Erfahrungen mit Kind aus China

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TenFeetHigh
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Erfahrungen mit Kind aus China

Beitrag von TenFeetHigh »

Hallo zusammen

Nach langer Zeit finde auch ich mal wieder etwas Zeit hier im Forum zu lesen. Beitragen konnte ich bisher noch nichts, aber vielleicht aendert sich das ja auch ein mal.

Nun aber zu meinem Thema:
Ich habe vor einiger Zeit eine Frau aus China kennengelernt. In der Zwischenzeit ist dann auch mal das Thema Heirat angesprochen worden. Nun sind fuer mich einige Fragen aufgekommen.
Sie hat eine Tochter, welche 17 Jahre ist. Ihre Tochter soll ab September auf eine 'high school' gehen. Was auch immer das im Vergleich zu unserem Schulsystem sein mag. Kann das evtl. jemand beantworten?
Diese Schule wuerde 3 Jahre dauern. Anschliessend wuerde sie gerne Modedesignerin studieren.
Nun ein paar Fragen:
Macht ein Wechsel von China nach Deutschland waehrend der Schulzeit Sinn? Ist das ueberhaupt zumutbar? Ich stelle mir das in ihrem Alter sehr sehr schwer vor.
Waere im Falle einer Hochzeit es besser zu heiraten, bevor die Tochter 18 Jahre wird - wegen Familienzusammenfuehrung - oder spielt das keine Rolle?
Hat jemand aus dem Forum hier Erfahrungen dieser Art?

Vielen Dank fuer eure Antworten im voraus.

Micha
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andy

Re: Erfahrungen mit Kind aus China

Beitrag von andy »

Ihre Tochter soll ab September auf eine 'high school' gehen. Was auch immer das im Vergleich zu unserem Schulsystem sein mag. Kann das evtl. jemand beantworten?
Die High School ist das was wir hier Oberstufe nennen, deren Abschluss man braucht um später zu studieren ( In Deutschland : Abitur ).
TenFeetHigh hat geschrieben: Macht ein Wechsel von China nach Deutschland waehrend der Schulzeit Sinn? Ist das ueberhaupt zumutbar?
Wenn Sie kein Deutsch spricht, ist Es definitiv nicht zumutbar.
Ich bezweifle Stark das Sie hier Erfolgreich Ihren Oberschulabschluss bekommen wird, von einem Erfolgreichen Studium ganz abgesehen.
Der Oberschulabschluss ist ja selbst für Leute hier Schwer, die Deutsch als Ihre Muttersprache haben.
Ich würde dem Kind zu Liebe die Oberschule in China machen lassen inkl. Studium.
Ob das alles Überhaupt Rechtlich so Reibungslos von statten gehen kann, mal dahingestellt.
Anschliessend wuerde sie gerne Modedesignerin studieren.

Erfahrungsgemäß studieren nur wenige Chinesen das was sie wirklich studieren wollten.
lishifu
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Re: Erfahrungen mit Kind aus China

Beitrag von lishifu »

Ich hab mich mal mir einem Landschulheimlehrer in Deutschland unterhalten, der meinte, wenn Schueler aus Asien und ganz besonders China nach der 8/9 Klasse nach Deutschland kämen um Abitur zu machen, wäre es für sie in den Geisteswissenschaften sehr schwer, oft nicht mal von der Sprache her - die Denkstrukturen wären ganz andere.
lsf
Bernhard
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Re: Erfahrungen mit Kind aus China

Beitrag von Bernhard »

andy hat geschrieben: Ich würde dem Kind zu Liebe die Oberschule in China machen lassen inkl. Studium.
andy hat geschrieben: Erfahrungsgemäß studieren nur wenige Chinesen das was sie wirklich studieren wollten.
Das Studium kann sie ja ruhig hier machen. Viele Chinesen kommen hierher zum Studieren. Sie müssen erst mal deutsch lernen und die DSH-Prüfung schaffen, dann geht's los.
Warum studieren nur wenige Chinesen, was sie wirklich studieren wollten? Weil sie die Aufnahmeprüfung für ihre Wunsch-Studium nicht schaffen? Dann hätte die junge Dame hier eher bessere Chancen (vorausgesetzt, die beendete High School wird hier als Abitur anerkannt).
Allerdings ist die Frage, ob sie nach Deutschland kommen will. Sie ist dann erwachsen und kann selbst entscheiden....
andy

