Existenzangst von Chinesen

Allgemeine Fragen und Erfahrungsaustausch rund um China - Kultur - Geschichte usw.
Antares
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Existenzangst von Chinesen

Beitrag von Antares »

Hallo liebe Chinainteressierten,

ich bin jetzt schon gut über ein Jahr mit meiner chinesischen Freundin zusammen und wir planen in ein bis zwei Jahren nach Shanghai zu ziehen. In der gemeinsamen Zeit ist mir relativ Häufig eine sehr tief sitzende Existenzangst aufgefallen. Sie sorgt sich extem darum, dass wir nicht genug Geld für alles mögliche im Leben haben werden. Alles sei sehr teuer: Wohnung, gute Schule, Geschenke, etc... Jedoch haben wir beide gerade eine Promotion im IT-Bereich abgeschlossen haben, also sollte es in Zukunft nicht gerade an Geld mangeln. Ich meine, es gibt doch auch 1 Mrd andere Chinesen die mit deutlich weniger Geld über die Runden kommen. Trotzdem lässt sie sich nur schwer von meiner Gelassenheit überzeugen.

Hat jemand eine Idee, woran das liegen könnte? Oder ist das eher eine Eigenschaft von Frauen im Allgemeinen und hängt weniger mit China zusammen?
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Phytagoras
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Re: Existenzangst von Chinesen

Beitrag von Phytagoras »

Es liegt doch an eurem Lebensstil, wie viel Geld ihr am Ende ausgeben wollt.

Lebt ihr in ner 50 oder 100m² Wohnung?
Braucht sie alle paar Monate ne neue Hermes Tasche oder nicht?
Muss man nen Audi in China kaufen oder reicht auch nen günstigerer VW Polo?

Zumal ich mittlerweile aber auch behaupten würde, dass China in manchen Bereichen weitaus teurer als Deutschland mittlerweile ist. Vergleich mal die Preise eines Watsons mit dem eines Rossman oder DM für minderwertigere Produkte?
Oder der Walmart in China mit einem Kaufland/Kaufpark/REWE in Deutschland?
Aber wie gesagt. Da kommt es auf den Lebensstil an. Wenn ich jeden Tag im chin. Markt einkaufe, ist es weiterhin günstig. Wenn ich jedoch viele Drogerieartikel nutze, in den Supermarkt "wie in Deutschland" gehe etc. ist es teuer.

Und noch etwas. Ne Promotion in China zählt leider nicht viel. Ich kenn Leute, die waren in Beijing die Besten ihrer Uni (Qinghua), hatten aber kein Guanxi. Haben jetzt den selben Job, den die mitm Bachelor haben. Viele Akademiker in China machen im Endeffekt das, was Leute, die hier in Deutschland eine Ausbildung machen. Der Konkurenzdruck ist einfach zu groß, so dass man ohne Guanxi/Beziehungen in China selbst mit nem Master nur seine 6000/7000RMB im Monat verdient als Berufsstarter. Und das ist imo viel zu wenig heutzutage.
DanielClaton
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Re: Existenzangst von Chinesen

Beitrag von DanielClaton »

Hallo,

über Frauen im Allgemeinen kann ich Dir nicht viel sagen, aber meine chinesische Freundin ist da genau so:

"How can we survive?" ist ihre Lieblingsphrase. Ich bin gerade dabei, meine Lehramtsausbildung abzuschließen und kann daher nicht sagen, wo ich unterkomme. Genauso wie bei Dir ist es aber auch ziemlich sicher, dass ich wo unterkomme und dann schon gut Geld mit nach Hause bringe. Sie ist auch nicht dämlich, also wird sich schon was finden.

Vielleicht ist es eher der Wunsch, wirklich für alles schon einen Plan zu haben und genau alles vorhergeplant zu bekommen? Das geht halt so eigentlich nicht. Und klar, es gibt viele Chinesen, die deutlich schlechter gestellt sind, gut über die Runden kommen und zumindest im Dorf meiner Freundin und Umgebung gut gelaunt sind und es so nehmen wie es halt ist.

