Kinderarbeit: in China normal??

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punisher2008
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Kinderarbeit: in China normal??

Beitrag von punisher2008 »

Ich bin in letzter Zeit auf das Thema aufmerksam geworden, weil es deshalb zu einer kleinen "Meinungsverschiedenheit" zwischen mir und meiner chinesischen Verwandtschaft kam. Eine meiner Nichten teilte mir am Anfang der Sommerferien ihre Entscheidung mit, sich während der Ferien einen Job zu suchen. Die Mutter sagte mir, dass sogar beide Töchter, Alter 12 und 13, "arbeiten" wollten/sollten. Außer natürlich Geld verdienen sollten ihre Töchter auch gesellschaftlich "Erfahrungen" sammeln. Aus ihrer Sicht vielleicht irgendwie verständlich, da es sich um eine sehr arme und auch sonst nicht intakte Familie handelt. Aber mir hat es erst mal die Sprache verschlagen, denn ich bin strikt gegen Kinderarbeit. Darauf kam es zu einer Diskussion zwischen der älteren Tochter und mir. Mein Hauptargument war, dass Kinderarbeit schlicht nicht erlaubt ist. Ich erkundigte mich im Internet über die Gesetzeslage, und soweit ich feststellen konnte, ist sie auch in China (zurecht!) illegal. Ich habe nicht mehr im Kopf, bei welchem Alter die Grenze ist, ich glaube 15 oder 16. Kennt sich da jemand genauer aus? OK, Im Westen ist es ja auch normal, dass Schüler in den Ferien jobben. Warum sollte das hier anders sein? Aber mit 12 oder 13? :shock:
Die Rechtfertigung meiner Nichte war, dass laut Aussagen von Mitschülern jobben "cool" ist, und dass das in ihrer Klasse "alle" machen. Kann es wirklich sein, dass Kinderarbeit hier so verbreitet ist? :shock: Ich habe keine Ahnung, welche Art Jobs Kinder in dem Alter bekommen könnten, und was man dabei verdient. Sie meinte, über 1000 Yuan. Wenn Fabrikarbeiter, Kellnerinnen, Handwerker o.ä. sogar oft weniger als 1000 verdienen, wie können dann Kinder mehr verdienen? :o Um was für einen Job es sich in diesem Fall handelte, erfuhr ich nicht. Sie sagte nur, es sei "童工", eben Kinderarbeit.
Das Problem wurde schließlich "gelöst", indem ich die beiden Kinder und meine Schwägerin überredete, die dumme Idee mit dem Job aufzugeben und stattdessen einen Teil der Ferien bei mir zu verbringen, natürlich auf meine Kosten, was dann auch gerne angenommen wurde. Außerdem versprach ich eine finanzielle "Entschädigung", d.h. gebe ihnen das Geld, das sie im Job verdient hätten. Ich glaube wir einigten uns auf 1000 Y. Ich versuche, dieses "Abkommen" auch in zukünftigen Ferien durchzusetzen. Ich weiß allerdings nicht, ob ich mich so richtig verhalte. Jedenfalls ist mir nichts besseres eingefallen.
Vielleicht bin ich in der Beziehung über-vorsichtig bzw. ängstlich, mache mir zu viele Sorgen, oder bin einfach zu "westlich"? Keine Ahnung. Ich finde einfach, Kinder haben ein Recht auf eine Kindheit. Schüler in China haben sowieso kaum Freizeit, haben manchmal bis spät abends noch Unterricht, werden mit Hausaufgaben und Lernen auf Prüfungen vollkommen überfordert, werden in Schulwohnheimen praktisch eingesperrt und bekommen fast nie genug Schlaf. In den höheren Klassen (also vor allem 高中) sind 5 oder 6 Stunden Schlaf die Regel! Das kann doch nicht gut sein. Und wenn Schüler dann nicht mal in den Ferien entspannen und abschalten dürfen, auch noch arbeiten müssen, wo bleibt dann die Kindheit? Aus westlicher Sicht ist Spielen und Freizeit für eine gesunde Entwicklung doch genauso wichtig wie Ausbildung. Bin ich da der Einzige der so denkt? In China jedenfalls kommt mir das oft so vor. :roll:
Ich mag ja vieles an China, aber das Ausbildungssystem ist einfach extrem und unmenschlich. Klar kann ich die Zustände nicht ändern. Es wird sich auch von alleine so schnell nichts ändern hier. Aber ich kann versuchen, wenigstens in der eigenen Familie die Lage etwas zu verbessern, wenn es auch für mich persönlich "Verluste" bedeutet, also Zeit und Geld kostet. Und wenn ich zumindest unter den eigenen Angehörigen Kinderarbeit verhindern kann, finde ich sollte ich das auch versuchen. Ich finde außerdem, in der chinesischen Gesellschaft (natürlich auch in anderen) gibt es zu viele negative Erscheinungen, die Kinder nicht unbedingt aus erster Hand mitbekommen müssen. Z.B. Prostitution, Glücksspiel, Ausbeutung durch Arbeitgeber etc. Mit solchen Dingen wird man in der Arbeit einfach eher konfrontiert als in Schule und Familie. Man kann Kinder nicht immer vor solchen Einflüssen schützen, aber ich finde man sollte es zumindest versuchen, und nicht alles einfach gleichgültig hinnehmen. :?
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RoyalTramp
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Re: Kinderarbeit: in China normal??

