Was ist vorteilhaft an einem schwachen Yuan?

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NHR
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Re: Was ist vorteilhaft an einem schwachen Yuan?

Beitrag von NHR »

yaoshu hat geschrieben:Wie agiert China um den Yuan niedrig zu halten,
bzw. mit welchen Methoden kann ein Staat anwenden um seine Währung beinflussen?
Der Geldwert ist doch abhänig von BIP, Geldmenge und Umlaufgeschwindigkeit.
Da ein Staat natürlich will dass sein BIP steigt, steigt damit auch der Geldwert, die Umlaufgeschwindigkeit kann mann schlecht verändern, also muss der Staat dauernd Scheine drucken um den Kurs unten zu halten oder wie?

Ich check das net so ganz.

Generell ist Inflation nicht einfach nur abhängig von der vom Staat ausgegebenen Geldmenge (an sich ist das schon nicht ganz richtig, da der Staat selbst gar nicht direkt Geld ausgeben kann. Das geschieht indirekt durch die Notenbank).

Man muss sich vor Augen halten, dass eine Währung als Finanzmarkt mit Angebot und Nachfrage besteht. Steigt die Nachfrage nach einer Währung, steigt ihr Wert, was relativ zu anderen Währungen unter Umständen auch den Wechselkurs erhöhen kann.
Oder die Nachfrage nach liquiden Mitteln in einer Währung sinkt, wie es bei der Eurokrise der Fall war. Anleger fürchteten einen Wertverlust des Euro und zogen sich aus der Währung zurück.
In so einem Fall erhöht eine Notenbank idR nicht das Geldangebot, sondern verringert es, um die Währung zu stabilisieren.
Diese Nachfrage nach einer Währung inkludiert auch den Kauf von Waren oder Leistungen in einer bestimmten Währung aus dem Ausland.
Wenn ich etwas aus China bestelle, muss ich schließlich in Yuan bezahlen.


Nach der Quantitätstheorie des Geldes steigt das Preisniveau (das ist quasi Inflation) dann, wenn die Geldmenge schneller steigt als das Volkseinkommen (nehmen wir hier mal der Einfachheit halber das BIP). Geht dieses ins Negative, sprich die Wirtschaft konrahiert, hat dies natürlich auch einen entsprechenden Einfluss auf diese Gleichung.
Diese funktionale Beziehung geht, wie du schon geschrieben hast, davon aus, dass die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes konstant bleibt.
Das war mit dem Euro bisher nicht der Fall, ist aber auch nicht das Thema hier.


Man kann generell sagen, dass der Staat, da dieser an Preisstabilität interessiert ist, weder an übermäßiger Inflation noch Deflation interessiert sein wird. Daher wird er bemüht sein, die Ausweitung der Geldmenge der Wachstumsrate des realen Volkseinkommens (nehmen wir hier wieder der Einfachheit halber BIP) anzupassen.




Den USA wird ein Schutzzoll nicht helfen, da diese die strukturellen Defizite nicht beseitigen.
Dass Wechselkurse langfristige und/oder signifikante Auswirkungen auf Export und Import haben, ist durchaus umstritten.
Chinesische Produkte werden in den USA dann höchstwahrscheinlich einfach noch etwas teurer, der Staat fischt ein bisschen Geld ab und die Bürger verlieren noch ein bisschen mehr Wohlstand.
Mathias
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Re: Was ist vorteilhaft an einem schwachen Yuan?

Beitrag von Mathias »

Durch die Medien geistern ja noch die Schauermärchen vom schwachen Yuan. Wenn man sich aber den Langzeittrend anschaut, so ist seit Juni eine Aufwertung des Yuan zu erkennen. Ich bin nun wirklich kein Börsenguru, aber das sieht doch irgendwie schon systematisch aus, oder?
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Re: Was ist vorteilhaft an einem schwachen Yuan?

Beitrag von Kop »

Kennt jemand gute Weblinks die das Thema genauer und theoretisch korrekt darlegen?
Wäre sehr an den Zusammenhängen interessiert.
Danke.
Kop ***
Aremonus
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Re: Was ist vorteilhaft an einem schwachen Yuan?

Beitrag von Aremonus »

Ich bin nun wirklich kein Börsenguru, aber das sieht doch irgendwie schon systematisch aus, oder?
Da musst Du auch kein Börsenguru sein - der Yuan-Wechselkurs wird von der chinesischen Regierung kontrolliert und unterliegt daher nur sehr schwachen Schwankungen. Und die Regierung muss den Yuan aufwerten - aus politischen und ökonomischen Gründen.
Politisch sieht sich China immer mehr Anti-Dumpingklagen gegenüber, weil die Politiker in der EU und in vor allem in Amerika ihr eigenes Versagen den Chinesen in die Schuhe schieben.

Ökonomisch befindet sich China in einer riesigen Inflation, da das Land extreme Mengen an Geld (QE I und II in den USA sind nichts dagegen) gedruck hat in den letzten beiden Jahren (10 Billionen Yuan = 1,2 Billionen Euro 2009, 8 Billionen Yuan = 0,9 Billionen Euro 2010). Wird der Yuan teurer, ist China für ausländische Investoren, die in den austrebenden Märkten nach Rendite suchen, unattraktiver und die Inflation kann zumindest ein bisschen Gedämpft werden. Das Problem ist aber, dass die extrem Export- und Auslandinvestitionsabhängige Wirtschaft des Landes langsamer zu wachsen oder gar zu schrumpfen droht - was die Immobilienblase, die 2008 und 2009 je etwa 60 Prozent des BIPs ausmachte, zu platzen droht: China würde zu einem zweiten Japan und die Welt könnte erneut in die Krise stürzen. Dasselbe Szenario droht bei hoher Inflation, da niemand mehr arbeitet, alle wieder zurück aufs Land gehen und Bauern würden.

Es ist also ein gefährlicher Tanz auf Messers Schneide in China.
Kennt jemand gute Weblinks die das Thema genauer und theoretisch korrekt darlegen?
Wäre sehr an den Zusammenhängen interessiert.
Danke.
Kop ***
Das ist natürlich ein riesiges Forschungsgebiet und die modernen Theorien dazu sind sehr komplex...
Ein guter Einstieg würde aber das etwas in die Jahre gekommene keynesianische Kreuz bieten. Keynes hat die derartigen Zusammenhänge für die damalige Zeit ziemlich gut erkannt.
Such insbesondere einmal nach IS-LM Modell.
Erst wenn der letzte Baum gefällt, der letzte Fluss gestaut und der letzte Fisch gefangen ist, werdet ihr feststellen, dass man Biber nicht essen kann!
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