Konfuzianisches Denken im heutigen China

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kitty
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Konfuzianisches Denken im heutigen China

Beitrag von kitty »

Auf dieser Seite würde ich gerne über konfuzianisches Denken im heutigen China diskutieren. Ist das überhaupt noch zeitgemäss? Und wie ist es wirklich in den Familien (auch bei den einfachen) verbreitet? Wird es in den Schulen behandelt?
:twisted:
Dennis (CDS)
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Beitrag von Dennis (CDS) »

Zum besseren Überblick meinen Beitrag zu diesem Thema aus dem "Toiletten-Ordner" mal hier reinkopiert:

Für die Zeitgemäßheit der konfuzianischen Lehre kann ich mal wieder nur für Taiwan sprechen, sollte aber auf dem Festland nicht groß anders sein. Aus fast aktuellem Anlass dazu mal ein Link:

http://www.bz-comm.de/taiwan,262,Farben ... rtstag.htm

Jüngere Leute beschäftigen sich heutzutage nur wenig intensiv mit Konfuzius außerhalb der Schule. Je älter die Menschen aber sind, desto mehr Interesse kann ich aber bei den Menschen in Taiwan feststellen. Konfuzius wird in ihrem Denken wohl immer einen herausragenden Stellenwert behalten, allerdings habe ich auch schon einige wenige kritische Stimmen über Aussagen von Konfuzius gehört. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich die Diskussion auf Chinesisch damals ganz genau verstanden habe, aber es ging wohl um die autoritäre Form seiner Lehre, die nur dessen Anhänger für hohe Beamtenpositionen vorsahen.

Wie auch immer, in den unruhigen Zeiten, zu denen er damals lebte, leistete sein Wirken wohl ein großen Beitrag zur Findung der eigenen Stabilität und Orientierung. Im Vergleich zu ihm finde ich Laozi aber viel "cooler". Lachen
name
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Re: Konfuzianisches Denken im heutigen China

Beitrag von name »

kitty hat geschrieben:Auf dieser Seite würde ich gerne über konfuzianisches Denken im heutigen China diskutieren. Ist das überhaupt noch zeitgemäss?
Ich würde mich eher fragen: "War es überhaupt jemals zeitgemäß?" Der Durchschnittschinese würde Konfuzius wohl als übertriebenen Individualisten wahrnehmen, wenn auch Konfuzius (und Menzius) ziemlich volksnah gewesen sein müssen im Vergleich zu z.B. Diogenes oder Kant.

Konfuzius und Menzius waren zwar eindeutig archetypische Han-Chinesen, Han-Chinesen im Allgemeinen sind aber in der Regel nicht eindeutig konfuzianisch geprägt. Nicht jeder, der ein Loblied über Konfuzius singt, ist Konfuzianer. Häufig wird die konfuzianische Lehre in Praxis irgendwelchen obskuren Synkretismen beigemengt, so dass sie ihren ursprünglichen Charakter natürlich verliert.

Da der Konfuzianismus sehr stark die Bedeutung der Riten und Sitten betont und diese Riten und Sitten regional teilweise verschieden sind, würde ich bei der Suche nach echten Konfuzianern dort anfangen, wo Konfuzius und Menzius geboren wurden: in Shandong.
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serenita
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Re: Konfuzianisches Denken im heutigen China

Beitrag von serenita »

name hat geschrieben:
Da der Konfuzianismus sehr stark die Bedeutung der Riten und Sitten betont und diese Riten und Sitten regional teilweise verschieden sind, würde ich bei der Suche nach echten Konfuzianern dort anfangen, wo Konfuzius und Menzius geboren wurden: in Shandong.
Vorsicht! Shangdong ist inzwischen längst nicht mehr das was zur Lebzeit des Konzi war. Wo und wie soll sie bitte schön ansetzen?
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serenita
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Re: Konfuzianisches Denken im heutigen China

