Pisa, Shanghais Schulen auf Platz eins und...?

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-=tokl=-
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Re: Pisa, Shanghais Schulen auf Platz eins und...?

Beitrag von -=tokl=- »

Wie viele Leute kennst Du denn die 200-300k € auf dem Sparbuch haben? Ich keinen einzigen. Entweder sind es ein paar T€ (was in der Summe natürlich auch was aus macht und dass ist der kleine Mann dem die Exportpolitik noch weh tun wird von dem ich gesprochen habe) und mehr Puffer gibt es nicht oder es ist mehr und dann ist die Anlage schon lang in Aktien / Immos / Schiffscontainer / Edelmetall / Rohstoffe / Schließfach etc. verteilt und lässt sich, bei Bedarf, in beliebiger Währung liquidieren.

Vielleicht sollten wir "die Leute" mal ein wenig mehr Differenzieren. Denn genau da liegt meiner Meinung nach der Kackpunkt... Warum sollen die fetten Jahre "für Deutschland" vorbei sein? Wer ist Deutschland? Die Summe aus allem? Dann nivelieren die reichen mit Ihren Millionen (Okay,alles ab 250.000 € / Jahr +) die unterbezahlten Arbeiter die den Export ermöglichen und alles bleibt beim alten!

Ich finde das Thema spannend, geh jetzt aber trotzdem noch ne Runde in die City... Muß ja mein Geld ausgeben um nicht in Versuchung zu geraten noch Vermögen auf zu bauen :D Wenn Du magst, morgen gerne mehr!
Richi_Will
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Re: Pisa, Shanghais Schulen auf Platz eins und...?

Beitrag von Richi_Will »

-=tokl=- hat geschrieben: Ich finde das Thema spannend, geh jetzt aber trotzdem noch ne Runde in die City... Muß ja mein Geld ausgeben um nicht in Versuchung zu geraten noch Vermögen auf zu bauen :D Wenn Du magst, morgen gerne mehr!
Ich muss auch los. Einen Schwarzhaendler finden, der meine gesparten Euros in RMB wechselt. :D
Viel Spass beim Shoppen, aber bitte nicht nur "Made in China" kaufen!
Aremonus
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Re: Pisa, Shanghais Schulen auf Platz eins und...?

Beitrag von Aremonus »

Diese Immo- und Kreditblasengeschichte in China ist ein ziemliches Hirngespinst.
Dieses "Hirngespinnst" hat aber extrem reale Auswirkungen. Für die jungen Leute, die sich keine Wohnung kaufen können und die KMUs, die kaum Kredite erhalten und denen deswegen die Hände gebunden sind, ist das kein "Hirngespinnst", sondern bittere Realität. Ein befreundeter CEO eines mittelständischen Beijinger Unternehmens erzählte mir kürzlich, dass er auf Kredite 28 Prozent Zinsen bezahlen muss...
Kein einiziger dieser Jobs wird jemals zurueck nach Amerika kommen.
Das ist inkorrekt. Wegen der ineffizienten Bürokratie, der schlechten Bildung, dem Kapitalmangel und den steigenden Arbeitskosten kehren inzwischen sogar Produktionsfirmen in die USA zurück: http://video.msnbc.msn.com/rock-center/ ... 9#46198559
Aber dies dürfte in der Tat nur ein kurzfristiges Phänomen sein. Mittelfristig ist Asien natürlich immer noch viel günstiger als der Westen.

Wenn China aber jemals Deutschland in Sachen Technologie eingeholt hat, wird ein chinesischer Arbeiter auch gleich Produktiv sein wie ein deutscher Arbeiter. Dann wird sich in China auch derselbe Wohlstand wie in Deutschland einstellen und die Löhne dasselbe Niveau erreichen. Mittelfristig werden aber die Reallöhne im Westen noch einmal etwas sinken müssen.
Mercedes und BMW produzieren zu immer groeßeren Teilen in China. Und die volkswirtschaftlichen Gewinne bleiben auch da. Was hilft es, wenn diese Firmen deutsche Namen tragen?
Mercedes und BMW verzeichnen in Deutschland eine massiv höhere Wertschöpfung als in China. Das reine zusammenbasteln der Bauteile ist das Eine - das Entwickeln eben das andere. Einfache Handgriffe kann man überall ausführen lassen - aber zum Entwickeln neuer Fahrzeuge braucht es gut qualifiziertes Personal und effektive Managementstrukturen. Und heute macht man das grosse Geld mit Wissen und Dienstleistungen, nicht mehr mit der einfachen Fertigung...
Erst wenn der letzte Baum gefällt, der letzte Fluss gestaut und der letzte Fisch gefangen ist, werdet ihr feststellen, dass man Biber nicht essen kann!
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Re: Pisa, Shanghais Schulen auf Platz eins und...?

