Warum vertrauen Chinesen nicht anderen Chinesen?

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robert-hengli
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Re: Warum vertrauen Chinesen nicht anderen Chinesen?

Beitrag von robert-hengli »

"Canni" hast den Nagel auf den Kopf getroffen.
Eins noch zum Vertrauen: Chinesen sind Weltmeister im Kopieren. Das habe ich auch erst erfahren als ich das Chinesische Bier bestellte. Ich habe heute, nach eineinhalb Jahren noch Probleme das Original von der Kopie zu unterscheiden.
beowulf
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Re: Warum vertrauen Chinesen nicht anderen Chinesen?

Beitrag von beowulf »

sweetpanda hat geschrieben:
http://commons.wikimedia.org/wiki/File: ... ufmann.jpg

Diese Grafik zeigt, dass der Kern des Ehrbaren Kaufmanns eine humanistische Bildung ist.

http://www.lebenskunde.de/3-humanistisc ... rziehung-0


Wie denkt ihr darüber?
Gar nichts - Du leitest deine ganze Analyse von einem Modell ab, welches auf dem Denkansatz der "universalistischen Eigenschaftstheorie" aufbaut. Das ist ein wissenschaftlicher Zugang zur Welt aus dem 19. Jahrhundert. Leider lässt sich dieser nicht totkriegen und ist in populärwissenschaftlichen Büchern/Artikeln nach wie vor gefragt. Warum? Weil er simplistisch die ganze Welt erklärt, so wie es sich der kleine Maxi so vorstellt bzw. wünscht. In Wahrheit ist es nur dazu geignet, daraus auf die jeweiligen kulturellen Werte und Normen zu schliessen, auf denen dieses Idealbild fusst. Sprich, dein Modell zeigt, wie der "ehrbare Kaufmann" aus deutscher Sicht (bzw. der Sicht des Verfassers - eine empirische Überprüfung des Modells liegt ja nicht vor) beschaffen sein soll. Dabei ist es ausserdem vollkommen abstrakt (was ja an sich nichts negatives ist, aber zu beachten gilt) und viel schlimmer noch - vollkommen willkürlich. Meine kurze Recherche zu diesem Modell, hat mir gezeigt, dass es keine Argumentation/Begründung gibt warum einzelne Dimensionen/Subdimensionen vorhanden sind und andere nicht. Sprich, es baut weder auf aktuellen theoretischen noch auf empirischen Erkenntnissen auf, sondern auf dem "Gefühl" des Authoren.

Hier ein Zitat aus Wikipedia, was meiner Meinung nach bei der Wortwahl auch zeigt, wie genervt seriöse Wissenschaftler inzwischen schon von solchen populärwissenschaftlichen Modellen sind:

Die Wirtschaftsethiker Thomas Beschorner und Thomas Hajduk behandeln die Figur vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussion zur Unternehmensverantwortung. Ihnen sind die „Märchenstunden für das Management“ zu einfach: „Personale Tugenden sind für ein angemessenes Verständnis von Unternehmensethik notwendig, nicht jedoch hinreichend. Bei dem 'ehrbaren Kaufmann' handelt es sich um eine Metapher, deren Übertragbarkeit ins 21. Jahrhundert zudem mit Vorsicht angegangen werden muss.“


Zur eigentlichen Frage - es gibt zweifellos ein Vertrauensdefizit gegenüber chinesischen Produkten im generellen und eine positivere Zuschreibung seitens der Chinesen bezüglich der "Ehrlichkeit" westlicher Geschäftspartner. Diese fussen aber auf einer Unzahl von Faktoren, dies aber vollständig auf ein fehlend "deutsch-protestantisch-humanistisches" Leitbild, zurückzuführen, ist aber eine sehr gewagte These.
blur
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Re: Warum vertrauen Chinesen nicht anderen Chinesen?

Beitrag von blur »

Kann mal einer die Überschrift korrigieren, dieses Deutsch ist ja grauselig. Besser wäre: "Warum vertrauen Chinesen anderen Chinesen nicht?" oder "Warum vertrauen Chinesen einander nicht?"
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no1gizmo
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Re: Warum vertrauen Chinesen nicht anderen Chinesen?