Re: Erfahrungen mit Kind aus China

Beitrag von andy »

Warum studieren nur wenige Chinesen, was sie wirklich studieren wollten? Weil sie die Aufnahmeprüfung für ihre Wunsch-Studium nicht schaffen?
Nein.
Da zählt nicht die Aufnahmerprüfung an der UNI, sondern der Durschnitt beim Highschool Abschluss.
Wenn der Durchschnitt nicht gut ist, wird der angehende Student meistens vom Staat in ein Entsprechendes Studium vorgeschlagen.
Britt
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Re: Erfahrungen mit Kind aus China

Beitrag von Britt »

Kurze Frage: Macht man in China tatsächlich erst mit 20 einen zum Studium berechtigenden Abschluss? Kommt mir sehr spät vor. Dachte, eher die würden viel früher fertig als wir.

Ich kann mich meinen Vorrednern nur anschließen: Lass die Tochter um Himmels willen ihren Highschool-Abschluss in China machen. Sie hat dort die Möglichkeit, einen guten Abschluss zu machen und eine erfolgreiche Studentin in China, oder wenn sie Interesse daran hat, auch in Deutschland. Vorausgesetzt, sie belegt schon mal Deutschkurse. Hier in Deutschland hat sie allenfalls Chancen auf einen schlechten Hauptschulabschluss, und selbst dafür müsste sie erstmal intensiv Deutsch lernen. Du nimmst ihr jede Chance auf einen vernünftigen Bildungsabschluss, wenn du sie mit 17 noch nach Deutschland verfrachtest. Tu ihr das nicht an. Das klingt jetzt vielleicht dramatisch, aber mit einem chinesischen Highschool-Abschluss ist sie weit besser dran als mit einem allenfalls mittelmäßigen deutschen Schulabschluss, da kann ich nur davor warnen. Vergiss das mit der Familienzusammenführung. Wenn du und deine Frau dann in Deutschland lebt, könnt ihr für sie bürgen, und es dürfte kein Problem sein, dass sie zum Studium nach Deutschland kommen kann. Sofern sie das überhaupt möchte, und natürlich nur, wenn ihr Deutsch ausreichend ist. Ich denke schon, dass der Highschool-Abschluss in Deutschland als Hochschulzugangsberechtigung anerkannt wird, wenn er im Heimatland dafür ausreicht. Es studieren doch auch viele Asiaten im Vollstudium in Deutschland, und die haben ganz sicher nicht das deutsche Abi nachgemacht. Ich vermute ohnehin, dass die Highschool in China, die sie besuchen soll, besser ist als ein durchschnittliches deutsches Gymnasium (auf das sie - wohlgemerkt - mit ca. 99%iger Wahrscheinlichkeit eh keine Chance hätte).

Etwas anderes ist, wie weit ein Nicht-EU-Studienabschluss in Deutschland anerkannt wird. Erfahrungsgemäß wird das in Deutschland meist nur als Vordiplom gezählt (war zumindest bei den Russen so, die ich kenne - kann sein, dass es bei Chinesen anders gehabt wird). Auch solltest du berücksichtigen, dass sie mit 17 schon fast eine Erwachsene ist und das Recht hat, selbst zu entscheiden, in welchem Land sie lebt. Vielleicht würde sie ihrer Mutter jetzt schon folgen, aber wenn, dann würde es aus falsch verstandenem Familiensinn geschehen und höchstwahrscheinlich falsche und idealistische Vorstellungen vom deutschen Schulsystem. Du weißt es besser und solltest sie daher in ihrem eigenen Interesse vor diesem Fehler bewahren. Mit 17 und ohne (wirklich hervorragende!) Deutschkenntnisse hat sie nicht mehr die geringste Chance im deutschen Schulsystem.
andy