Beitrag von Richi_Will »

Dieses "Hirngespinnst" hat aber extrem reale Auswirkungen. Für die jungen Leute, die sich keine Wohnung kaufen können und die KMUs, die kaum Kredite erhalten und denen deswegen die Hände gebunden sind, ist das kein "Hirngespinnst", sondern bittere Realität. Ein befreundeter CEO eines mittelständischen Beijinger Unternehmens erzählte mir kürzlich, dass er auf Kredite 28 Prozent Zinsen bezahlen muss...
1. Steigenden Immobilienpreise sind nur in eher seltenen Faellen ein Anzeichen fuer eine Blase. Beijing liegt immer noch deutlich unter Shanghai und langfristig wird der Preis weiter steigen
2. Hohe Zinsen vehindern Blasen. Der Wahnsinn in den USA entstand durch billiges Geld und niedrigen Kapitaleigenanteil. Beides ist in China durch staatliche Regulierungen genau das Gegenteil.


Orakel Steve Jobs:
President Obama asked, "What would it take to make iPhones in the United States? Why can't that work come home?"
According to another dinner guest, and Job's reply was blunt. "Those jobs aren't coming back."
http://www.catholic.org/technology/story.php?id=44500
Einfache Handgriffe kann man überall ausführen lassen - aber zum Entwickeln neuer Fahrzeuge braucht es gut qualifiziertes Personal und effektive Managementstrukturen.
Sag ich doch. Die Hochqualifizierten, die etwas koennen, werden reicher werden und einfache Arbeiter treten in Konkurrenz mit der ganzen Welt. Ergo: In Europa wird es Zustaende geben, wie in China, Dumping/Loehne auf der einen Seite. Porsche-Fahrer auf der anderen Seite. Das Problem ist, dass die Armen in China so arm sind, dass sie wahrscheinlich erst gegen die Zustaende protestieren werden, wenn Europa aufgrund der hohen Gesundheits- Sozial- und Rentenausgaben komplett Konkurs anmelden muss.

Die Frage nur: Was ist die Loesung?
Antwort:
Einschnitte, bei nicht zukunftsrelevanten Ausgaben: Renten, Gesundheit, Sozialausgaben.
Foerderung von Bildung, Infrastruktur, Industrie

Klingt nach Neocon. Ist aber alternativlos. (Haha)
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Re: Pisa, Shanghais Schulen auf Platz eins und...?

Beitrag von Aremonus »

1. Steigenden Immobilienpreise sind nur in eher seltenen Faellen ein Anzeichen fuer eine Blase. Beijing liegt immer noch deutlich unter Shanghai und langfristig wird der Preis weiter steigen
2. Hohe Zinsen vehindern Blasen. Der Wahnsinn in den USA entstand durch billiges Geld und niedrigen Kapitaleigenanteil. Beides ist in China durch staatliche Regulierungen genau das Gegenteil.
Ich halte es da recht simpel: nichts entsteht aus nichts. Jeder der etwas Ahnung von Portfoliomanagement hat sieht, dass das Alpha zu Beta Verhältnis im chinesischen Immobilienmarkt mehr als Haarsträubend ist: die Returns (Mieten) sind im Vergleich zu den Preisen extrem tief. Auch die realen Hypothekarzinsen sind in China sehr tief - sie verstecken sich nur hinter der Inflation.
Aber in den USA waren die Zinsen für Subprimeschuldner ja auch nicht "tief" (meinte man) und alle sagten, es gäbe keine Blasen. Bis man sich 2008 umentschied.

