Chinesische Studentin in Dessau vermisst

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Re: Chinesische Studentin in Dessau vermisst

Beitrag von otternase »

zweites Update

es geht in die nächste Runde:

Mordprozess Yangjie Li Mutter von Sebastian F. wird erneut vorgeladen – Quelle: http://www.mz-web.de/27748420 ©2017
Überraschung im Prozess um den Sexualmord an der chinesischen Studentin Yangjie Li am Landgericht in Dessau: Ramona S., die Mutter des Angeklagten Sebastian F., kommt möglicherweise doch nicht um einen Auftritt vor Gericht herum.

Sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die Nebenklage dringen auf eine Vernehmung der Polizistin. Beide wollen das amtsärztliche Gutachten, nach dem die Mutter nicht verhandlungsfähig sei, nicht akzeptieren. Die Frau ist seit fast einem Jahr krankgeschrieben und befindet sich in psychotherapeutischer Behandlung.
[...]
In entsprechenden Anträgen an das Gericht haben sowohl Staatsanwaltschaft als auch Nebenklage am Dienstag deutlich gemacht, dass sie aus rechtlichen und auch aus medizinischen Gründen ernsthafte Zweifel an dem Befund hegen.
[...]
Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft sagte: „Die Zeugin muss erscheinen. Sie ist ein wichtiges Beweismittel.“ Es erschließe sich nicht, warum das aus fachärztlicher Sicht nicht möglich sein soll. Ein Vertreter der Nebenklage stellte zudem den Antrag, die verantwortliche Medizinerin als Sachverständige gleich mit zum Prozess zu laden. Wie das Gericht dazu steht, bleibt vorerst offen. Die Verhandlung wurde auf den 20. Juni vertagt.
kam für mich jetzt nicht sooo überraschend. Wie ich zuvor schrieb, allein, um den Geruch eines Gefälligkeitsgutachtens zu vermeiden, hätte man einen Amtsarzt aus einem anderen Ort und anderem Umfeld (zB. einen Bundeswehrarzt) beauftragen sollen. Indem eine Amtsärztin der Polizei aus Dessau begutachtete, wurde doch schon eine Steilvorlage für solche Anträge geliefert!
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ingo_001
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Re: Chinesische Studentin in Dessau vermisst

Beitrag von ingo_001 »

Ohne Worte ... :roll:

Da würde ich nicht nur "Mama", sondern auch Mrs. Gefälligkeitsgutachterin vereidigen lassen, bevor ich sie dann beide im Zeugenstand argumentativ zerpflücken würde.

Man, man, man ... diese Connection gehört gnadenlos offen gelegt.
Alleine dieser Part spricht schon wieder Bände, dass die Seilschaften prima funktionieren :twisted:

Gut - nun wird nach fast einem Jahr nachgefragt - aber mein Vertrauen in die Ermittlungsbehörden ist deswegen nicht unbedingt gewachsen.

Das Gericht scheint da Licht ins Dunkel bringen zu wollen.
Ob das aber gelingt - oder die Seilschaften letztlich doch am Ende (wieder mal) für mildernde Umstände sorgen ... wird erst die Urteilsverkündung zeigen.
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Re: Chinesische Studentin in Dessau vermisst

Beitrag von otternase »

Gestern und heute wurden die Plädoyers sowohl der Staatsanwaltschaft, der Nebenkläger wie auch der Verteidigung gehalten:

Mordfall Yangjie Li Die tote Studentin „wie Müll entsorgt“ – Quelle: http://www.mz-web.de/28092336 ©2017
Die Staatsanwaltschaft Dessau hat für den Hauptangeklagten Sebastian F. im Mordfall Yangjie Li eine lebenslange Freiheitsstrafe wegen Vergewaltigung und Mordes beantragt, für Xenia I. soll es eine Jugendstrafe von acht Jahren geben.
Die Staatsanwaltschaft wertete allerdings das Teilgeständnis von Xenia I. als nicht glaubhaft ein. Die Tatbeteiligung der 21-Jährigen sei größer als von ihr dargestellt.
...
Fast vier Stunden trägt Staatsanwältin Heike Kropf am Montag ihr Plädoyer vor. Immer wieder blickt sie die Angeklagten direkt an. Eine Regung ist bei den beiden 21-Jährigen kaum erkennbar. Kropf geht darauf ein: Auf die Skrupellosigkeit, die Gefühlskälte und Berechnung, die sie hinter dem Mord an Yangjie Li sieht.
...
Minuziös widerlegt die Staatsanwältin das frühere Teilgeständnis der jungen Frau als „Schutzbehauptung, als Lüge“. Die Anklage geht davon aus, dass beide Yangjie Li im Mai 2016 gemeinschaftlich vergewaltigt und getötet haben.
...
Die selbst erklärte Opfer- und Statistenrolle nimmt Kropf der Angeklagten nicht ab. Eine Reihe von Aussagen, so die Staatsanwältin, seien nicht glaubhaft und sollten die Schuld auf Sebastian F. abschieben. Xenia I. hatte im Januar eingeräumt, Yangjie Li angesprochen zu haben. Von dem Geschehen in der leerstehenden Wohnung will sie kaum etwas mitbekommen haben. Die Angeklagte hatte behauptet, selbst Gewaltopfer von Sebastian F. gewesen zu sein, zu der Tat habe er sie gezwungen.
...
„Sie redet sich heraus, will nichts gesehen, nichts gehört und nichts gewusst haben. Das kann nicht sein“, so Kropf. Die Spuren widerlegten diese Version. So war an Yangjie Lis Hand ein Haar von Xenia I. gefunden worden, ebenso gab es DNA-Spuren unter Fingernägeln. Auch an Hand- und Fußgelenken der Studentin war DNA von Xenia I. zu finden.
...
Als unhaltbar sieht Kropf auch die Behauptung an, dass Sebastian F. Yangjie Li in einer Mülltonne zum Hinterhaus transportiert haben soll, um sie über das Fenster nach draußen zu bringen. „Es gab keine Spuren an dieser Mülltonne.“ Yangjie Li sei aus dem Fenster „in die Arme von jemandem“ geworfen worden. Unter der Konifere am Hinterhaus hatte dann mutmaßlich Sebastian F. die Studentin versteckt.