Beitrag von RoyalTramp »

Deine Einlassung zum Erziehungswesen in China => absolute Zustimmung
Deine Einstellung zu Kinderarbeit => schwer zu beantworten, denn mitunter ist mir ein 13-jähriger, der ein wenig arbeitet lieber, als einer der verhungert. Von daher: Kinderarbeit = Jein... :?
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Hendrik
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Re: Kinderarbeit: in China normal??

Beitrag von Hendrik »

In D-Land ist Prospekte austragen auch erst ab 14 Jahren erlaubt und ich hab es ab 12 Jahren gemacht. Und ich lebe immer noch.
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PAX
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Re: Kinderarbeit: in China normal??

Beitrag von PAX »

Tut mir leid, aber ich finde du hast total übertrieben reagiert, bzw. mit deiner Einstellung kann ich absolut nicht übereinstimmen.

Wenn sie arbeiten möchte, gut, lass sie doch. Ist ja nicht so, dass sie in ein Kohlebergwerk gestopft wird um Flöze zu erkunden. Ist doch schön, wenn sie sich etwas dazuverdienen möchte und ein "kleiner" produktiver Teil der Gesellschaft wird.

Schau dir doch hier in Deutschland mal die ganzen faulen 16-30 Jährigen an die nichtmal arbeiten oder zur Schule gehen wollen. Da find ich die Kleine mit ihrem Arbeitswillen wirklich lobenswert.
In China ticken die Uhren halt ein wenig anders, da kannst nicht mit unserem westlichen Wertesystem ankommen und die Moralkeule schwingen, von wegen glückliche Kindheit, Freizeit für alle, Spielen und Spielzeug en masse, ect. Dazu sind die beiden Systeme von der Erziehung, der Ideologie und der Gesellschaftlichen Entwicklung einfach zu verschieden.

Wie stellst du dir das denn in Zukunft vor? Willst du Ihnen jedesmal 1000RMB geben wenn sie arbeiten möchten? Entweder haben die Mädel davon irgendwann die Schnauze voll und wollen endlich etwas Selbstständiger werden oder sie gewöhnen sich so daran, dass sie immer zu dir kommen um Geld zu kriegen.

Mit 12,13 oder 14 Jahren ist man doch kein Kleinkind mehr und nicht aus Zucker. Bis ins letzte Jahrhundert hinein, standen die Kinder sobald sie halbwegs Laufen konnten in Westeuropa auch noch auf den Feldern oder in den Handwerksstuben und haben mitgearbeitet. Das soll jetzt nicht heissen, dass ich Kinderarbeit gut finde (gut der Vergleich hinkt etwas), aber ein bißchen Arbeit hat noch keinem geschadet.

Anstatt gleich so ein Fass aufzumachen und durch Bestechung (in meinen Augen ist es nichts anderes, gut kannst es auch "Kompensation" nennen wenn du willst) sie davon abzuhalten, hätte ich mich an deiner Stelle erst einmal genauer erkundigt um welche Arbeit es sich denn überhaupt handelt. Vielleicht hätten sie es dir gesagt, wenn du dich etwas zurückhaltender gegeben hättest. Ich gehe jetzt mal nicht davon aus, dass die Mädchen als Begleitservice angeboten werden, oder auf den Strich gehen und es aus Scham nicht sagen wollten.

