Wie kommst du darauf, dass "der Wunsch nach gesellschaftlichem Aufstieg" im Westen argwöhnisch betrachtet wurde oder wird?
Gerade im soziologischen Diskurs der USA gibt es eine reiche Literatur zu dem Thema ("culture of poverty", z.B. in Noguera, 2003: "The Troubles with Black Boys") - in Europa wird es, wohl aus Gründen der political correctness, eher weniger untersucht. Rein empirisch gesehen ist die Datenlage aber statistisch hoch signifikant: wer im Westen arm geboren wird bleibt eher arm als in China.
Die Intuition der Theorie ist dahingehend, dass jede soziale Schicht ihre eigen Kultur hat und diese Kultur auch den ökonomischen Status zementiert. Wenn ein Arbeiterkind gerne zur Schule geht und fleissig lernt, wird es als "Streber" bezeichnet und sozial isoliert, während ihm die Eltern z.B. einreden, dass es "'was richtiges lernen" soll und der Vater schon ständig gegen "die da oben" schimpft. Das Kind müsste sich daher von seinem ganzen sozialen Umfeld abkapseln, was für Menschen doch eher eine unnatürliche Verhaltensweise wäre. In Amerika wird einem im Speziellen dann als Mitglied der schwarzen Unterschicht sogar unterstellt, man verhalte sich "weiss" und verleugne die eigene Herkunft.
Ärmere Schichten treffen daher auf Grund des Gruppendrucks schlechte Entscheidungen, z.B. sparen sie zu wenig und legen zu wenig Wert auf Bildung. Aber auch die Mittelschicht verhindert mit ihrer Lebensweise, dass sie zur Oberschicht aufsteigt: wer in einer grossen Wohnungen wohnt oder ein Haus baut, Hypothek bezahlen muss und ein tolles Auto fährt, ist z.B. auf seinen Job angewiesen und kann schlecht unternehmerisches Risiko eingehen.