Einen Tag später soll Xenia I. ihren Verlobten gebeten haben, vor Ort nachzusehen. „Ich habe Angst. Hoffentlich sieht dich keiner“, schrieb sie. Und: „Ich liebe dich.“ Er antwortete: „Mach dir keine Gedanken. Ich stehe hier und nichts ist aufgefallen.“
...
Als „abgebrüht und kaltherzig“ beschreibt Kropf im Plädoyer das Verhalten von Xenia I.. Sie habe jederzeit die Möglichkeit gehabt, das Geschehen zu beenden. „Ihr war klar, was passieren wird. Aber sie hat keine Hilfe geholt.“ Auch kurz nach der Tat wurde einfach so in den frühen Morgenstunden mit einer Bekannten weiter gechattet.

„Keine Spur von Verwirrtheit oder Angst und Heulanfällen über die ganze Nacht, wie sie es berichtet hatte.“ In den Tagen danach habe sie gewirkt, als ob nichts gewesen sei.

Die Staatsanwaltschaft sieht Sebastian F. aber als treibende Kraft. Einen jungen Mann, dem der Psychiater eine schwere Persönlichkeitsstörung attestierte. „Er hat den überwiegenden Anteil der Gewalt und Brutalität zu verantworten. Er ist skrupellos auf der niedrigsten Stufe der Beweggründe vorgegangen.“ Er werde sich nicht mehr ändern, das hatte Sebastian F. dem Psychiater gesagt. „Er ist auch in zehn oder 20 Jahren der Sebastian F. von heute“, so Kropf.
Anklage fordert lebenslange Haft - http://www.mdr.de/sachsen-anhalt/dessau ... au100.html
Die Staatsanwaltschaft machte im Schlussplädoyer deutlich, dass sie vom gemeinsamen Handeln beider Angeklagten ausgeht. Die Aussagen der Frau, sie habe ihren damaligen Partner von den Misshandlungen abhalten wollen und habe unter der Gewalt gelitten, seien nicht nachvollziehbar, sagte die Staatsanwältin. Die Spuren am Tatort sowie die Auswertungen der Handys und Chats zeichneten ein anderes Bild.
...
Dem Angeklagten bescheinigte ein Psychiater Gefühlskälte, einen Hang zum Sadismus und ein Streben nach Dominanz. "Schuldgefühle, Scham und Reue waren nicht zu erfassen", fasste der Sachverständige zusammen.
...
Neben dem Mordprozess wurden weitere Taten verhandelt, die der Angeklagte begangen haben soll. Nach der Staatsanwaltschaft hielt die Nebenklage ihr Plädoyer. Dabei ging es um zweifache Vergewaltigung aus dem Jahr 2013, für die eine Jugendstrafe gefordert wurde.
Inhaltlich halte ich das Plädoyer der Staatsanwaltschaft für sehr gut nachvollziehbar, die geforderte Strafhöhe für den männlichen Angeklagten ist logisch, nicht verständlich ist für mich daraus folgend jedoch die geforderte Strafe für die weibliche Angeklagte. Dass bei ihr Jugendstrafe zur Anwendung kommen möge, mag diskutabel sein, aber gemäß Plädoyer handelte es sich um einen gemeinschaftlich begangenen Mord, die Täterin hat weder Reue gezeigt noch zur Aufklärung beigetragen, der von ihr behauptete Zwang, unter dem sie gestanden haben will, wird von der Staatsanwaltschaft für unglaubwürdig betrachtet. Angesichts dessen wäre die logische Forderung auch für sie die Höchststrafe, also 15 Jahre gemäß Jugendstrafrecht.

Ähnlich wie ich hier argumentierte dann auch die Nebenklage, die sich inhaltlich zwar sehr ähnlich wie die Staatsanwaltschaft äusserte, aber die Höchststrafe und Feststellung besonderer Schwere der Schuld (also keine vorzeitige Entlassung) für beide Angeklagten forderte:
Die Anwälte der Eltern des Opfers forderten für Sebastian F. ebenfalls lebenslange und für Xenia I. 15 Jahre Haft.
Auch die Verteidigung gab ihre Plädoyers ab.

Mordprozess Yangjie Li Angeklagter Sebastian F. nutzt sein letztes Wort – Quelle: http://www.mz-web.de/28098314 ©2017
Sein letztes Wort vor dem Urteil im Prozess um den Tod von Yangjie Li hat es in sich. „Ich schließe mich den Worten meiner Verteidiger an“, sagte der Angeklagte Sebastian F. am Dienstag vor dem Landgericht in Dessau-Roßlau.

Es ist das erste Mal, dass sich der 21-Jährige inhaltlich äußert. Ansonsten hatte er seit dem ersten Verhandlungstag im November beharrlich geschwiegen, bis auf die wüste Beschimpfung eines Polizisten im Zeugenstand.
...
Mit seinem einzigen Satz zur Sache schließt sich Sebastian F. der Einschätzung seiner Verteidigung an, wonach er ein „grausames, unentschuldbares Verbrechen“ begangen hat. Diese Einordnung belegen polizeiliche Ermittlungsergebnisse und die umfassende Beweisaufnahme mit zahlreichen Zeugen und Gutachtern während des sich über neun Monate hinziehenden Verfahrens.

Demnach ist Yangjie Li Anfang Mai 2016 in ein Haus in der Dessauer Innenstadt verschleppt, dort brutal vergewaltigt und tödlich verletzt worden. Davon spricht selbst die Verteidigung den Angeklagten nicht frei, schließt aber einen Mord aus. Es sei zu keiner finalen Tötungshandlung gekommen, auch ein Tod durch Unterlassen von Hilfe habe nicht zur Entscheidung gestanden.
...
Die Verteidiger sehen eine schwere Vergewaltigung mit Todesfolge als erwiesen an. Da der Angeklagte zum Tatzeitpunkt erst 20 Jahre alt gewesen ist und seine menschliche Reife große Defizite aufweise, fordert Rechtsanwalt Klaus Rumph für Sebastian F. eine Jugendstrafe von zehn Jahren. Sollte das Gericht am Ende auf Mord entscheiden, will die Verteidigung eine Strafe von zwölf Jahren.
...
Die Möglichkeit zum letzten Wort nutzt die Angeklagte Xenia I. nicht, die sich gleichfalls wegen gemeinschaftlich begangenen Mordes verantworten muss. Ihre Anwältin Christine Inselmann will diesen Vorwurf nicht akzeptieren. Nach ihrer Bewertung der Spuren, Aussagen und Persönlichkeiten geht der Tod der chinesischen Studentin allein auf das Konto von Sebastian F.
...
Im Gegensatz dazu geht sie davon aus, dass die Mutter von zwei Kindern zwar an der schweren Vergewaltigung, aber nicht an der Tötung von Yangjie Li beteiligt gewesen ist. Ausgangspunkt dieser Sicht sei das „voll umfängliche Geständnis“ der Mandantin, die nach eigenen Angaben die Chinesin zuletzt noch unverletzt gesehen haben will.

