Hilfe, mein Garten ist 'ne Autobahn!

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Sepp
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Hilfe, mein Garten ist 'ne Autobahn!

Beitrag von Sepp »

SO BAUEN CHINAS BETONKÖPFE - Hilfe, mein Garten ist 'ne Autobahn!

Und für die nicht BILD-Leser :) hier noch im Original von China Daily.

Obwohl man sich die Gedanken der Bildredaktion zum Thema nicht entgehen lassen sollte.
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Laogai
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Re: Hilfe, mein Garten ist 'ne Autobahn!

Beitrag von Laogai »

Was die Betonköpfe (Zitat Bild: "Hier sind wahre Betonköpfe am Werk") auch machen, sie machen es falsch :(

Bisher wurde immer in der Presse (die bei uns hier) gescholten, dass bei chinesischen Bauprojekten die Bevölkerung weder gefragt noch entschädigt wird (entsprechende Artikel liefere ich gerne auf Anfrage nach). Da wurde kurzerhand vertrieben, die ganz Unwilligen verprügelt und/oder in den Bau gesteckt. Und die ganz ganz Unwilligen ins Jenseits befördert. Das war China gestern.

Aber plötzlich ist alles ganz anders. Da wird plötzlich nicht nur entschädigt, sondern es wird auch Rücksicht genommen, wenn eine Entschädigung nicht gezahlt werden kann! Vergessen wir also ganz schnell wieder die Meldungen von gestern und machen eine neue Negativmeldung von heute: "So bauen Chinas Betonköpfe". Das ist China heute.

PS: In dem Fall glaube ich weder der China Daily noch der Bild so ganz :wink:
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Sepp
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Re: Hilfe, mein Garten ist 'ne Autobahn!

Beitrag von Sepp »

Auch die anderen berufen sich auf China Daily. Die BILD hat halt mal wieder im typischen BILD-Stil berichtet. Wenn der Artikel diesen Aufhänger
laogai hat geschrieben:Da wird plötzlich nicht nur entschädigt, sondern es wird auch Rücksicht genommen, wenn eine Entschädigung nicht gezahlt werden kann!
gehabt hätte, würde ihn keine Sau lesen.
laogai hat geschrieben:PS: In dem Fall glaube ich weder der China Daily noch der Bild so ganz :wink:
Was glaubst du nicht so ganz? Die ganze Story oder nur Teile der Berichte?
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Re: Hilfe, mein Garten ist 'ne Autobahn!

Beitrag von Bauer »

Das ist leider bittere Wahrheit und passiert nicht selten. Es war in Beijing auch so ein Fall, erst nach 8 Jahren wurde das Inselhaus im Jahr 2011 abgerissen. siehe:
http://dzh.mop.com/whbm/20111216/0/377g ... baFz.shtml

Der Fall hier ist in Wenling der Provinz Zhejiang, der Besitzer sollte das Haus mit 600,000 RMB gebaut haben, bekäme nur 260,000 RMB Entschädigung.
http://news.cnwest.com/content/2012-11/ ... 729527.htm

Siehe auch:
http://www.n-tv.de/panorama/Ein-Haus-wi ... 33506.html
Suedchina
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Re: Hilfe, mein Garten ist 'ne Autobahn!

Beitrag von Suedchina »

Da kann man sehen wie weit die Demokratie in China fortgeschritten ist. Es wird nicht einfach enteignet und die Bürger mit der Polizei vor die Tür gesetzt. Sie können ihr Eigentum behalten und weiter dadrin wohnen bis sie beim überqueren der Fahrbahn überfahren werden. Jedenfalls haben sie einen ordentlichen Parkplatz an der Seite vom Haus.
Finde ich gut das die Regierung nicht jeden Mondpreis zahlt was sich die Bürger vorstellen .
Die Idee könnte von mir sein allerdings würde ich den Bewohnern noch eine Mauer ums Haus spendieren mit einem Eingang von 75 cm an der Seite vom Haus.Damit sie nicht gleich am ersten Tag überfahren werden.
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Phytagoras
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Re: Hilfe, mein Garten ist 'ne Autobahn!

Beitrag von Phytagoras »

Dafür dass das Haus angeblich 2001 erst gebaut wurde, sieht es richtig hässlich und verkommen aus.

