Bashing: "Nennen wir sie China-Versteher"

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Bernhard
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Re: Bashing: "Nennen wir sie China-Versteher"

Beitrag von Bernhard »

beowulf hat geschrieben: Das ist genauso eine Ideologie - Kapitalismus. Eine Ideologie die der Westen jahrzehntelang - auch mit Gewalt - versucht hat zu exportieren. Viele Chinesen kritisieren diese Ideologie massiv, besonders da sie sich mit den früheren Ideologien massiv wiederspricht. Daher auch starke gesellschaftliche Spannungen. In den USA hingegen ist sie die anerkannte Ideologie und wird nicht hinterfragt. Obwohl es seit der Bankenkrise schon leicht kritische Regungen gegen diese gibt.
du bestätigst ja genau das, was ich sage.

Alles, was irgendwie einen Zusammenhalt der Gesellschaft und ein Wertesystem hätte aufrecht erhalten können, ist entweder gewaltsam ausradiert worden oder einfach weggebrochen. Jetzt herrscht nur noch der Kapitalismus bzw. das ungezügelte Profitstreben (das ist in dieser Absolutheit natürlich nicht richtig, aber die Tendenz ist da).
Dass viele Chinesen diese Ideologie "massiv kritisieren", ist mir bisher noch nicht aufgefallen. Zugegeben, mein Chinesesisch ist sehr schlecht, ich kann nicht einschlägige Blog- und Forenbeiträge lesen. Aber jedes Mal, wenn ich bei Chinesen meine, man könnte doch auch mal andere Werte in den Blick nehmen als immer nur dieses massive Konsum- und Statusgetue, werde ich leicht als romantischer Spinner abgetan. Bwz., vielen Chinesen gefällt es eigentlich auch nicht, aber sie glauben, keine Wahl zu haben.

beowulf hat geschrieben:
"Sklaverei" im Sinne von einem Herrn mit vielen gekauften Arbeitskräften existiert natürlich nicht. Aber viele Menschen sind eben nicht frei, sondern gefangen in auferlegten oder selbst gewählten Zwängen.
Was sich jetzt inwiefern von jeder anderen Kultur in der Welt und Menschheitsgeschichte unterscheidet? Was du beschreibst nennt man "Werte und Normen". Die jeder Mensch durch "Sozialisierung" vom Säuglingsalter weg, durchläuft und ihn prägen.
du solltest mich mittlerweile gut genug kennen um zu wissen, dass ich ziemlich wertkonservativ bin und "Werte und Normen" groß schreibe.
Wenn die Kinder von ihren Eltern aber massiv unter Druck gesetzt werden, möglichst eine Top-Uni zu besuchen, möglichst einen guten Job zu finden, möglichst eine gute "Partie" zu machen, weil die Eltern ja sonst vor den Verwandten und Nachbarn "Gesicht" verlieren würden; wenn man selbst glaubt, kostspielige Einladungen "schmeißen", teure Autos und ständig neue Markenartikel kaufen zu müssen, weil die eigenen "Freunde" sich sonst von einem abwenden könnten, dann rangiert das bei mir nicht unbedingt unter der Kategorie "Werte und Normen".