Dass aber die Blase in China nicht so bald platzen wird, halte ich ebenfalls für wahrscheinlich. Denn zum Platzen der Blase bräuchte es eine Kettenreaktion, die in China nicht möglich ist. Einerseits müssten die Leute eine Möglichkeit haben, ihr Geld anderweitig anzulegen. Als Privatperson kann man in China aber nur im Landesinnern (also entweder in Hochrisiko-Anlagen wie Aktien oder Unternehmen oder dann in stark besteuerte Luxusgüter) investieren. Die Amis konnten problemlos auf der ganzen Welt ihr Geld anlegen und hatten so überhaupt die Möglichkeit, aus der Anlage zu flüchten.
Zudem gehören die chinesischen Banken dem Staat und machen, was dieser sagt. Wenn Beijing ihnen verbietet, Hypotheken einzufordern, tun die das auch nicht, sondern schreiben einfach Verluste (die ja auch wieder vom Staat bezahlt werden). Als beispielsweise die chinesische Blase im Jahr 2008 zu platzen drohte, wurden die Staatsbanken angewiesen, das Kreditvolumen um dutzende Billionen Yuan auszuweiten und sehr grosszügig mit der Risikobewertung der Kreditnehmer umzugehen. Das Platzen wurde damit wirksam verhindert (zum Preis einer massiven Inflation, wie wir in den letzten Jahren sahen).

Doch wenn die chinesische Regierung eines Tages den Finanzmarkt öffnet und den Chinesen erlaubt, ihr Geld auch einfach im Ausland anzulegen (ohne Bewilligung des Handels- und Aussenministeriums und ohne Quotenregelung), dürften doch manche Chinesen auf die Idee kommen, dass es nicht so toll ist, das ganze Familienvermögen in einem einzigen überhitzen Markt zu behalten. Die verkaufen dann - und dann wäre die Inflation, welche China zur Verhinderung des Platzens in Kauf nehmen müsste, noch einmal massiv grösser.

Die Jungs in Beijing haben das aber glücklicherweise endlich eingesehen und möchten die Blase jetzt langsam abbauen ohne ein riesen Disaster anzurichten. Die NDRC hat untersucht, wo die Schmerzgrenze für die Staatsbanken liegt und in Beijing scheint man Willens zu sein, die Preise langsam ungefähr im nationalen Durchschnitt zu halbieren. Dies bremst das Wachstum in China natürlich immens und wir dürfen uns weiterhin auf eine inoffiziell hohe Inflation gefasst machen - aber mittelfristig stabilisiert diese Massnahme China.

Das Problem dürften die durch die Inflation ansteigenden Arbeitskosten und die höheren Zinsen sein. Denn dadurch schaffen chinesische Unternehmen weniger Jobs in China und ausländische Firmen investieren ebenfalls anderswo, was ein ziemlicher challenge wird. IMHO wird China daher wohl den Yuan wieder abwerten müssen... aber wie Beijing das Washington erklären will, weiss ich nicht.
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Re: Pisa, Shanghais Schulen auf Platz eins und...?

Beitrag von Aremonus »

In Europa wird es Zustaende geben, wie in China, Dumping/Loehne auf der einen Seite.
Bereits jetzt steigen in China die Löhne für einfache Arbeiter derart rasch an, dass das Wachstum bedroht ist (siehe oben). Stark vereinfacht produzieren Volkswirschaften Dinge mit Kapital und Arbeit. Kapital lässt sich durch Arbeit substituieren und umgekehrt. Wird also der eine Produktionsfaktor knapp, steigen dessen Kosten. In Europa ist Arbeit knapp, Kapital jedoch in riesigen Mengen vorhanden. Daher sind bei uns die Zinsen nahe 0 Prozent, während die Löhne hoch sind. In China ist die Situation umgekehrt.
Da aber China mehr spart in Europa, sammelt sich dort auch schneller Kapital an. Dies wird (wenn die Allokationsprobleme wie die Blasen und die SOEs-Bevorzugung endlich bereinigt sind) dazu führen, dass die Löhne auch in China steigen müssen.
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Re: Pisa, Shanghais Schulen auf Platz eins und...?

Beitrag von Richi_Will »

Jeder der etwas Ahnung von Portfoliomanagement hat sieht, dass das Alpha zu Beta Verhältnis im chinesischen Immobilienmarkt mehr als Haarsträubend ist: die Returns (Mieten) sind im Vergleich zu den Preisen extrem tief.
Viel zu westlich gedacht. Es gibt in China keinen nennenswerten Mietmarkt. Wohnungen sind fuer viele Chinesen reine Wertanlagen und Statussymbole. Die Geisterstaedte in denen kein Mensch wohnt, sind vergleichbar mit den Pyramiden von Gyzeh. Ob da jemand wohnt ist vollkommen nebensaechlich. Außerdem sind die Baukosten so gering, dass man lieber drei Haeuser zu viel baut, als eins zu wenig. Alles kein Problem, weil der Eigenkapitalanteil hoch genug ist.