Beitrag von no1gizmo »

Chinesen vertrauen Chinesen nicht, weil sie besonders oft schlechte Erfahrungen im Handel mit Chinesen machen. Schlechte Lebensmittel, unzuverlässiges Verhalten, kopierte Produkte oder sonstige Produkte in für den angedachten Anwendungszweck ungenügender Qualität.

Diese Erfahrung macht man in China hin und wieder im Alltag und man liest davon auf chinesischen Webseiten, bei Weibo oder besonders krasse Fälle sieht man auch in CCTV. Hinzu kommt, dass dem Staat nicht vertraut wird, da er nicht fair und objektiv handelt und was ihm nicht gefällt, einfach zensiert. Deswegen das fehlende Vertrauen.
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MannAusChina
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Re: Warum vertrauen Chinesen nicht anderen Chinesen?

Beitrag von MannAusChina »

Ich habe ein bisschen Zeit gebraucht, dein Blabla durch zu lesen. Ich weiß nicht, wie du deine Ansicht von China entwickelt hast. Ich vermute, dass du als Kind nach Deutschland gekommen warst, hier aufgewachsen bist und noch relativ jung bist. Außerdem vermute ich, dass du nicht oft nach China fliegst und wenigen Kontakt mit Chinesen in China hast.
shuhan hat geschrieben: Punkt 1. historischer Grund
Blabla
Du hast geschrieben "In China gibt es keine humanistische Erziehung in diesem Sinne." Was für eine "humanistische Erziehung" meinst du? So eine Erziehung gab es bei dir wahrscheinlich nicht, aber bei mir und die meisten anderen Chinesen schon! Als Kind habe ich gelernt, meine Eltern, meine Lehrer/Lehrerin und anderen alten Leute zu respektieren. Ich habe gelernt „己所不欲,勿施于人。“ (die anderen so behandeln, wie man sich gern von anderen behandelt wird). Ich habe gelernt, von „雷锋“(Lei Feng. Ein normaler Soldat, der vielen fremden Menschen geholfen hatte) zu lernen. Wir hatten sogar einen extra Kurs mit dem Name „德育“(ethische Erziehung).

Du scheinst ein bisschen über Lu Xun, der Schriftsteller am Ende 18 Jahrhundert und Anfang 19 Jahrhundert, und seinen Artikeln zu wissen, aber leider nur ein bisschen. Er hat die chinesische Gesellschaft als "menschenfressende Gesellschaft" genannt um die dunkele Seite der traditionellen chinesischen Kultur, insbesondere die hierarchische Sozialstruktur, in der Frauen brutal diskriminiert wurden, zu kritisieren. Das hat mit Moral nichts zu tun! In seinem kurzen Roman „药“(das Medikament) hat er die folgende Story erzählt: der kleine Sohn aus einer Bauerfamilie war sehr krank. Die Familie hatte alles probiert, aber nichts helft. Ein Hexe-Arzt war ihre letzte Hoffnung und der Arzt ein seltsames Medikament verschrieben: ein in frisches Menschblut (nicht Menschenfleisch!) eingetauchte Baozi! Sie hatten gehört, dass ein Revolutionär, der für die Befreiung alle Chinesen kämpftet, wurde hingerichtet und hatte den Scharfrichter teuer bestochen, um so eine Baozi zu bekommen. Lu Xun hatte damit die geistlich betäubte „Zuschauer“(normale Bauer) kritisiert, die nicht aufstanden und für ihre Freiheit kämpften, sondern alles akzeptierten und zurückhaltend belieben. Auch das hat mit Moral nicht zu tun!
Bin schon 16 Jahre permanent in Deutschland. Vielleicht klinge ich daher manchmal etwas überzogen, aber ich kann meine Toleranzgrenze für Double B nicht mehr weiter erhöhen. Bitte um Nachsicht.
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Re: Warum vertrauen Chinesen nicht anderen Chinesen?

