Ausländer in China vor 1990

[Sachse28]

Ich wär mal an Geschichten interessiert, wie der Alltag von Ausländern vor 1990 in China aussah.
Damals gab es noch die Ersatzwährung FEC. Wie genau kam man damit zurecht? Was musste man machen, wenn man mal bei Hitze etwas trinken wollte. Immer erst zu solchen "Freundschaftläden"?
Als es noch Hotelzwang für Ausländer gab, was war mit verheirateten (dt-chin.) Paaren? Durften die zumindestens in einer Privatwohnung leben?
Durfte man damals überhaupt einen chin. Staatsbürger heiraten? Und wenn ja, wie lief das Prozedere damals ab?

Wer gern man an den Erfahrungen der etwas älteren hier interessiert.

[Luntan]

Da hast Du viele Fragen Ich fange jetzt schon einmal mit den Antworten an Alles kann man aber wohl kaum in einem Beitrag schreiben.

Damals gab es noch die Ersatzwährung FEC. Wie genau kam man damit zurecht? Was musste man machen, wenn man mal bei Hitze etwas trinken wollte. Immer erst zu solchen "Freundschaftläden"? Ich hatte zwei Geldbeutel dabei, erinnert mich irgendwie an Ost- und Westmark Die FEC konnte man schwarz in RMB tauschen, und so gab es etwa 50% mehr, was uns immer gefreut hat. China war schon damals nicht wie die Länder im Ostblock, und somit waren Getränke wie Coca Cola selbst in Lhasa ab 1985 an jeder Strassenecke zu kaufen. Vorher gab es zum Beispiel Tee, der auch am Strassenrand verkauft wurde.

Als es noch Hotelzwang für Ausländer gab, was war mit verheirateten (dt-chin.) Paaren? Durften die zumindestens in einer Privatwohnung leben? Durfte man damals überhaupt einen chin. Staatsbürger heiraten? Und wenn ja, wie lief das Prozedere damals ab?
Ja, sie durften und haben es auch gemacht. Damals gab es kein Aidstest, Sprachtest usw. und es herrschte ein familiärer Umgang auf der Botschaft. Die haben sich über Besucher gefreut und mir gleich einen Kaffee und Zeitungen zum Lesen angeboten wenn ich mich dort gezeigt habe...
Ein verheiratetes Paar welcher Art auch immer musste beim Einchecken in ein Hotel die Heiratsurkunde vorzeigen Das hat allerdings keine wesentliche "abschreckende" Wirkung gehabt...

[mr.shi]

es herrschte ein familiärer Umgang auf der Botschaft. Die haben sich über Besucher gefreut und mir gleich einen Kaffee und Zeitungen zum Lesen angeboten wenn ich mich dort gezeigt habe...

Ich bin neidisch, das waren goldene Zeiten für Botschaftsbesucher. Das kann man heutzutage wohl nicht mehr behaupten, die Unfreundlichkeit ist dort kaum zu überbieten, die Mehrheit der Leute kommt mit Kopfschütteln, finsterer Miene und fluchend wieder heraus. Es ist stets überfüllt, Wartelisten sind Wochen bis Monate vorher ausgebucht und es werden einem nur bürokratische Steine in den Weg gelegt. Toll, dass sich Deutschland in fremden Ländern so kooperativ zeigt und das Image als unfreundliches Volk noch untermauert...

[Laogai]

Damals gab es noch die Ersatzwährung FEC. Wie genau kam man damit zurecht? Was musste man machen, wenn man mal bei Hitze etwas trinken wollte. Immer erst zu solchen "Freundschaftläden"?

Wie Luntan schon andeutete musste man als Ausländer nicht alles mit FEC bezahlen. Eigentlich nur Flugtickets, Zugtickets, bessere Hotels und Einkäufe in den von dir erwähnten Freundschaftsläden. Wenn mich mein Gedächtnis nicht ganz trübt gab es Freundschaftsläden auch nur in großen und touristischen Städten. Dort gab es Kitsch und Kunst hauptsächlich für ausländische Reisegruppen, die nur die Programmpunkte Hotel - Sehenswürdigkeit - Freundschaftsladen - Sehenswürdigkeit - Fabrikbesuch (und -verkauf!) - Hotel hatten.