Und die Mutter der beiden hat Recht wenn sie von gesellschaftlicher Erfahrung spricht. In China geht nichts ohne Vitamin B, Kontakte und halt das typische Guanxi. Da kann man nicht erst mit 30 mit anfangen.

Edit: Ganz vergessen zu erwähnen. Für mich besteht ein riesiger Unterschied zur Kinderarbeit, bei der Kinder gezwungen werden (aufgrund der sozialen Lage der Familie) zu arbeiten und der freiwilligen Arbeit aus eigenem Antrieb herraus. Ich finde letzteres kann man nicht wirklich als Kinderarbeit bezeichnen, von daher ist der Titel vielleicht etwas zu Aufreißerisch gewählt.
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Re: Kinderarbeit: in China normal??

Beitrag von punisher2008 »

Hendrik hat geschrieben:In D-Land ist Prospekte austragen auch erst ab 14 Jahren erlaubt und ich hab es ab 12 Jahren gemacht. Und ich lebe immer noch.
Das heißt aber noch lange nicht, dass man dafür sein muss. UND, Deutschland ist nicht China. Ich denke jetzt mal, dass du damals nicht ausgebeutet wurdest, wie das in China der Fall wäre.
Deine Einstellung zu Kinderarbeit => schwer zu beantworten, denn mitunter ist mir ein 13-jähriger, der ein wenig arbeitet lieber, als einer der verhungert. Von daher: Kinderarbeit = Jein... :?
Klar ist arbeiten besser als verhungern. Nur, wenn man den Standpunkt jetzt weiterführen würde, könnte man so auch Argumente z.B. für Kinderprostitution finden. Es sind ja in Thailand wohl ausschließlich arme Kinder, die davon betroffen sind. Haben die es jetzt besser, weil sie mit Prostitution "Arbeit" haben und nicht hungern müssen? Gut, das ist jetzt ein extremes Beispiel, aber in der dritten Welt oder Entwicklungsländern, wozu China ja trotz dem großen Fortschritt noch zählt, ist der Zusammenhang zwischen Armut und Prostitution leider nicht so weit hergeholt. In China wird nur weniger bekannt, aber es hat ähnliche Probleme wie andere dritte Welt Länder.
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Re: Kinderarbeit: in China normal??

Beitrag von Asien-Seminare »

Wer so strickt gegen KInderarbeit (und Prostitution ist ein ganz anderer Acker) ist, muss bereit sein, auch seinen letzten entbehrlichen Cent gegen die Armut in der Welt zu opfern, denn zumindest kindgerechte Arbeit schadet Kindern nicht, Hunger aber schon!
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Re: Kinderarbeit: in China normal??

Beitrag von punisher2008 »

PAX hat geschrieben:Tut mir leid, aber ich finde du hast total übertrieben reagiert, bzw. mit deiner Einstellung kann ich absolut nicht übereinstimmen.