Danach habe sie sich vom Ort der Vergewaltigung entfernt, geduscht und sich um ihre Kinder gekümmert. Nach Auffassung ihrer Verteidigung könne dieses Verhalten plausibel sein, da die Angeklagte über eigene „Vergewaltigungserfahrungen“ verfüge. Ihr Stiefvater habe sich an ihr vergangen, später hätte Sebastian F. häufig Sex mit Gewalt erzwungen.

Rechtsanwältin Inselmann: „Xenia I. befand sich in einem starkem Abhängigkeitsverhältnis von Sebastian F.“ Erst im Laufe der Untersuchungshaft habe sie sich aus seinem Schatten lösen können. Drei Jahre Freiheitsentzug und Erlass der Verfahrenskosten, so lautet ihr Vorschlag zur Bestrafung von Xenia I.
Interessant an dem Plädoyer des Verteidigers des männlichen Angeklagten ist, dass sogar dieser das sie entlastende "Geständnis" der weiblichen Angeklagten für unglaubwürdig hält und von einer stärkeren Tatbeteiligung ihrerseits ausgeht.

Irritierend ist für mich, dass die Verteidigung bei beiden auf Behauptungen aufbaut, die jeweils durch die Beweislage widerlegt sind, so widerspricht das Verletzungsbild eindeutig der Behauptung, es habe keine Tötungshandlung gegeben bzw. das Opfer sei nicht zum Sterben liegengelassen worden. Ganz im Gegenteil spricht das Verletzungsbild (das Gesicht des Opfers wurde bis zur Unkenntlichkeit zerstört!) für eine Übertötung!
Und ebenso widerspricht die Behauptung der Verteidigung, dass gemäß der Spuren der Tod des Opfers allein auf das Konto von Sebastian F gehe, den tatsächlich vorhandenen Beweismitteln, genaugenommen gibt es (fast) nur Spuren der weiblichen Angeklagten (ausgerissene Haare, DNA Spuren am Opfer, frische Hautpartikel in den Stiefeln von Xenia I, die der Täter vermutlich getragen hat...) Genaugenommen kann man aufgrund der Spurenlage den männlichen Angeklagten "nur" mit der Vergewaltigung in Verbindung bringen, die weibliche Angeklagte hingegen auch mit dem Mord und der Leichenentsorgung!
Irritierend ist für mich daran, was die Verteidigung mit solchen doch nutzlosen, weil widerlegten Behauptungen bezweckt? Wird sie ihrer Rolle damit gerecht? Sollte die Rolle der Verteidigung nicht vielmehr sein, tatsächlich nachweisbare oder notfalls vermutbare, nicht widerlegbare Indizien für eine verminderte Schuld in den Vordergrund zu rücken?

Am Freitag, den 4. August soll nun das Urteil gesprochen werden!
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Re: Chinesische Studentin in Dessau vermisst

Beitrag von ingo_001 »

Danke für Dein Update.

Ich schließe mich im Großen und Ganzen den Ausführungen der Staatsanwaltschaft an.

Mit dem Unterschied, dass ich auch noch auf die besondere Schwere der Schuld plädieren würde.
Angesichts des psychologischen Gutachtens und seiner Tat, ist das m.E. nur logisch und erforderlich,
was auch für seine Komplizin gilt.
Insofern sehe ich den Sachverhalt so, wie die Nebenklage.
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Re: Chinesische Studentin in Dessau vermisst

Beitrag von ingo_001 »

Der Mordfall ist mittlerweile auch in Wikipedia:

posting.php?mode=reply&f=26&t=25359
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Re: Chinesische Studentin in Dessau vermisst

Beitrag von otternase »

Auf Grundlage all dessen, was wir aus dem Prozess wissen, will ich folgende Theorie entwickeln. Wohlgemerkt handelt es sich dabei nur um eine Theorie, Spekulation, die versucht, das gewonnene Wissen in einen logischen Kontext zu setzen, es kann trotzdem natürlich alles ganz anders gewesen sein:

- Wir wissen, dass Sebastian F. über einen krankhaft übersteigerten Sexualtrieb verfügt und diesen Trieb auch oder sogar mit besonderem Lustgewinn mittels Gewalt durchsetzt
- Wir wissen, dass Xenia I. nicht in der Lage war, die Wünsche des Sebatian F. zu erfüllen, ihn nicht sexuell zu befriedigen vermochte
- Wir wissen, dass Xenia I an der Beziehung zu Sebastian F. sehr viel gelegen war, dass sie sogar in sozialen Netzwerken sich selbst als verheiratet und Xenia F. (also mit dem Nachnamen von Sebastian F.) bezeichnet hat
- Wir wissen, dass gleichzeitig Sebastian F. an der Beziehung weniger lag, er Sexualkontakte zu anderen Frauen gesucht hat
- Wir wissen, dass Sebastian F. auch erfolgreich Sexualkontakte zu anderen Frauen geknüpft hat
- Wir wissen, dass Xenia I diese Kontakte von Sebastian F. zu anderen Frauen bekannt waren
- Wir wissen aber auch, dass sie solche Kontakte unterbrochen hat, Kontaktaufnahmen der Frauen in Chats abgewiesen hat. Die Anklage geht dabei davon aus, dass dies auf Veranlassung des Sebastian F geschah, einen Beweis dafür gibt es jedoch nicht. Es ist ebenso denkbar, dass dies die Xenia I aus eigenem Antrieb tat
- Wir wissen, dass Xenia I zur Aufrechterhaltung der Beziehung Misshandlungen des eigenen Kindes (der Angeklagte hat das Kind gemäß Zeugenaussagen kopfüber in eine Regentonne gesteckt) geduldet hat
- Wir wissen, dass Sebastian F wiederholt eine Beendigung der Beziehung in Aussicht gestellt hat und Xenia I unter dieser Vorstellung litt, zuletzt belegt aus SMS Austausch wenige Tage vor der Tat

Aus allem diesem schliesse ich: das Interesse an der Beziehung, an der Aufrechterhaltung der Beziehung war seitens Xenia I weit höher als seitens Sebastian F. Diesem Ziel war sie sogar bereit, das Wohl des eigenen Kindes unterzuordnen!