Re: Erfahrungen mit Kind aus China

Beitrag von andy »

Britt hat geschrieben:Kurze Frage: Macht man in China tatsächlich erst mit 20 einen zum Studium berechtigenden Abschluss? Kommt mir sehr spät vor. Dachte, eher die würden viel früher fertig als wir.
Das kann sehr Unterschiedlich sein.
Wenn alles glatt läuft, wie hier ca. mit 19 Jahren Studienbeginn und mit 22 Jahren fertig.
Es gibt aber auch so wie hier viele, die erst mit 23 oder 24 fertig sind.
hifi
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Re: Erfahrungen mit Kind aus China

Beitrag von hifi »

TenFeetHigh hat geschrieben:Macht ein Wechsel von China nach Deutschland waehrend der Schulzeit Sinn? Ist das ueberhaupt zumutbar? Ich stelle mir das in ihrem Alter sehr sehr schwer vor.
Waere im Falle einer Hochzeit es besser zu heiraten, bevor die Tochter 18 Jahre wird - wegen Familienzusammenfuehrung - oder spielt das keine Rolle?
Hat jemand aus dem Forum hier Erfahrungen dieser Art?
Das ist genau der Weg, über dem ich gegangen bin.
Sicherlich war es sehr schwer gewesen, aber im Nachhinein war es für mich eine Bereicherung.
Und ich bin nicht der einzige, der von einer chinesischen High school zu einem deutschen Gymnasium gewechselt bin.
Noch während meiner Schulzeit kannte ich einen anderen chinesichen Jungen, der später das Abitur ebenfalls erfolgreich abgeschlossen hat.
Und die Forumuserin Holly4YC kam ebenfalls aus China und hat, wenn ich mich richtig erinnere, letztes Jahr das Abitur gemacht.

Im Gegensatz zu den meisten jungen Chinesen, die in eine deutsche Schule wechselten, habe ich im Vorfeld keine Sprachschule besucht und musste bereits eine Woche nach meiner Ankunft in die neue Schule. Das erste halbe Jahr war besonders schwierig, da ich so gut wie nichts verstehen konnte. Ich konnte nur auf Englisch mit den Lehrern und Mitschülern reden und konnte während des Unterrichts nur die Aufschrift auf der Tafel abschreiben. In der Freizeit habe ich dann Sprachkurs besucht und bin mit meinen Eltern die abgeschriebene Aufschrift durchgegangen. Die naturwissenschaftlichen Fächer waren weniger problematisch, da der Stoff das gleiche war, wie in einer chinesischen Schule vermittelt wurde. Also habe ich bereits nach halbes Jahr mithören die Klausur mitgeschrieben. In der Schulferien wohnte ich bei einem Freund meines Vaters und konnte dadurch ebenfalls meine Sprachfähigkeit verbessern. Irgendwann fängt man an, von seinen deutschen Bekannten zu träumen und sie sprachen im Traum ganz normal Deutsch. Um mit anderen Menschen normal unterhalten zu können dauert es allerdings noch etwas. Später wurden neben den naturwissenschaftsfächern auch Geschichte, Ethik und Gemeinschaftskunde zu meinen Lieblingsfächern und bei der Abitur konnte ich sogar 13 Punkte in Geschichte erreichen. Menschen sind sehr lernfähig. Aber schwer wird es trotzdem. Außerdem muss die Schule evt. etwas Unterstützung leisten. Bei mir akzeptierte der Schulleiter, dass ich wegen fehlender Sprachkenntnisse in der ersten Zeit nur als Gastzuhörer die Unterrichte beiwohnen durfte. Es gibt noch weitere Probleme wie Diskriminierungen durch Sprachdefizit oder Missverständnisse durch unterschiedliches Denkmuster... Aber mit der Zeit lernt man voneinander und aus manchen Mitschülern werden sogar gute Freunde.
Der klare Vorteil einer solchen Hybridausbildung ist, dass man zwei fast völlig verschiedene Systeme kennt und dadurch seine Denkweise noch zusätzlich erweitern kann. Während vorher alles fremd war, ist heute alles vertraut für mich, egal ob es in Deutschland oder in China ist. Man kann sich viel besser in einer völlig neuen Umgebung anpassen und ist auch bereit immer neue Sachen aufzunehmen. Und man kann die vielen Gemeinsamkeiten und Unterschiede der beiden Welten besser erkennen. Gerade für mich sind die gelernten Stoffe in Geschichte, Ethik und Gemeinschaftskunde nicht bloss nur trockenes Zeug. Diese Dinge waren deswegen sehr interessant und sogar prägend für mich, weil ich auch ein anderes System kenne. Da möchte man natürlich wissen, wie ein demokratisches System funktioniert und wie der freiheitliche Geist entstanden war...
So kann ich heute eher sagen, dass ich ein Querdenker bin.