Fakt: Ohne Eigentumswohnung keine Heirat. Der Bedarf ist noch nicht einmal annaehernd gedeckt.
Kapital jedoch in riesigen Mengen vorhanden
Was mit "Kapital" gemeint ist, hab ich noch nie verstanden. :(
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Re: Pisa, Shanghais Schulen auf Platz eins und...?

Beitrag von blur »

-=tokl=- hat geschrieben:Denn genau da liegt meiner Meinung nach der Kackpunkt...
Ich kann dir gerne mal zeigen wo sich der Kackpunkt befindet 8)
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Re: Pisa, Shanghais Schulen auf Platz eins und...?

Beitrag von Aremonus »

Es gibt in China keinen nennenswerten Mietmarkt. Wohnungen sind fuer viele Chinesen reine Wertanlagen und Statussymbole.
Am "nicht nennenswerte Mietmarkt" in China nimmt immerhin ein Viertel der Bevölkerung teil (davon die meisten in urbanen Gebieten, wo auch die Blase existiert - auf dem Land sind Bauernhäuser ja kaum handelbar, da das Land ja der Regierung gehört). Mein Argument war aber viel mehr dahingehhend, dass das Verhältnis der Mietpreise zu den Immobilienpreisen trotz der extrem schlechten Bauqualität extrem tief ist. Während man in China derzeit rund 500 Monatsmieten für den Kauf der Immobilie rechnen muss (Business Insider 13. Januar 2010), liegt die Zahl in der Schweiz bei rund 150 und in den USA sogar manchen Orts unter 100 Monatsmieten.

Aber ich unterstütze Deine Ansicht, dass Wohnungen für Chinesen oft reine Wertanlagen (und für manche auch Statussymbole) sind. Ökonomisch erkläre ich (und übrigens auch die NDRC) das wie oben bereits erwähnt damit, dass man als Chinese einen extremen Anreiz hat, seine Ersparnisse in den Immobilienmarkt zu pumpen, da es an alternativen Anlagemöglichkeiten fehlt. Deswegen besteht ein Teil der Blasenbekämpfung der chinesischen Regierung auch darin, alternative Investitionskanäle zu schaffen (wenn gleich dies natürlich sehr behutsam geschehen muss, um eine "harte Landung", also ein plötzliches Platzen der Blase, zu verhindern).

Aber am Edne des Tages sind genau derartige Ineffzienzen und Fehlallokationen ein Grund dafür, weswegen China nicht so innovativ wie Deutschland ist und sein kann. Denn effiziente Allokation ist nur bei freiem Informationsfluss möglich - und dieser lässt sich kaum mit der Zensur vereinbaren. Denn gerade bei politischen Themen muss auf den Finanzmärkten ein ausgeprägter Diskurs über mögliche Szenarien möglich sein, um vorgeschlagene oder anstehende Massnahmen korrekt einzupreisen.
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Re: Pisa, Shanghais Schulen auf Platz eins und...?

Beitrag von Richi_Will »

