Ai Weiwei bloggt wieder

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Richi_Will
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Ai Weiwei bloggt wieder

Beitrag von Richi_Will »

Laut Doppelpod:

http://www.doppelpod.com/?p=2184&lang=de

twittert Ai Weiwei wieder unter dem Pseudonym Aihuzi. Ist das glaubwuerdig?
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Laogai
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Re: Ai Weiwei bloggt wieder

Beitrag von Laogai »

Richi_Will hat geschrieben:Laut Doppelpod:
http://www.doppelpod.com/?p=2184&lang=de
twittert Ai Weiwei wieder unter dem Pseudonym Aihuzi. Ist das glaubwuerdig?
Sehr glaubwürdig sogar, denn bei Doppelpod heißt es schließlich "Die Inhalte der Tweets sind allerdings oft ziemlich banal" :evil: :twisted:
Was ist besonders daran, wenn sich ein selbstgefälliger Aktionist (manche nennen ihn auch "Künstler") der Welt mitteilen möchte?

PS: 老虎没有胡子 :P
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Re: Ai Weiwei bloggt wieder

Beitrag von Richi_Will »

Vollkommen richtig. Tiger haben keinen Bart und Dissidenten versuchen normalerweise, das Volk fuer ihre Ideen zu gewinnen, anstatt unbedingt den Liebling der westlichen Kuratoren und Weltverbesserer geben zu wollen. :)
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Luntan
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Re: Ai Weiwei bloggt wieder

Beitrag von Luntan »

Wenn man den “Doppelpod“ Artikel liest kann man sich nur wundern wie naiv die Leute sind…

Da hatte die Staatssicherheit Monate Zeit alle möglichen Ueberwachungsgeräte in und um diese Wohnung zu montieren und jetzt soll er heimlich und unerkannt twittern. Die Stasi kennt nicht nur die Anzahl der Nacktfotos die der von sich selber jeden Tag macht sondern hat auch jeden Furz nach Stärke und Dauer aufgelistet :lol:

Und wenn es möglich ist mit einem einfachen Internetkonverter einen Text zu entschlüsseln ist es wohl für die Stasi kein Problem den Text innert Minuten mitzulesen. Wenn es dann lästig wird kann das abgestellt werden, so wie beim letzten Mal. Ein Weibo-Account kann übrigens auch jederzeit von der Stasi manipuliert oder ganz übernommen werden.

Bis dahin ist er aber ein nützlicher “informeller“ Mitarbeiter der gewisse Leute anzieht wie ein Kuhfladen die Fliegen. Die Stasi hat dann wieder die Kontaktdaten von ein paar zusätzlichen Leuten denen sie das Leben schwer machen kann. Für Ausländer die sich da als “Fans“ eintragen kann es bei der nächsten Visaverlängerung “Administrative Schwierigkeiten“ geben :shock:
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Re: Ai Weiwei bloggt wieder

Beitrag von blur »

Wieso gilt dieser Herr hier offensichtlich als Hassfigur?
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Re: Ai Weiwei bloggt wieder

Beitrag von Laogai »

blur hat geschrieben:Wieso gilt dieser Herr hier offensichtlich als Hassfigur?
Hmm, für mich ist er keine "Hassfigur" sondern das, als was ich ihn in meinem ersten Posting hier im Thread bezeichnet habe. Das gilt übrigens auch für die meisten Chinesen.
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Re: Ai Weiwei bloggt wieder

Beitrag von Aremonus »

Was ist besonders daran, wenn sich ein selbstgefälliger Aktionist (manche nennen ihn auch "Künstler") der Welt mitteilen möchte?
Ich habe mich ein wenig eingehender mit diesem Herren beschäftigt und bin zum Schluss gekommen, dass er ein durchaus brillianter und intelligenter Künstler ist - ob man jetzt die chinesische mag oder nicht.
Natürlich macht er auch politische Kunst und kritisiert die Regierung. Und er macht auch provokative Kunst, welche ich auch nicht immer für geschmackvoll halte. Aber viele seiner Kunstwerke sind auch sehr gesellschaftskritisch und zeigen die perverse Ungerechtigkeit in unserer Welt auf.

Mein Lieblingsbeispiel hierfür sind die 100 Millionen Sonnenblumenkerne: Ai Weiwei stellte hunderte von armen Leuten in China an, um Millionen von tönernen Sonnenblumenkerne zu formen, zu brennen und so zu bemalen, dass sie wie echte Sonnenblumenkerne aussehen. Die Kerne wurden dann in London ausgestellt, wo die Leute im Westen kurz mit ihnen spielten und dann weiter gingen.
Das zeigt, wie wenig Arbeit wert ist und wie viel auch heute noch die Herkunft ausmacht. Wer im Westen geboren wird, hat automatisch Zugang zu einem unglaublich reichhaltigen Angebot von Produkten, welches von armen Leuten gefertigt wird, nur damit sie nicht verhungern. Wie moderne Sklaverei.
Wer im Westen nicht arbeitet, verhungert nicht etwa, sondern kann dank überissenen Sozialgeldern im Luxus weiterleben - und gilt dann im Westen sogar noch als "arm" und "bemitleidenswert". Kommt aber ein Mensch aus einem Drittweltland und möchte nur schon im Westen leben und arbeiten, leidet er unter dem Stigma des Wirtschaftsflüchtlings, der hochwohlgeborenen Westlern ihre Stelle wegnimmt.

