Scheidung in Deutschland nach welchem Recht?

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bigben
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Scheidung in Deutschland nach welchem Recht?

Beitrag von bigben »

Nach 4 Jahren ohne Zusammenleben und Hoffnung auf Änderung betrachte ich meine Ehe als gescheitert.
Wir haben 2016 in Deutschland geheiratet. Leider hat man dann meiner Frau seit 2017 die Ausreise aus China verweigert (sie ist Uigurin und ich habe hier im Forum davon berichtet). Jetzt möchte ich einfach die Reißleine ziehen, denn das Leben muss irgendwie weitergehen.
Meine erste Scheidung hat mich - wegen eines Rosenkrieges- sehr viel Geld gekostet (Anwälte, Unterhalt, etc.). Auch musste ich damals etliche Rentenpunkte abgeben, was ja normal ist. Das möchte ich bei der jetzigen geplanten Scheidung auf jeden Fall verhindern. Ich denke, dass ich mich mit meiner Frau gütlich trennen kann. Wir können beide nichts für die Situation aber auch nichts daran ändern.
Was empfehlt ihr? Ich habe gehört, dass man bei einer Scheidung in Deutschland auch chinesisches Recht anwenden kann. Dann gibt es keine gegenseitigen Ansprüche und ich muss auch keien Rentenpunkte abgeben. Ist das so? Muss ich zum Gericht oder nur zum Standesamt?
Hier habe ich schon mal ein bisschen gestöbert: viewtopic.php?f=49&t=34738&start=15
Vielen Dank für Rückantworten!
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拉尔斯
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Re: Scheidung in Deutschland nach welchem Recht?

Beitrag von 拉尔斯 »

Ich vermute mal, dass ihr keine Rechtswahl getroffen habt oder? Wenn eurer gewöhnlicher Aufenthalt in Deutschland lag, dann hätte die Rechtswahl sogar notariell beurkundet werden müssen. Wenn Ihr jemals einen gewöhnlichen Aufenthalt in China hattet, dann würde zum Zeitpunkt der Rechtswahl sogar in China nur die einfache Schriftform genügen.

Bei dir kommt dann wohl nach Art. 8d, Rom-III- Verordnung Nr. 1259/2010 nur das deutsche Scheidungsrecht zum tragen.
Artikel 8
In Ermangelung einer Rechtswahl anzuwendendes Recht
Mangels einer Rechtswahl gemäß Artikel 5 unterliegen die Ehescheidung und die Trennung ohne Auflösung des Ehebandes:
a) dem Recht des Staates, in dem die Ehegatten zum Zeitpunkt
der Anrufung des Gerichts ihren gewöhnlichen Aufenthalt
haben, oder anderenfalls
b) dem Recht des Staates, in dem die Ehegatten zuletzt ihren
gewöhnlichen Aufenthalt hatten, sofern dieser nicht vor
mehr als einem Jahr vor Anrufung des Gerichts endete
und einer der Ehegatten zum Zeitpunkt der Anrufung des
Gerichts dort noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, oder
anderenfalls
c) dem Recht des Staates, dessen Staatsangehörigkeit beide Ehegatten zum Zeitpunkt der Anrufung des Gerichts besitzen,
oder anderenfalls
d) dem Recht des Staates des angerufenen Gerichts.
Viel zu spät begreifen viele die versäumten Lebensziele: Freude, Schönheit der Natur, Gesundheit, Reisen und Kultur. Darum, Mensch, sei zeitig weise! Höchste Zeit ist’s: Reise, reise! (Wilhelm Busch)
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Re: Scheidung in Deutschland nach welchem Recht?

Beitrag von ingo_001 »

Es gilt das Recht des Staates, in dem das Ehepaar seinen Lebenmittelpunkt hatte.

So weit das Grundsätzliche.

Aber ob und wie sich das jetzt auf den vorliegenden Fall anwenden lässt, wird Dir nur ein Anwalt sagen können.
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bigben
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Re: Scheidung in Deutschland nach welchem Recht?

