Re: Suche deutsches Bier fuer Export nach China
Verfasst: 12.04.2016, 13:39
ups sry hab gezittert beim klicken
Forum rund um die VR China
https://forum.chinaseite.de/
Purchaser hat geschrieben:Hallo Edgar,
ich habe heute deinen Post gelesen. Was Canni schreibt, ist absolut zutreffend. Wir kennen uns und haben uns ausgetauscht. Er ist ein echter Profi und kennt den Markt. Speziell zum Thema Graumarkt sind seine Aussagen zutreffend. Alle Fragen nach den gleichen Marken, Heineken, Kronenbourg, Paulaner, Franziskaner, Erdinger und jeder kennt die Preise. Es gibt auch viele unseriöse Händler und wenn jemand mit der Beschaffung von 50 Containern Heineken pro Monat lockt, vergiss es. Das bekommen nicht einmal die Premiumhändler. Schnell wird man abgezockt, wenn dann auch noch Escrow mit 10-30% Deposit verlangt wird.
Preislich sieht es so aus, dass man z.B. bei Heineken schon aus dem Rennen ist, wenn man 10-15 Cent auf ein 24er-Tray als Kommission aufschlägt - das sind weniger als 1 Cent pro Flasche oder Dose. Das macht keine Freude mehr. Insgesamt sind die Preise auf dem Graumarkt verdorben oder die stark nachgefragte Ware schlichtweg nicht existent.
Verdienstmöglichkeiten gibt es eher noch bei den kleineren und nicht so bekannteren Marken, die ebenfalls eine gute, teils noch bessere Qualität als die bekannten Marken anbieten. Hier sind die Einkaufspreise teils noch erschwinglich und die Margen interessanter. Bei Interesse kann ich gerne weiterhelfen und habe noch einige Kontakte, die an chinesischen Käufern interessiert sind und Marken anbieten können. Mittelfristig auch exklusiv, doch im Allgemeinen werden 6 Monate oder 1 Probejahr erwartet, indem eine gewisse Anzahl von Containern - meist ca. 1 Container pro Monat - als Umsatzziel erwartet werden. Schaffst Du das nicht, bekommst Du keine Exklusivität. Manche Brauereien machen 5 Jahresverträge mit Steigerung der Mengen in jedem Folgejahr. Werden die Mengen nicht erreicht, hat die Brauerei ein Sonderkündigungsrecht. Auch so etwas wäre vermittelbar. Doch die Brauereien sind wachsamer geworden und verlangen eine Strategie und teilweise einen Businessplan. Sie vergeben ihre Produkte nicht an jeden X-Beliebigen und fragen nach. Manchmal ist es besser, nicht gleich direkt nach Exklusivität für ganz China zu fragen, sondern sich für eine Region oder 1-2 Provinzen zu bewerben. Das erspart manche unangenehme Fragen und ist insbesondere dann wichtig, wenn man frisch ins Geschäft einsteigt und noch keine Vertriebserfahrungen im Bierbereich nachweisen kann.
Eine andere sehr beliebte Variante ist es, mit Private Label / Eigenmarke auf den Markt kommen zu wollen. Meist in der Hoffnung, dadurch billiger anbieten zu können. Das geht meist in die Hose. Mittlerweile blocken viele Brauereien direkt ab oder verlangen Abnahmemengen von 20, teils 40 Containern pro Jahr für Dosen. Andere möchten mindestens 3000 HL (Hektoliter) bei Flaschenabfüllung. Erfahrungsgemäß schaffen das viele chinesische Anbieter nicht und geben im 2. Jahr auf, weil sie die Mengen nicht verkauft bekommen. Ohne Promotion und Marketingbudget läuft nichts, da sich eine unbekannte Marke eben nicht auf Anhieb verkauft und man Geld in Werbung investieren muss. Das haben aber viele Interessenten nicht bedacht und im Marketingplan, sofern vorhanden, nicht vorgesehen. Private Label wird besonders bei Dosenbier gerne praktiziert. Kleinere Abfüller bieten so etwas auch mit Mengen ab 3-6 Containern pro Abfüllung an. Das sind mindestens 250.000 Dosen, die in einem Bezug bestellt werden müssen. Eine geringere Abfüllung macht wegen der Produktions- und Umrüstungskosten sonst keinen Sinn. Oft kann dann vereinbart werden, dass man 2x 2-3 Container abnimmt und der Rest eingelagert wird. Dafür fallen aber Lagerkosten an. In jedem Fall müssen aber die Materialien - Leerdosen, Etiketten - vorbezahlt werden. Dosenhersteller werfen unter 250.000 Stück keine Maschine an - und wenn doch, dann nur mit Mindermengenzuschlag. Zudem müssen einmalig Layoutkosten eingeplant werden. Eine eigene Marke muss in China angemeldet werden, was ebenfalls wieder Geld kostet. Dies alles muss bedacht und vor allen Dingen vorfinanziert werden. Erstgeschäfte mit China und Private Label laufen in der Regel mit 100% Vorkasse. Brauereien gehen kein Risiko mehr ein, dass vorbestellte und vorproduzierte Ware - oft mit kundenspezifischer Etikettierung - hinterher nicht abgenommen wird. Die mit dem Namen des Importeurs versehene Ware ist dann nicht mehr offiziell verkäuflich, höchstens noch für kleines Geld an ausländische Aufkäufer und Restpostenhändler. Auf LC-Basis arbeitet zu Beginn niemand, weil man oft schlechte Erfahrungen gemacht hat. Dann verzichtet man lieber auf ein Geschäft.