- Wir wissen, dass im Vergewaltigungsfall Cindy H eine Einladung der Xenia I das Opfer in die Falle gelockt hat
- Wir wissen, dass Xenia I ihrer Cousine nach einem Dreier gefragt hat
- Wir wissen, dass Xenia I im Mordfall Yangjie Li der Lockvogel war, der das Opfer ins Haus gelockt hat

Übereinstimmendes Element ist also immer gewesen, dass Xenia I Initiator war. Man kann zwar vermuten, dass dies jeweils auf Veranlassung des Sebastian F. geschah, jedenfalls ganz sicher nicht gegen dessen Willen, aber auffällig bleibt die jeweils sehr relevante, aktive Rolle der Xenia I.

- Wir wissen von dem "Vertrag" zwischen den beiden Angeklagten, in dem sich die Xenia I verpflichtet hat, für die sexuelle Zufriedenstellung des Sebastian F zu sorgen, ggf. auch indem sie eine Dritte ihm zuführt

Daher nun meine Spekulation:
Immer wieder beabsichtigte Sebastian F, Xenia I zu verlassen.
Xenia I bemühte sich, die Aufrechterhaltung der Beziehung auf jedem Weg zu erreichen, auch eben unter Nutzung des genannten Passus im "Vertrag" zwischen den beiden.
Dabei ging sie rein egozentrisch, nur ihrem eigenen Interesse der Aufrechterhaltung der Beziehung folgend vor und ordnete diese den Interessen Dritter, zB. auf körperliche Unversehrtheit, absolut unter!

Schlussfolgerung aus diesem ersten Abschnitt: es spricht nicht wenig dafür, dass die Idee zu dieser Tat nicht von Sebastian F, sondern von Xenia I geboren wurde! Das also sie und nicht er der kriminelle "mastermind" in der Tatplanung war!

- Wir wissen, dass der Tatort vorbereitet wurde, dass das Schloss zu der leerstehenden Tatwohnung einige Tage vor der Tat aufgebrochen wurde. Es handelte sich also zweifelsfrei um eine geplante, vorbereitete Tat.
- Daraus folgt mit fast absoluter Sicherheit, dass Xenia I auch schon deutlich vor Tatbeginn, vermutlich schon Tage vorher wusste, was passieren würde, sobald sie ein Opfer in das Haus gelockt hat

- Wir wissen, wie die Tateinleitung geschah, dies wurde durch ein Überwachungsvideo festgehalten, hierbei agierte die Angeklagte alleine

Die Aussage der Angeklagten, eine Vergewaltigung des Opfers im Flur sei geplant gewesen, widerspricht der Vorbereitung der leerstehenden Wohnung als Tatort, diese Aussage ist unglaubwürdig.
Dass im Flur des Gebäudes umfangreiche Spuren gefunden wurde, die auf einen blutigen Kampf schliessen lassen, lässt sich vielmehr mit hoher Wahrscheinlichkeit damit erklären, dass das Opfer von Beginn an weit mehr Gegenwehr als erwartet geleistet hat.

Sebastian F ist zwar aufgrund Größe und Statur dem deutlich kleineren und leichteren Opfer körperlich überlegen gewesen. Trotzdem erscheint es fraglich, ob es ihm alleine und ohne Tatwerkzeug gelungen sein kann, das Opfer zu überwältigen. Da Hinweise auf ein Tatwerkzeug (Messer, Hammer o.ä.) nicht existieren, muss man daher davon ausgehen, dass Xenia I dem Sebastian F bei der Überwältigung des Opfers geholfen hat! Spuren, wie zB. ausgerissene Haare und DNA der Xenia I unter den Fingernägeln der Xenia I deuten ebenfalls auf ihre aktive Beteiligung in dieser Tatphase hin.

Die nun folgende Tatphase liegt im Dunkeln. Die Aussage der Xenia I ist nicht glaubwürdig, andere Informationen jedoch gibt es nicht zu diesem Tatabschnitt.
Ganz fraglos erfolgte eine Vergewaltigung des Opfers durch den Sebastian F.
Ganz fraglos war Xenia I zumindest zeitweise bei dieser Tat anwesend, wie aktiv ihre Rolle war, ist offen. Wenn man davon ausgeht, dass der Sebastian F in den Wochen zuvor einen Dreier verlangt hat, muss man annehmen, dass er bei Tatdurchführung von diesem Wunsch nicht plötzlich abgelassen hat, sondern im Gegenteil von Xenia I verlangt hat, an der Tat teilzunehmen.

Bemerkenswert ist aber nun der weitere Tatverlauf nach der Vergewaltigung.

Von den anderen Sexualkontakten des Sebastian F wissen wir, dass körperliche Gewalt keineswegs von ihm grundsätzlich ausgeübt wurde. Von der nachgewiesenen vorangehenden Vergewaltigung der Cindy H wissen wir, dass diese weder während noch nach der Vergewaltigung mit der Ausübung von Gewalt über die für den Zwang erforderliche hinaus einhergegangen ist. Nur von der Sexualbeziehung zwischen den beiden Angeklagten wissen wir, dass dort von ihm Gewalt ausgeübt wurde.

Für die Ausübung von Gewalt scheint daher die Xenia I als "Katalysator" eine wichtige Rolle zu spielen. Während die von Sebastian F alleine begangene Vergewaltigung nicht in einem Mord mündete, endete die zusammen mit Xenia I begangene Vergewaltigung in einem Mord.
Die Gründe dafür sind unbekannt, aber man kann davon ausgehen, dass Xenia I dafür eine Rolle spielt.