beowulf hat geschrieben:
Und die "mörderische Konsequenz" des Frauenmangels.... natürlich nicht "mörderisch" in dem Sinne, dass Leute ermordet werden. Aber in dem Sinne, dass Männer keine Frau finden und dann ihre Familie zum Aussterben verurteilt ist (eine schlimme Sache in der chinesischen Kultur).
Eine Familie in China besteht nicht aus Papa, Mutti, Kind. Eine Familie in China ist immer eine Großfamilie. Wenn jetzt ein Kind z.B. schwul ist und keine Kinder zeugt, ist die Familie trotzdem nicht vom aussterben bedroht. Das Männer keine Frau finden ist zwar schlimm, aber auch in Deutschland eine Problematik. Sind das auch "mörderische Konsequenzen" der Emanzipation?
du wirst lachen, aber ich sehe viele Auswirkungen der "Emanzipation" kritisch. Aber darum geht es hier nicht.
Gerade weil in Asien die Familie nicht nur aus "Papa, Mutti, Kind" besteht, sondern aus der Großfamilie (und allen Generationen vorher, denen der einzelne sich immer noch verbunden fühle!), ist es ein großes Problem, wenn dieses Kontinuum unterbrochen wird. Wenn alle vorherigen Generationen so viel getan haben, damit ich überhaupt existiere, und ich führe das nicht weiter.
Eine Taiwanesin hat zu mir mal gesagt: "In Taiwan sagt man: Du kannst deinen Eltern viel Schlimmes antun; das Schlimmste aber ist, ihnen keine Enkelkinder zu schenken!" Und ich habe vor dem Hintergrund der Agent Orange-Problematik einmal gehört, viele Vietnamesen fühlen sich vor ihren Eltern und Ahnen sehr schuldig, wenn sie auf Grund der eigenen Schädigung keine gesunden Kinder hervorbringen können.
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mario.s
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Re: Bashing: "Nennen wir sie China-Versteher"

Beitrag von mario.s »

Bernhard hat geschrieben:sorry, aber warum so verbissen? Du bist doch sonst nicht so bierernst.

Dieser Artikel ist eine Parodie bzw. Satire, oder zumindest mit viel Augenzwinkern geschrieben. Ich fand ihn alles in allem gut, wenn auch an manchen Stellen ein bisschen zu plump.
Das war weniger ein verbissener als ein resignierender Beitrag. Natürlich habe ich genauso meine (nicht sehr hohe) Meinung zur Deutschen Berichterstattung über China. Denn jedes Mal nach derartigen Meldungen in Blättern wie der Welt (von der Bild will ich hier gar nicht erst schreiben), dem Spiegel, dem Focus, der FAZ, der BZ, und wie die "rennomierten" Blätter alle heißen, sehe ich mich in meinem Familien- und Freundeskreis in Deutschland gewaltiger Aufklärungsarbeit gegenüber.

Ein Kampf gegen Windmühlen. Selbst viele Deutsche Journalisten (die wirklich gewissenhaften) haben da so ihre Probleme. Wuxistyle hat nicht Unrecht wenn er meint, dass sich die anderen Artikel nicht verkaufen und besagter Schreiberling sonst bald einen anderen Job benötigt. Doch ein Wenig mehr Professionalität und Recherche erwarte ich schon in einem Artikel der Welt. Denn besagter Beitrag stand eben nicht in der Rubrik Satire sondern war ein Leitartikel. Da musste ich gestern ziemlich verständnislos den Kopf schütteln. Und weil ich nach dessen Lektüre hier im Thema war, teilten ihn meine Finger schneller mit Euch als mein Verstand es zu verhindern vermochte. :lol:

Sei's drum. Ich denke, wir hier drüben in China haben zu vielen Vorgängen einfach detailierteres Wissen/tiefergehende persönliche Erfahrungen, können diese jedoch nicht mit jedem teilen. Heute muss ich über Herrn Badde's Meinung eher lächeln und würde ihn gerne einmal hierher einladen um sein eigenes Bild zu China um Erfahrungen vor Ort ergänzen zu können. ;)

Ihm (oder jemand anderem hier im Forum) meine Meinung aufzuzwingen liegt mir allerdings fern. 8)

In diesem Sinne
Mario
世上无难事,只怕有心人。 - Wo ein Wille ist, da ist ein Weg.
(Chinesisches Sprichwort)
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Re: Bashing: "Nennen wir sie China-Versteher"

Beitrag von edmund27 »

