TaugeNix hat geschrieben:
...
Meine Freundin erzählte mir heute, ein Professor an der Beida, bescheinigte der politischen Führung grobe handwerkliche Fehler im Umgang mit den Tibetern. Und er empfand für den Dalai Lama und die Tibeter eine große Symphatie. Was jedoch nichts daran ändert, dass er sauer über die Einmischung und die (verfälschende?) negative Berichterstattung über China seitens des Westens ist. Er fragte ergebnisoffen (naja), ob der Westen eigentlich erst zufrieden sei, wenn China ein zweiter Westen sei, regiert vom Westen und keine (wirtschaftliche & politische) Gefahr für den Westen sei.
...
Gruss,
TaugeNix^nennt das Pragmatismus..
Yep. Ich denke erst wenn sich China in die Reihe der anderen Schafe einreiht und das gleiche "Mäh" von sich gibt, wird der Westen zufrieden gestellt sein. Bis dahin kann China oder besser die chinesische Führungsriege machen was sie will – es wird immer das Falsche sein. Mir fehlt von westlicher Seite her eine Diskussion die auch diesen Namen verdient, eine Disskusion die nicht geprägt ist vom wiederkäuen der immer gleichen Vorurteile und einer antikommunistischen Haltung aus Prinzip. Stattdessen sollte doch die vom Westen immer so gern gepriesene Toleranz, auch einmal selbst angewendet werden. Toleranz in dem Sinne, dass man eben auch ein anderes politisches System toleriert und man sich mit und über dieses SACHLICH über Probleme auseinandersetzt, satt diese oben genannte prinzipielle Antihaltung (frei nach dem Motto: Kommunisten sind böse), gegen alles und jedes was dieses Land tut einzunehmen. Aus diesem Grund sehe ich auch keine wirkliche Möglichkeit für eine Lösung des Konflikts, gerade weil die Politik und die Medien alles, aber auch alles dafür tun, den Konflikt weiter anzuheizen. Wie hier mitunter argumentiert wird und die Leute an den Fernsehschirmen regelrecht verdummt werden, lässt einen doch fragen welche Seite hier die Propaganda betreibt.
Als nach dem Mauerfall und der Wiedervereinigung westliche Unternehmen mit Vergünstigungen nach Ostdeutschland gelockt wurden, erfolgte dies aus Gründen der wirtschaftlichen Entwicklung der Region, in China seltsamerweise soll nun die Intention der chinesischen Führung nicht die wirtschaftliche Entwicklung der Region, sondern die Unternimierung der Tibeter durch die Han-Chinesen sein. Wenn in jedem anderen Land der Welt, Bahnverbindungen und Straßennetz ausgebaut werden, spricht man von Verbesserung der Infrastruktur. In China seltsamerweise, stellt die Bahnverbindung zwischen Beijing und Lhasa nun wieder nichts weiter dar, als einen weiteren Stein im Brettspiel des Teufels. Nicht die einhergehende Steigerung des Tourismus, des wirtschaftlichen Handels etc. stehen im Vordergrund, sondern einzig und allein die damit verbundene Ausrottung tibetischer Kultur. Wenn ich solch absurde Argumentationen sowohl in den Medien (bspw. die "Diskussionsrunde" vorletzten Dienstag auf Arte), als auch anderswo lesen und hören muss, dann frage ich mich doch welchen Geistes Kind solche Gedanken sind und wer denn die "wahren Bösen" sind. Zum einen trägt solch geistiger Dünnpfiff zur weiteren Verdummung, der ohnehin wenigen Nachdenkenden bei und zum anderen ist das Ganze unsachlich und typisch für diese prinzipielle Verteufelung von allem was nicht genauso "Mäh" auf der Weide macht wie man selbst. Ein schönes Beispiel das in die gleiche Kerbe schlägt, ist die "sachliche" Auseinandersetzung mit dem Staudammprojekt - Verteufelung aller Orten, aber wo bleiben Alternativen für die Lösung des Energieproblems (zig AKWs aufbauen?) oder die Betrachtung im eigenen Land (bspw. Umsiedelungen ganzer Landstriche für den Tagebau, um "umweltschonende" Kohlekraftwerke zu versorgen).
Ich denke man kann und muss über viele Probleme wirklich diskutieren und ich denke auch die Tibetfrage könnte durchaus auf sachlicher Ebene geklärt werden, aber diese agressive Haltung der westlichen Nationen führt lediglich zum Gegenteil. Das ein Nachgeben der chinesischen Führung ein Zeichen von Schwäche und gleichzeitig ein Gesichtsverlust für diese wäre, müsste doch jedem, der sich zumindest halbwegs mit dem Land beschäftigt klar sein. Natürlich ist ohnehin fraglich in wie weit sich ein Staat in die Innenpolitik eines anderen Staates einmischen sollte. Doch eine Lösung erreicht man nicht, indem man bei sich jeder bietenden Gelegenheit Öl ins Feuer gießt und immer wieder die gleichen Argumente bzgl. der Menschenrechte (ich kanns schon nicht mehr hören) verlauten lässt. Auch hier wäre mal ein Blick ins eigene Land schön, statt ständig wie ein trainiertes Äffchen leere Worthülsen von sich zu geben, denn der würde genügen um zu erkennen, dass so etwas wie Menschenwürde und Menschenrechte sich zwar schön auf dem Papier ausmachen, sie aber nichts weiter als eine schöne Phantasie, ein schönes Konstrukt sind, die jeden Tag bei uns mit den Füßen getreten werden, ohne das es irgendjemanden juckt. Und dabei sind wir noch nicht einmal bei einer so tiefschürfenden Diskussion angelangt was Recht und Unrecht überhaupt sind (siehe Thread "Bringen die Olympischen Spiele die Demokratie nach China?").
Letztlich geht es bei der ganzen Tibetdiskussion nur um ein Käftemessen der politischen Systeme, was durchaus auch auf eine gewisse Angst vor dem Riesen China zurückzuführen ist. Die Tibeter selbst interessieren wahrscheinlich eh nur am Rande. Und wie absurd und scheinheilig diese ganze Diskussion von Freiheit für Tibet ist, wird ja besonders vor dem Hintergrund deutlich, wenn man bedenkt, dass gerade die Existenz der USA einzig und allein auf der Vertreibung, Abschlachtung und Zusammenpferchung der eigentlichen Einwohner des Landes, nämlich den verschiedenen Indianerstämmen, basiert. Aber vielleicht machen die USA diesbezüglich mal den ersten Schritt und übergeben das Land den urspünglichen "Besitzern" und ziehen sich selbst aus diesem zurück – vielleicht nimmt Tibet ja die US Amerikaner auf...
PS: Paradox ist, dass gerade der Westen, der nie müde wurde immer und immer wieder zu erwähnen, dass die Olympischen Spiele von China für politische Interessen genutzt werden würden, gerade eben dies selbst tut - wenn ich mir hier mal die Haltung bzgl. eines Boykotts ansehe muss ich mich doch ziemlich wundern. Diese Doppelzüngigkeit des Westens müsste mittlerweile doch selbst den Naivsten klar gemacht haben, dass es sich Propaganda, Manipulation und Scheinheiligkeit auch im Haus der Demokratie bequem gemacht haben.