Man kann nur sogar spekulieren, und es spricht einiges dafür, dass nach Ende der Vergewaltigung die Xenia I die führende Rolle in dieser Tat einnahm.

Das Opfer wurde durch stumpfe Gewalt getötet. Man kann es, wie die Anklage es offenbar tut, mit manueller Gewaltausübung in Verbindung bringen, also ohne ein Tatwerkzeug. In diesem Fall muss man von dem Sebastian F als Haupttäter ausgehen, der zu einer solche massiven Gewaltausübung körperlich eher in der Lage ist.
Man kann aber auch die Nutzung eines stumpfen Tatwerkzeuges erwägen. Dafür spielen insbesondere die schweren Feuerwehrstiefel des Angeklagten eine wichtige Rolle. Auch eine schwächere Person kann mit Tritten mit solchen Stiefeln die am Opfer festgestellten tödlichen Verletzungen zugefügt haben. Auch wenn diese Stiefel äusserlich gereinigt waren, konnten die Ermittler Spuren des Opfers an diesen Stiefeln feststellen! Und interessanterweise fanden sich in den Stiefeln frische Spuren (Hautpartikel) der Xenia I, die vermuten lassen, dass sie diejenige war, die diese Stiefel zuletzt getragen hat. In ihrer eigenen Aussage hat sie dies entgegen jeder Spurenlage bestritten, diese Stiefel seit mehr als einem Jahr vor der Tat getragen zu haben. An dieser Stelle lügt sie offensichtlich und man kann nur spekulieren, warum sie das tut! Dafür, dass sie diese Stiefel trug, spricht darüberhinaus, dass Blutspuren auch an einem zweiten Paar Schuhe des Sebastian F gefunden wurden. Er kann aber ja nicht zwei Paare Schuhe gleichzeitig getragen haben.

Weiterhin auffällig ist die massive Übertötung des Opfers. Das Gesicht des Opfers war durch Gewaltausübung bis zur Unkenntlichkeit entstellt.

Diese Form der Tötung deutet darauf hin, dass es sich nicht um eine geplante, kaltblütige Tat handelt, dass vermutlich die Tötung auch nicht Teil des zuvor aufgestellten Tatplans war, sondern spontan geschah. Und dass diese Tat in Rage, in einem Zustand starker emotionaler Gefühle gegen das Opfer geschah, also nicht allein zwecks Verdeckung der zuvor begangenen Straftat der Vergewaltigung.

Wir wissen nicht, was zu dieser Zeit geschah, leider hat das Versäumnis einer rechtzeitigen Abfrage der Daten von Google auch jede Chance auf Einblick zunichte gemacht.

Wir können jedoch davon ausgehen, dass der Sebastian F davon ausging, das Opfer soweit einschüchtern zu können oder eigene Beziehungen nutzen zu können, um diese Straftat ungestraft begehen zu können. Selbst wenn er aufgrund Gegenwehr des Opfers oder eigener späterer Erkenntnis, nun doch einen Schritt zu weit gegangen zu sein, sich zu einem Verdeckungsmord entschlossen hätte, würde dies nicht das Verletzungsbild des Opfers erklären.

Ich gehe daher davon aus, dass an dem Mord Xenia I einen wesentlichen, möglicherweise den führenden Anteil hatte. Ich vermute, dass die Xenia I gereizt wurde durch die Gegenwehr des Opfers, durch Aussagen des Opfers oder vielleicht sogar durch Aussagen des Sebastian F (möglicherweise hat dieser sinngemäß das Opfer 'gelobt' und Xenia I demgegenüber lächerlich gemacht, mal so als pure Spekulation könnte er zB. gesagt haben: "Ich hätte lieber so eine sportliche Freundin wie die hier und nicht so ein fettes Monster wie Dich"). Sowas könnte die Xenia I soweit gereizt haben, dass diese das Opfer mit massiver Gewalt, zB. durch Tritte mit den Stiefeln getötet hat und Verletzungen weit über das hinaus, was für einen Verdeckungsmord erforderlich gewesen wäre.

Das ist natürlich nur Spekulation, aber es klingt logischer als die von der Xenia I angegebene Version, gemäß derer sie sich zurückgezogen hat und nicht mitbekommen hat, was am Tatort geschah.

Was nun den Abtransport der Leiche und das weitere Nachtatverhalten angeht:
Die Anklage geht davon aus, dass die Leiche noch in der gleichen Nacht aus dem Haus an den späteren Fundort verbracht wurde. Die Angeklagte bestätigte dies in ihrer Aussage und behauptete, die Leiche sei mittels einer Mülltonne an diesen Ort vom Angeklagten alleine verbracht worden.
Das einzige Indiz für diese Version ist die Tatsache, dass auf dem Überwachungsvideo zu sehen ist, dass der Sebastian F in der gleichen Nacht der Tat in den frühen Morgenstunden aussen um das Haus geht. Ob dies jedoch mit der Leichenablage in Zusammenhang steht, ist reine Spekulation, es kann auch andere Gründe gehabt haben.
Gegen diese Version spricht, dass die Polizei bei erster Absuche die Leiche dort nicht entdeckt haben, insbesondere aber auch die Suchhunde die Leiche dort nicht gefunden haben.