Aremonus hat geschrieben: Am "nicht nennenswerte Mietmarkt" in China nimmt immerhin ein Viertel der Bevölkerung teil
Selbst wenn diese Zahl stimmen sollte, ich tippe eher auf 10 Prozent, dann sind die "Mieter" doch wohl eher Bewohner von Arbeiterunterkuenften und Wohnheimen. Ich kenne niemanden, der regulaer zur Miete in Beijing wohnt. Das waere fuer die meisten finanzieller Selbsmord. Die Wohnung ist ja auch die Altersvorsorge. Mieten sind so niedrig, weil alle kaufen. Selbst bei geringen Gehaeltern sparen sich Chinesen aufgrund der niedrigen Lebenshaltungskosten (ca. 600 RMB/Monat) eine Wohnung in zehn Jahren zusammen.
Aremonus hat geschrieben:Aber am Edne des Tages sind genau derartige Ineffzienzen und Fehlallokationen ein Grund dafür, weswegen China nicht so innovativ wie Deutschland ist und sein kann. Denn effiziente Allokation ist nur bei freiem Informationsfluss möglich - und dieser lässt sich kaum mit der Zensur vereinbaren. Denn gerade bei politischen Themen muss auf den Finanzmärkten ein ausgeprägter Diskurs über mögliche Szenarien möglich sein, um vorgeschlagene oder anstehende Massnahmen korrekt einzupreisen.
Das ist gelinde gesagt Unfug. Finanzielle Themen unterliegen so gut wie keiner Zensur. Offizielle Zahlen sind schwer zu bekommen. Aber alles andere wird kaum zensiert. Es gibt auf allen Kanaelen ausfuehrliche und kontroverse Debatten ueber Finanzthemen. Und von den Mikroblogs ganz zu schweigen. Der durchschnittliche Chinese ist besser ueber wirtschaftliche Prozesse informiert als der normale Deutsche. So ist zumindest mein Eindruck. Es ist eher umgekehrt. Jedes Thema wird ausschließlich finanziell analysiert.
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Re: Pisa, Shanghais Schulen auf Platz eins und...?

Beitrag von Aremonus »

Selbst bei geringen Gehaeltern sparen sich Chinesen aufgrund der niedrigen Lebenshaltungskosten (ca. 600 RMB/Monat) eine Wohnung in zehn Jahren zusammen.
Aber auch hier nur, weil die Mindestanzahlung inzwischen zu einem guten Teil von den Immobilienfirmen selber vorgeschossen wird, sodass man bloss noch 10 Prozent des Hauspreises als Eigenleistung einbringen muss (unter dieser Prämisse reichen an den meisten Orten, die Innenstädte ausgenommen, sogar 5 bis 7 Jahre, um genügend Geld für die Anzahlung zusammenzusparen).
Dies stützt doch nur die These, dass die Blase eine extreme Fehlallokation darstellt, da sie einen grossteil des chinesischen Kapitals bindet.
Finanzielle Themen unterliegen so gut wie keiner Zensur. Offizielle Zahlen sind schwer zu bekommen. Aber alles andere wird kaum zensiert.
Zunächst einmal sind bereits die Zahlen des Statistikhauptamts selbst politisch so aufbereitet, dass sie gerade der Partei in den Kram passen. Zudem werden bei der Berichterstattung oft Experten, die vor negativen Auswirkungen neuer politischer Massnahmen warnen, ausgeblendet.
Aber es ist wichtig zu verstehen, dass die Finanzmärkte nicht nur das Börsengeschehen umfassen. Die Finanzmärkte preisen auch politische Unsicherheiten in Arabien und in Tibet ein, genauso wie sie auch die Auswirkungen von Protesten auf die Versorgung der Märkte mit einem lokal produzierten Rohstoff oder behinderungen der logistischen Routen berücksichtigen. Und genau bei derartigen Informationen kommt den chinesischen Finanzmärkten die Zensur in den Weg. Zudem sind derivative Versicherungen in China nur in sehr eingeschränktem Masse und sehr allgemein Zulässig, sodass ich mich beispielsweise nicht so einfach gegen einen Zusammenbruch der chinesischen Immobilienblase versichern kann, wenn ich mir dort eine Wohnung kaufe (oder natürlich auch bei allen anderen Assets). Auch dies ist eine Art der Zensur, wenngleich diese sogar von europäischen Politikern während der Finanzkrise diskutiert wurde.

Auch herrscht keine Transparenz bei den Geldflüssen - Guanxi bestimmt hier alles. In China kommen zuerst die Staatsbetriebe, dann die Freunde der Bankenmanager und ganz am Schluss können die KMUs noch zu überrissenen Zinsen (in Deutschland wäre es Wucher und daher verboten) die Kredite nehmen, die übrig sind. Dies behindert natürlich KMUs, die zuerst in die Entwicklung investieren und dann den Markt kontrollieren wollen: man muss sich in China extrem schnell refinanzieren, sonst geht man kaputt. Stattdessen machen Abzockerfirmen, die nichts brauchbares produzieren aber deren CEO viele Freunde hat, das grosse Geld.
Erst wenn der letzte Baum gefällt, der letzte Fluss gestaut und der letzte Fisch gefangen ist, werdet ihr feststellen, dass man Biber nicht essen kann!
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Re: Pisa, Shanghais Schulen auf Platz eins und...?