Was hier über Deutschland geschrieben wird, davon ist einiges falsch. Die BRD ist kein rechtmäßiger gegründeter Staat. Die BRD wurde von den Siegermächten gegründet. Die Siegermächte haben auch die Bundesländer willkürlich festgelegt. Und das wichtigste ist der 2. Weltkrieg ist eigentlich noch gar nicht beendet. Ein Krieg beginnt immer mit einer Kriegserklärung und endet mit einem Friedensvertrag.Wir haben immer noch Waffenstillstand. Und ein souveräner Staat sind wir in einigen Fällen immer nocht nicht. Besonders gegenüber der USA, die immer noch Rechte aus der Besatzungszeit in Anspruch nimmt. Wir haben auch keine Verfassung, sondern ein Grundgesetz. Es gibt schon jahrelang bei uns die Diskussion unserem Staat eine Verfassung zu geben. Und um unsere Demokratie ist es auch nicht so gut bestellt. Diese Demokratie ist doch zur reinen Lobby und Hinterzimmerdemokratie verkommen. Und zu China kann ich nur sagen, mir gefällt dieses Land und ich halte mich mit der Kritik zurück. Wir Deutsche haben hier erstmal unsere Problem zu lösen . Denn wir sind zwar nicht Fußballeuropameister geworden, aber zu mindest sind wir Ausbeutungseuropameister. Und der Bundestag läßt frei nach der chinesischen Ausbeutungsmethode Putzfrauen für 5,95€ arbeiten. 8)
Würden die Menschen verstehen, wie unser Geldsystem funktioniert, hätten wir eine Revolution – und zwar schon morgen früh. ( Henry Ford )
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tanzhou
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Re: Bashing: "Nennen wir sie China-Versteher"

Beitrag von tanzhou »

edmund27 hat geschrieben:Denn wir sind zwar nicht Fußballeuropameister geworden, aber zu mindest sind wir Ausbeutungseuropameister.
Waere nett, wenn Du dazu vllt noch etwas mehr schreiben wuerdest, als eine Behauptung in den Raum zu werfen, die Fragen offenlaesst. Inwiefern Ausbeuter? Das Putzhilfen fuer knapp 6 EUR den Bundestag reinigen? Oder was meinst Du genau?
edmund27 hat geschrieben:Und zu China kann ich nur sagen, mir gefällt dieses Land und ich halte mich mit der Kritik zurück. ... Und der Bundestag läßt frei nach der chinesischen Ausbeutungsmethode Putzfrauen für 5,95€ arbeiten. 8)
Wie .. was? Was denn nun? Halte Dich bitte mit Deiner Kritik zurueck! :lol: Eddie, Du bist der Hit!
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Re: Bashing: "Nennen wir sie China-Versteher"

Beitrag von Phytagoras »

Ich find das China-"Bashing" von den Medien an sich auch ziemlich bescheuert. Was ich jedoch ebenso nicht verstehe, ist das Verteidigen der "Versteher" teilweise hier.

Da kommt dann "Jaja. In Deutschland ist es auch nicht besser." Ich sehe dennoch weiterhin Probleme in China, die Deutschland nicht hat bzw. nicht in dem Ausmaß. Die Wanderarbeiter z.B. und die wirkliche Ausbeutung dieser. Da lief letztens selbst auf CCTV Documentary nen Bericht darüber, wie die Fabrikchefs sie ausnehmen für ihren Profit.
Oder eben auch die Zensur an sich, wobei sich das ja hoffentlich, so seh ich das, langsam öffnet.

Und ich bin der Meinung, dass gerade Korruption in China weit verbreiteter ist, als hier in Deutschland. Ich selbst hab an verschiedenen Colleges im Land Vorträge gehalten und nen wenig "Guanxi" gemacht. Was ich da mitbekommen habe, war imo schon schlimm.
Da hat ein Rektor eines Colleges mir im Detail erzählt, wie er plötzlich die meisten Gebäude der Stadt selbst baut.
Die Arbeitskollegen vom Vater meiner Freundin sind auch so zu Reichtum gekommen, weil sie lieber minderwertige Maschinen gekauft haben für ihre Firma, weil sie vom Maschinenhersteller XYZ einfach "Bestechungsgeld" bekommen haben.
Dazu dann auch noch das Gesundheitssystem in China. Wenn man Kohle hat, schön und gut. Hat man sie nicht, wirds schon ein Problem, wenn man nicht in "Vorkasse" treten kann.