Beitrag von punisher2008 »

MannAusChina hat geschrieben:Das hat mit Moral nichts zu tun! In seinem kurzen Roman „药“(das Medikament) hat er die folgende Story erzählt.......
Und, was ist jetzt die Message? Damit bist du immer noch nicht auf die Ausgangsfrage eingegangen. Stellungnahme dazu?
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Re: Warum vertrauen Chinesen nicht anderen Chinesen?

Beitrag von MannAusChina »

Der Grund, warum die Chinesen einanderen nicht vertrauchen, liegt meiner Meinung nach daran, dass China nicht ein Rechtsstaat ist. China ist auch nie ein Rechtsstaat in seiner 5000 Jahre Geschichte. Darüber hinaus ist die Konkurrenz hart wegen der Überbevölkerung. Dies hat dazu geführt, dass einige Chinesen (prozentual wahrscheinlich gar nicht so viel, aber absolut gesehen schon) lügen und betrügen, um Geld zu verdienen. Aber ich bin zuversichtlich, dass es besser gehen wird. In der letzten Jahren habe ich und meine Frau alle unsere elektorische Gräte in China gekauft und auch sehr viel Sachen in China online bestellt. Es ist zwar schon mal passiert, dass die Waren nicht unsere Erwartung entsprechen, aber mit dem Umtauschen oder Zurückgeben hat es meistens sehr gut funktioniert. Man soll in China beim Einkaufen vorsicht sein und nicht so sehr auf Schnäppchen konzentieren (man kriegt, was man dafür bezahlt hat).
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canni
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Re: Warum vertrauen Chinesen nicht anderen Chinesen?

Beitrag von canni »

Oh je oh je,, wenn ich das zum Teil lese. Beowolf, was Du Dir da einen abzappelst ist wohl der Grund, warum wir die Finanzkrise hatten um warum nichts mehr geht. So einen theoretischen Scheissdreck versteht doch keiner mehr. Und so wird auch gehandelt. Dumm, dreist und arrogant. Von Nix kommt nix wurde durch solchen Schwachsinn ad absurdum geführt.

Ein Kaufmann war der Mann, der einen Kaufmannsladen führte. Seine female Kollegin hiess im Volksmund Tante Emma. En Unternehmer war ein Unternehmer und ein Frisör war ein Frisör. Manager und sonstige blödsinnige, aus dem noch blödsinnigeren Amigewäsch übernommenen Bezeichnungen haben mit dem Beruf des Kaufmanns nichts mehr zu tun. Kaufmann im Sinne der Bedeutung ist, wer seinen Kaufmannsgehilfenbrief hat. Der Rest ist dummes Zeug.

Und Mann aus China schliesst sich gleich an. Du denkst wir Deutschen haben keine Erziehung? Dabei vergisst Du, dass Du in unserer Vergangenheit lebst. Warte mal 15 Jahre, was dann hier abgeht. Wenn die Not Geld zu verdienen noch grösser und der kuchen noch kleiner wird. Dann erzählen Dir Deine Enkel hey alter verschon uns mit Deinem Gewäsch von gestern. Geh ins Altersheim und spiel mit deinen Kumpels dort skat.
Das Leben ist manchmal wie jemand, der Dir eine Tafel Schokolade hinhält und wenn Du reinbeisst merkst Du, dass es eine Zitrone ist. Mogelpackung.
Wenn du eine Sprache nicht oder nicht richtig sprichst, solltest Du zumindest ein guter Pantomime sein....
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PAX
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Re: Warum vertrauen Chinesen nicht anderen Chinesen?