Es gibt einen interessanten Absatz in diesem Kontext:
Einen Tag später soll
Xenia I. ihren Verlobten gebeten haben, vor Ort nachzusehen. „Ich habe
Angst. Hoffentlich sieht dich keiner“, schrieb sie. Und: „Ich liebe
dich.“ Er antwortete: „Mach dir keine Gedanken. Ich stehe hier und
nichts ist aufgefallen.“ – Quelle: http://www.mz-web.de/28092336 ©2017
Diese Chatnachrichten kann man so interpretieren, wie es die Staatsanwaltschaft tut, dass Sebastian F. am Ort der Leichenablage vom Vortag nachgesehen hat. Man kann die Texte jedoch genauso zutreffend so lesen, dass er erst zu diesem Zeitpunkt die Leiche dort abgelegt hat. Sie hofft, dass ihn niemand bei der Leichenablage sieht und er berichtet, dass es niemandem aufgefallen ist, dass er die Leiche dort deponiert hat.
Das würde erklären, warum weder Suchhunden noch den ersten Polizisten die Leiche aufgefallen ist, sie lag einfach noch nicht da! Wahrscheinlich ging der Täter davon aus, dass nach erster Absuche (die er vom Fenster aus beobachtet haben dürfte) die gleiche Stelle von der Polizei nicht ein zweites Mal abgesucht würde und hielt es daher für sicher, die Leiche dort zu deponieren. Man kann davon ausgehen, dass er plante, die Leiche später alleine oder mit Hilfe eines Dritten abzutransportieren...
Erst als dieser Plan nicht aufging, kam er dann auf Plan B, den überstürzten Wegzug!

In diesem Kontext wäre es eine sehr entscheidende Frage gewesen, wann genau und mit welcher Begründung er seine Mutter damals dazu bewogen hat, seinen Wegzug zu unterstützen. Wir wissen ja aus dem Prozess, dass die ursprüngliche Behauptung, der Umzug sei schon länger geplant gewesen, nicht der Wahrheit entspricht.

Jetzt wäre zum Abschluss zu fragen, warum der Angeklagte nicht aussagt, sofern die von mir hier aufgestellte Theorie zum Tatablauf tatsächlich stimmen sollte. Er könnte in diesem Fall durch eine Aussage sich zumindest partiell entlasten.

Dafür möchte ich zwei Varianten anbieten:
1) Prozesstaktik: das Teil"geständnis" der Angeklagten kam erst nach Bekanntwerden aller wesentlichen Beweismittel. Durchaus denkbar also, dass beide Angeklagte zunächst abgewartet haben, was ihnen nachweisbar ist und dann geprüft haben, wie gut die Chancen jeweils auf wesentliche strafmildernde Effekte durch welche taktische Aussage stehen. Aufgrund der Vorgeschichte des Angeklagten, aufgrund der Vergewaltigung und unter Gesamtwürdigung der Umstände dürfte eine Aussage entsprechend obiger Theorie die weibliche Angeklagte zwar wesentlich stärker belasten und damit ihre Strafhöhe deutlich erhöhen, gleichzeitig aber ihn nur marginal entlasten und nur wenig besser davonkommen lassen. Durchaus denkbar also, dass die Verteidigung sich dazu entschlossen hat, einen Angeklagten "aufzugeben", um den anderen "zu retten"
2) Denkbar aber auch, dass Xenia I den Sebastian F mittels Wissen zum Schweigen und zur Übernahme der vollen Schuld erpresst. Es wäre da die Frage, welches Wissen Xenia I haben kann, ihn zu derartigem zu erpressen. Es muss etwas sehr Schwerwiegendes sein, aber es muss etwas sein, was erst nach der Tat und vor der Festnahme entstanden ist, denn sonst hätte die Xenia I ihn auch schon vor der Tat damit erpressen können, zB. dazu, die Beziehung aufrecht zu erhalten!
Zwischen Tat und Festnahme war aller Wahrscheinlichkeit nicht mehr als die Tatortreinigung und der Umzug. Es ist auffällig, dass Xenia I genau zu diesen beiden Punkten auch in ihrem Teil"geständnis" die Aussage verweigert hat! Man kann also vermuten, dass in diesem Kontext noch etwas passiert ist, mit dem Xenia I den Sebastian F belasten könnte. Mein Vorstellungsvermögen dazu ist begrenzt, ich kann mir einzig vorstellen, dass es hier einen dritten, einen möglicherweise bis heute unbekannten Helfer gab, den Xenia I beschuldigen könnte, der aber Sebastian F so wichtig ist, dass er diesen schützen will. In der Öffentlichkeit wird dabei immer nur an die Mutter des Sebastian F (und deren Mann) gedacht, aber ich halte es keinesfalls für unmöglich, dass es da noch einen Dritten gab, der bislang mit der Tat noch gar nicht in Zusammenhang gebracht werden konnte!
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Re: Chinesische Studentin in Dessau vermisst

Beitrag von Laogai »

ingo_001 hat geschrieben:Der Mordfall ist mittlerweile auch in Wikipedia:
posting.php?mode=reply&f=26&t=25359
Der Link hier ist besser: Kriminalfall Li Yangjie (endlich wird mal der Name richtig geschrieben).
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Re: Chinesische Studentin in Dessau vermisst

Beitrag von ingo_001 »

In der Tat - danke.
Wer Geist hat, hat sicher auch das rechte Wort, aber wer Worte hat, hat darum noch nicht notwendig Geist.

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Re: Chinesische Studentin in Dessau vermisst

Beitrag von ingo_001 »

otternase hat geschrieben:Zwischen Tat und Festnahme war aller Wahrscheinlichkeit nicht mehr als die Tatortreinigung und der Umzug. Es ist auffällig, dass Xenia I genau zu diesen beiden Punkten auch in ihrem Teil"geständnis" die Aussage verweigert hat! Man kann also vermuten, dass in diesem Kontext noch etwas passiert ist, mit dem Xenia I den Sebastian F belasten könnte. Mein Vorstellungsvermögen dazu ist begrenzt, ich kann mir einzig vorstellen, dass es hier einen dritten, einen möglicherweise bis heute unbekannten Helfer gab, den Xenia I beschuldigen könnte, der aber Sebastian F so wichtig ist, dass er diesen schützen will. In der Öffentlichkeit wird dabei immer nur an die Mutter des Sebastian F (und deren Mann) gedacht, aber ich halte es keinesfalls für unmöglich, dass es da noch einen Dritten gab, der bislang mit der Tat noch gar nicht in Zusammenhang gebracht werden konnte!
Um diesen Part mal aufzugreifen:
Warum sollte es den überhaupt einen bisher Unbekannken geben.

Für mich würde dies bzgl. nur eine Person infrage kommen, die er so zu schützen versucht:
Seine Mutter.
Denn die hat es ja augenscheinlich geschafft bei seinen 40 (bekannten) Straftaten (darunter mehrere Körperverletzungen sowie zwei Vergewaltigungen) schützend ihre Beziehungen spielen zu lassen, sodass er letztlich Nichts zu befürchten hatte und mit dieser Sicherheit weiter seine "Karriere" fortsetzen konnte.

