so, wie die Situation der christlichen Kirche in China ist. Die KP könnte nämlich auch locker hergehen und jedwede kirchliche Einrichtung per se, wie es schonmal der Fall war, verbieten. Damit wäre dann wohl auch keinem geholfen.

Was mich persönlich betrifft, sehe ich halt hier das Vorrecht der weltlichen Macht, vor der Geistlichen und würde ich anstelle der KP mit ihrer politischen Richtlinie exakt genauso verfahren, wie sie es tut.
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Re: Die Verfolgung von Falun Gong durch die KP

Beitrag von Saiber »

Bernhard hat geschrieben: Die Kirche auf hoher Ebene nimmt in irgendwelchen tagespolitischen Querelen meistens nicht Stellung. Wenn ein einzelner Priester dies tut, ist es meist keine große Sache, weil es eben nur einer ist.
Nichtsdestoweniger wird die Kirche als Institution gewisse gesellschaftliche Entwicklungen kommentieren oder auch kritisch beurteilen. Die Frage ist: Kann die chinesische Regierung so ein bisschen Kritik nicht aushalten?
Natuerlich nehmt die Kirche auf hoher Ebene Stellung zu Politik die betrieben wird und beeinflussen sie auch. Es vergeht keinen Tag wo nicht die Kardinaele oder Bischoefe in Deutschland sich ueber Politiker bzw. die Politik des Landes selber aeussern. Nehmen sie dazu Stellung, betreiben sie selber Politik und in ihrer Position hat das sehr viel Einfluss.
In den USA kommt kein Praesidenten Kanditat an die glaeubige Waehlerschaft vorbei und welche Politik diese bevorzugen, kommt auf die Vorgabe ihrer Glaubensgemeinschaft an.
Hat hier die Kirche nicht grossen Einfluss auf die Politik und somit auf die Regierung und damit auf das System?
Bernhard hat geschrieben:Wenn z.B. Abtreibung nach katholischer Lehre Mord und damit eine schwere Sünde ist, darf ein Priester oder Bischof nichts anderes verkünden, nur weil es der KP gerade in den Kram passt. Und wenn ein Gläubiger nicht mehr weiß, ob dieser Priester nun gerade als Sprachrohr der KP oder der Kirche fungiert, ist das für einen gläubigen Menschen eine schwere Gewissensfrage.
Die Frage ist, willst du als Regierung in einem Land mit so einer grossen Bevoelkerung, dass deine Bevoelkerung so erzogen wird? Nach der katholischen Lehre ist Verhuetung jeglicher Art ebenfalls als Suende einzustufen. Begeht da die Kirche denn nicht auch indirekt Mord oder ruft indirekt zum Mord auf?
Zum einen wegen der dann Ueberbevoelkerung und wegen Nahrungsarmut dann Hungertote? Und was ist mit Aids? Ein HIV-Infizierter begeht Mord auf Zeit wenn er bewusst unverhuetet Geschlechtsverkehr mit anderen hat.

Deutschland z.B. hat Probleme der Ueberbevoelkerung nicht. Da kann man ueber Kindermachen diskutieren. China hat 1.3 Milliarden und muss sich ueberlegen wie man diese Menschen noch ernaehren kann. Dann das HIV Problem. Will man diese Krankheit eindaemmen? Die Kirche kann nicht von Menschen fordern im Zoelibat zu leben wie sie es tut. Dass das nicht mal bei ihnen funktioniert haben die Missbrauchsskandale gezeigt.
Die Lehre der Kirche muss nicht unbedingt richtig sein und muss nicht einfach so angenommen bzw. deren Verbreitung ohne weiteres erlaubt werden. Bei einem Volk, wo der Bildungsstand niedrig ist, die soziale Absicherung bzw. Orientierung im Leben fehlt, ist es ein Leichtes wenn nicht Klacks Massen Zuhoererschaft zu gewinnen. Und wenn solche Dinge fallen wie, “benutzt keine Kondome”, dann ist das eine Katastrophe. Schlimmer kommt es dann wenn Ultrakonservative Religioese ins Land gelassen werden und hier ihre Hetzparaden betreiben, wie z.B. jetzt in den USA geschieht. Das waere dann der Untergang.

Soviel zur Loyalität und der Reinheit der Lehre. Und die Letzte Frage waere: was ist wichtiger? Der Glaube an Gott oder der Einfluss und die Erziehung durch den Vatikan in Rom, (bzw. anderen kirchlichen Institutionen, Glaubensgemeinschaften, Ultrakonservate, Hassprediger usw.)?
Es geht hier um 1.3 milliarden potentieller Anhaenger. Verlockend.
Echtes Wissen ist, wenn Du das, was Du weisst, als Wissen erkennst, und das, was Du nicht weisst, als Nichtwissen akzeptierst.
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Re: Die Verfolgung von Falun Gong durch die KP

Beitrag von Bernhard »

Es ist ja nicht so, dass es hier nicht auch Maßnahmen des Staates gäbe, die mit der Lehre der Kirche nicht vereinbar wären. Die faktische Freigabe der Abtreibung war der Kirche immer ein Dorn im Auge. Und sie hat sehr dagegen gewettert. Zu einem Massenaufstand kam es deswegen trotzdem nicht.

Das Denken und Fühlen eines Menschen ist nicht allein durch die Religion bestimmt. Das Christentum ist erst einmal etwas Fremdes für einen Chinesen - aber das gilt sowohl für Mitglieder als auch für nicht-Mitglieder der patriotischen Vereinigung (außer in Gegenden, die überwiegend katholisch sind; soll es in China auch geben)! Es ist die Entscheidung des Einzelnen, wie viele Kompromisse er wo macht.

Und gerade weil chinesische Katholiken eben Katholiken sind (egal, ob ???-Mitglieder oder nicht), werden Priester von der Kanzel nicht massenhaft zu einem Aufstand für das (den Chinesen traditionell fremde) Konzept der "Menschenrechte" aufrufen.
Warum hier die Todesstrafe ins Feld geführt wird, weiß ich nicht. In anderen Ländern gibt es die Todesstrafe auch, auch in der *hust* "Wiege der Freiheit und Demokratie" USA. Eine Sache ist zwar, dass sie in China für wesentlich "harmlosere" Delikte verhängt wird (meines Wissens kann man für den Diebstahl von einer gewissen Menge Kupferkabel hingerichtet werden), jedoch dürfte das kein Hauptthema sein. Zumal die katholische Kirche interessanterweise die Todesstrafe als "ultima ratio" keineswegs ausschließt.

Zu den "begeisterungsfähigen" Chinesen kann ich nun nicht so viel sagen. Aber dass eine relativ kleine Gruppe spontan sagt "auf, lasst uns die Revolution proben"... das halte ich eher für unwahrscheinlich. Gerade Chinesen sehen sich gern als die "Zivilisierten", im Gegensatz zu den "Barbaren", die nicht wissen, wie man sich als Staatsbürger zu verhalten hat..... (oder habe ich jetzt zu viele Forenbeiträge à la xyz gelesen?)


Betreffend Saibers Beitrag.... zu diesen Punkten habe ich früher schon ausführlich meine Sicht der Dinge dargelegt.
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