Beitrag von bigben »

Wir haben uns noch mal ausführlich geschrieben. Sie versucht es Anfang 2021 nochmal mit der Reise nach Deutschland. So lange kann ich nun auch noch warten. Wenns dann nicht klappt ist leider der Gang zum Scheidungsanwalt nötig :(
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Re: Scheidung in Deutschland nach welchem Recht?

Beitrag von jackie_chan »

Werden in den Nachbarländern chin. Flüchtlinge aufgenommen? Vielleicht wäre das als letzte Option noch denkbar. Vielleicht findet man was raus, wenn man sich an die entsprechenden Auslandsvertretungen oder die Ministerien im betreffenden Land selbst wendet. Journalisten oder große Verlage könnten hierbei Unterstützung leisten, wenn die Interesse an der Story hätten. Es gibt nicht nur den offiziellen Weg über die Grenze...
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Re: Scheidung in Deutschland nach welchem Recht?

Beitrag von Helfer »

Du kannst die Scheidung in Deutschland an deinem Wohnort nach deutschem Recht einreichen. Falls ihr wollt könnt ihr auch das chinesische Recht wählen, hat aber gewisse Aspekte, die man Bedenken muss (kann ich bei Bedarf erklären).

Zu Bedenken gebe ich auch, dass das Scheidungsverfahren auch deiner Frau zugestellt werden muss und dies kann bis zu einem Jahr dauern.

Unterm Strich, so oder so wird dies eine langwieriges Verfahren.
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Re: Scheidung in Deutschland nach welchem Recht?

Beitrag von ingo_001 »

jackie_chan hat geschrieben: 20.10.2020, 20:12 Werden in den Nachbarländern chin. Flüchtlinge aufgenommen? Vielleicht wäre das als letzte Option noch denkbar. Vielleicht findet man was raus, wenn man sich an die entsprechenden Auslandsvertretungen oder die Ministerien im betreffenden Land selbst wendet. Journalisten oder große Verlage könnten hierbei Unterstützung leisten, wenn die Interesse an der Story hätten. Es gibt nicht nur den offiziellen Weg über die Grenze...
Der Punkt ist doch, wenn ich mich da richtig erinnere, ein NoGo, weil sie Restriktionen gegen ihre Family befürchtet, sollte sie China illegal (denn einen Reisepass hat sie ja nicht) verlassen.
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Re: Scheidung in Deutschland nach welchem Recht?

Beitrag von ingo_001 »

Helfer hat geschrieben: 20.10.2020, 22:44Falls ihr wollt könnt ihr auch das chinesische Recht wählen, hat aber gewisse Aspekte, die man Bedenken muss (kann ich bei Bedarf erklären).
Die da wären?
Wer Geist hat, hat sicher auch das rechte Wort, aber wer Worte hat, hat darum noch nicht notwendig Geist.

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Re: Scheidung in Deutschland nach welchem Recht?

Beitrag von Helfer »

ingo_001 hat geschrieben: 21.10.2020, 14:55
Helfer hat geschrieben: 20.10.2020, 22:44Falls ihr wollt könnt ihr auch das chinesische Recht wählen, hat aber gewisse Aspekte, die man Bedenken muss (kann ich bei Bedarf erklären).
Die da wären?
Steht bei Dir auch eine Scheidung an?
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Re: Scheidung in Deutschland nach welchem Recht?

Beitrag von ingo_001 »

Helfer hat geschrieben: 21.10.2020, 22:51
ingo_001 hat geschrieben: 21.10.2020, 14:55
Helfer hat geschrieben: 20.10.2020, 22:44Falls ihr wollt könnt ihr auch das chinesische Recht wählen, hat aber gewisse Aspekte, die man Bedenken muss (kann ich bei Bedarf erklären).
Die da wären?
Steht bei Dir auch eine Scheidung an?
Nein.