Wenn er nach der Tat um ihre Hilfe gebeten hätte und sie diese dann auch geleistet haben, dann hätte seine Verlobte da tatsächlich ein Druckmittel gegen ihn.

Nach jetzigem Stand könnte seine Mutter (wie auch immer) versuchen ihm im Rahmen ihrer Möglichkeiten (Connections) seine voraussichtliche Haft (wenn möglich) in Teilen zu erleichtern.

Das könnte er vergessen, wenn sich heraus stellen sollte, dass sie Strafvereitelung im Amt begangen hätte.
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Re: Chinesische Studentin in Dessau vermisst

Beitrag von otternase »

ingo_001 hat geschrieben:Warum sollte es den überhaupt einen bisher Unbekannken geben.

Für mich würde dies bzgl. nur eine Person infrage kommen, die er so zu schützen versucht:
Seine Mutter.
Das habe ich nicht hinreichend erläutert, sorry.

1) Ich gehe davon aus, dass die Leichenablage hinterm Haus nicht als dauerhafte Ablage geplant war. Immerhin war das ja eine Baustelle, das Dixi-Klo wurde sicher auch mal von den Bauarbeitern benutzt, die Leiche wäre dort mittelfristig ganz sicher entdeckt worden.
Ich gehe vielmehr davon aus, dass die Leichenablage dort nur temporär beabsichtigt war, bis ein Abtransport weiter weg möglich gewesen wäre.
Ich gehe davon aus, dass dieser weitere Abtransport dann durch die fortgesetzten Suchaktionen der Polizei und schliesslich die Entdeckung der Leiche verhindert wurden.
Da der Täter nicht über ein Auto verfügte und die Leiche sicher nicht mit dem Bollerwagen schieben wollte, kann man sich sehr sicher sein, dass er da auf die Hilfe eines Dritten zählte.

2) Ich traue der Mutter viel zu. Ich traue ihr zu, zum Schutze ihres missratenen Sohnes Mobbing gegen Kollegen betrieben zu haben, ich traue ihr zu, Beweise unterdrückt zu haben, ich traue ihr zu, Informationen aus den Ermittlungen an ihren Sohn weitergegeben zu haben, ihm Tipps zur Beseitigung von Spuren gegeben zu haben oder sogar selbst bei der Beseitigung von Spuren geholfen zu haben und noch manches mehr. (bei allem dem weiss ich nicht, ob sie dies getan hat, aber das sind alles Dinge, die ich nicht für ausgeschlossen halte, sondern ihr zutraue)
Ich traue ihr aber nicht zu, eine Leiche abzutransportieren! Ich denke, dass an der Stelle sogar ihre persönliche Grenze überschritten gewesen wäre.

Eben aus dieser Summe von Überlegungen glaube ich, dass es einen weiteren, bislang unbekannten Tatvertuschungshelfer gegeben hat! Und ob der Täter nun seine Mutter oder diesen Unbekannten schützen will, das können wir nicht erahnen.
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Re: Chinesische Studentin in Dessau vermisst

Beitrag von ingo_001 »

otternase hat geschrieben:Ich traue ihr aber nicht zu, eine Leiche abzutransportieren! Ich denke, dass an der Stelle sogar ihre persönliche Grenze überschritten gewesen wäre.
M.E. ist zwischen dem angenommenen Hilfeleistungen und dem ggfs. beabsichtigten Abtransport der Leiche de facto kein wirklicher Unterschied, denn: Alle Tricks und Hilfeleistungen nutzen Nichts (wie ja zu sehen ist), wenn denn die Leiche an einem Ort gefunden wird, der so nah am Wohn- und Tatort ist.
Ergo: es kann durchaus sein, dass seine Mutter da mehr helfen wollte, als sie es letztlich konnte.

Ich sehe da keine persönliche Grenze.
Sie wusste, was Ihr Sohn vorher für Straftaten begangen hatte (inkl. zwei Vergewaltigungen).
Sie wusste auch, wie Ihr Sohn tickt - und tat ... Nichts, um dem Einhalt zu gebieten.
Wenn es diese Grenze jemals gegeben haben sollte, dann hätte sie spätestens bei den zwei voran gegangenen Vergewaltigungen einschreiten müssen, was sie nicht nicht tat - mehr noch: Sie protegierte ihn auch da weiter.
M.E. sind wollte/will sie einfach nicht wahr haben, dass sie durch ihr Verhalten (m.E,) einen Anteil daran hatte, dass ihr Sohn letztlich zum Mörder wurde.
Darum würde es mich nicht wundern, wenn sie dieser "Logik" folgend, auch beim Abtransport der Leiche helfen wollte, denn sie konnte ja absehen, was ihrem Sohn ansonsten drohen würde.

M.E. ist NUR seine Mutter eine (DIE) Bezugsperson, weil sie ihm bis dato vor allen möglichen Sanktionen geschützt hat. Sein "Mama, hilf mir" (vor Gericht oder bei einer Vernehmung) zeigt das überdeutlich.
Im krassen Gegensatz dazu seine verbalen Ausbrüche anderen gegenüber.
otternase hat geschrieben:Eben aus dieser Summe von Überlegungen glaube ich, dass es einen weiteren, bislang unbekannten Tatvertuschungshelfer gegeben hat! Und ob der Täter nun seine Mutter oder diesen Unbekannten schützen will, das können wir nicht erahnen.
M.E. gibt es keinen Unbekannten, weil er schlicht keine Bezugsperson hat, für die er Das-sich-erpressen-lassen inkauf nehmen würde ... außer für seine Mutter.
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Re: Chinesische Studentin in Dessau vermisst

Beitrag von ingo_001 »

Sexualmord an Chinesin in Dessau - Gericht muss in brutalem Fall urteilen

http://www.n-tv.de/panorama/Gericht-mus ... 67210.html
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Re: Chinesische Studentin in Dessau vermisst

Beitrag von otternase »

Das Urteil ist nun raus:

Mordfall Yangjie Li Urteil: Lebenslang für Sebastian F., 5,5 Jahre Haft für Xenia I. – Quelle: http://www.mz-web.de/28115784 ©2017
Im Mordprozess Yangjie Li wurde am Freitag kurz nach 9 Uhr das Urteil verkündet: Der Hauptangeklagte Sebastian F. muss wegen Mord und Vergewaltigung lebenslang hinter Gitter. Bei ihm stellte das Gericht zudem eine besondere schwere der Schuld fest. Er muss als mindestens 15 Jahre in Haft bleiben.