Ob die Tochter ihrer Verlobte besser in China oder in Deutschland ihre Schulausbildung fortsetzen soll, kann ich jedoch nicht pauschal sagen, da jeder Mensch anders ist. Wenn das Mädchen den Weg zu einer deutschen Schule antreten will, dann sollte sie wissen, dass das nicht leicht für sie sein wird. Und sie muss von sich aus den Wunsch und den Willen haben, es durchzuziehen. Dann wird sie es auch mit Bravour schaffen.

Britt hat geschrieben:Kurze Frage: Macht man in China tatsächlich erst mit 20 einen zum Studium berechtigenden Abschluss? Kommt mir sehr spät vor. Dachte, eher die würden viel früher fertig als wir.
Das Schulsystem in China ist wie folgt aufgebaut:
- Zwischen 6 und 7 findet die Einschulung statt.
- 6 Jahre Elementarschule (Grundschule)
- 3 Jahre untere Mittelschule (junior high school)
- 3 Jahre höhere Mittelschule (senior high school)
Man macht seine Hochschulzulassungsprüfung zwischen 18 und 19.
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TenFeetHigh
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Re: Erfahrungen mit Kind aus China

Beitrag von TenFeetHigh »

Hallo zusammen

Vielen, vielen Dank fuer die Antworten. Ich bin ueberrascht, dass es doch einige hier gibt, die mir Ihre Erfahrungen mitteilen konnten.

Nun, zu dem Thema 17 - fast erwachsen.
Leider ist ihr Vater kein guter Vater. Er hat sich seit zwei Jahren nicht mehr sehen lassen, obwohl er in der gleichen Stadt wohnt.
Bisher kann sie ueberhaupt noch kein Deutsch. Nur ihre Mutter, und sie aber auch nur das 'schriftliche' was sie von mir gelernt hat. :)
Ihre Mutter - meine Bekannte :) - moechte sie nicht die naechsten 3 Jahre alleine zurueck in China lassen. Ob sie selbst aus 'innerster Ueberzeugung' mit nach Deutschland kommen will, kann ich im Moment nicht sagen. Ich werde mich mit ihr noch einmal darueber unterhalten, um herauszubekommen, ob sie das wirklich moechte. 'Zwingen' moechte ich sie nicht dazu, auf keinen Fall. Mir ist das Wohl der beiden wichtiger als alles Andere.