Beitrag von PAX »

Nur am Rande, ohne die Diskussion hier großartig unterbrechen zu wollen:
MannAusChina hat geschrieben:Ich habe gelernt, von „雷锋“(Lei Feng. Ein normaler Soldat, der vielen fremden Menschen geholfen hatte) zu lernen. Wir hatten sogar einen extra Kurs mit dem Name „德育“(ethische Erziehung).
Du weisst schon, dass Lei Feng ein Konstrukt feinster KPCh Propaganda ist? Auch wenn es tatsächlich einen historischen Lei Feng gab, basiert die komplette "向雷锋同志学习" Kampagne mit sehr großer Wahrscheinlichkeit auf Fiktion sowie den Gedanken der Genossen aus der PR-Abteilung des Politbüros.
Und ich würde folgende Aussagen aus seinem angeblichen Tagebuch jetzt nicht unbedingt für humanistisch, geschweige denn ethisch wertvoll erachten: „Ich tue alles, was der Vorsitzende Mao befiehlt. Mein einziger Wunsch ist, der Partei, dem Sozialismus und dem Kommunismus zu dienen.“
Alles hat ein Ende, nur die Wurst hat zwei.
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sweetpanda
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Re: Warum vertrauen Chinesen nicht anderen Chinesen?

Beitrag von sweetpanda »

PAX hat geschrieben:Nur am Rande, ohne die Diskussion hier großartig unterbrechen zu wollen:
MannAusChina hat geschrieben:Ich habe gelernt, von „雷锋“(Lei Feng. Ein normaler Soldat, der vielen fremden Menschen geholfen hatte) zu lernen. Wir hatten sogar einen extra Kurs mit dem Name „德育“(ethische Erziehung).
Du weisst schon, dass Lei Feng ein Konstrukt feinster KPCh Propaganda ist? Auch wenn es tatsächlich einen historischen Lei Feng gab, basiert die komplette "向雷锋同志学习" Kampagne mit sehr großer Wahrscheinlichkeit auf Fiktion sowie den Gedanken der Genossen aus der PR-Abteilung des Politbüros.
Und ich würde folgende Aussagen aus seinem angeblichen Tagebuch jetzt nicht unbedingt für humanistisch, geschweige denn ethisch wertvoll erachten: „Ich tue alles, was der Vorsitzende Mao befiehlt. Mein einziger Wunsch ist, der Partei, dem Sozialismus und dem Kommunismus zu dienen.“
Konnte auf der Arbeit darauf noch nicht reagieren, aber es ist schon eine bittere Ironie, ein gewaltiger Schuss ins Knie, wenn man Lei Feng als Beispiel eines Erziehungsideal darstellt.
Das kann er nicht ernst gemeint haben, dass ist beste Satire.
Es wäre so als wenn ich den hier http://de.wikipedia.org/wiki/Herbert_Norkus als Quelle meiner moralischen Einstellung angebe.
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Re: Warum vertrauen Chinesen nicht anderen Chinesen?

Beitrag von beowulf »

canni hat geschrieben:Oh je oh je,, wenn ich das zum Teil lese. Beowolf, was Du Dir da einen abzappelst ist wohl der Grund, warum wir die Finanzkrise hatten um warum nichts mehr geht. So einen theoretischen Scheissdreck versteht doch keiner mehr. Und so wird auch gehandelt. Dumm, dreist und arrogant. Von Nix kommt nix wurde durch solchen Schwachsinn ad absurdum geführt.

Ein Kaufmann war der Mann, der einen Kaufmannsladen führte. Seine female Kollegin hiess im Volksmund Tante Emma. En Unternehmer war ein Unternehmer und ein Frisör war ein Frisör. Manager und sonstige blödsinnige, aus dem noch blödsinnigeren Amigewäsch übernommenen Bezeichnungen haben mit dem Beruf des Kaufmanns nichts mehr zu tun. Kaufmann im Sinne der Bedeutung ist, wer seinen Kaufmannsgehilfenbrief hat. Der Rest ist dummes Zeug.

Und Mann aus China schliesst sich gleich an. Du denkst wir Deutschen haben keine Erziehung? Dabei vergisst Du, dass Du in unserer Vergangenheit lebst. Warte mal 15 Jahre, was dann hier abgeht. Wenn die Not Geld zu verdienen noch grösser und der kuchen noch kleiner wird. Dann erzählen Dir Deine Enkel hey alter verschon uns mit Deinem Gewäsch von gestern. Geh ins Altersheim und spiel mit deinen Kumpels dort skat.
Ach komm Canni. Jetzt mach mal halblang. Der Threadstarter nimmt ein "scheinbar" wissenschaftliches Model her und leitet daraus eine mehr als fragwürdige Analyse ab. Beschwer dich also beim Threadstarter, wenn er damit einen wissenschaftlichen Diskurs/Kritik heraufbeschwört.