Meines Erachtens darf Kunst auch provokativ sein und muss nicht immer mit der Parteilinie übereinstimmen. Denn am Ende hat jeder Mensch das Bedürnfis nach und somit auch das Recht für Selbstverwirklichung - und nicht nur Parteimitglieder.
Erst wenn der letzte Baum gefällt, der letzte Fluss gestaut und der letzte Fisch gefangen ist, werdet ihr feststellen, dass man Biber nicht essen kann!
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Beuys blogt zumGlücknicht

Beitrag von Laogai »

Aremonus hat geschrieben:Ich habe mich ein wenig eingehender mit diesem Herren beschäftigt und bin zum Schluss gekommen, dass er ein durchaus brillianter und intelligenter Künstler ist - ob man jetzt die chinesische mag oder nicht.
Natürlich macht er auch politische Kunst und kritisiert die Regierung. Und er macht auch provokative Kunst, welche ich auch nicht immer für geschmackvoll halte. Aber viele seiner Kunstwerke sind auch sehr gesellschaftskritisch und zeigen die perverse Ungerechtigkeit in unserer Welt auf.
Akzeptiert.
Somit ist Beuys aus chinesischer Sicht ein deutscher Dissident, nicht wahr?
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Re: Ai Weiwei bloggt wieder

Beitrag von Aremonus »

laogai hat geschrieben:Somit ist Beuys aus chinesischer Sicht ein deutscher Dissident, nicht wahr?
Sorry, den kenne ich jetzt nicht. Wenn er aber das vorherrschende politische System kritisiert und statt der derzeitigen indirekten Demokratie in Deutschland entweder direkte Demokratie oder aber eine autokratische Regierung fordert, kann man ihn, nicht nur aus chinesischer Sicht, durchaus als Dissidenten betrachten.

In Deutschland gibt es, wie z.B. Stuttgart 21 gezeigt hat, zahlreiche Dissidenten. Die Frage ist stets, wie mit ihnen umgegangen wird - ob man den Dialog sucht oder sie ins Gefängnis steckt.
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Beuys blogt nimmer

Beitrag von Laogai »

Aremonus hat geschrieben:
laogai hat geschrieben:Somit ist Beuys aus chinesischer Sicht ein deutscher Dissident, nicht wahr?
Sorry, den kenne ich jetzt nicht.
Macht nichts. Der war auch nicht bedeutend.
Aremonus hat geschrieben:Wenn er aber das vorherrschende politische System kritisiert und statt der derzeitigen indirekten Demokratie in Deutschland entweder direkte Demokratie oder aber eine autokratische Regierung fordert, kann man ihn, nicht nur aus chinesischer Sicht, durchaus als Dissidenten betrachten.
Q.E.D.
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Re: Ai Weiwei bloggt wieder

Beitrag von Richi_Will »

Luntan hat geschrieben:Die Stasi kennt nicht nur die Anzahl der Nacktfotos die der von sich selber jeden Tag macht sondern hat auch jeden Furz nach Stärke und Dauer aufgelistet :lol:
Luntan hat geschrieben: Für Ausländer die sich da als “Fans“ eintragen kann es bei der nächsten Visaverlängerung “Administrative Schwierigkeiten“ geben :shock:
Einige dieser Leute, die sie als naiv bezeichnen, sind nach fuenf Jahren Chinaerfahrung, in der alle Themen, die gern als sensibel bezeichnet werden, ruhig und sachlich angesprochen wurden, ohne das irgendetwas passiert ist, der Ueberzeugung, dass die deutsche Vorstellung vom chinesischen Ueberwachungsstaat meist sehr stark an der eigenen Erfahrung mit totalitaeren staatlichen Institutionen ausgerichtet ist.

Vergessen Sie nicht: "Das Leben der anderen" ist ein Film ueber Deutschland. Wenn sie das Leben der anderen (in diesem Fall der Chinesesen) verstehen wollen, versuchen Sie, den autoritaeren Staat nicht immer nur als Kopie des deutschen Totalitarismus zu deuten, sondern die sichtbaren Vorgaenge zu interpretieren. Das ist etwa aus der Mode gekommen, ich weiss.

Stasi-Gespenster an wirklich jeder Ecke zu sehen, ist eine deutsche Phobie. Ich kann es auch verstehen, dass es so ist. Die Realitaet sieht sicher anders aus.