Die Frage ist halt, ob es wirklich stimmt, dass der Hausbau 600.000RMB gekostet hat, die Regierung aber 260.000 nur geben will. Ist ja auch nur die Aussage vom Besitzer des Hauses. Ich will nicht sagen, dass er lügt, aber es könnte genauso sein, dass er einfach nur noch mehr Kohle rausschlagen will.

Die Cousine meiner Freundin samt ihrer Familie hat ebenfalls gewartet, als sie umsiedeln sollten und am Ende bekamen sie eigentlich recht viel Kohle und konnten in eine weitaus bessere Wohnung in BJ mit dem Geld ziehen.
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Re: Hilfe, mein Garten ist 'ne Autobahn!

Beitrag von Aremonus »

Da kann man sehen wie weit die Demokratie in China fortgeschritten ist
Dies ist eher eine rechtsstaatliche als eine politische Frage. Meiner Meinung nach sind derartige Vorfälle traurige Zeugnisse der Qualität des chinesischen Justizsystems, welches nicht nur wegen der Baubranche dringend reformiert werden sollte.

In China gehört grundsätzlich das ganze Land dem Staat und es werden nur Baurechte für bestimmte Zeiträume vergeben. HIer muss man sich fragen, warum es nicht möglich ist, die Baurechtsvergaben so auszugestalten, dass man auch noch genügend öffentlichen Grund zwischen den Bauplätzen hat, um eine vernünftige Infrastruktur zu errichten. Zu nächst einmal ist also im vorliegenden Fall dem zuständigen Planungsbüro ein grober Fehler unterlaufen, der die ganze Geschichte unnötig mühsam macht. Aber wo Menschen arbeiten passieren Fehler und jetzt muss eben das Land enteignet werden - womit wir bei der juristischen Problematik sind.
Die Frage ist halt, ob es wirklich stimmt, dass der Hausbau 600.000RMB gekostet hat, die Regierung aber 260.000 nur geben will.
Ich glaube dem Besitzer schon, dass dies der Baupreis war. Oft wird, wenn man weiss, dass man bald enteignet wird, noch einmal kräftig investiert, um die Wohnfläche zu vergrössern - sodass man nacher mehr Entschädigungszahlungen erhält. Nur blöd, dass die Regierung dieses Spiel seit 2010 nicht mehr mitspielen möchte :mrgreen:
Mir sind da bereits ähnliche Fälle mit derselben Schlaumeierei im Bekanntenkreis zu Ohren gekommen...

Gegeben der heutigen Immobilienpreise in China halte ich eine Entschädigung von 260.000 Yuan aber für sehr wenig und glaube kaum, dass man sich damit eine neue, ähnlich grosse Wohnung in der Nähe kaufen kann. Daher dürfte hier wiederum ein rechtsstaatliches Problem vorliegen und somit ein Patzen der zuständigen Behörde.

Hätte China eine unabhängige, anständig funktionierende Justiz, könnte der Hausbesitzer ein Verwaltungsverfahren anstrengen und die Situation nach nationalem Recht klären. Entweder würde er dann leer ausgehen (wenn er offensichtlichen Rechtsmissbrauch begannen hat, in dem er das Haus baute, nachdem der Bau der Strasse bereits feststand, um die staatlichen Gelder zu kassieren) oder er würde anständig entschädigt (schadloshaltung auf Grund des Eigentumsschutzes). Und vorallem müssten sowohl der Lokalfunktionär wie auch der entsprechende Bürger einmal offenlegen, was hier wirklich gelaufen ist - und wir armen Chinainteressierten müssten nicht mutmassen, wessen Schuld das nun ist.

Das hauptsächliche systemische Problem liegt also für mich persönlich bei der Rechtsunsicherheit in China und nicht bei der Tatsache, dass man ausnahmsweise mal jemanden enteignet. Enteignungen passieren sogar in Europa, wenn eine Strasse gebaut werden soll - und meist bezahlen die Anstösser sogar noch den Bau der Strasse! Aber da wir hier das Land selber besitzen, ist das umliegende Land nacher viel mehr Wert und alle profitieren.
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Re: Hilfe, mein Garten ist 'ne Autobahn!