Wenn dir etwas in meiner Argumentation unklar ist, sprich es konkret an und sag nicht einfach "wissenschaftliches überhebliches blabla - versteht doch keine Sau". Mit so etwas diskreditierst du dich nur selber. Man kann da ruhig nachfragen, was gemeint ist. Man kann nicht in allen Fachgebieten zuhause sein. Überheblichkeit fängt erst dann an, wenn man die Einstellung vertritt "weil ich mich da nicht auskenne, ist es unwichtige Scheisse".

Übrigens ist der Punkt den du ansprichst mit deinem Tante Emma Laden Vergleich, auch in meiner Kritik enthalten. "Universalistische Eigenschaftstheorien" vertreten die Ansicht, dass gewisse Eigenschaften immer und ausschließlich zum Erfolg führen. "Universalistische Eigenschaftstheorien" sind gerade in der "angeblichen" Führungsforschung (populärwissenschaftlich) beliebt. Es gibt die ideale Führungsperson, mit idealen Eigenschaften (intelligent, charmant, gebildet usw.) die immer und überall erfolgreich ist. Vollkommen unabhängig von der Situation/Kontext. Sprich die Eigenschaften sind immer von Erfolg gekrönt, egal ob man einen Tante Emma Laden leitet oder einen Weltkonzern. Ob man Soldaten in einem Schützengraben befiehlt oder einen Intellektuellen Stammtisch leitet.

Oder die bestimmende Eigenschaft in diesem Falle, "ein ehrbarer Kaufmann ist ein Kaufmann der eine (westlich) humanistische Bildung besitzt". Zum Beispiel Bernard Madoff, der sogar Politikwissenschaft studiert hat. :lol:

Weiters negieren universale Eigenschaftstheorien jegliche Konflikte zwischen den Eigenschaften. Im Falle des "ehrbaren Kaufmanns" werden moralische Dilemma zwischen den verschiedenen "Verantwortungsbewusstseinsebenen" vollkommen ausgeblendet. Der "ehrbare Kaufmann" soll zum Beispiel ein Verantwortungsbewusstsein gegenüber Umwelt und Mitarbeiter haben. Ist also ein ehrbarer Kaufmann einer, der seinen Betrieb sofort schliesst und alle Mitarbeiter entlässt, weil dieser die Umwelt verschmutzt? Oder ist ein ehrbarer Kaufmann jemand der Umweltverschmutzung in Kauf nimmt, weil er die Mitarbeiter nicht vor die Türe setzen will? Die Antwort auf diese Frage hängt wohl doch sehr vom Kontext/Situation ab, und in vielen Fällen, gibt es keine 100% richtige Entscheidung.

Kurz "Universalistische Eigenschaftstheorien" machen es sich zu einfach. Wegen dieser Einfachkeit, werden sie ja auch nach wie vor so geschätzt. Man kann in ein paar Sätzen die ganze Welt erklären. Ist genau das gleiche wie die Kreuzaltests in diversen Schundmagazinen, wo man nach 10 Fragen weiß ob man der "perfekte Liebhaber", die "perfekte Mutter" oder der "perfekte Freund" ist. Und auf diesem Niveau, befindet sich die Diskussion. Übrigens ist es kein Zufall, dass das Modell des perfekten Kaufmannes, inzwischen von einem "Leitbild" spricht. Auf Deutsch - wir haben es hier nur mit kulturell erwünschten Normen und Werten zu tun. In diesem Falle mit konservativ-bürgerlichen Wertvorstellungen, die propagiert werden.

Das ist ja alles in Ordnung - nur bitte, bitte, nennt sowas nicht "Wissenschaft", "wissenschaftlich fundiert" oder zieht es zu vermeintlich "wissenschaftlichen Analysen" ran - politisch gesehen, wären wir da schon wieder beim "am deutschen Wesen, soll die Welt genesen".
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sweetpanda
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Re: Warum vertrauen Chinesen nicht anderen Chinesen?