Beitrag von serenita »

kitty hat geschrieben:Auf dieser Seite würde ich gerne über konfuzianisches Denken im heutigen China diskutieren. Ist das überhaupt noch zeitgemäss? Und wie ist es wirklich in den Familien (auch bei den einfachen) verbreitet? Wird es in den Schulen behandelt?
Ja, es ist zeitgemäß.
bei der Antwort auf Deine zweite Frage würde es Dir vielleicht helfen, wenn man dafür einen Deutschen (wobei die neuen Bundesbürger wegen dem vergangenen Kommunistischen DDR Hintergrund differenzierter betrachtet werden sollten) fragt, in wie weit die Bibel eine Rolle in seinem Leben allgemein spielt. Ich glaube nicht dass diese Frage so einfach zu beantworten ist.
Drüber reden und danach zu leben oder darüber zu schreiben sind alles lediglich illustrierende Formen des Konfuzius...hm, es mag mir heute nicht gelingen, meine Gedanken zu vermitteln. Liegt es etwa an den Gedanken selbst?
:)
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kitty
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Beitrag von kitty »

Sehr schön, Serenita - das mit den Gedanken!
Für mich persönlich kann ich sagen, dass die Bibel null Einfluss auf mein Leben hat. Und auch nicht die 10 Gebote. Ethisch vertretbares Handeln versteht sich doch von selbst, aber ich würde wirklich gern mehr über konfuzianisches Denken wissen, selbst wenn man es nicht ausführlich behandeln kann.
:twisted:
name
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Re: Konfuzianisches Denken im heutigen China

Beitrag von name »

serenita hat geschrieben:
name hat geschrieben:
Da der Konfuzianismus sehr stark die Bedeutung der Riten und Sitten betont und diese Riten und Sitten regional teilweise verschieden sind, würde ich bei der Suche nach echten Konfuzianern dort anfangen, wo Konfuzius und Menzius geboren wurden: in Shandong.
Vorsicht! Shangdong ist inzwischen längst nicht mehr das was zur Lebzeit des Konzi war. Wo und wie soll sie bitte schön ansetzen?
Worauf ich hinweisen wollte, ist die Tatsache, dass der Konfuzianismus einer Lokalkultur entspringt und aus historischen Gründen eben nicht überall in der VRC dieselbe Bedeutung hat. Im Übrigen haben die meisten von uns Nicht-Chinesen/Nicht-Wissenschaftlern sowieso nur die Chance über Literatur und den Besuch von Touristenattraktionen (z.B. in Qufu, wo Konfuzius gelebt zumindest zeitweise gelebt haben soll) mehr über bestimmte Themen zu erfahren.
Ja, es ist zeitgemäß.
bei der Antwort auf Deine zweite Frage würde es Dir vielleicht helfen, wenn man dafür einen Deutschen (wobei die neuen Bundesbürger wegen dem vergangenen Kommunistischen DDR Hintergrund differenzierter betrachtet werden sollten) fragt, in wie weit die Bibel eine Rolle in seinem Leben allgemein spielt. Ich glaube nicht dass diese Frage so einfach zu beantworten ist.
Drüber reden und danach zu leben oder darüber zu schreiben sind alles lediglich illustrierende Formen des Konfuzius
Die Diskussion über den Konfuzianismus ist durchaus zeitgemäß. Wenn das gemeint war, kann ich zustimmen. Den reinen, unverfälschten Konfuzianismus müsste man jedoch "mit der Lupe suchen"...

So schwer zu beantworten ist die Frage nach der Rolle des Konfuzianismus' in den einfachen Familien eigentlich nicht. Ein ungebildeter Mann, der sich nicht wie ein Patriarch verhält und auch keiner werden will, ist schon einmal kein Konfuzianer. Es hängt vieles vom Grad der Sinisierung ab. Und die Sinisierung hängt wiederum von der Bildung ab. Was die Mittelschicht und die Oberschicht bzw. "den Norden" allgemein betrifft, stimme ich aber zu, dass der Einfluss des Konfuzianismus da tendenziell stärker, wenn auch im Einzelfall schwerer einzuschätzen, ist.
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