Erfahrungen zum Studium der Sinologie

Übersetzungen, Computerprobleme, Chinesische Zeichen, Studium in China, Sinologie usw.
MaxKraft
Neuling
Beiträge: 11
Registriert: 04.06.2009, 16:33

Re: Erfahrungen zum Studium der Sinologie

Beitrag von MaxKraft »

Mal anderrum gefragt: Wie seht ihr momentan die Chancen, wenn man (nicht ich) als Chinese in D lebend einen chin. Bachlor-Abschluss in Germanistik und einen dt. MA-Abschluss in DaF hat? Ausbildung ist in China ist ähnlich wie bei Sinologie, nur stand der reine Spracherwerb im Vordergrund.

Sprachlehrer für Flüchtlinge in D? Tätigkeit als Sprachlehrer in CN? Oder sich am besten als Übersetzer/Dolmetscher vereidigen lassen? Akademische Laufbahn scheidet aus, denn da lebt man ärmer als eine Kirchenmaus.
DAF-Lehrer wollte ich selber mal werden, das ist ein schöner Beruf. Leider ist die Bezahlung in Deutschland so niedrig, dass man das nicht als Hauptberuf machen kann. Alle DAF-Lehrer in Deutschland machen das nebenbei oder sind reich verheiratet. Vielleicht hat sich was durch die Flüchtlingskriese geändert, ich glaube aber nicht.
DAF-Lehrer machen eher im Ausland das Rennen. In Nordamerika und Kanada kann man davon ganz gut leben. In Taiwan muss man ein bisschen suchen, hat aber auch kein schlechtes Einkommen. Von der Volksrepublik habe ich wenig Ahnung.
Gut verdient man in den Golf-Staaten, man muss sich aber mit der Kultur dort auseinandersetzen.

Also entweder du suchst dir nach dem Studium einen reichen Ehepartner oder du gehst ins Ausland. Oder du machst beides:)
Benutzeravatar
Linnea
VIP
VIP
Beiträge: 2936
Registriert: 04.06.2007, 14:29
Danksagung erhalten: 1 Mal

Re: Erfahrungen zum Studium der Sinologie

Beitrag von Linnea »

MaxKraft hat geschrieben:Während der Studienberatung hat mir ein Professor gesagt, dass "der Schwerpunkt im Studium nicht auf dem Erwerb der Sprache liegt", und damit hat er schon das vielleicht größte Problem mit diesem Studiengang angesprochen: Nach ca. einem Jahr habe ich herausgefunden, dass der Herr sehr übertrieben hat, und dass viele Absolventen kein Wort Chinesisch schreiben oder sprechen können. Meiner Meinung nach ist es ziemlich sinnlos, eine Kultur erforschen zu wollen, deren Sprache man nicht mal ansatzweise beherrscht. Es ist mir klar, dass es sich hier um Chinesisch handelt, und dass man das nicht mal eben schnell in einem Crashkurs lernt, aber viele Studenten konnten nicht einmal eine einfache Konversation führen.
Wo wir beim zweiten Problem des Studiengangs wären: die Studenten. Sinologie ist ein Orchideenfach, für das es keinen NC gibt, und dessen Dozenten froh sind, wenn sich mal jemand in ihre Vorlesungen verirrt, weswegen sie auch jeden einfach "durchwinken" (d.h. ohne große Anforderungen bestehen lassen). Das führt dazu, dass viele Studenten in diesem Fach "parken" und sehr wenig Interesse daran haben (mutmaßliche Gründe sind: Warten auf ein anderes, nc-beschränktes Fach, den Eltern und dem Arbeitsamt einen Studentenstatus vorweisen zu können oder einfach im Winter in einem beheizten Vorlsesungssaal zu sitzen). Während meines Studiums hatte ich den Eindruck, dass ca. 20 bis 30 % der Studenten ernsthaft am Stoff interessiert sind, den anderen war er schlicht und einfach egal. Es dürfte aber dann keinen überraschen, dass man nach 20 Semestern Sinologie ohne jegliche Auslandserfahrungen und Sprachkenntnisse keine besonderen Chancen hat, im Bereich China unterzukommen. Von dem kleinen Teil, der sich reingelegt haben, haben auch alle eine Karriere in diesem Gebiet verfolgt (meistens in der Wirtschaft in Kombination mit Wirtschaftswisschenschaften oder eine Laufbahn an der Uni, aber eben auch exotischere Tätigkeiten).
Wo hast du denn studiert?
Benutzeravatar
punisher2008
VIP
VIP
Beiträge: 4865
Registriert: 26.07.2008, 12:35
Hat sich bedankt: 95 Mal
Danksagung erhalten: 23 Mal

Re: Erfahrungen zum Studium der Sinologie

Beitrag von punisher2008 »