Das sind dann imo doch Probleme, die man in dem Ausmaß in Deutschland nicht so kennt meiner Meinung nach. Die haben in China schon ein ganz anderes Level. Darüber hinaus gibts dann ja dennoch die Verkehrsproblematik, keine Einhaltung der in China vorhandenen Gesetze etc.
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Re: Bashing: "Nennen wir sie China-Versteher"

Beitrag von dakine »

edmund27 hat geschrieben:Was hier über Deutschland geschrieben wird, davon ist einiges falsch. Die BRD ist kein rechtmäßiger gegründeter Staat. Die BRD wurde von den Siegermächten gegründet. Die Siegermächte haben auch die Bundesländer willkürlich festgelegt. Und das wichtigste ist der 2. Weltkrieg ist eigentlich noch gar nicht beendet. Ein Krieg beginnt immer mit einer Kriegserklärung und endet mit einem Friedensvertrag.Wir haben immer noch Waffenstillstand. Und ein souveräner Staat sind wir in einigen Fällen immer nocht nicht. Besonders gegenüber der USA, die immer noch Rechte aus der Besatzungszeit in Anspruch nimmt. Wir haben auch keine Verfassung, sondern ein Grundgesetz. Es gibt schon jahrelang bei uns die Diskussion unserem Staat eine Verfassung zu geben. Und um unsere Demokratie ist es auch nicht so gut bestellt. Diese Demokratie ist doch zur reinen Lobby und Hinterzimmerdemokratie verkommen. Und zu China kann ich nur sagen, mir gefällt dieses Land und ich halte mich mit der Kritik zurück.[...]
Verquerer Stuss. Ich werde mich argumentativ dazu nicht äußern. Empfehle aber die Beschäftigung mit dem "2+4 Vertrag" und dem Grundgesetz.

//Edit: Auf die hier folgende Beleidigung habe ich nach Rücksprache mit meinem Anwalt verzichtet ;-) :D
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Re: Bashing: "Nennen wir sie China-Versteher"

Beitrag von canni »

dakine
dann geh doch mal und frag Deinen Anwalt....
Vielleicht selbst mal nachlesen!!!
wie gesagt mir ist das egal, aber mein Freund hat sich jahrelang damit beschäftigt und damit einiges an Strafen (vorwiegend Verkehr haha) gespart.
Vielleicht mal hier lesen und nachdenken... Nicht gleich alle zu Idioten erklären, die schon etwas länger den Pass des deutschen Reiches haben haha... ok?

http://de.answers.yahoo.com/question/in ... 302AAZADPY
http://de.wikipedia.org/wiki/Rechtslage ... _nach_1945

Die Inhalte jener Webseite geben nicht meine Meinung wieder und sind auch nicht von mir lanciert. sie sind aber sicher lesenswert und sollten zum Nachdenken anregen.

Wir müssen also Deutschlandversteher sein um Chinaversteher zu werden hahaha
Das Leben ist manchmal wie jemand, der Dir eine Tafel Schokolade hinhält und wenn Du reinbeisst merkst Du, dass es eine Zitrone ist. Mogelpackung.
Wenn du eine Sprache nicht oder nicht richtig sprichst, solltest Du zumindest ein guter Pantomime sein....
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tanzhou
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Re: Bashing: "Nennen wir sie China-Versteher"

Beitrag von tanzhou »

So sieht es aus, hatte auch gerade den wikipedia Link hier gepostet, aber wieder entfernt. Canni sagt ja schon alles.
dakine
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Re: Bashing: "Nennen wir sie China-Versteher"

Beitrag von dakine »

Insbesondere Abschnitt 4 im zitierten Wikipedia Artikel ist sehr aufschlussreich.
Yahoo-Answers als Quelle anzuführen ist unseriös. Ob irgendwelche Freunde von Freunden mal einen Strafzettel nicht zahlen musste sagt auch noch nichts aus. Gibt es dazu irgendwelche Urteile (bitte mit Aktenzeichen)?

Ihr könnt abstreiten, dass es die Bundesrepublik Deutschland de Jure gibt und wir noch im Krieg mit der ganzen Welt (auch China ;-)) stehen. Das ist, selbstverständlich, durch die Meinungsfreiheit in Deutschland gedeckt. Das widerspricht aber allen bekannten Tatsachen (GG, Grundlagenvertrag, 2+4, usw.).