Xenia I., Mitangeklagte und Ex-Freundin, erhielt wegen sexueller Nötigung eine Jugendstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten.

Die Angeklagten vernahmen das Urteil ohne Regung. Beide müssen etwa 60.000 Euro Schmerzensgeld zahlen. Sebastian F. trägt zudem noch die Kosten des Verfahrens. Xenia I. nicht.
...
Die Richter blieben bei Xenia I. damit deutlich unter dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Die hatte acht Jahre Jugendhaft beantragt. Die Nebenklage wollte bei der 21-Jährigen sogar eine Jugendhaft von 15 Jahren.
In Bezug auf den männlichen Angeklagten halte ich das Urteil für angemessen. In Bezug auf die weibliche Angeklagte halte ich es für deutlich zu niedrig! Wie oben ausgeführt vermute ich, dass sie einen sehr wesentlichen Anteil an der Tat hatte, möglicherweise sogar einen ebensogroßen oder noch größeren wie der männliche Angeklagte, insbesondere hinsichtlich der Eskalation der Tat zum Mord.

Mal als Querreferenz ein wie ich meine sehr vergleichbarer Fall: https://de.wikipedia.org/wiki/Karla_Homolka
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Re: Chinesische Studentin in Dessau vermisst

Beitrag von Skorpid »

Ich konnte jetzt noch nicht lesen, ob die "besondere Schwere" der Schuld festgestellt wurde. Sprich, bleibt er wirklich lange drin oder ist er in 12 Jahren wieder auf den Straßen unterwegs? Die 5 Jahre für Xenia empfinde ich auch als zu wenig, da ihre Tatbeteiligung erheblich war und die Vorgeschichten auch nicht für sie sprechen.
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Re: Chinesische Studentin in Dessau vermisst

Beitrag von otternase »

@Skorpid
es wurde bei ihm, übrigens sogar über den Antrag der Staatsanwaltschaft hinausgehend die "besondere Schwere" festgestellt.

Was die weibliche Angeklagte angeht: das Gericht hat ihr offenbar ihr Teil"geständnis" abgekauft:
Xenia I. habe zuerst gedacht, dass Yangjie Li gegangen sei. Als Sebastian F. ihr berichtete, dass er die chinesische Studentin umgebracht habe, habe sie geholfen, die Leiche zu beseitigen.
...
Dem Teilgeständnis schenkt die Richterin Glauben. Sie habe es persönlich abgelegt und nicht über ihre Verteidigerin, sie haben sich auch selbst belastet. Viele ihrer Aussagen würden durch Beweise belegt. – Quelle: http://www.mz-web.de/28115784 ©2017
Angesichts diverses aufgedeckter Lügen in dem Teil"geständnis", angesichts großer Lücken darin, insbesondere was das Nachtatverhalten angeht und angesichts der Weigerung, anschliessend Rückfragen zu beantworten oder Fragen der Staatsanwaltschaft und der Nebenklage zu beantworten, kann ich mich dieser Einschätzung des Gerichts nicht wirklich anschliessen. Ich habe das Gefühl, das Gericht ist da auf ein Schauspiel reingefallen...

Eine wesentliche Rolle spielte dabei offenbar auch, dass das Gericht die Vergewaltigung an Cindy H als nicht bewiesen ansah:
Freispruch in weiteren Vergewaltigungsfällen

Dem angeklagten Haupttäter wurde noch eine weitere zweifache Vergewaltigung vorgeworfen. Davon wurde Sebastian F. am Freitag freigesprochen. Da die Tat so lange zurückliege, gebe es keine Beweismittel, so das Gericht. Zudem habe das Opfer damals keine Anzeige erstattet, was die Glaubwürdigkeit der Aussage mindere.
http://www.mdr.de/sachsen-anhalt/dessau ... s-100.html

Auf die Strafhöhe für den männlichen Angeklagten insgesamt hat dieser Freispruch wohl keine Auswirkungen. Aber es gab bei dieser Tat zwei Aspekte, die -wie ich auch in meiner Einschätzung von gestern berücksichtigt hatte- die weibliche Angeklagte belasteten:
1) es gab eine wesentliche Parallele zwischen dem Fall Vergewaltigung von Cindy H und dem Fall Vergewaltigung Yangjie Li: in beiden Fällen war (oder soll gewesen sein) die weibliche Angeklagte das Lockmittel, mit dem das Opfer in die Falle gelockt wurde.
2) bei der Vergewaltigung der Cindy H, von Sebastian H alleine begangen, kam es zu keinem Mord, bei der gemeinsam mit Xenia I begangenen Tat kam es zu einem Mord
Beides dieses lässt eine weitaus aktivere und wichtigere Rolle der Xenia I auch bei dem Mord vermuten.

Wenn nun aber das Gericht sagt, dass die Vergewaltigung der Cindy H gar nicht stattgefunden habe (oder zumindest nicht nachgewiesen wurde), dann kann man natürlich diese Aspekte auch nicht berücksichtigen.

Ich habe die Zeugin Cindy H im Zeugenstand nicht erlebt, ich kann daher zu deren Glaubwürdigkeit wenig sagen, vielleicht hat das Gericht gute Gründe, deren Glaubwürdigkeit in Zweifel zu ziehen...?

Jedenfalls werden wir wohl in der Sache nicht das letzte Wort gehört haben:

Gemäß Info aus dem MDR besteht wohl auf beiden Seiten Interesse an einer zweiten Runde:
Der Angeklagte hat bereits angekündigt, gegen das Urteil Revision einlegen zu wollen. Auch die Staatsanwaltschaft und Nebenklage wollen die Möglichkeiten einer Revision prüfen.
http://www.mdr.de/sachsen-anhalt/dessau ... s-100.html
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