Beitrag von Liberator »

Richi_Will hat geschrieben:Warum sollen "die Deutschen" praktisch pleite sein? 5.012.059.750.760 € an Privatvermögen ist doch net nichts. Oder wen meinßt Du genau mit "die Deutschen"?

Genau dieses Geld wird es auch sein, das durch Inflation und Steuern den bankrotten deutschen Staat aus der Patsche holen wird. Die derzeitige Devisenflut durch die EZB ist nichts anderes als der Beginn von einer viele Jahre dauernden massiven Umverteilung von Vermögen: Aus den Taschen der Bevoelkerung auf die Minuskonten der Staaten. Richtig, die Deutschen sind reich. Der Staat ist pleite.
Den Schulden des Staates steht sein Vermögen gegenüber (Immobilien, Grundstücke, Autobahnen, Panzer, etc.), und das ist gar nicht so klein. Zudem kann der deutsche Staat auf jährliche Steuereinahmen bauen ( 2010 in Höhe von immerhin 530,6 Mrd. €). Deutschland ist für sich genommen weit davon entfernt pleite zu sein.
Richi_Will hat geschrieben: Denn die Deutschen koennen noch so schimpfen auf die Griechen. Im Grunde hat Deutschland von der Misere profitiert. Ueber Target 2 usw. wurden Armen Teufeln Geld zur Verfuegung gestellt, dass die dann zu einem erheblichen Teil benutzt haben, deutsche Produkte zu kaufen.

Sicher ist das noch komplizierter. Aber mein Eindruck ist, dass man sich in Deutschland derzeit gewaltig in die Tasche luegt, wenn man glaubt, das Problem sei allein in Griechenland.

Deutschlands Exporte gehen zum groessten Teil an Europaeische Staaten. Die hatten noch nie das Geld, diese auch zu bezahlen. Im Grunde war der Euro ein gewaltiges Konjukturprogramm fuer Deutschland. Wer die Kosten dafuer uebernimmt, wird gerade verhandelt.
Die Krise macht aus so manchem Tunichtgut einen Pseudo-Wirtschaftsweisen. Viele lesen irgendwas in der Zeitung was sie nicht wirklich verstehen und brabbeln dann irgendwie drauf los. Ist leider bei vielen unserer Politiker auch so, wobei die sich wenigstens vernünftig beraten lassen könnten.

Target 2 hat weder den jetztigen Problemen Griechenlands geführt, noch wurden damit deutsche Exporte finanziert. (Du beziehst dich mit Target 2 wohl auf ein Problem, das wiederum aus der Griechenlandkrise resultiert: Den Aufbau von Forderungen der Bundesbank gegenüber den Zentralbanken von Pleiteländern wie Griechenland; das passiert aber auch erst seit beginn der Krise in Griechenland, also 2010. Seitdem wird der Import deutlich zurückgegangen sein, gerade auch von hochwertigen (bzw. teuren) deutschen Produkten. Eine gute Erklärung der eigentlichen Ursachen des Target2- Problems findet man HIER)
Der griechische Staat hat sich seit mehr als einem Jahrzehnt über alle Maße verschuldet (über Staatsanleihen), und dabei die tatsächliche Verschuldung lange geheimgehalten. So wurde die negative Handelsbilanz (Bzw. mehr Importe als Exporte) finanziert. Das sollte eigentlich mittlerweile allgemein bekannt sein.