Beitrag von Luntan »

Und weg ist das Haus da es im Weg war.

http://www.scmp.com/news/china/article/ ... cepts-deal
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Re: Hilfe, mein Garten ist 'ne Autobahn!

Beitrag von sanctus »

Ja...und weg ist es!

Schade, bin dort selber schon ein paar Mal daran vorbei gefahren, da meine Frau in dieser Stadt dort urspruenglich mal beheimatet war.
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Re: Hilfe, mein Garten ist 'ne Autobahn!

Beitrag von Suedchina »

Versucht Euch mal in Deutschland gegen Interessen vom Staat zu wehren.
Wenn öffentliches Interesse besteht bist Du nicht besser dran wie der Chinese hier.
Guckt Euch doch mal beim Tagebau um egal ob Ostdeutschland oder NRW.
Allerdings könnt Ihr in Deutschland den Weg zu Gericht suchen und das ganze ein paar Jahre rauszögern.
Voraussetzung ihr könnt es Euch leisten.
In diesem Fall ist Deutschland nicht besser wie China


http://de.wikipedia.org/wiki/Rheinische ... ohlerevier
http://www.rp-online.de/politik/nrw/jae ... -1.2701029
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Re: Hilfe, mein Garten ist 'ne Autobahn!

Beitrag von da hai »

Aremonus hat geschrieben:[...] wenn er offensichtlichen Rechtsmissbrauch begannen hat, in dem er das Haus baute, nachdem der Bau der Strasse bereits feststand, um die staatlichen Gelder zu kassieren [...]
Oft ist es wohl so, dass die Häuser zwar bereits stehen, dann aber einfach um ein paar Stockwerke erhöht werden, um die Entschädigungssumme zu erhöhen.
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Re: Hilfe, mein Garten ist 'ne Autobahn!

Beitrag von Laogai »

Phytagoras hat geschrieben:Dafür dass das Haus angeblich 2001 erst gebaut wurde, sieht es richtig hässlich und verkommen aus.
Im Forum von OpenStreetMap wird vermutet, dass es sich um einen Teil dieser Gebäude gehandelt hat.
Und ja, viele Neubauten in China sehen nach fünf Jahren aus als hätten sie bereits 50 Jahre auf dem Buckel.
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Re: Hilfe, mein Garten ist 'ne Autobahn!

Beitrag von Aremonus »

Versucht Euch mal in Deutschland gegen Interessen vom Staat zu wehren.
Wenn öffentliches Interesse besteht bist Du nicht besser dran wie der Chinese hier.
Ist das so?

Ich kenne die Situation in Deutschland nicht, aber uns wurde kürzlich in der Schweiz ein Stück Land enteignet - und dabei hatten wir ein sehr ausgeprägtes Mitspracherecht, die verschiedenen Interessensgruppen verhandelten zusammen an einem Tisch und am Ende wurde man für jeden verlorenen Quadratmeter und sogar für jeden einzelnen Baum zu Marktpreisen entschädigt.
Durch das Projekt profitierten am Ende die Regierung, die Enteigneten und die Anstösser aber alle finanziell, konnten sich besser stellen und keiner fühlte sich benachteiligt. Das Einzige, worüber alle klagten, waren die harten Verhandlungen und der Papierberg, der damit einher ging^^

In China hat man da schon weitaus weniger mitsprache Recht, hätte im Falle eines Gerichtsverfahrens kaum eine Chance und es herrscht keinerlei Transparenz. Oft weiss man nicht einmal, ob und wann einem jetzt das Haus abgerissen wird! Das ist für mich schon ein massiver Unterschied...

Wie läuft das denn in Deutschland ab?
Erst wenn der letzte Baum gefällt, der letzte Fluss gestaut und der letzte Fisch gefangen ist, werdet ihr feststellen, dass man Biber nicht essen kann!
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Re: Hilfe, mein Garten ist 'ne Autobahn!

Beitrag von Klaas »

Zahlt man in China keine Steuern auf seinen Immobilienbesitz?
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Re: Hilfe, mein Garten ist 'ne Autobahn!

Beitrag von Aremonus »

Zahlt man in China keine Steuern auf seinen Immobilienbesitz?
Das ist örtlich abhängig. In gewissen Grossstädten seit Kurzem schon, doch - aber bei Weitem nicht in allen.
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