Danke noch einmal fuer eure Hilfe. Ich werde euch auf dem Laufenden halten (versprochen, aber es kann etwas dauern :D )

Gruss und Danke
Micha
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bossel
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Re: Erfahrungen mit Kind aus China

Beitrag von bossel »

Bernhard hat geschrieben:(vorausgesetzt, die beendete High School wird hier als Abitur anerkannt).
IIRC, wird es das aber nicht. Man muß zumindest schon in China angefangen haben, zu studieren. Es mag Ausnahmeregelungen geben, aber grundsätzlich wird die chin. Abschlußprüfung mW nicht als Hochschulzugangsberechtigung anerkannt.
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ingo_001
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Re: Erfahrungen mit Kind aus China

Beitrag von ingo_001 »

bossel hat geschrieben:
Bernhard hat geschrieben:(vorausgesetzt, die beendete High School wird hier als Abitur anerkannt).
IIRC, wird es das aber nicht. Man muß zumindest schon in China angefangen haben, zu studieren. Es mag Ausnahmeregelungen geben, aber grundsätzlich wird die chin. Abschlußprüfung mW nicht als Hochschulzugangsberechtigung anerkannt.
Recht hast Du.
Es gibt m.W. bis jetzt überhaupt nur zwei chinesische Universitäten, deren Abschlüsse hier auch (wenigstens) teilweise anerkannt werden.
Die eine Uni befindet sich in Beijing - die andere in Shanghai.
Da man aber extrem hohe Zugangsanforderungen an die zukünftigen Studenten stellt, die an diesen Unis studieren wollen, ist es eher unwahrscheinlich, dass besagte Tochter dort studiereen können würde. Da wandern - bei zu geringer Punktzahl - auch mal 5-stellige Summen in Euro oder US-Talern in die Taschen derjenigen, die über die Zulassung zur Uni zu entscheiden haben.
Leider kann ich mich nicht mehr an den Namen der beiden Unis erinnern.
Es sind jedenfalls die einzigen chinesischen Universitäten, deren Abschlüsse auch international (evtl. auch nur teilweise) anerkannt werden.
Wer Geist hat, hat sicher auch das rechte Wort, aber wer Worte hat, hat darum noch nicht notwendig Geist.

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Re: Erfahrungen mit Kind aus China

Beitrag von Britt »

hifi hat geschrieben:Das Schulsystem in China ist wie folgt aufgebaut:
- Zwischen 6 und 7 findet die Einschulung statt.
- 6 Jahre Elementarschule (Grundschule)
- 3 Jahre untere Mittelschule (junior high school)
- 3 Jahre höhere Mittelschule (senior high school)
Man macht seine Hochschulzulassungsprüfung zwischen 18 und 19.
Vielen Dank für die Erklärung, da hab ich wieder etwas dazugelernt. :wink:
Dein Bericht war übrigens sehr interessant. Wie alt warst du denn, als du nach Deutschland kamst?

Vielleicht ist meine Einschätzung des deutschen Schulsystems zu fatalistisch, natürlich hängt es auch von Engagement und Ehrgeiz des Einzelnen ab, du bist ja der lebende Beweis dafür. Aber du sagst ja selbst, dass du auch Glück hattest, weil du verständnisvolle Lehrer hattest, von Anfang auf ein Gymnasium kamst, deine Eltern dich unterstützt haben ...
Trotzdem, ich bleibe dabei, dass ich die Ausgangslage für das Mädchen wirklich sehr ungünstig ist. Vielleicht liegt es an meinen Erfahrungen aus der Zeit, als ich mich in einem Verein zum Austausch mit Osteuropa engagiert habe, der auch Stipendien für Auslandssemester vergeben hat. Da hatten wir auch mehrere Stipendiaten aus Kroatien, die während des Kriegs mit ihren Eltern als Flüchtlinge in Deutschland waren. Sie sind damals alle auf der Hauptschule - und ein paar Jahre später, nach der Rückkehr nach Kroatien, kamen sie als Studenten zurück nach Deutschland. Und ich glaube nicht, dass sie es auf deutsche Hochschule geschafft hätten, wenn sie nicht zwischendurch in ihr Heimatland zurückgekehrt wären und dort den Schulabschluss gemacht hätten.
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Re: Erfahrungen mit Kind aus China

Beitrag von hifi »