Andersherum scheint sich bei ihr im Bekanntenkreis (oder in China allgemein?) der Gedanke zu halten:
Bist Du nicht reich, bist Du arm.

Meine Familie hat hier in D ein schönes Einfamilienhaus mit einem schönen Garten in einem netten Vorort. Das reicht uns und wir sind glücklich damit. Ihre Verwandten würden wohl glaube, wir seien arm.

Und was andere glauben, ist natürlich auch ganz ganz wichtig. Ich habe eine BahnCard 100, fahre aber auch längere Strecken (bis ca. 40 km) sehr gerne mit dem Fahrrad, weil es mir halt Spaß macht oder weil ichs halt kann und die Kondition habe. In China würde da woh gleich getuschelt werden: "Der ist ja arm, wenn er sich kein Auto leistet oder ne Fahrt mit dem Bus..."

Andererseits dieses "dumme" Statusdenken. Sie: Wir brauchen ein Auto, sonst sagen die Leute wir sind arm.

Ich: Es gibt doch ÖPNV, ÖPFV und Fahrräder. Du hast keinen Führerschein und ich fahre nicht gerne Auto. Und die Umwelt verschmutzt es auch. (Da war sie dann still, sie steht ziemlich auf Umweltschutz)

Manche Leute haben schon gemeint, so sehr unterscheidet sich die Mentalität nicht von Westdeutschland in den 50er Jahren.
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Re: Existenzangst von Chinesen

Beitrag von jackie_chan »

Das mit der Autokauflust der Chinesen aufgrund der besseren finanziellen Situation wird noch ziemlich in die Hose gehen. Die Stadtautobahnen sind jetzt schon ständig dicht und die Luft wird durch den steigenden Verkehr noch schlechter werden.
*Off Topic beendet*

Ich neige selbst dazu, mir oft zu viele Sorgen um die Zukunft zu machen. Der Spruch meiner Oma "kommt Zeit, kommt Rat" oder "sorg dich nicht zu sehr um die ungelegten Eier" (natürlich im entsprechenden schwäbischen Dialekt, den ich hier besser nicht zum Besten gebe um Canni nicht aus der Reserve zu locken :mrgreen: ) räumt meinen Kopf dann immer etwas auf.
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Re: Existenzangst von Chinesen

Beitrag von Antares »

Erstmal danke für die Rückmeldung, ist irgendwie immer toll Eindrücke von anderen zu erhalten!

Ich persönlich habe eigentlich nicht so die hohen Anforderungen. Daher mache ich mir auch relative wenig sorgen ums Geld. Interessant zu hören, dass Promotion alleine nicht viel hilft in China - da bin ich mal gespannt was ich damit anfangen kann :)

Wahrscheinlich wünscht sie sich Planungssicherheit. Das würde auch zu anderen Sachen passen wie "wir müssen unbedingt eine Wohnung kaufen, mieten geht gar nicht" oder der Vorstellung seinen Job bis zum Lebensende zu haben.
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Re: Existenzangst von Chinesen

Beitrag von GigiPineapple »

Das mit dem Mieten ist so ne Sache. Hier treffen bei China und Deutschland ja zwei Extreme aufeinander: Weniger als die Hälfte aller deutschen Haushalte verfügt über Wohneigentum, was das Wohnen zur Miete zu einer ganz normalen Sache macht. In China hingegen soll vor allem Planungssicherheit für die Zukunft vorherrschen, d.h. Eigentumswohnung muss her, am besten gleich bei der Hochzeit.

Das wäre in deutschen Augen natürlich auch oft optimal, wenn zur Trauung schon das neue Eigenheim steht. Aber die Toleranz dafür, dass eben erst einmal zur Miete gewohnt werden muss, bis man sich niederlässt, ist schon deutlich größer als in China.