Wie stellst du dir das denn in Zukunft vor? Willst du Ihnen jedesmal 1000RMB geben wenn sie arbeiten möchten? Entweder haben die Mädel davon irgendwann die Schnauze voll und wollen endlich etwas Selbstständiger werden oder sie gewöhnen sich so daran, dass sie immer zu dir kommen um Geld zu kriegen.
Ich sagte ja selbst, dass ich nicht sicher bin, ob das der richtige Weg ist. Meine "Lösung" ist sowieso nur eine kurzfristige. Zur Selbstständigkeit: das sind die beiden sogar extrem, weit mehr als andere Gleichaltrige. Schon im Alter von 6 oder 7 wurden sie von der Mutter allein mit Langstrecken-Bussen durch die Gegend geschickt. Den Haushalt machen sie praktisch seit frühester Kindheit selbst, müssen sich auch noch um einen einjährigen Bruder kümmern. Daher also keine Bedenken meinerseits. :roll: Ich will nicht näher auf die Situation der Familie eingehen. Nur so viel: die Mutter arbeitet in einem Ort der 5 Stunden entfernt ist, und sieht die Kinder, wenn sie Glück haben, höchstens ein- bis zweimal im Jahr. Der Vater ist wegen Drogenmissbrauch für 5 Jahre im Gefängnis. Wenn er entlassen wird, ist seine älteste Tochter fast erwachsen. Sie musste ihm schon mehrmals Geld ins Gefängnis bringen. Die Mutter ist wohl aus wirtschaftlichen Gründen gezwungen, so selten zuhause zu sein. Leider aber verspielt sie oft ihr Geld, soweit ich weiß. Somit ist oft nicht genug Geld da, den Kindern Kleidung zu kaufen.
Ich glaube also nicht, dass die Kinder so behütet aufwachsen und verzogen werden, wie du dir das vorstellst. Auch gesellschaftliche Erfahrung dürfte nicht fehlen, nur leider ist es die falsche Erfahrung. Kindheit? Fehlt hier leider vollkommen. Und da hältst du es für übertrieben, wenn man sich als Angehöriger wenigstens in den Ferien mal um sie kümmert und ihnen die Freizeitbeschäftigungen bietet, die für "normale" Kinder selbstverständlich sind? :roll:
PAX hat geschrieben:Mit 12,13 oder 14 Jahren ist man doch kein Kleinkind mehr und nicht aus Zucker. Bis ins letzte Jahrhundert hinein, standen die Kinder sobald sie halbwegs Laufen konnten in Westeuropa auch noch auf den Feldern oder in den Handwerksstuben und haben mitgearbeitet. Das soll jetzt nicht heissen, dass ich Kinderarbeit gut finde (gut der Vergleich hinkt etwas), aber ein bißchen Arbeit hat noch keinem geschadet.
Da hast du recht. Aber in unserem Fall geht es nicht um ein BISSCHEN Arbeit, sondern um ständige Arbeit praktisch seit sie laufen können, dazu zählt: der gesamte Haushalt, einkaufen, versorgen von Baby und Oma etc. (siehe oben)
Oft ist keine Zeit für Hausaufgaben oder Lernen
PAX hat geschrieben:Anstatt gleich so ein Fass aufzumachen und durch Bestechung (in meinen Augen ist es nichts anderes, gut kannst es auch "Kompensation" nennen wenn du willst) sie davon abzuhalten, hätte ich mich an deiner Stelle erst einmal genauer erkundigt um welche Arbeit es sich denn überhaupt handelt.
Mit "Bestechung" übertreibst du eindeutig. Dann ist JEDE Hilfe oder finanzielle Unterstützung durch Erwachsene also Bestechung? Also auch Geburtstagsgeschenke oder ähnliches? Geld soll in meinem Fall dazu dienen, dass meine Nichten nicht aus Armut gezwungen werden, Dinge zu tun, die sie später bereuen könnten. Ein Job ist nur EINE der Situationen, in welcher man negative Erfahrungen haben kann. Es geht hier nicht darum, dass Arbeit als solches schädlich ist! Da hast du mich vollkommen missverstanden.
Genauer erkundigen geht in meinem Fall nicht. Ich wohne 400 km entfernt. Und selbst wenn ich öfter hin käme, wäre es für einen Ausländer schwierig, sich ein Bild von illegaler Kinderarbeit zu machen, und es würde eher als Einmischung aufgefasst als Hilfe.
PAX hat geschrieben:Vielleicht hätten sie es dir gesagt, wenn du dich etwas zurückhaltender gegeben hättest. Ich gehe jetzt mal nicht davon aus, dass die Mädchen als Begleitservice angeboten werden, oder auf den Strich gehen und es aus Scham nicht sagen wollten.
Man kann eben nicht ohne genauere Kenntnis der Lage "jetzt mal davon ausgehen". An Begleitservice hatte ich ja auch nicht gedacht. Obwohl in China die Grenzen da oft verschwommen sind. Friseursalons, Massagesalons, Karaoke-Begleitungen, Fußmassagen und ähnliches würden offiziell nicht als Prostitution angesehen, haben aber oft genau die Funktion. Und ich finde nicht, dass Kinder mit 12 solche Erfahrungen brauchen, sorry :roll:
PAX hat geschrieben:Und die Mutter der beiden hat Recht wenn sie von gesellschaftlicher Erfahrung spricht. In China geht nichts ohne Vitamin B, Kontakte und halt das typische Guanxi. Da kann man nicht erst mit 30 mit anfangen.
Tut mir leid, aber so kann ich das nicht sehen. Vitamin B ist ja schön und gut. Aber mit 12 oder 13 anfangen mit Erwachsenen Guanxi zu knüpfen? Als Mädchen? Kann ich nicht gutheißen, egal wie du es darstellst :?
PAX hat geschrieben:Edit: Ganz vergessen zu erwähnen. Für mich besteht ein riesiger Unterschied zur Kinderarbeit, bei der Kinder gezwungen werden (aufgrund der sozialen Lage der Familie) zu arbeiten und der freiwilligen Arbeit aus eigenem Antrieb herraus.
"Zwang" kann man unterschiedlich definieren. Zwang aufgrund sozialer und wirtschaftlicher Lage, ist hier eindeutig gegeben, siehe oben
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Re: Kinderarbeit: in China normal??