Britt hat geschrieben:
hifi hat geschrieben:Das Schulsystem in China ist wie folgt aufgebaut:
- Zwischen 6 und 7 findet die Einschulung statt.
- 6 Jahre Elementarschule (Grundschule)
- 3 Jahre untere Mittelschule (junior high school)
- 3 Jahre höhere Mittelschule (senior high school)
Man macht seine Hochschulzulassungsprüfung zwischen 18 und 19.
Vielen Dank für die Erklärung, da hab ich wieder etwas dazugelernt. :wink:
Die Gliederung des Schulsystems in China ist übrigens sehr ähnlich im Vergleich zu dem amerikanischen Schulsystem.
Britt hat geschrieben:Dein Bericht war übrigens sehr interessant. Wie alt warst du denn, als du nach Deutschland kamst?
Danke. Ich war damals 18 und war bereits mitten in der Vorbereitung auf die Hochschulzulassungsprüfung.
Britt hat geschrieben:Vielleicht ist meine Einschätzung des deutschen Schulsystems zu fatalistisch, natürlich hängt es auch von Engagement und Ehrgeiz des Einzelnen ab, du bist ja der lebende Beweis dafür.
Also, das Engagement und den Ehrgeiz braucht man auf jeden Fall. Aber ich denke, dass fast jeder in der Lage ist, eine solche Leistung zu erbringen, wenn man ein gesundes Selbstvertrauen besitzt. In solcher Extremsituation ist man dann häufig auch gezwungen, Engagement und Ehrgeiz zu entwickeln. Der "Ausweg", dass man sich dann aufgibt und sich hängen lässt, erscheint mir zu keiner Zeit sinnvoller zu sein und das kann man sich als Einwnaderer auch sowieso nicht leisten. Aber mein Fall ist auch etwas extrem. Die meisten chinesischen Schüler, die ihre Ausbildung in Deutschland fortsetzen, besuchen zuerst eine Zeit lang eine Sprachschule. Man verliert auf jeden Fall viel Zeit im Vergleich zu den deutschen Mitschülern. Bei mir waren es insgesamt 3 Jahre.
Britt hat geschrieben:Aber du sagst ja selbst, dass du auch Glück hattest, weil du verständnisvolle Lehrer hattest, von Anfang auf ein Gymnasium kamst, deine Eltern dich unterstützt haben ...
Hauptsächlich hatten meine Eltern mich unterstützt und sie glaubten fest daran, dass ich es schaffen werde. Der Rektor des Gymnasiums hatte sich in "das Experiment" eingelassen und war sehr begeistert von mir. Das war ein wundervoller alter Mathe-Lehrer, den ich sehr gemocht habe. Leider konnte er mir später das Abiturzeugnis nicht überreichen, weil er schon in Rente war. Ich glaube, darauf wäre er auch sehr stolz gewesen. Die übrigen Lehrer und Schüler waren mir gegenüber sehr neugierig und meistens recht aufgeschlossen, aber sie haben am Anfang nicht wirklich gedacht, dass ich es packen würde. Zwei bis drei Jahre später hatte dann niemand mehr daran gezweifelt, da ich fast komplett unter den Schülern integriert war.
Britt hat geschrieben:Trotzdem, ich bleibe dabei, dass ich die Ausgangslage für das Mädchen wirklich sehr ungünstig ist. Vielleicht liegt es an meinen Erfahrungen aus der Zeit, als ich mich in einem Verein zum Austausch mit Osteuropa engagiert habe, der auch Stipendien für Auslandssemester vergeben hat. Da hatten wir auch mehrere Stipendiaten aus Kroatien, die während des Kriegs mit ihren Eltern als Flüchtlinge in Deutschland waren. Sie sind damals alle auf der Hauptschule - und ein paar Jahre später, nach der Rückkehr nach Kroatien, kamen sie als Studenten zurück nach Deutschland. Und ich glaube nicht, dass sie es auf deutsche Hochschule geschafft hätten, wenn sie nicht zwischendurch in ihr Heimatland zurückgekehrt wären und dort den Schulabschluss gemacht hätten.
Also, das ist schwierig zu beurteilen. Bei mir war der Fall so, dass mein Schulzeugnis in China schon angerechnet werden konnte, aber mit 2 Jahre Abzug. Trotzdem stand es außer Frage, dass ich zu einem Gymnasium wechseln durfte, weil ich in China bereits in dem 12. Schuljahr war. Dass ich in Haerbin in einer "Eliteschule" gewesen war, konnte jedoch nicht berücksichtigt werden. Ich denke, da spielt die Entscheidung und Beurteilung der jeweiligen Schulleitung eine wichtige Rolle, da es hierzu gar keine richtige Vergleichstabelle oder Regelung gibt. Auch wenn die chinesischen Schulzeugnisse in Deutschland nicht richtig anerkannt werden, haben die chinesischen Schüler jedoch meistens große Chance ihre Ausbildung in einem Gymnasium fortzusetzen.