Wer auch immer zuerst behauptet hat, das bspw. die Griechen mit dem Geld, welches sie an EU-Subventionen bekommen oder durch Staatsverschuldung aufgenommen haben, hauptsächlich deutsche Produkte gekauft hätten, liegt völlig daneben.
Und wenn Deutschland den Griechen die paar BMWs und Mercedese, die sie wirklich gekauft haben nicht verkauft hätten, dann hätten sie halt Land Rover gekauft oder Lexus. An der heutigen Situation der Griechen würde das auch nichts ändern.
Die Behauptung das der deutsche Export in irgendeiner Weise an der Misere in Griechenland oder anderswo schuld ist, ist eine völlige Verdrehung der Tatsachen. Viele europäische Staaten sind nachwievor sehr solide (trotz Importen aus deutschen Landen :roll: ), nur die PIGS halt nicht, wobei auch wiederum hauptsächlich die beiden kleineren Griechenland und Portugal Sorgen machen.
Richi_Will hat geschrieben: Am Ende wird aber der Buerger deutlich weniger von seinem Ersparten haben als vorher, denn außer den Buergern ist niemand da, der ueber Reserven verfuegt. Soll heißen: Der deutsche Wohlstand ist zu einem großen Teil subventioniert und wenn die Politiker nicht langsam Tacheles reden, den Leuten sagen, dass sie Teile ihres Geldes verlieren werden, dann fliegt ihnen der Laden um die Ohren.
Der deutsche Wohlstand (bzw. der Wohlstand eines Landes) entspringt letztlich allein aus der Wirtschaftstätigkeit bzw. dem Investitonsvolumen. Keines davon ist in Deutschland subventioniert.
Richi_Will
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Re: Pisa, Shanghais Schulen auf Platz eins und...?

Beitrag von Richi_Will »

Du beziehst dich mit Target 2 wohl auf ein Problem, das wiederum aus der Griechenlandkrise resultiert: Den Aufbau von Forderungen der Bundesbank gegenüber den Zentralbanken von Pleiteländern wie Griechenland; das passiert aber auch erst seit beginn der Krise in Griechenland, also 2010.
"In dem von Dir verlinkten Artikel steht doch, was vor der Krise war:
Offenbar floss das ins deutsche Bankensystem strömende Geld wieder zurück, wodurch die Geldforderungen des deutschen Bankensystems gegenüber den Banken der Defizitländer wuchsen, nicht aber die Target-Forderungen der Bundesbank."

Mit Subventionen meinte ich doch keine EU-Subventionen, sondern Gelder, die eigentlich nicht da waren. Auch vor der Krise war ein großer Teil der deutschen Exporte kreditfinanziert.
Und das geht so:

Grieche kauft Traktor. Grieche gibt Geld Bank. Bank gibt Geld EZB. Deutsche Geschaeftsbank laesst es da liegen und leiht die gleiche Summe einer griechischen Bank. Die schwimmt in Geld und vergibt an Kunden Kredite.

Und ab 2010 wurde das Geld eben nicht mehr wieder den Griechen zur Verfuegung gestellt, weil man festgestellt hat, dass dieses perpetuum mobile zwar alle gluecklich macht, aber eben auf Dauer die Griechen ruiniert.

Die riesigen Leistungsbilanzunterschiede muessen ja in irgend einer Weise ausgeglichen werden. Das gleich Problem hat doch China mit den USA. Die USA kauft Produkte, die sie nicht bezahlen koennen.

Und das lustige ist, dass 99% der BWLer zwar immer die richtigen Fachausdruecke kennen, aber ihren gesunden Menschenverstand so lange ausschalten, bis es selbst den unbedarftesten Laien zu bunt wird und sie anfangen mit dem Kopfrechnen.
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Re: Pisa, Shanghais Schulen auf Platz eins und...?

Beitrag von edmund27 »

laowei hat geschrieben:Hey tanzhou tarzan,

Dein masche is abgenutzt. Angebrachte kritik nennen deine stimmen im kopf also noergeln..
Alle die zeit in und mit china verbringen haben zwangslaeufig negatives zu berichten.
bei dir ist dass nicht der fall... dann kennst du dich nicht aus oder du bist ein fenqing, so einfach ist dass:-)
Also, go back to mom and stfu.
Also für mich sprichst du nicht. Ich kann genauso viel negatives wie positives aus China berichten. Mir fällt nur auf, wer nicht in deine Schublade passt hat keine Ahnung. Eine seltsame Meinung.
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Re: Pisa, Shanghais Schulen auf Platz eins und...?

Beitrag von edmund27 »

Aremonus hat geschrieben:
Tatsache ist doch,dass die Chinesen über sehr viel Kapital verfügen und die Deutschen sind praktisch pleite.
Wie kommst Du jetzt da drauf oO?
Was China betrifft kann ich mich täuschen, habe ich leider keine Zahlen. Das nehme ich dann zurück. Aber was Deutschland betrifft bin ich mit meiner Meinung bestimmt nicht alleine. Man brauch nur die aktuellen Zahlen, die man überall bekommt zubetrachten. Und kannst du mir sagen wer das alles bezahlen soll.
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