Beitrag von punisher2008 »

Asien-Seminare hat geschrieben:Wer so strickt gegen KInderarbeit (und Prostitution ist ein ganz anderer Acker) ist, muss bereit sein, auch seinen letzten entbehrlichen Cent gegen die Armut in der Welt zu opfern, denn zumindest kindgerechte Arbeit schadet Kindern nicht, Hunger aber schon!
Dazu bin ich leider nicht in der Lage. Ich will nicht die Welt retten, nur etwas in der Familie helfen :wink:
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Re: Kinderarbeit: in China normal??

Beitrag von aquadraht »

RoyalTramp hat geschrieben:Deine Einlassung zum Erziehungswesen in China => absolute Zustimmung
Deine Einstellung zu Kinderarbeit => schwer zu beantworten, denn mitunter ist mir ein 13-jähriger, der ein wenig arbeitet lieber, als einer der verhungert. Von daher: Kinderarbeit = Jein... :?
Ich hatte meinen ersten Ferienjob auch mit 13, in Deutschland, nicht in China, Arbeit im Lager für 2,50DM/Stunde (ok, ist ne Weile her). Zu der Zeit waren Schüler, die die 8jährige Volksschule absolviert haben, wenn sie vor 6 eingeschult waren (war auch bei mir der Fall, ich war 5+7Monate, wollte aber unbedingt zur Schule), 13 Jahre und nen Keks alt, wenn sie eine Lehre anfingen. Von den Bauern- oder Händlerkindern, die schon viel früher im Familienbetrieb mitgearbeitet haben, rede ich noch gar nicht. In dem Betrieb, in dem ich meinen ersten Ferienjob machte, war eine Reihe gleichaltriger Lehrlinge. Zeitungen ausgetragen haben oft noch Jüngere.

Meiner Meinung nach sollte das Kriterium sein, erstens, ob die Kinder bzw. sehr jungen Jugendlichen wirklich wollen, und zweitens, ob sie die Arbeit nicht überfordert und die Arbeitsbedingungen ok sind. Ansonsten sehe ich 13 schon als untere Grenze an und damit als fragwürdig. Aber irgendwo sind immer Grenzen. Es ist aber nicht das Gleiche wie wirkliche Kinderarbeit, bei der teilweise Sechsjährige in dauernder Erwerbsarbeit verheizt werden.
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Re: Kinderarbeit: in China normal??

Beitrag von RoyalTramp »

punisher2008 hat geschrieben:Klar ist arbeiten besser als verhungern. Nur, wenn man den Standpunkt jetzt weiterführen würde, könnte man so auch Argumente z.B. für Kinderprostitution finden. Es sind ja in Thailand wohl ausschließlich arme Kinder, die davon betroffen sind. Haben die es jetzt besser, weil sie mit Prostitution "Arbeit" haben und nicht hungern müssen? Gut, das ist jetzt ein extremes Beispiel, aber in der dritten Welt oder Entwicklungsländern, wozu China ja trotz dem großen Fortschritt noch zählt, ist der Zusammenhang zwischen Armut und Prostitution leider nicht so weit hergeholt. In China wird nur weniger bekannt, aber es hat ähnliche Probleme wie andere dritte Welt Länder.
Es ist ein extremes Beispiel und beantworte dir es selbst. Was ist besser: Ein verhungertes Kind oder ein Kind, dass sich "verkauft" und damit noch einigermaßen über die Runden kommt?