Trotzdem benutzt ihr natürlich einen BRD-Pass um nach China zu reisen. Ich würde so ein Verhalten als opportunistisch bezeichnen :p
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Re: Bashing: "Nennen wir sie China-Versteher"

Beitrag von canni »

Wenn mein Freund aus Manila zurück ist, schicke ich Dir entsprechende Unterlagen per PN.
Die füllen bei ihm einige Ordner.
Wie kommst Du drauf ich hätte einen BRD Pass?
Ist eine Vermutung von Dir? Du solltest nichts behaupten, was Du nicht sicher weisst oder?
Das wäre ja opportunistisch.. reine Mutmaßung :mrgreen:
Beimir steht nirgends BRD drauf. Der Reichsadler ist allerdings drauf haha... Und die europäische Union.. ein Schelm wer sich böses dabei denkt.... :lol:

Würdest Du dem zustimmen, dass wir uns noch im Zustand des Waffenstillstandes befinden?
Und sich die Gelehrten heftig streiten was das bedeutet?

so und jetzt Schluss mit dem Gewürge. Deutschland ist seit den 90iger Jahren zu einer Bananenrepublik abgedriftet und es wird noch schlimmer.

Seit bei uns alles nur noch in 0 und 1 konstatiert wird, ist das menschliche mehr und mehr verschwunden. In China dagegen menschelt es noch gewaltig! Und die sind auch stolz drauf. Was wir ja nicht sein dürfen, sonst drängt man uns seitens der eigenen Politik in die rechte Ecke.
Das Leben ist manchmal wie jemand, der Dir eine Tafel Schokolade hinhält und wenn Du reinbeisst merkst Du, dass es eine Zitrone ist. Mogelpackung.
Wenn du eine Sprache nicht oder nicht richtig sprichst, solltest Du zumindest ein guter Pantomime sein....
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Re: Bashing: "Nennen wir sie China-Versteher"

Beitrag von beowulf »

Alles, was irgendwie einen Zusammenhalt der Gesellschaft und ein Wertesystem hätte aufrecht erhalten können, ist entweder gewaltsam ausradiert worden oder einfach weggebrochen. Jetzt herrscht nur noch der Kapitalismus bzw. das ungezügelte Profitstreben (das ist in dieser Absolutheit natürlich nicht richtig, aber die Tendenz ist da).
Die Tendenz ist da, zwischen Tendenz ist da und alles andere ist gewaltsam ausradiert worden oder ist einfach weggebrochen, liegen aber Welten. Wenn es nur eine "Tendenz" ist, impliziert es ja, dass es andere Werte auch gibt. Ergo diese nicht gewaltsam ausradiert oder weggebrochen sind :wink:

Ich will dich jetzt nicht mit Wortspielereien nerven, mir geht es hier aber schon um einen wichtigen Punkt. Die chinesische Kultur ist und war niemals ein starres Gebilde, es gibt auch keine "Brüche" in der Kultur. Es gibt durchaus radikale Veränderungen und temporäre (der Zeitrahmen kann auch ein paar Jahrzehnte sein) Ausschläge in die eine oder andere Richtung. Du kennst meinen Standpunkt schon, für mich ist die Kulturrevolution eine sehr chinesische Angelegenheit, die es in der chinesischen Geschichte in ähnlicher Form schon mehrere Male gegeben hat. Die chinesische Geschichte ist voll von Revolutionen sowohl militärischer als auch philosophischer Art und vor allem an "religiös/philosophisch*" fanatischen Revolutionären, die mit Gewalt das traditionelle Gesellschafts- und Wertsystem überwinden zu versuchen, gibt es keinen Mangel. Sage hier nur Taiping Tianguo. Traditionelles und konservatives Denken, so wie die Tendenz zum radikalen Ausschlagen in die gegenübergesetzte Richtung unter gewissen Bedingungen, sind sehr chinesische Eigenheiten. Genauso, wie das zurückfallen in die zuvor verworfenen tradionellen und konservativen Denkmuster nach dem selten "reinigenden Gewitter".

