jackie_chan hat geschrieben: ↑25.08.2019, 13:54Wäre ich ein Bürger Hongkongs, Ende 20 mit Uniabschluss, würde ich mittel- bis langfristig das Land verlassen und mir wo anders eine Zukunft aufbauen. Auf den Propaganda-Mist aus China hätte ich keine Lust.
Hinsichtlich einseitiger Berichterstattung ist der Westen da aber keinen Deut besser:
Während bei Ausschreitungen beim G20-Gipfel oder der Gelbwesten-Proteste von Randalierer, Chaoten und einem wütenden Mob gesprochen wird, sind Flughafen besetzende/Finger abbeisende/Geiseln nehmende Protestler in Hongkong nur verängstigte Bürger, welche für die Demokratie kämpfen.
Während der Einsatz von Tränengas/Knüppeln/Wasserwerfern/Zivil-Beamte bei größeren Demonstrationen (G7/8/20, Hambacher Forst, 1. Mai, Pegida-Aufläufe) an der Tagesordnung sind, spricht man in Hongkong von beispielloser Polizeigewalt.
Während man sich in den westlichen Medien mehr oder weniger ein Einmarsch des chinesischen Militärs in Hongkong herbeisehnt, da man sich mit nichts anderem mehr bestätigt fühlen würde als einem Tiananmen 2.0, hält sich China innerhalb des eigenen Territoriums (Hongkong ist weiterhin China, trotz zwei Systemen) überraschend zurück. Ob die Regierung in Deutschland auch so zurückhaltend wäre, wenn der Frankfurter Flughafen für zwei Tage von Greta-Anhängern besetzt wäre?
Während sämtliche technische Errungenschaften aus China laut den westlichen Medien einzig und alleine dazu dienen, die Bevölkerung noch mehr zu überwachen und zu beeinflussen, sieht sich der Westen sowohl technologisch (3G-Mobilfunk das höchste der Gefühle in Frankfurter S-Bahnen) als auch hinsichtlich Infrastruktur (bestes Beispiel Bahn: teuer, marode, unpünktlich) weiterhin in einer Führungsposition.
Während der Westen angeblich ein Paradies für Meinungsfreiheit, Grundrechte, Fairen Prozess und Asyl ist, müssen sich ein Snowden oder Assange sonst wo verkriechen, da sie ansonsten bei nächster Gelegenheit ausgeliefert wird. Warum? Weil sie sich erdreistet haben, Verbrechen der Regierung aufzuklären/zu veröffentlichen.
Während der Westen wertvolle Entwicklungshilfe und sonstige humanitäre Unterstützungen in Form von Mehl-/Reis-/Kartoffelsäcken und Waffenlieferungen leistet, investiert China Milliarden in die Infrastruktur in den betroffenen Ländern.
Während diese gebauten Infrastruktur-Projekte (Häfen, Seidenstraße, etc) als gefährliche Ausbreitung Chinas angesehen werden, soll ein Fort Trump in Polen, US-Atombomben in Deutschland, hunderte andere US-Militärbasen weltweit sowie ein Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan legitim westliche Interessen verteidigen.
Während die amerikanische Dominanz bei Internet-Services (Google, Facebook, Amazon, etc) und Technologien trotz Spionagebeweisen einfach so hingenommen wird, ignoriert Europa dieses Thema vollkommen und kümmert sich lieber um die wirklich wichtigen Themen wie Genderunsinn. Gleichzeitig sind neue Global-Player aus Fernost (Huawei) eine Gefahr für die Sicherheit, da diese ja "ganz bestimmt" für Peking spionieren und Xi mit einem roten Knopf im Westen das Internet abschalten kann.
Während China seine Straßen mit Videokameras zupflastert, der Polizeiapparat hart durchgreift und man sich nachts als Frau frei und sicher bewegen kann, spricht man im Westen von Überwachung/Unterdrückung/fehlender Freiheit und führt hintenrum Vorratsdatenspeicherung ein sowie verschanzt den Weihnachtsmarkt mitsamt Maschinengewehr tragenden Beamten hinter Betonbarrikaden.
Man könnte die Liste wohl ewig fortsetzen ...
Meiner Meinung nach sind die ganzen Gründe wie das Auslieferungsgesetz nur vorgeschoben. Die Hongkonger merken langsam, dass ihre Stadt innerhalb Chinas mehr und mehr an Bedeutung verliert und von China - trotz vieler Rufe die das Gegenteil behaupten - kaum mehr gebraucht wird. Die chinesischen Global Player und Vorzeigemetropolen findet man in Shanghai, Shenzhen und andernorts. Hongkong ist von China weit mehr abhängig als umgekehrt - viel mehr als ein paar Vorteile auf dem Kapitalmarkt, überteuerte Immobilien und China-Mainland-Abneigung hat es nicht mehr zu bieten. Für den Westen auf der anderen Seite kommt die Situation auch sehr gelegen, da man sich Bilder wünscht, die zeigen, dass eine Welt unter amerikanischer Führung für alle besser ist. Und überhaupt: Während sich der Westen mit seinen Grundrechten massig Probleme geschaffen hat (Flüchtlingskrise) und immer mehr zerbricht (Brexit, Beziehungen zwischen US/EU), passt ein starkes und aufstrebendes China - welches kein Bock auf Demokratie hat - natürlich gar nicht ins Weltbild.