Chinesischer Arbeitsmarkt für Akademiker

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deremifri
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Chinesischer Arbeitsmarkt für Akademiker

Beitrag von deremifri »

Dieser Thread bezieht sich ausdrücklich nicht auf Chancen für ausländische Arbeitnehmer, sondern auf ganz normale chinesische Akademiker in China.

Es ist ja häufig zu lesen, dass es vielen Akademikern in China zunehmend schwerer fällt, eine Stelle zu finden, die ihre Erwartungen erfüllt. Deswegen leben viele von ihnen mit Zimmergenossen auf engstem Raum und nehmen schlecht bezahlte Jobs an. Dieses Phänomen ist meines Wissens auch als Ant Tribe bekannt (Ameisen haben große Fähigkeiten und leben eng miteinander).
Woran liegt das? Bisher war die häufigste Antwort, die ich in China gehört habe, dass China zu viele Menschen hat. Ich bin immer wieder überrascht, wie die Leute dieses Argument selbst ernst nehmen können. Wenn es mehr Menschen in einem Land gibt, gibt es doch automatisch auch mehr Nachfrage nach bestimmten Gütern, also auch Nachfrage nach Arbeitskräften.
Die entscheidende Frage, die ich mir nicht beantworten kann ist, warum ist das Angebot an Arbeitskräften größer als die Nachfrage? Liegt das an der traditionellen Bildungsverherrlichung in China, dass also Leute blind daran glauben, dass ein Universitätsabschluss ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt automatisch erhöht?
Oder liegt es am Stand der chinesischen Wirtschaft? Dass also mehr Fabrikarbeiter gebraucht werden als Ingenieure? Auch habe ich einmal gehört, dass Unis in China die Leute einfach nicht gut genug bis gar nicht auf praktische Tätigkeiten vorbereiten, da für Tests auswendig lernen eine in der freien Wirtschaft eher mäßig nachgefragte Fähigkeit ist.
Und warum reduziert die KP nicht einfach die Anzahl an neuen Studenten?
Würde mich wirklich mal interessieren, was ihr dazu denkt.
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Phytagoras
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Re: Chinesischer Arbeitsmarkt für Akademiker

Beitrag von Phytagoras »

Liegt das an der traditionellen Bildungsverherrlichung in China, dass also Leute blind daran glauben, dass ein Universitätsabschluss ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt automatisch erhöht?
Naja. Ein Uni-Abschluss in China ist imo, im Gegensatz zum GaoKao, eher mit einem Abi hier vergleichbar.
Zumal es auch, im Gegensatz zu Deutschland, ziemlich stark drauf ankommt, auf welcher Uni man war, ganz egal, ob der Stoff da wirklich schwer war oder nicht.

Ich kenn Leute, die waren auf der Qinghua und Renmin, sind aber "dumm wie Brot".
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Re: Chinesischer Arbeitsmarkt für Akademiker

Beitrag von Laogai »

deremifri hat geschrieben:Die entscheidende Frage, die ich mir nicht beantworten kann ist, warum ist das Angebot an Arbeitskräften größer als die Nachfrage?
Das habe ich auch nie begriffen :shock: :?
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Re: Chinesischer Arbeitsmarkt für Akademiker

Beitrag von Kristobalito »

Hallo deremifri,

was genau meinst Du denn mit "Akademiker" - jeden mit irgend einer Art Uniabschluss, oder Leute die eine akademische Laufbahn (Lehr-/Forschungsstellen) anstreben?

Aus der persönlichen Erfahrung rund um Shanghai würde ich im Bezug auf Erstes sagen:

- Phytagoras hat absolut Recht: die Abschlüsse sind sehr unterschiedlich zu bewerten. Viele frische 'Uni'-Abgaenger die ich so kennengelernt habe bringen nicht viel mehr mit als hohe Gehaltsvorstellungen und mehr Interesse am Handy zu spielen als sich auf der Arbeit wirklich einzusetzen.
- Es kommt darauf an 'wo' genau sie sich bewerben. Ich denke in manchen Metropolen wie Shanghai gibt es wirklich einfach sehr viel Wettbewerb für offene Stellen, aber wenn man auch nur in die nächst kleineren Städte in der Umgebung geht ist dies schon viel weniger der Fall (Ningbo, Suzhou, Hangzhou). In den meisten kleinen Industriestädten (unter 1 mil) wollen diese jungen Menschen ja gar nicht leben - dort ist gibt es für Arbeitgeber manchmal gar nicht so einfach ausgebildete Leute zu finden.
- Das Zusammenwohnen das Du beschrieben hast macht in Shanghai auch am meisten Sinn, da dort die Mietpreise im Vergleich zu Einstiegsgehaeltern wirklich sehr hoch sind.

Insgesamt denke ich nicht das in China noch ein "Überangebot" an Arbeitskräften besteht. Die Gehälter wachsen in den meisten Grossstaedten jedes Jahr um 7-14%. Das würde sicher nicht passieren, wenn es eine Flut von wirklich qualifizierten Arbeitskräften gaebe...
... Kristobalito
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