Umgekehrt ist der Weg mit einem chinesischen Schulabschluss und Studium in Deutschland auch nicht ganz ohne Zeitverlust. Wie viele hier schon richtig beschrieben haben, wird der chinesische Schulabschluss in Deutschland nicht anerkannt. Dazu gibt es zwischen den Ländern noch kein Abkommen. Das bedeutet, dass die chinesischen Studierenden zuerst ein Studium in China antreten müssen und dann während dessen (nach 2 Jahre??) sich um einen Studiumplatz in Deutschland bemühen dürfen. Dann kommt noch das Problem mit der Sprache. Evt. muss man zusätzlich auch ein Jahr Sprachschule absolvieren.
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Re: Erfahrungen mit Kind aus China

Beitrag von Britt »

Nochmal kurz OT ...
hifi hat geschrieben:Hauptsächlich hatten meine Eltern mich unterstützt und sie glaubten fest daran, dass ich es schaffen werde. Der Rektor des Gymnasiums hatte sich in "das Experiment" eingelassen und war sehr begeistert von mir. Das war ein wundervoller alter Mathe-Lehrer, den ich sehr gemocht habe. Leider konnte er mir später das Abiturzeugnis nicht überreichen, weil er schon in Rente war. Ich glaube, darauf wäre er auch sehr stolz gewesen.
Das ist ja süß. Aber ich denke, nicht nur er, auch du kannst stolz auf deine Leistung sein. Es ist ja nicht selbstverständlich, in so kurzer Zeit eine andere Sprache perfekt zu lernen und das deutsche Gymnasium zu packen. Da hattest du deinen Klassenkameraden sicher vieles voraus. Vielleicht waren die anderen Lehrer auch so zweifelnd, weil sie schon zu viele Schüler in einer ähnlichen Situation haben scheitern sehen.

Und ja, die Unterstützung der Eltern ist definitiv sehr wichtig. Wobei mir schon oft aufgefallen ist, dass chinesische Eltern sehr bildungsbewusst sind und viel Wert darauf legen, dass ihre Kinder einen guten Abschluss machen. Ist ja auch logisch. Bildung ist das A und O für eine gute Zukunft, und in China sind die Zugangsvoraussetzungen für eine chinesische Uni wirklich sehr streng - viel strenger als in Deutschland.
Umgekehrt ist der Weg mit einem chinesischen Schulabschluss und Studium in Deutschland auch nicht ganz ohne Zeitverlust. Wie viele hier schon richtig beschrieben haben, wird der chinesische Schulabschluss in Deutschland nicht anerkannt. Dazu gibt es zwischen den Ländern noch kein Abkommen. Das bedeutet, dass die chinesischen Studierenden zuerst ein Studium in China antreten müssen und dann während dessen (nach 2 Jahre??) sich um einen Studiumplatz in Deutschland bemühen dürfen. Dann kommt noch das Problem mit der Sprache. Evt. muss man zusätzlich auch ein Jahr Sprachschule absolvieren.
Oh je, ich fürchte fast, meine Beiträge hier im Thread waren keine große Hilfe. Ich kenne eigentlich eine beträchtlich Anzahl von Studenten, die aus einem Nicht-EU-Land kommen und ihr Studium in Deutschland machen. Aber dann hatten die wohl entweder schon bereits in ihrem Heimatland studiert, oder sie kamen aus Ländern, mit denen bereits ein Abkommen über die Anerkennung von Schulabschlüssen besteht. Dann ist es natürlich schwierig, was man TenFeet raten soll.

