Tibet - Was ist da los?

Tibet liegt im Westen Chinas. Städte in Tibet sind Lhasa (拉萨) und Shigatse (日喀则市),
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Topas
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Re: Tibet - Was ist da los?

Beitrag von Topas »

Flory hat geschrieben:Fakt ist das China seid fast 1400 Jahren mehr oder weniger (Dynastie abhängig) einfluss auf die Tibetischen Belange ausgeübt hat
Die Dauer eine Besetzung oder was auch immer kann nicht als Rechtfertigungsgrund gesehen werden, eine Volks / Kultur-Definition zu kippen. Auch wenn China 20.000 Jahre Tibet besetzt haben sollte, bleibt Tibeter Tibeter und werden nicht dadurch automatisch zu Chinesen.

Jeder Mensch ( und somit jede Volksgruppe )sollte das Recht haben auf Selbstbestimmung der zugehörigkeit. Das eigentliche Problem ist folgendes : Wenn Tibet wegfallen würde, würde China einen erheblichen Teil seiner strategischen machtposition in Zentralasien verlieren, und auch die Uiguren würden dann wesentlich stärker nach unabhängigkeit streben.
Topas grüsst recht herzlich WHSAP
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hifi
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Re: Tibet - Was ist da los?

Beitrag von hifi »

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Mathias hat geschrieben:Ich würde es noch etwas anders formulieren. Der Blick auf die Geschichte ist immer subjektiv, also auch stets Wandlungen unterworfen. Es wird nie "die wahre Geschichte" geben.

Aktuelles Beispiel: Sehr zum Missfallen der Koreaner (Nord und Süd) beansprucht China seit etwa 20 Jahren Goguryeo, das größte der historischen Drei Reiche von Korea, für seine Geschichtsschreibung. Wird diese Position lange und konsequent genug vertreten, wird sie irgendwann als "historische Wahrheit" akzeptiert werden. Wie gesagt, Geschichte ist nicht das, was wirklich einmal war, sondern das, was wir darin sehen.

P.S. Das war zwar jetzt etwas weit weg von Tibet :wink: aber das Problem ist das Gleiche.
Es gibt kaum Gebiet in Ostasien, das nicht stark durch China beeinflusst ist.
Auch Länder wie Korea, Japan und Vietnam haben so starke kulturelle Einfluss aus China, dass ihre Schrift und zum Teil auch die Sprache ursprünglich chinesisch waren. In einigen Dynastien hatten diese Länder einen Status als chinesischer Satellitenstaat und mussten Steuer an den chinesischen Kaiser zahlen. Trotzdem sind das heute völlig eigenständige souveräne Staaten. Viele ursprünglich chinesische Kultur und Sitten wurden in diesen Ländern weiterentwickelt oder zum Teil auch konserviert und heute ist das ein Teil ihrer eigenen Identität. Eigentlich ist es lächerlich für alle, dass man (gerade) trotz der Gemeinsamkeit gegenseitig bekämpft und hasst statt zusammenzuarbeiten. Aber das ist wohl immer so bei den Menschen und die werden es auch nie lernen.
Auch die westlichen Ländern haben ihre Überseegebiete aus der Kolonialzeit und man entlässt sie auch nicht so einfach in die Freiheit oder durch jemand anderes besetzen lassen. Die ganze Welt ist eigentlich wie ein großer Kindergarten. Auch um einen kleinen Felsbrocken im Meer würde man hunderte von Soldaten opfern, wenn es um Gebietsansprünche geht.
Mathias
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Re: Tibet - Was ist da los?

Beitrag von Mathias »

Topas hat geschrieben: ... Das eigentliche Problem ist folgendes : Wenn Tibet wegfallen würde, würde China einen erheblichen Teil seiner strategischen machtposition in Zentralasien verlieren, und auch die Uiguren würden dann wesentlich stärker nach unabhängigkeit streben ...
Das nennt man dann territoriale Integrität, eine Grundvoraussetzung für die Existenz und das Funktionieren von Staaten. Darum reagiert jeder Staat sehr heftig, wenn es um dieses Thema geht.
Mathias
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Re: Tibet - Was ist da los?