*Die Trennung der beiden Begriffe ist nicht nur, aber vor allem in China schwierig und ja, ich vertrete die Ansicht, dass die Rotgardisten, religiöse Eiferer waren.
Dass viele Chinesen diese Ideologie "massiv kritisieren", ist mir bisher noch nicht aufgefallen. Zugegeben, mein Chinesesisch ist sehr schlecht, ich kann nicht einschlägige Blog- und Forenbeiträge lesen.
Wie gesagt, mein chinesisch ist relativ gut und ich weiß daher, wie radikal Chinesen schimpfen können. Vor allem gegen "die da oben". Im Vergleich dazu wirkt deutsches Stammtischgezeter, wie ein kriecherisches Verhalten der Oberschicht gegenüber. :wink:

Ich warne aber explizit davor aus diesem "Geschimpfe" eine Unterstützung der westlichen Positionen abzuleiten.
Aber jedes Mal, wenn ich bei Chinesen meine, man könnte doch auch mal andere Werte in den Blick nehmen als immer nur dieses massive Konsum- und Statusgetue, werde ich leicht als romantischer Spinner abgetan.
Naja, bist du ja irgendwie auch :wink: Kann dich beruhigen, ich bin auch ein romantischer Spinner. Ich bin aber - so wie du - in einem der reichsten Länder der Welt aufgewachsen, mit - zumindest damals noch - funktionierenden Sozialsystem und garantiertem Wohlstand. Wenn man in Armut aufgewachsen ist, sieht man das aber anders. Und weil ich China liebe, mach ich mir die Mühe dieses Verhalten zu verstehen, obwohl ich es selbst als schlecht empfinde und kritisiere.
Wenn die Kinder von ihren Eltern aber massiv unter Druck gesetzt werden, möglichst eine Top-Uni zu besuchen, möglichst einen guten Job zu finden, möglichst eine gute "Partie" zu machen, weil die Eltern ja sonst vor den Verwandten und Nachbarn "Gesicht" verlieren würden;


Hmm - Gesicht ist hier ein Faktor, aber nur ein sehr schwacher. Sicherheit und aus der Armut zu entkommen, nicht in diese zurückzufallen wiegt hier um einiges schwerer.
wenn man selbst glaubt, kostspielige Einladungen "schmeißen", teure Autos und ständig neue Markenartikel kaufen zu müssen, weil die eigenen "Freunde" sich sonst von einem abwenden könnten, dann rangiert das bei mir nicht unbedingt unter der Kategorie "Werte und Normen".
Hmm - Gesicht ist hier ein Faktor, aber es geht auch hier mehr darum, sich endlich einmal etwas leisten zu können. Übrigens gehört "Gesicht" zu "Werte und Normen". Vielleicht nicht zu deinen "Werten und Normen". Man kann nicht einfach sagen, ich mag diese "Werte und Normen" nicht, und deswegen sind das keine "Werte und Normen". Extrembeispiel - Auch die Nazis hatten "Werte und Normen". Das viele dieser "Werte und Normen" furchtbar und brutal waren, ändert nichts daran, dass es "Werte und Normen" sind.

"In Taiwan sagt man: Du kannst deinen Eltern viel Schlimmes antun; das Schlimmste aber ist, ihnen keine Enkelkinder zu schenken!" Und ich habe vor dem Hintergrund der Agent Orange-Problematik einmal gehört, viele Vietnamesen fühlen sich vor ihren Eltern und Ahnen sehr schuldig, wenn sie auf Grund der eigenen Schädigung keine gesunden Kinder hervorbringen können.
Ja, und? Das sind Werte und Normen, die Ein-Kind Politik erschwert vielen Leuten die Erfüllung der Werte und Normen und das problematisch. Anderseits sind "Werte und Normen" nicht in Stein gemeisselt und verändern bzw. entwickeln sich weiter. Früher war "nur eine Frau" haben oder "nur ein Kind" zu haben, schon ein Gesichtsverlust. Da haben Verwandte Druck ausgeübt noch eine Nebenfrau zu nehmen und mehr Kinder zu zeugen. Heute gibt es das nicht mehr. Kein Chinese verliert das Gesicht, weil er nur eine Frau und nur ein Kind hat. :wink:
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Re: Bashing: "Nennen wir sie China-Versteher"

Beitrag von Bernhard »

@beowulf
Ich wollte auf deinen Beitrag antworten, aber die Antwort wurde zu lang. Deswegen habe ich mich entschieden, sie nicht abzuschicken. Ich will das Forum nicht vollmüllen.