Meine subjektive extreme Antwort: Dann lieber den Tod, aber objektive extreme Gegenseite: das kann man von einem kleinen Kind nicht verlangen, dass es sich freiwillig zu Tode hungert.

Klar könntest du schreien: Das ist Aufgabe der Gesellschaft, dass ein Kind nicht vor so einer Wahl steht, aber du sagst es selber: In vielen armen Entwicklungsländern hat ein Kind unter Umständen nur diese Möglichkeiten. Es wäre so vieles Aufgabe der Gesellschaft, aber viele Gesellschaften sind außer Stande, da etwas zu tun...oder wollen auch nichts tun. Scheiß Dilemma...und wir werden es nicht lösen können mit unseren Moralvorstellungen, denn auch wir würden da scheitern...
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Re: Kinderarbeit: in China normal??

Beitrag von Laogai »

aquadraht hat geschrieben:[...] Arbeit im Lager [...]
Du warst im Arbeitslager??? :o :shock: :?

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Re: Kinderarbeit: in China normal??

Beitrag von RoyalTramp »

aquadraht hat geschrieben:Meiner Meinung nach sollte das Kriterium sein, erstens, ob die Kinder bzw. sehr jungen Jugendlichen wirklich wollen, und zweitens, ob sie die Arbeit nicht überfordert und die Arbeitsbedingungen ok sind. Ansonsten sehe ich 13 schon als untere Grenze an und damit als fragwürdig. Aber irgendwo sind immer Grenzen. Es ist aber nicht das Gleiche wie wirkliche Kinderarbeit, bei der teilweise Sechsjährige in dauernder Erwerbsarbeit verheizt werden.
Ich denke, dass wir uns alle auf diese Formel einigen können.
Es kommt...

a) auf die Freiwilligkeit der Kinder an. Kein Kind sollte zu etwas gezwungen werden, wenn es nicht will. Genauso darf man es ihm aber auch nicht grundsätzlich verweigern, wenn es z.B. sein erstes Geld verdienen will, mit der Ausrede, dass es doch erst einmal seine "Kindheit" genießen soll,

b) auf die Art der Tätigkeit, was du bereits sehr gut ausgeführt hast. Bei hinnehmbaren Arbeiten (z.B. Prospekte austragen) sehe ich auch keine Probleme. Solche Dinge wie in Kohleflöze krabbeln hingegen gehen natürlich auf keinen Fall...

...an

P.S.: Apropos...wie sieht das eigentlich mit Gartenarbeit aus? Ich habe immer im Garten meines Vaters ausgeholfen...und das sogar zumeist unentgeltlich. Ist das nicht auch schon "Kinderarbeit" irgendwo? War übrigens auch scheiße anstrengend, das Unkraut zu jäten. Das ging immer fies auf den Rücken...
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Re: Kinderarbeit: in China normal??

Beitrag von PAX »

Jaaahaa moment mal... nun sieht das Ganze ja schon anders aus. Es ist ein Unterschied, ob man nun schreibt "Die Kinder kommen aus einer sehr armen und nicht intakten Familie" oder "Vater im Knast, Mutter kaum bis gar nicht da", ect.

Ich bin jetzt von einem Eingangsposting ausgegangen, dass sie aus einer halbwegs normalen Familie der unteren Schicht kommen, die halt nicht gerade in Geld schwimmt und wo vielleicht der Vater monatelang auswärts Arbeitet. Gibt davon ja mehr als genug auf der Welt. (Besonders in China, meine Exfreundin kam auch aus so einer Familie) In diesem Falle behalte ich meine Meinung bei.

Ein anderes Thema ist nun in dem von dir geschilderten Fall aufgetreten. Die Kinder haben ja praktisch keine andere Wahl als zu arbeiten um zu überleben. Da ist es natürlich okay Ihnen mit deinem Angebot ein wenig Entspannung zu gönnen und sich Sorgen zu machen. Aber in diesem Fall herrschen ja nun auch ganz andere Verhältnisse.