Das mit dem Auto halte ich häufig für Protz und Reichtum zur Schau stellen. Aber ob wir uns da nicht nur was vormachen? Gerade in einem Land wie Deutschland mit der riesigen Zahl an Autoliebhabern. Auch hier sieht man junge Leute, die Unsummen für nen 3er BMW oder nen A3 hinblättern, die sie sich kaum leisten können, nur weil man "sicher nicht in nen Kia steigt".
Etwas stutzig in China macht mich nur, dass alles neu sein muss. Gebrauchtwagenkauf ist in Deutschland das normalste auf der Welt. In China wirst du oft schon schief angeschaut, wenn du nur darüber nachdenkst.

Alles meine persönliche Erfahrungen, gibt aber auch Studien dazu (Gibson "Intercultural Business Communication"), die das Thema aufgreifen.
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I cook with wine, sometimes I even add it to the food.

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Re: Existenzangst von Chinesen

Beitrag von Phytagoras »

Etwas stutzig in China macht mich nur, dass alles neu sein muss. Gebrauchtwagenkauf ist in Deutschland das normalste auf der Welt. In China wirst du oft schon schief angeschaut, wenn du nur darüber nachdenkst.
Das liegt aber eher daran, dass du in China keine juristischen Möglichkeiten hast (bzw. du hast die schon, aber nutzt nix), wenn was am Auto wirklich kaputt ist/was verschwiegen wurde.
Wenn mir hier jemand ein Auto verkauft, die Bremsbeläge aber so abgefahren sind, dass man damit nicht mehr fahren kann, hab ich juristische Mittel, die ich nutzen kann. Und deswegen wird so etwas in Deutschland nicht so oft verschwiegen.

In China hingegen kann es sein, dass du ein Second Hand Car kaufst, das von außen wirklich gut aussieht, das gesamte Innere hingegen ein Polo ist und nicht der Audi, den du eigentlich gekauft hast. Und die Polizei schert sowas nicht wirklich.
Daher kaufen viele Chinesen kein Auto Second-Hand.

Zumal in Deutschland kauft man sich halt dann eher nen gebrauchten A3 in gutem Zustand für 5000-7000€, während in China selbst der A3 als Neuwagen ggf. sogar doppelt soviel kostet wie in Deutschland.
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Re: Existenzangst von Chinesen

Beitrag von jackie_chan »

Die Deutschen kaufen genauso gerne Autos wie die Chinesen. Gott sei Dank gibt es in DE aber nicht so viele Menschen wie in China..
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Sugoi
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Re: Existenzangst von Chinesen

Beitrag von Sugoi »

Antares hat geschrieben: Hat jemand eine Idee, woran das liegen könnte? Oder ist das eher eine Eigenschaft von Frauen im Allgemeinen und hängt weniger mit China zusammen?
Ich würde sagen, dass das u. a. daran liegt, dass der chinesische Staat längst nicht so sozial und human ist wie z. B. der Deutsche.

In Deutschland ist man diebezüglich ja vergleichsweise "verwöhnt", für alles Mögliche kann man Unterstützung vom Staat beantragen, so dass man dann natürlich entspannter eingestellt ist, wenn man das im Hinterkopf hat und bisher so gewohnt (gewesen) ist.
GigiPineapple hat geschrieben: Das mit dem Auto halte ich häufig für Protz und Reichtum zur Schau stellen. Aber ob wir uns da nicht nur was vormachen? Gerade in einem Land wie Deutschland mit der riesigen Zahl an Autoliebhabern. Auch hier sieht man junge Leute, die Unsummen für nen 3er BMW oder nen A3 hinblättern, die sie sich kaum leisten können, nur weil man "sicher nicht in nen Kia steigt".
Solche oberflächlichen Leute mit "verkorksten Prioritäen" gibt's natürlich überall. Aber gerade in der chinesischen Kultur ist dieses Gehabe mit Statussymbolen, usw. im Allgemeinen extrem stark ausgeprägt.
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Re: Existenzangst von Chinesen