Nur zu dem letzten Punkt: Du stimmst also zu, dass Nachkommen sehr wichtig in der asiatischen Kultur sind. Ob einer oder mehrere, sei jetzt mal dahingestellt.
Wenn man nicht heiraten und somit keine Nachkommen zeugen kann, ist es also sehr schlimm. Nach der Tradition gilt man dann wohl als "Unperson", die ihren eigentlichen Daseinszweck verfehlt hat (ich sage nicht, dass alle Chinesen so denken, aber die Tradition ist so). Folglich kann man die Ein-Kind-Politik bzw. den daraus resultierenden massiven Männerüberschuss im übertragenen Sinne schon als "mörderisch" bezeichnen :wink:
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Re: Bashing: "Nennen wir sie China-Versteher"

Beitrag von beowulf »

Ich wollte auf deinen Beitrag antworten, aber die Antwort wurde zu lang. Deswegen habe ich mich entschieden, sie nicht abzuschicken. Ich will das Forum nicht vollmüllen.
Warum gehst du jetzt davon aus, dass deine Antwort "Müll" ist? Bitte, keine falsche Bescheidenheit.


Nach der Tradition gilt man dann wohl als "Unperson", die ihren eigentlichen Daseinszweck verfehlt hat (ich sage nicht, dass alle Chinesen so denken, aber die Tradition ist so). Folglich kann man die Ein-Kind-Politik bzw. den daraus resultierenden massiven Männerüberschuss im übertragenen Sinne schon als "mörderisch" bezeichnen :wink:
Wie kommst du auf die Idee, dass man eine "Unperson" ist, wenn man keine Kinder bekommt? Nur weil die Eltern massiv Druck aufbauen, bedeutet dies noch nicht das "Schande" über die Familie kommt, wenn die Tochter unfruchtbar ist oder z.B. der Sohn verstossen wird, weil er keine Frau findet. Jetzt lass mal die Kirche im Dorf. Bei dir klingt das so, als ob Chinesen einen "Ehrbegriff" praktizieren wie albanische Bergbauern*. Ich mein, ich hab in China schon sehr viel "krasse" Sachen erlebt und mitbekommen (das meiste hat sich als heiße Luft entpuppt), aber das eine Tochter oder Sohn zur "Unperson" erklärt wird und seinem/ihrem "Daseinszweck verfehlt hat", weil er/sie bei der Fortpflanzung Probleme hat, klingt doch sehr nach orientalischer Phantasie deinerseits.

*Kanun des Lekë Dukagjini
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Re: Bashing: "Nennen wir sie China-Versteher"

Beitrag von Bernhard »

beowulf hat geschrieben: Wie kommst du auf die Idee, dass man eine "Unperson" ist, wenn man keine Kinder bekommt? Nur weil die Eltern massiv Druck aufbauen, bedeutet dies noch nicht das "Schande" über die Familie kommt, wenn die Tochter unfruchtbar ist oder z.B. der Sohn verstossen wird, weil er keine Frau findet.
ich sehe ein, dass ich deutlich übertrieben habe. Wobei sich mein "Unperson" nicht auf die Reaktion lebender Personen bezog. Ich meinte das mehr im Rückblick, im Bezug auf die Erinnerung, die nachfolgende Generationen von dieser Person haben werden.

Aber es stimmt, der Ausdruck ist nicht angemessen. Ich werde es hierbei bewenden lassen, weil es nur am Rande mit dem Thema des Threads zu tun hat.
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Re: Bashing: "Nennen wir sie China-Versteher"

Beitrag von beowulf »

Aber es stimmt, der Ausdruck ist nicht angemessen. Ich werde es hierbei bewenden lassen, weil es nur am Rande mit dem Thema des Threads zu tun hat.
Haben wir das Thema des Threads nicht schon vor ein paar Seiten verlassen? :lol:
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