edit: Vertippsler und fehlendes Wort ergänzt
hifi
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Re: Erfahrungen mit Kind aus China

Beitrag von hifi »

Britt hat geschrieben:Das ist ja süß. Aber ich denke, nicht nur er, auch du kannst stolz auf deine sein. Es ist ja nicht selbstverständlich, in so kurzer Zeit eine andere Sprache perfekt zu lernen und das deutsche Gymnasium zu packen. Da hattest du deinen Klassenkameraden sicher vieles voraus.
Vielen Danke. Das ist sehr nett.
Ich war natürlich auch sehr stolz auf mich. Aber viel viel wichtiger, war dass ich diese Erfahrung in einer deutschen Schule machen konnte. So konnte ich auch eine 2. Teeniezeit in Deutschland miterleben und vieles vieles mehr... :D

Britt hat geschrieben:Vielleicht waren die anderen Lehrer auch so zweifelnd, weil sie schon zu viele Schüler in einer ähnlichen Situation haben scheitern sehen.
So viel ich weiß, war ich aber damals der einzige in der Schule in einer solchen Situation. Alle andere Jugendlichen mit Migrationshintergrund waren entweder in Deutschland geboren oder schon seit ganz klein hier. Ich denke, dass die meisten sich das nicht vorstellen konnten, weil es eben bis dahin noch keiner versucht hat. Der Deutschlehrer war fast vom Stuhl gefallen, als man mich vorstellte. Ich sollte also zuhören, obwohl ich kein Wort verstehen konnte. Daher nannte der Rektor das ganze auch ein "Experiment".

Britt hat geschrieben:Und ja, die Unterstützung der Eltern ist definitiv sehr wichtig. Wobei mir schon oft aufgefallen ist, dass chinesische Eltern sehr bildungsbewusst sind und viel Wert darauf legen, dass ihre Kinder einen guten Abschluss machen.
Ja, da ist was wahres dran. Kurz vor Olympiade zeigte ARD und ZDF einige Berichte über Bewohner in Peking. Einer davon war über eine Wanderarbeiter-Familie, die in Peking mit Müllsammeln den Lebensunterhalt verdiente. Da sie offiziell in Peking gar nicht wohnen dürften, entfiel auch die kostenlose Schulausbildung für die Tochter. Die beide Eheleute mussten also zusätzlich die Schulgebühr für die Tochter zusammenkriegen. Sie meinten zu dem Reporter, dass ein schönes Leben für sie zwar nicht mehr möglich war, aber die Tochter sollte auf jeden Fall besser haben. Sie muss unbedingt in die Schule gehen und später auch studieren. Das sei das wichtigste für die beiden. Auch genau deswegen bin ich die momentane Situation in China gegenüber nie ganz pessimistisch eingestellt, weil wenn auch die Menschen in der untersten sozialen Schicht die Bildung ihrer Kinder als das wichtigste ansehen, dann kann es für ein Land nur besser werden. Obwohl sie nichts haben, haben sie jedoch die Hoffnung auf eine bessere Zukunft nicht verloren.

Britt hat geschrieben:Ist ja auch logisch. Bildung ist das A und O für eine gute Zukunft, und in China sind die Zugangsvoraussetzungen für eine chinesischen Uni wirklich sehr streng - viel strenger als in Deutschland.
Das liegt natürlich auch daran, dass in China eine riesige Anzahl von jungen Menschen gibt, die studieren wollen.
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