Beitrag von rundherum »

edoch haben wir beide gerade eine Promotion im IT-Bereich abgeschlossen haben, also sollte es in Zukunft nicht gerade an Geld mangeln.
Das heisst du bist ganz unten in der Hierarchie und hast wohl keine Chance, Führungsverantwortung zu übernehmen und damit erstmal einen anständigen Lohn zu verdienen.
Wie gut ist zudem dein Chinesisch? Wie lange wird es dauern, bis du ein Team von Chinesen führen kannst?
Sorry aber die Bedenken Deiner Frau sind durchaus berechtigt.
Arbeite erstmal ein paar Jahre in Deutschland, bis du einen Manager-Posten hast. In der Zeit kannst Du auch gut etwas ansparen, damit ihr euch nacher eine schöne Bleibe in China leisten könnt.

Danach kannst du eventuell als Expat nach China gehen und verdienst einen Lohn, von dem ihr auch anständig leben könnt.
Alles andere musst du als Sabatical betrachten - ein gutes Leben, geschweige denn ein Vermögensaufbau oder eine Familiengründung - ist mit dem Lohn, den ihr verdienen würdet, sehr schwer zu erreichen.

Das Gros der chinesischen Bevölkerung führt ein brutal hartes Leben und kann Schicksalschläge kaum verkraften. Begebe dich bitte nicht in deren Situation, wenn du es dir nicht leisten kannst.
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Re: Existenzangst von Chinesen

Beitrag von Phytagoras »

rundherum hat geschrieben:
edoch haben wir beide gerade eine Promotion im IT-Bereich abgeschlossen haben, also sollte es in Zukunft nicht gerade an Geld mangeln.
Das heisst du bist ganz unten in der Hierarchie und hast wohl keine Chance, Führungsverantwortung zu übernehmen und damit erstmal einen anständigen Lohn zu verdienen.
Wie gut ist zudem dein Chinesisch? Wie lange wird es dauern, bis du ein Team von Chinesen führen kannst?
Sorry aber die Bedenken Deiner Frau sind durchaus berechtigt.
Arbeite erstmal ein paar Jahre in Deutschland, bis du einen Manager-Posten hast. In der Zeit kannst Du auch gut etwas ansparen, damit ihr euch nacher eine schöne Bleibe in China leisten könnt.

Danach kannst du eventuell als Expat nach China gehen und verdienst einen Lohn, von dem ihr auch anständig leben könnt.
Alles andere musst du als Sabatical betrachten - ein gutes Leben, geschweige denn ein Vermögensaufbau oder eine Familiengründung - ist mit dem Lohn, den ihr verdienen würdet, sehr schwer zu erreichen.

Das Gros der chinesischen Bevölkerung führt ein brutal hartes Leben und kann Schicksalschläge kaum verkraften. Begebe dich bitte nicht in deren Situation, wenn du es dir nicht leisten kannst.
So negativ würd ichs nicht sehen. Mit seinem Abschluss würd er eher in China zur niederen Mittelschicht gehören, hat seine Freundin nicht irgendwelche Guanxi.

Ich glaub sogar, dass, wenn er eine gute Sprachschule finden würde, da sogar mehr verdienen würde als in einem Job, den er gelernt hat. Ich hab 1. Staatsexamen in Rechtswissenschaften, hab als Projektmanager in Beijing gearbeitet, hätte aber bei Xindongfang für einen Halbtagsjob fast doppelt so viel verdient. Und ich hab offiziell HSK3 (wahrscheinlich mittlerweile HSK4, wenn ichs machen würde).