Beitrag von sweetpanda »

beowulf hat geschrieben: Das ist ja alles in Ordnung - nur bitte, bitte, nennt sowas nicht "Wissenschaft", "wissenschaftlich fundiert" oder zieht es zu vermeintlich "wissenschaftlichen Analysen" ran - politisch gesehen, wären wir da schon wieder beim "am deutschen Wesen, soll die Welt genesen".
Das habe ich ja niemals behauptet, dass meine These ein tiefe fundierte wissenschaftliche Analyse zu Grunde liegt. Aber welche Faktoren könnten es denn noch sein?
Ich weiß auch nicht wie hoch die Korrelation zwischen einer humanistischen Erziehung und ehrlicherem Geschäftsgebaren ist. Es kam von einigen Seiten die Vermutung, dass es der fehlende Rechtsstaat sei, der das Misstrauen unter den Chinesen sät. Aber was ist die Grundlage fehlender Rechtstaatlichkeit? In meinen Augen ist es die Hoffnung des Einzelnen, weil er cleverer und gerissener ist, das Beste aus der Unsicherheit/Ungerechtigkeit für sich heraus schlagen zu können.
Ich würde sagen "am skandinavischen Wesen, soll die Welt genesen", die sind noch ein Tick ehrlicher, sozialer und menschlicher. Habe ich so von einem Chinesen vor 2 Wochen gehört, der mit einem Geschäftsvisum in Deutschland war.
Seine Hierarchie "der Qualität der Arbeitgeber" lautete so:

1. skandinavische Unternehmen
2. deutschsprachige Unternehmen
3. angelsächsische Unternehmen
4. chinesische Unternehmen

und der junge Mann war sicher nicht evangelisch.
Ich bin übrigens katholisch :oops: .
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Re: Warum vertrauen Chinesen nicht anderen Chinesen?

Beitrag von beowulf »

Du weisst schon, dass Lei Feng ein Konstrukt feinster KPCh Propaganda ist? Auch wenn es tatsächlich einen historischen Lei Feng gab, basiert die komplette "向雷锋同志学习" Kampagne mit sehr großer Wahrscheinlichkeit auf Fiktion sowie den Gedanken der Genossen aus der PR-Abteilung des Politbüros.
Ist die tatsächliche Existenz wichtig? Das ist einfach eine "Heldenfigur", die als "Leitbild" dient und gesellschaftlich gewünschte/populäre Werte und Normen propagiert. Die gleiche Funktion haben bei uns "Märchenfiguren" (Aschenputtel), mythische Figuren (Herkules), historische Figuren (Mutter Theresa) oder "Idole" (Sean Connery - Platz 29 auf der Liste der 200 Idole der Deutschen - Sternumfrage 2003)

Bei ziemlich vielen dieser Figuren, wissen wir, dass diese in Wahrheit fiktiv sind oder ihre Schattenseiten haben - wenn es ganz Schlimm wird, fällt halt dieses Idol ;-)

Kurz gesagt, auch eine rein fiktive Figur kann dazu dienen als Leitbild für Werte zu dienen.
Und ich würde folgende Aussagen aus seinem angeblichen Tagebuch jetzt nicht unbedingt für humanistisch, geschweige denn ethisch wertvoll erachten: „Ich tue alles, was der Vorsitzende Mao befiehlt. Mein einziger Wunsch ist, der Partei, dem Sozialismus und dem Kommunismus zu dienen.“
Wie du selbst sagst, dass sind nicht deine humanistischen oder ethischen Werte. Werte sind aber kulturell und temporal recht unterschiedlich. Bezüglich "Humanismus" unterscheidet z.B. Rüegg (1977) folgende sechs Formen:

* der idealistische Humanismus, zielend auf die „harmonische Idealität der griechischen Menschen“ (samt Neubegründung in Werner Jaegers Paideia);
* der liberaldemokratische Humanismus dialektischer, positivistischer und pragmatischer Färbung, der den allgemein gebildeten, aufgeklärten und beruflich erfolgreichen Bürger in der modernen Welt im Visier hat;
* der marxistische Humanismus, der auf Überwindung der Selbstentfremdung des Menschen durch kapitalistische Arbeitsverhältnisse und Ausbeutung zielt;
* der integrale Humanismus, der in seinem Menschenbild die Tradition des Katholizismus (in Form der Vereinigung von antikem Vernunftdenken mit jüdisch-christlicher Gotteskindschaft) mit den neuen Aufgaben in einer säkularisierten Gesellschaft zusammenführt;
* der biblizistische Humanismus protestantischer Herkunft, dessen Menschenbild ausschließlich auf die Bibel zurückgreift, dabei aber der Begegnung konfessionell verschiedener Humanismus-Auffassungen Raum gibt;
* der existenzialistische Humanismus, der vorgegebene Menschenbilder durchgängig zurückweist, für die freie Entwicklung der individuellen Existenz auf Orientierung aber angewiesen bleibt.

Um zur Grunddiskussion zurückzukehren, Klein (2007 - Diplomarbeit sic!) greift bei der Definition seines Begriffs "ehrbarer Kaufmann", auf die "Ehr" Definition zur Zeit der Hanse zurück und empfiehlt es als Leitbild für den modernen Manager. Nur um noch einmal zu unterstreichen, in welch grotesken Gebilden wir uns hier bewegen.
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Re: Warum vertrauen Chinesen nicht anderen Chinesen?

Beitrag von sweetpanda »

„Ich tue alles, was der Vorsitzende Mao befiehlt. Mein einziger Wunsch ist, der Partei, dem Sozialismus und dem Kommunismus zu dienen.“

Ist reiner Totalitarismus und nicht irgendeine Form des Relativismus.

Das in wissenschaftlichen Arbeiten des soziologischen Bereichs althergebrachte Maximen diskreditiert werden ist selbstverständlich. Es geht ja darum verblüffendes Neues zu präsentieren, welcher wissenschaftliche Erkenntnisgewinn wäre es denn, wenn man nach langer Arbeit sagt:

"es war schon immer so wie die Oma gesagt hat, wer Sontags in die Kirche geht, der ist eine ehrliche Seele":wink:
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Re: Warum vertrauen Chinesen nicht anderen Chinesen?

Beitrag von beowulf »

Ich weiß auch nicht wie hoch die Korrelation zwischen einer humanistischen Erziehung und ehrlicherem Geschäftsgebaren ist.


Im Idealfall - statistisch gesehen 1. :lol:

Schau eine "humanistische Erziehrung" ist nichts anderes als eine Sozialisierung. Eine Anerziehung von gewissen Normen und Werten. Jetzt definiere was "ehrliches Geschäftsgebaren" eigentlich ist. Grob gesagt, ist das ganz leicht - dann kommen solche Aussagen wie "Handschlagqualität" usw. Wenn man in die Tiefe geht, wird es aber schwieriger. Was bedeutet das eigentlich? Zu seinem Wort stehen? Nicht lügen? Jetzt wird es plötzlich schon schwieriger - gibt es nicht auch Situationen wo Lügen in Ordnung ist (zum Beispiel um sein Leben zu schützen), oder ab wann fängt eine Lüge an, ab wann ist es nur Verschleierung oder Ausweichen (z.B. zu einer Dame nicht sagen, dass sie fett ist). Bei all diesen Punkten, gibt es aber kulturell sehr stark abweichende Normen und Werte - z.B. hier:


. Lunyu 13.18 (Kapitel Zi Lu)

Der Herzog von She sprach zu Konfuzius: “Bei mir im Dorf gibt es einen aufrechten Mann: Als der Vater ein Schaf gestohlen hatte, zeigte der Sohn ihn an.”
Konfuzius erwiderte: “In meinem Dorf sind die aufrechten Männer anders: Der Vater deckt den Sohn und der Sohn den Vater – gerade darin liegt ihre Aufrichtigkeit.”


Ich mach es einfach kurz - du fragst ob es eine Korrelation gibt zwischen der Anerziehung eines definierten Wertes und der Praxis dieses definierten Wertes.