Aber da das Thema ja hier immer mal wieder aufploppt, wärs doch für den betr. hilfreich hier gleich die gesuchten Infos lesen zu können, ohne einen neuen Faden auf machen zu müssen.
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Re: Scheidung in Deutschland nach welchem Recht?

Beitrag von Helfer »

ingo_001 hat geschrieben: 22.10.2020, 08:12
Helfer hat geschrieben: 21.10.2020, 22:51
ingo_001 hat geschrieben: 21.10.2020, 14:55 Die da wären?
Steht bei Dir auch eine Scheidung an?
Nein.

Aber da das Thema ja hier immer mal wieder aufploppt, wärs doch für den betr. hilfreich hier gleich die gesuchten Infos lesen zu können, ohne einen neuen Faden auf machen zu müssen.
Es gibt da ein Zwirn bereits zu. Und die Aspekte hängen von dem konkreten Fall ab. Also bei einem realen Fall sehr gerne.
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Re: Scheidung in Deutschland nach welchem Recht?

Beitrag von bigben »

Ok, falls der Fall real wird, melde ich mich wieder. Scheidungen kommen - so wie Hochzeiten - immer wieder vor. Wie ausgangs geschrieben will ich aber einfach in einem solchen Fall verhindern, dass ich für "NIX" Rentenpunkte abgebe und Unterhalt bzw. Zugewinnausgleich zahle.
Sollte ich nach derzeitigem Stand einen Unfall oder Schlimmeres erleiden, käme mein Sohn aus erster Ehe nicht so ohne Weiters an sein Erbe. Meiner Frau stünden 50% des Vermögens zu (obwohl nie hier gelebt) und sie ist zusätzlich irgendwie in China "gefangen". Das wäre mir dann zwar egal, aber für die Erben ein ziemliches Desaster. Auch so ein Prozess, der sich über Jahre hinziehen kann.
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Re: Scheidung in Deutschland nach welchem Recht?

Beitrag von Helfer »

bigben hat geschrieben: 25.10.2020, 18:42 Ok, falls der Fall real wird, melde ich mich wieder. Scheidungen kommen - so wie Hochzeiten - immer wieder vor. Wie ausgangs geschrieben will ich aber einfach in einem solchen Fall verhindern, dass ich für "NIX" Rentenpunkte abgebe und Unterhalt bzw. Zugewinnausgleich zahle.
Sollte ich nach derzeitigem Stand einen Unfall oder Schlimmeres erleiden, käme mein Sohn aus erster Ehe nicht so ohne Weiters an sein Erbe. Meiner Frau stünden 50% des Vermögens zu (obwohl nie hier gelebt) und sie ist zusätzlich irgendwie in China "gefangen". Das wäre mir dann zwar egal, aber für die Erben ein ziemliches Desaster. Auch so ein Prozess, der sich über Jahre hinziehen kann.
Durch ein Testament, kann du zumindestens den Erbteil von deiner Frau auf den Pflichtteil reduzieren. Da du ein Kind aus erster Ehe hast, macht ein Testament sowieso Sinn, falls du verhindern willst, dass deine Ex erbt.
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Re: Scheidung in Deutschland nach welchem Recht?

Beitrag von bigben »

Helfer hat geschrieben: 26.10.2020, 00:27 Durch ein Testament, kann du zumindestens den Erbteil von deiner Frau auf den Pflichtteil reduzieren. Da du ein Kind aus erster Ehe hast, macht ein Testament sowieso Sinn, falls du verhindern willst, dass deine Ex erbt.
Der Pflichtteil beträgt in diesem Fall ja schon 50%. Das hätte man - soweit ich weiß - vorher nur durch einen Ehevertrag anders regeln können. Den wollte ich machen, meine Frau aber nicht unterschreiben ;-). Nur der Vorentwurf vom Notar hatte mich damals 1000€ gekostet...
Deswegen u.a. die Frage nach dem chinesischen Recht.
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