Haben Sie schon einmal chinesische Behoerden von innen gesehen? Die waeren zu einer effizienten Ueberwachung ganzer Volksgruppen hoechst wahrscheinlich nicht einmal in der Lage, auch wenn sie sich noch so sehr anstrengen. :D

Aber wenn es Visaprobleme gibt, weil man Follower von Ai Weiweis Weibo-Account ist, sage ich rechtzeitig Bescheid. (Und dann mache eine große Geschichte daraus, lasse mich rauswerfen und verkaufe das an den Spiegel, haha)





Es geht mehr, als Sie glauben. Und wenn die
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Re: Ai Weiwei bloggt wieder

Beitrag von Aremonus »

Die waeren zu einer effizienten Ueberwachung ganzer Volksgruppen hoechst wahrscheinlich nicht einmal in der Lage, auch wenn sie sich noch so sehr anstrengen. :D
Das ist einfach nur falsch. China ist einer der grössten Kunden von CISCO Microsystems weltweit und importiert alleine aus den USA massiv Geräte zur Überwachung von Telefongesprächen und Internetverhalten. Zudem sind hunderttausende Leute in China allein mit der Auswertung der Daten beschäftigt. Aber in Europa sind wir ja auch nicht frei diesbezüglich - internationale telefongespräche und Emails werden auch hierzulande nach verdächtigen Wörtern gefiltert. Nur haben die USA "nur" 60.000 Leute, die sich damit befassen, und kleine Länder wie die Schweiz müssen mit Teams von ein paar Dutzend Leuten auskommen.

In China existiert zu jedem einzelnen Bürger eine Datenbank, die den etwas höherrangigen Polizeibeamten zugänglich ist. Anhand der ID-Card Nummer weiss der chinessiche Staat jederzeit, in welchem Hotel man abgestiegen ist, was man sich im Internet oder auf der Strasse hat zu Schulden kommen lassen, was man so einkauft (und mit Karte bezahlt), wie hoch die Schulden sind, in welche Internetcaffees man geht und viele weitere Details. Im Gegensatz zu Europa werden diese Daten hier auf Vorrat gespeichert und nicht erst dann aufgezeichnet, wenn ein Strafverfahren läuft - und sind extrem einfach zugänglich.

Eine chinesische Freundin von mir musste das am eigenen Leib erfahren. Ihr Exfreund arbeitet bei der Polizei und stalkt sie über das Überwachungssystem schamlos - wenn sie in "seiner" Stadt ist, kann er sie sogar mit den Kameras verfolgen. Sobald sie mit irgendeinem Jungen unterwegs ist (und wenn es auch nur ihr Chef ist) fährt er hin und macht ein Drama oder ruft sie zumindest an...

Meines Erachtens ist so ein Überwachungsstaat hocheffektiv - die Effizienz folgt durch die tiefen Löhne.
Erst wenn der letzte Baum gefällt, der letzte Fluss gestaut und der letzte Fisch gefangen ist, werdet ihr feststellen, dass man Biber nicht essen kann!
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Re: Ai Weiwei bloggt wieder

Beitrag von Richi_Will »

Reine Ueberwachung bringt nicht viel. Man muesste es ja auch auswerten koennen. Ich will nicht bestreiten, dass in China staatliche Institutionen Zugriff auf saemtliche Kommunikationsdaten haben. Die Frage ist nur, ob die damit auch was anfangen koennen. Und bei den meisten Diskussionen, die Kritik am System betreffen, kennen die Zensoren ja nicht einmal den offiziellen Standpunkt.

Wenn man sich allerdings in China offen den Regimewechsel fordert, gibt es Aerger. In Deutschland uebrigens auch. Wer Kommunismus statt Demokratie fuer Deutschland fordert und noch dazu von kommunistischen Laendern Geld bekommt, wird vom Verfassungsschutz beobachtet. Mit Sicherheit.
Xian
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Re: Ai Weiwei bloggt wieder

Beitrag von Xian »

Richi_Will hat geschrieben: Wenn man sich allerdings in China offen den Regimewechsel fordert, gibt es Aerger. In Deutschland uebrigens auch. Wer Kommunismus statt Demokratie fuer Deutschland fordert und noch dazu von kommunistischen Laendern Geld bekommt, wird vom Verfassungsschutz beobachtet. Mit Sicherheit.
Mit dem kleinen Unterschied, das diese in Deutschland weder im Arbeitslager landen, noch im Gefängnis, noch das sie mit Folter und anderen Problemchen rechnen müssen.
Das ein Staat sich gegen sein verscheiden wehrt ist verständlich, es kommt aber auf die Methoden an. Ich stelle es dann in Frage ob man beide wirklich miteinander vergleichen kann, da der eine mit verständlichen Mitteln regagiert und der andere im Bezug zur Situation mit oft schwer verständlichen Mitteln reagiert.


Liebe Grüße,
Xian
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Re: Ai Weiwei bloggt wieder

Beitrag von Richi_Will »

Ich denke, dass auch in Deutschland auf Hochverrat Gefaengnis steht. In Bezug auf Folter ist die Situation in Deutschland insgesamt besser. Aber ob auch im Falle ernsthafter Bedrohung der deutsche Staat nicht den amerikanischen Waterboarding-Weg geht, bleibt abzuwarten. Ich sehe aber eine aehnliche Tendenz, die aus dem Gefuehl der Bedrohung erwaechst.
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