Beitrag von Mathias »

hifi hat geschrieben: ... Auch um einen kleinen Felsbrocken im Meer würde man hunderte von Soldaten opfern, wenn es um Gebietsansprünche geht ...
Diese Felsbrocken im Meer haben in gewisser Weise auch mit Tibet zu tun. Seit einigen Tagen blendet CCTV bei Nachrichtensendungen eine Chinakarte ein, die sehr deutlich auch das Gebiet um die von China beanspruchten Inseln (Paracel- und Spratly-Inseln), sowie Riffs (Ardasier-, Scarborough- und Swallow-Riff) im Südchinesischen Meer darstellt. Man könnte fast denken, China ist ganz froh darüber, daß sich die Aufmerksamkeit auf Tibet konzentriert.
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Re: Tibet - Was ist da los?

Beitrag von hifi »

Das denke ich nicht.
Weil die meisten Inseln in das Südchinesische Meer bereits von Vietnam und Philippinen besetzt sind. Es ist nicht einfach dort die territorialen Ansprüche durchzusetzen. Das führt zwar immer mal wieder zu blutigen Auseinandersetzungen, aber die Chinesen können sich dort nicht wirklich behaupten. In Tibet ist es andersrum. Es geht um das Halten der territorialen Integrität, wie Du bereits richtig vermerkt hast.

Und meine Aussge richtet nicht nur auf den Konflikt um diese Inseln. Es geschieht überall auf der Welt das gleiche.
Mathias
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Re: Tibet - Was ist da los?

Beitrag von Mathias »

Okay :wink: die genannten Inseln waren jetzt auch wieder etwas weiter weg von Tibet, aber ich fand Dein Stichwort Insel deshalb ganz gut, weil ich denke, man muß auch die Diskussion um Tibet in Zusammenhang mit Chinas Außenpolitik sehen. Und gerade dort tut sich im Moment so Einiges.
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bossel
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Re: Tibet - Was ist da los?

Beitrag von bossel »

Mathias hat geschrieben:Ich würde es noch etwas anders formulieren. Der Blick auf die Geschichte ist immer subjektiv, also auch stets Wandlungen unterworfen. Es wird nie "die wahre Geschichte" geben.
Die wahre Geschichte gibt es schon: das, was wirklich passiert ist. Das muß man dann halt abgrenzen von Perzeption, Rezeption & Interpretation.

Mathias hat geschrieben:Welche Sichtweise ist aber die Richtige?
Rechtlich gesehen gibt es das Selbstbestimmungsrecht der Völker...

Mathias hat geschrieben:Das nennt man dann territoriale Integrität, eine Grundvoraussetzung für die Existenz und das Funktionieren von Staaten. Darum reagiert jeder Staat sehr heftig, wenn es um dieses Thema geht.
Wenn Tibet weg ist, hat China immer noch territoriale Integrität, nur eine kleinere. Auch wenn die VRC in 10 kleinere Staaten zerbricht, gibt es noch territoriale Integrität, nämlich 10 Staaten mit ebendieser.

Territoriale Integrität ist nur ein national(istisch)es Machtspielchen, gerne auch als Entschuldigung für Machtmißbrauch.

hifi hat geschrieben:Weil die meisten Inseln in das Südchinesische Meer bereits von Vietnam und Philippinen besetzt sind. Es ist nicht einfach dort die territorialen Ansprüche durchzusetzen. Das führt zwar immer mal wieder zu blutigen Auseinandersetzungen, aber die Chinesen können sich dort nicht wirklich behaupten.
Aber man arbeitet daran. Die Marine wird ja kräftig modernisiert & ausgebaut. Natürlich nur zu friedlichen Verteidigungszwecken ...
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Re: Tibet - Was ist da los?