Aus meiner Erfahrung, die Cannis sicherlich teilt - gehen viele chinesische Einkäufer dann auch noch mit falschen Preisvorstellungen ins Biergeschäft. Forderungen von 25,0 Cent für 500ml Dosen Weizenbier sind nicht ungewöhnlich. Lager für unter 20,0 Cent als Dose oder 250ml Glasflasche unter 23,0 Cent sind keine Ausnahme. Den Preis möchte man dann auch bei Abnahme von 1 Probecontainer haben. Meist wird anfangs mit späteren größeren Mengen gelockt, um sofort einen besseren Preis zu bekommen. Die Menge möchte man aber nicht vertraglich festlegen. In der Regel schafft man das auch nicht. Das wissen die Brauereien. Die Zielpreise mögen in Polen, Spanien, Tschechien vereinzelt möglich sein - dann aber oft mit Alkoholgehalt unter 4% und eingeschränktem Trinkgenuss- in Deutschland ist es das nicht. Brauereien kennen diese Anfragen und Verhandlungstaktiken und wenn sie so etwas hören, blocken sie meist ab oder reagieren gar nicht. Wir hatten einige Kundenanfragen aus China für solche Produkte. Einiges ließ sich umsetzen, die Mehrzahl der Anfragen aber nicht, weil von den Kaufinteressenten die Vorgaben der Brauerei nicht erfüllt werden konnten. Aus Gesprächen mit Brauereien weiß ich, dass sie mit Anfragen überhäuft werden und viele jetzt nur noch ihre Stammkunden beliefern. Von 10 Anfragen aus China hat vielleicht 1 Aussicht darauf, erfolgreich zu sein. Meist liegt die Ziffer noch darunter, verursacht aber Aufwand. Darauf haben die Brauereien keine Lust mehr. Sofern da kein deutscher Ansprechpartner dahintersteht, der die Sache im Vorfeld geprüft hat und koordiniert, sind viele Brauereien nicht mehr bereit, die Anfrage anzuhören und zu prüfen. Das ist leider aktuell die Realität.
Um erfolgreich zu sein, bedarf es da etwas mehr Realitätsbezug und eines Umdenkens. Die Preisstrategie muss bedacht werden und es sollten sich auch Gedanken über die Produktionskosten in Deutschland gemacht werden. Und ist billig immer auch gut? Schlechte Qualität schmeckt den Kunden nicht und es wird nicht nachgekauft. Hier muss nachhaltiger gedacht werden. Nur so gibt es dauerhafte Geschäfte. Weitere Frage ist, ob das Bier immer aus Deutschland kommen muss? Auch Österreicher, Tschechen, Polen, Engländer, Schotten, teils auch Spanier produzieren sehr gutes und schmackhaftes Bier sowie Spezialitäten in guter Qualität - und sind billiger. Auch dort gibt es Marken mit 400 Jahren Tradition und mehr. Mit Außergewöhnlichem und "Nischen" kann man auch Geld verdienen und die Margen pro Flasche sind höher. Kleinere Abnahmemengen, größere Verdienstspanne. Das rechnet sich manchmal eher als der Massenmarkt.
Weiterer Tipp aus der Praxis, bei Kundenbestellungen unbedingt vorab das Bier vor Order an die Brauerei vorbezahlen lassen. Auch hier gab es Fälle, dass der Vertragspartner in Deutschland oder bei einem Händler geordert hat und der Endkunde die Ware nicht bezahlt hat. Die Ware wurde extra reserviert und der Verkäufer wollte seine Kosten dann vom Besteller zurück haben. Wichtig ist auch, sich den Kunden bei der kooperierenden Brauerei schützen zu lassen und vor Abgabe des Angebots den Namen des potentiellen Kunden zu hinterlegen. Viele chinesische Getränkeinteressenten lassen sich erst das Angebot geben und schicken dann eigene Einkaufsagenten oder Consultants bei der Brauerei vor, um einen besseren Preis zu bekommen und den Vermittler zu umgehen. Das ist besonders dann ärgerlich, wenn die Marke noch nicht in China vertreten ist und sich ein fremder und mit dem potentiellen Kunden befreundeter Agent Kundenschutz sichert. Dann hast Du umsonst gearbeitet und alle Umsätze werden dem anderen Vermittler gutgeschrieben.