Wie stark diese Korrelation ist, hängt ab von der Effektivität der Sozialisierung und ev. vom Wert selber (ob dieser gegen die menschliche Natur ist, z.B. sexuelle Bedürfnisse sind böse/des Teufels). Dazu kommen noch individuelle Komponenten (was und wie interpretiert wird, durch Erfahrung oder von Geburt an beeinflusst) , die ebenfalls berücksichtig werden müssen. Hofstede bringt das in diesem Modell gut auf dem Punkt:

http://www.hdm-stuttgart.de/arbeitsamt/ ... ramide.gif
Es kam von einigen Seiten die Vermutung, dass es der fehlende Rechtsstaat sei, der das Misstrauen unter den Chinesen sät.


Das würde ich nicht so sagen, es ist eher eine Kombination aus fehlenden Rechtsstaat und gewissen fehlenden Werten/Normen (wie im Maoismus - Bereicherung ist böse) oder ausgleichenden bzw. noch nicht ausgereiften Institutionen (wie in der Kaiserzeit - Beamtenstaat), die das begünstigen. Für mich ist China in einer starken Übergangsphase, in der viele einheitliche und allgemein anerkannte und stabile Normen, sich erst wieder herausformen. Wir hatten erst vor kurzem den Sprung zwischen den zwei Extremen von "Bereicherung ist böse" zu "Reich werden, ist ehrenhaft". Eine Werte Diskussion ist in China übrigens durchaus im Gange.

Weiters - die USA z.B. haben einen sehr hoch entwickelten Rechtsstaat - ich würde aber sagen, hier ist das Misstrauen gegen anderen Menschen viel stärker ausgeprägt als in China. Nur ist das kein Problem, da man sich auf den Rechtsstaat verlassen kann. Wenn ich betrogen werde, verklag ich einfach. Ich muss meinem Gegenüber also gar nicht vertrauen. Womit wir den Kreis schliessen - ich finde nicht, dass Chinesen anderen Chinesen misstrauen. Chinesen misstrauen aber Chinesen, die sie nicht kennen. Chinesen die sie kennen, vertrauen sie aber viel stärker und das ohne Rechtstaat. Hier greifen nämlich dann soziale Werte und Normen wie "Gesicht" oder "Reziprozität".

Ich würde sagen "am skandinavischen Wesen, soll die Welt genesen", die sind noch ein Tick ehrlicher, sozialer und menschlicher. Habe ich so von einem Chinesen vor 2 Wochen gehört, der mit einem Geschäftsvisum in Deutschland war.
Seine Hierarchie "der Qualität der Arbeitgeber" lautete so:

1. skandinavische Unternehmen
2. deutschsprachige Unternehmen
3. angelsächsische Unternehmen
4. chinesische Unternehmen

und der junge Mann war sicher nicht evangelisch.
Ich bin übrigens katholisch :oops:


Da wirfst du aber jetzt sehr unterschiedliche Sachen in einen Topf hinein. :lol: Ich würde aber mit Sicherheit sagen, dass rein von der Ressourcenaussattung, Skandinavien sicher am besten positioniert ist. Hohe Bildung, wenig Arbeitslosigkeit, hoher Lebensstandard/Gehalt, wenig Einwohner (geringer Wettbewerb) und, und und :lol: :lol: :lol: :lol:

Ob Skandinavier "sozialer" und "menschlicher" sind, ist wieder eine Definitionsfrage. Ein guter Freund von mir ist "sprichwörtlich" aus Norwegen geflohen, da er die Norweger auf Dauer nicht ausgehalten hat. Nach seiner - subjektiven - Auffassung, gab es überhaupt keine herzlichkeit oder menschliche Wärme. Sein Lieblingsland ist übrigens Brasilien.

Was die skandinavische "Ehrlichkeit" betrifft - das ist eine low-context Culture. Sagen wir so - Skandinavier sind expliziter und direkter in ihrer Kommunikation. Soetwas kann ein Fluch abe rauch ein Segen sein ;-)

http://en.wikipedia.org/wiki/High-_and_ ... t_cultures
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