Noch ne kleine Anekdote zum "Führen eines Teams von Chinesen": Ich würde da teilweise sogar behaupten, dass, wenn man die chin. Mentalität nicht kennt, es wirklich schwierig ist. Mir kam es teilweise so vor als besaßen einige Chinesen, die in unserem Team waren, keinen gesunden Menschenverstand. Da war es weitaus einfacher mit den anderen Ausländern zusammen zu arbeiten als mit den Chinesen in meiner Firma.
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Re: Existenzangst von Chinesen

Beitrag von kleiner kaiser »

Antares hat geschrieben:In der gemeinsamen Zeit ist mir relativ Häufig eine sehr tief sitzende Existenzangst aufgefallen. Sie sorgt sich extem darum, dass wir nicht genug Geld für alles mögliche im Leben haben werden. Alles sei sehr teuer: Wohnung, gute Schule, Geschenke, etc...
Nun ja, unter "Existenzangst" würde ich mal etwas anderes verstehen als "genug Geld für alles mögliche im Leben" haben zu wollen.
Schlimm finde ich, wenn das von Frauen kommt, die selbst "nix an die Füsse" haben, dann aber alles mögliche und möglichst teuer haben wollen - und das oft, um einfach nur vor anderen angeben zu können.

Da kenne ich hier in Deutschland so einige jüngere Frauen aus China - oft vom Land bzw. aus armen Verhältnissen kommend, dafür aber recht gut aussehend und in der Regel mit einem Deutschen, manchmal auch mit einem gut verdienenden Chinesen verheiratet. Deren völlig selbstverständliches Anspruchsdenken finde ich oft erstaunlich.
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Re: Existenzangst von Chinesen

Beitrag von rundherum »

Ich hab 1. Staatsexamen in Rechtswissenschaften, hab als Projektmanager in Beijing gearbeitet, hätte aber bei Xindongfang für einen Halbtagsjob fast doppelt so viel verdient.
Aber wenn du ehrlich bist, warum hast du aufgehört?
Der springende Punkt ist ja eben, dass man sich so keine Zukunft (Vermögen, Karriere, Ruf) aufbauen kann. Für ein paar Monate so ein wenig in China jobben mag ja gut gehen und wenn alle Stricke reissen, kann man ja zurück nach Europa und von Vorne beginnen.

Wenn man 20 Jahre in China jobbt und dann in Europa von vorne beginnen will, wird es extrem hart. Und in China sich als Europäer eine professionelle Karriere aufzubauen ist noch viel härter. Als Doktoratsabgänger ist man auch schon Ende 20 und sollte versuchen, sich langsam eine Zukunft aufzubauen...

Natürlich ist dies ein pessimistischer Standpunkt - ich hatte Anfang 20 auch eine tolle Zeit in China und bereue nichts - aber man muss sich einfach der Kosten bewusst sein und wissen, dass man höchst wahrscheinlich keine Anstellung in seinem Beruf findet.
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Re: Existenzangst von Chinesen

Beitrag von jackie_chan »

Naja, was bekommt man denn brutto als PostDoc in DE? Die "lächerlichen" 3500€ die man für die auf zwei Jahre befristete Stelle vor den Latz geknallt bekommt, sind nicht gerade der Hit. Ab einem gewissen Erfahrungsgrad kann es sich durchaus lohnen sich in China nach einem Job in der Wissenschaft umzusehen. Da werden teils stolze Gehälter gezahlt und die Qualität der Forschung wird stetig besser (auch da teilweise Unsummen in die Forschung gepumpt werden). Wir kriechen hier mit unseren lächerliche Laboren an der Uni auf dem Zahnfleisch daher, während die Chinesen fleißig neustes Gerät anschaffen und auch lernen damit umzugehen.
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Re: Existenzangst von Chinesen

Beitrag von sweetpanda »

Existenzangst ist jetzt übertrieben, aber mit meinem eigenen krankhaften Geiz liege ich mit meiner Frau absolut auf gleicher Wellenlänge.
Das langfristige Planen, das Üben finanzieller Zurückhaltung und das Denken in Alternativen sind wichtigsten Bausteine einer erfolgreichen Lebensführung.
Vielleicht ist dies auch einer der Gründe warum Ostasiaten mithin die erfolgreichsten Migranten überall sind. Menschen anderer Kulturkreise machen sich solche Gedanken oft gar nicht oder "vertrauen" einfach auf Gott.
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