Aber abschließend bewusst provokant gefragt, "muss" es immer Bier sein und warum auf einen Zug aufspringen, auf dem schon viele Anbieter sitzen?
Mit Spirtuosen, Wellness- und Functional-Drinks, Bio-Lebensmitteln, Bio-Smoothies, Bio-Säfte für Kinder, Fruchtsäften, Speiseölen (Sonnenblumenpl, Rapsöl) Süßwaren, T-Sticks (für Tee ohne Beutel) lässt sich ebenfalls gutes Geld verdienen. Gleiches gilt für Industrieprodukte "Made in Germany" und Österreich. Wir erleben hier eine Verschiebung. Bier ist zwar immer noch gefragt, aber andere Produktbereiche werden zunehmend häufiger angefragt. Es macht auch keinen Sinn mehr, nach Kindersitzen, Thermoscans, WMF zu suchen. Das sind längst keine Nischenprodukte mehr und auf dem Graumarkt erhältlich. Ein weiterer Aspekt ist, dass Importe über die Freihandelszone in Shanghai massiv eingeschränkt wurden. Insofern sollte der Focus auf Produkten liegen, die a) nicht jeder vertreibt, b) sich problemlos importieren lassen.
Bierimporte haben noch Marktchancen, aber man sollte nicht zu illusorisch an die Sache herangehen. Mit einem festen Kundenstamm, die auch marktgerechte Preise zahlen und für Neues offen sind, lässt sich etwas machen. Aber unvorbereitet in den Markt gehen, kaufen und dann hoffen, dass sich das Bier irgendwie absetzen lässt, ist gerade bei Private Label tödlich.
Denk mal drüber nach
Canni erreichst du hier leider nicht mehr, der ist nun irgendwo andersbadischer Barde hat geschrieben:@ canni & purchaser[...]
Sorry "badischer Barde", dass ich mich erst spät zu dem Thema melde.badischer Barde hat geschrieben:@ canni & purchaser
vielen Dank für Eure Beiträge. Ich bekomme seit einiger Zeit auch immer mehr Anfragen für 'deutsches Bier' - so viele, dass ich fast in Versuchung war, mich trotz aller roter Flaggen* mal näher mit dem Thema zu befassen. Aber klar - einer deutschen Brauerei, die einem internationalen Konzern gehört ein paar Container Bier aus den Rippen zu leiern, das ganze mit wesentlich schlechteren Containerpreisen als die nach China zu schaffen, und dann da mit denselben Konzernen zu konkurrieren klingt nicht gerade nach einem komfortablen Geschäftsmodel.
Was mir allerdings nicht ganz klar ist: Warum sieht man für relativ mittelmä..äh.. preisige Biere wie Erdinger und Co. oft Ladenpreise um die 20RMB, wenn die hier für <30ct weggehen und mit Transport, Zoll und VAT in China für < 6 RMB ankommen sollten? Selbst mit großzügigen Margen für Importeur und EH sollte der Preis eher bei knapp 10 RMB liegen. Oder langt der Einzelhändler da so massiv zu?
Und.. in einem dieser Bier-Topics schrieb jemand man müsse halt seine Container im Schiffsrumpf unterbringen. He.. wenn einer von Euch es jemals geschafft hat, eine schriftliche Garantie für einen Unterdeck-Container zu kriegen, ist er hiermit offiziell mein Held und möge mir bitte einen kleinen Tipp geben wie.
Zuletzt: Was macht man mit den unverbesserlichen Interessenten, die man nicht davon überzeugen kann, was anständiges zu trinken? badischen Wein z.B.
- Graumarkt und ab, weil ja Container voller Flaschen oder Dosen eher selten oben stehen?
- Bier direkt in China kaufen?
- an Euch vermitteln?
- Tsingtao empfehlen? Oder Snow, jetzt formaldehydfrei?
*: Konzerne mit eigener Vertriebsstruktur in China, kleinere Brauereien mit Alleinvertretern, Thema seit Jahrzehnten aktuell...
.. für eine Dissertation zum Thema "Bier nach China" ist ein Monat doch eine sehr vertretbare ZeitSorry "badischer Barde", dass ich mich erst spät zu dem Thema melde.