Ich hatte damals meine FEC immer nach dem Wechsel auf der Bank umgehend fast komplett auf dem Schwarzmarkt in RMB getauscht und so gut wie alles damit bezahlt. Verdurstet bin ich damals nicht

[keine Ahnung]

Mein Vater hat in den 60iger 70iger und 80iger Jahren des letzten Jahrhunderts Industrieanlagen bzw Maschinen an China verkauft und war mehrmals für 2 - 3 Monate in China. An was ich mich erinnern kann war das er immer sagte " man darf nicht sagen das man Arbeitskraft einspart mit den Maschinen".
Menschliche Arbeitskraft ist so billig das man diese auch nicht einsparen will.
Naja heute sind sie die Sklaven der Welt und machen alles billiger als der Rest der Welt leider nur nicht so gut,

[Sachse28]

Konnte man damals einen chin. Staatsbürger, den man geheiratet hat, mit nach Europa nehmen? Soweit ich weiß, erhielten Chinesen erst ab den 80iger Jahren verstärkt die Möglichkeit einer Ausreisegenehmigung. Oder andersrum: wie verhielt es sich mit Deutschen, die bei Ihrem/Ihrer Anvertrauten in China leben wollten?

[Luntan]

Bereits 1979 gab es etwa 8000 Internationale Heiraten, wobei da auch Hong Kong Chinesen mitgezählt wurden. Eine Statistik wieviele davon ausgereist sind ist mir nicht bekannt, aber es dürften über 90% gewesen sein. 1989 waren es bereits über 20'000 internationale Heiraten.
Siehe dazu: "Internationale Heirat, Scheidung und Adoption nach dem Recht der VR China" von Yitong Liu, Seite 2

Möglich war es damals durchaus für Ausländer etwa als Lehrer eine Arbeit und Wohnung zu bekommen, und sich so ins damalige Chinesische System zu integrieren. Das sonstige Geschäftsleben wie es heute ist, gab es damals erst in einem sehr kleinen Rahmen. Daher war die Anzahl der internationalen Paare die in China geblieben sind viel geringer als heute.

[Sachse28]

Danke, Luntan, für Deine informativen Antworten. Ich hatte schon befürchtet das Threats über die Hockstellungen in chin. Toiletten, die 3D-Möpse von Kate Winslet in chin. Kinos bzw. Kommentare von einigen Forentrollen sowie Streitereien hier im Forum Oberhand gewinnen.

[hktraveller]

Also vor 1990 kann ich nur einen Tag mitreden, weil ich am 31.12.1989 das erste Mal eingereist bin. Aber FEC gabs noch ne Weile laenger. Und ob die Taxis in Guangzhou sich mit RMB abspeisen liessen hing von meiner damaligen (Anfaenger-) Tagesform in Chinesisch ab. Habe damals in der Jugendherberge gegenueber dem White Swan Hotel gewohnt.

[Luntan]

Danke, Luntan, für Deine informativen Antworten. Ich hatte schon befürchtet das Threats über die Hockstellungen in chin. Toiletten, die 3D-Möpse von Kate Winslet in chin. Kinos bzw. Kommentare von einigen Forentrollen sowie Streitereien hier im Forum Oberhand gewinnen.

Ein Forum soll durchaus auch einen gewissen Unterhaltungswert haben, sonst beteiligen sich nur noch sehr wenige Personen. Mir sind auch die spezialisierten Foren auf Englisch oder Chinesisch bekannt, aber auch dort ist es nicht besser, und fundierte Beiträge sehr selten.
Was die Chinaberichterstattung und Geschichte betrifft gibt es auch ein Forum wo man nur auf Einladung zugelassen wird, und dann unter seinem richtigen Namen Beiträge schreibt, womit sich die Leute etwas mehr zusammenreissen...

Wenn ich "Sachse" sehe erinnere ich mich noch an viele Geschichten aus dem "kalten Krieg" zwischen der DDR und BRD-Botschaft in Beijing vor 1990. "Sachse" war so ein umgangsprachlicher Ausdruck für "DDR-Bürger". Die Angestellten der BRD-Botschaft hatten strenges Kontaktverbot mit DDR Diplomaten und Bürgern. Zur gleichen Zeit waren sie aber brennend interessiert zu erfahren was diese "Sachsen" so alles unternahmen. Wenn man nun DDR-Bürgern, (ab Herbst 1986 auch DDR-Studenten) begegnet war, wollten die Leute in der Botschaft immer jedes Detail wissen Alles haben wir aber nie erzählt...