Beitrag von Mathias »

bossel hat geschrieben: ... Die wahre Geschichte gibt es schon: das, was wirklich passiert ist. Das muß man dann halt abgrenzen von Perzeption, Rezeption & Interpretation ...
Selbst wenn Ablauf und Umstände eines historischen Ereignisses noch bekannt und unstrittig sind, gibt es meist schon mehrere "Wahrheiten". Beispiel: Status des 17-Punkte-Abkommen. Variante 1: Der Vertrag wurde von den rechtmäßigen Vertretern beider Parteien geschlossen. Variante 2: Der Vertrag kam unter militärischem Druck zustande. :?: Beides richtig.
bossel hat geschrieben: ... Rechtlich gesehen gibt es das Selbstbestimmungsrecht der Völker ...
Gut, das deckt sich in etwa mit der tibetischen Auslegung. Obwohl man hier auch sehen muß, daß im Völkerrecht nationales Selbstbestimmungsrecht immer den Vorrang vor Minderheitenschutz hat.
bossel hat geschrieben: ... Territoriale Integrität ist nur ein national(istisch)es Machtspielchen, gerne auch als Entschuldigung für Machtmißbrauch ...
Der Territorialstaat ist die heute zumeist übliche Staatsform und daß der Staat die Gewalt ausübt, liegt in der Natur der Sache.
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Re: Tibet - Was ist da los?

Beitrag von Mathias »

bossel hat geschrieben:
hifi hat geschrieben:Weil die meisten Inseln in das Südchinesische Meer bereits von Vietnam und Philippinen besetzt sind. Es ist nicht einfach dort die territorialen Ansprüche durchzusetzen. Das führt zwar immer mal wieder zu blutigen Auseinandersetzungen, aber die Chinesen können sich dort nicht wirklich behaupten.
... Aber man arbeitet daran. Die Marine wird ja kräftig modernisiert & ausgebaut. Natürlich nur zu friedlichen Verteidigungszwecken ...
Erst gestern wurden auf CCTV wieder ein paar Dutzend vietnamesische Fischer gezeigt, die z.Z. (eher unfreiwillig) die Gastfreundschaft der chinesische Marine auf Hainan ganießen.
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Re: Tibet - Was ist da los?

Beitrag von bossel »

Mathias hat geschrieben:Selbst wenn Ablauf und Umstände eines historischen Ereignisses noch bekannt und unstrittig sind, gibt es meist schon mehrere "Wahrheiten". Beispiel: Status des 17-Punkte-Abkommen. Variante 1: Der Vertrag wurde von den rechtmäßigen Vertretern beider Parteien geschlossen. Variante 2: Der Vertrag kam unter militärischem Druck zustande. :?: Beides richtig.
Da widerspricht sich nix, & es sind auch keine unterschiedlichen Interpretationen eines Ereignisses, nur 2 Tatsachen zu einem Ereignis. Verstehe nicht ganz, wo Du da mehrere Wahrheiten siehst.
Der Territorialstaat ist die heute zumeist übliche Staatsform und daß der Staat die Gewalt ausübt, liegt in der Natur der Sache.
In der Natur der Sache? Nicht für mich als Eigentumsrechtler...
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Re: Tibet - Was ist da los?

Beitrag von Mathias »

bossel hat geschrieben:
Der Territorialstaat ist die heute zumeist übliche Staatsform und daß der Staat die Gewalt ausübt, liegt in der Natur der Sache.
In der Natur der Sache? Nicht für mich als Eigentumsrechtler...
Öffentliches Recht (Staatsrecht) nicht mit privatem Recht (Verfügungsrecht) vermengen! Jemanden, der wegen rassistischer Äußerungen straffällig ist, klagt man ja auch nicht nach der Bundesartenschutzverordnung an. Gut, das Wort Staatsgewalt mag vielleicht verschrecken, sollte aber als verfassungsgebundene, gewaltenteilende und Hoheitsgewalt verstanden werden.
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Re: Tibet - Was ist da los?

Beitrag von bossel »

Mathias hat geschrieben:Öffentliches Recht (Staatsrecht) nicht mit privatem Recht (Verfügungsrecht) vermengen!
Nanana! Nicht Positives Recht mit Naturrecht vermengen!

Eigentumsrechtler (engl. propertarian, eine Art Libertarier) wie in Selbsteigentum.
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