Wie gesagt, ich bin von der "typischen" Chinesischen Unterklasse Familie ausgegangen.

@RoyalTramp: Vollste Zustimmung.
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Re: Kinderarbeit: in China normal??

Beitrag von RoyalTramp »

@ Punisher

Ich kann hier nur für mich sprechen und ich finde deine Einstellung, den Kindern helfen zu wollen gut. Aber du hast den Thread mit dem Titel "Kinderarbeit" gestartet und da wird es dann plötzlich ganz ganz schwer...da verschwimmt dann plötzlich alles...alles grau in grau...kein richtig...kein falsch...da bewegt man sich dann sprichwörtlich auf einem "rethorischen" Minenfeld.

Daher noch mal wie oben bereits geschrieben:

Das du ihnen hilfst -> super!!
Kinderarbeit allgemein verdammen -> seeeeeeeeehr schwierig und kompliziert...
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Re: Kinderarbeit: in China normal??

Beitrag von punisher2008 »

RoyalTramp hat geschrieben:
Es ist ein extremes Beispiel und beantworte dir es selbst. Was ist besser: Ein verhungertes Kind oder ein Kind, dass sich "verkauft" und damit noch einigermaßen über die Runden kommt?

Meine subjektive extreme Antwort: Dann lieber den Tod, aber objektive extreme Gegenseite: das kann man von einem kleinen Kind nicht verlangen, dass es sich freiwillig zu Tode hungert.

Klar könntest du schreien: Das ist Aufgabe der Gesellschaft, dass ein Kind nicht vor so einer Wahl steht, aber du sagst es selber: In vielen armen Entwicklungsländern hat ein Kind unter Umständen nur diese Möglichkeiten. Es wäre so vieles Aufgabe der Gesellschaft, aber viele Gesellschaften sind außer Stande, da etwas zu tun...oder wollen auch nichts tun. Scheiß Dilemma...und wir werden es nicht lösen können mit unseren Moralvorstellungen, denn auch wir würden da scheitern...
Klingt zwar hart was du sagst, aber irgendwie hast du schon recht: lieber Tod als in die Prostitution verkauft? Also wenn man die haarsträubenden Berichte bedenkt, die man zum Thema Kinderprostitution, Kindesmissbrauch und sonstigen Misshandlungen lesen kann, ist es vielleicht gar nicht so abwegig :(
Nein, als Einzelner kann keiner von uns diese Missstände beseitigen. Das ist unmöglich. Aber es ist doch immerhin besser, wenn man in kleinem Rahmen einzelnen Kindern helfen kann, noch dazu wenn es Angehörige sind. Es wäre unmenschlich, da einfach wegzusehen und nichts zu tun, noch dazu wenn man mit relativ geringen Mitteln etwas bewirken kann. Mir geht es zum Teil auch darum, eine Aussage rüberzubringen, nicht um rein finanzielle Hilfe. Nämlich im Fall meiner Nichten: sie sind nicht weniger wert weil sie arm sind, sie sind nicht weniger wert weil sie Mädchen sind, sie sind nicht auf sich selbst gestellt, es gibt jemanden in der Familie der hilft, Probleme können besprochen und gelöst werden, es gibt immer Hoffnung etc. Ich finde moralische Unterstützung ist in diesem Fall sogar noch wichtiger als finanzielle.
Ich kann hier nur für mich sprechen und ich finde deine Einstellung, den Kindern helfen zu wollen gut. Aber du hast den Thread mit dem Titel "Kinderarbeit" gestartet und da wird es dann plötzlich ganz ganz schwer...da verschwimmt dann plötzlich alles...alles grau in grau...kein richtig...kein falsch...da bewegt man sich dann sprichwörtlich auf einem "rethorischen" Minenfeld.

Daher noch mal wie oben bereits geschrieben:

Das du ihnen hilfst -> super!!
Kinderarbeit allgemein verdammen -> seeeeeeeeehr schwierig und kompliziert...
Da hast du schon recht! Der Titel war vielleicht nicht so ganz gut gewählt. Es ging mir hier um Darstellung von Einzelfällen, aber vor dem Hintergrund der Gesamtlage in China. Es ist tatsächlich nicht ganz eindeutig, ob es hier um Kinderarbeit geht.
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