MaxKraft hat geschrieben:Aus meiner Sicht gibt es auf beiden Seiten Nachholbedarf, bei den Studenten und bei den Unis. Dies kann geschehen, indem Sprachkenntnisse für das Studium verlangt werden (wie in Romanistik oder Anglistik, aber das ist bei Chinesisch eher schwierig), oder indem indem die Kenntnisse während des Studiums vermittelt werden (wie das bei Chinesisch genau aussehen soll, kann ich nicht sagen, ist aber z.B. über eine enge Zusammenarbeit mit einer Partneruni möglich).
Wieso ist das schwierig? Es wäre schon möglich am Anfang einen Sprachtest zu machen, aber notwendig ist es nicht. Ein Sinologiestudium beinhaltet ja einen Sprachkurs, welcher am Anfang zumindest im Mittelpunkt steht. Bei mir waren es 16 Stunden pro Woche wenn ich mich richtig erinnere. Hätten gerne noch etwas mehr sein dürfen wenn es nach mir ginge! Lehrkräfte waren Muttersprachler, plus Zusatzkurse von deutschen Dozenten zum Vertiefen in die Schriftzeichen, Herkunft etc. Ich bin mir ziemlich sicher dass ich da irgendwann auch einen Sprachtest machen musste, klassisches Chinesisch (文言文) wurde zusätzlich noch geprüft. Weiß gar nicht mehr ob wir überhaupt eine chinesische Partneruni hatten. In meinem Kurs gingen die Kommilitonen später entweder nach Beijing, Shanghai oder Chengdu (ich als einziger nach Guangzhou) um Sprachkenntnisse zu vertiefen, ein oder zwei Jahre lang. Dass die Sprache wichtigster Bestandteil der Sinologie sein sollte da gebe ich dir recht. Das ist die Basis für alles weitere was die chinesische Kultur betrifft.
Große Mückerin
Neuling
Beiträge: 5
Registriert: 09.10.2015, 14:26

Re: Erfahrungen zum Studium der Sinologie

Beitrag von Große Mückerin »

Hallo Luan, es ist schon 5 Jahren vorbei, wie geht? hast du die abschloss von Sinologie? was machst du beruflich jetzt?
MaxKraft
Neuling
Beiträge: 11
Registriert: 04.06.2009, 16:33

Re: Erfahrungen zum Studium der Sinologie

Beitrag von MaxKraft »

Linnea hat geschrieben: Wo hast du denn studiert?
Sag ich nicht:)
punisher2008 hat geschrieben: Wieso ist das schwierig? Es wäre schon möglich am Anfang einen Sprachtest zu machen, aber notwendig ist es nicht. Ein Sinologiestudium beinhaltet ja einen Sprachkurs, welcher am Anfang zumindest im Mittelpunkt steht. Bei mir waren es 16 Stunden pro Woche wenn ich mich richtig erinnere. Hätten gerne noch etwas mehr sein dürfen wenn es nach mir ginge! Lehrkräfte waren Muttersprachler, plus Zusatzkurse von deutschen Dozenten zum Vertiefen in die Schriftzeichen, Herkunft etc. Ich bin mir ziemlich sicher dass ich da irgendwann auch einen Sprachtest machen musste, klassisches Chinesisch (文言文) wurde zusätzlich noch geprüft. Weiß gar nicht mehr ob wir überhaupt eine chinesische Partneruni hatten. In meinem Kurs gingen die Kommilitonen später entweder nach Beijing, Shanghai oder Chengdu (ich als einziger nach Guangzhou) um Sprachkenntnisse zu vertiefen, ein oder zwei Jahre lang. Dass die Sprache wichtigster Bestandteil der Sinologie sein sollte da gebe ich dir recht. Das ist die Basis für alles weitere was die chinesische Kultur betrifft.
Schwierig ist es, weil es im Chinesischen meiner Meinung nach nicht so einfach ist, Sprachniveaus zu bestimmen. Ich kenne mich mit dem HSK nicht aus, ich spiele aber seit Jahren mit dem Gedanken, mich auf das taiwanische Äquivalent dazu (TOP) vorzubereiten, habe aber aufgegeben, da ich keine Materialien oder Kurse dazu finden konnte. Das ist aber eine andere Thematik.
Wenn du an solch einer Fakultät studierst, dann ist daran sicher nichts auszusetzen und das Studium so, wie es sein soll. Ich kann einfach nur aus meiner Erfahrung sagen, dass ich viele Sinologen mit Abschluss kenne, die wenig bis keine Sprachkenntnisse besitzen. Das liegt aber, wie ich erwähnte, nicht an dem Fach Sinologie, sondern allgemein an der Ausrichtung der philologischen Studienfächer in Deutschland. Aber ich denke auch, dass das mit dem Bachelor besser geworden ist.
Benutzeravatar
punisher2008
VIP
VIP
Beiträge: 4865
Registriert: 26.07.2008, 12:35
Hat sich bedankt: 95 Mal
Danksagung erhalten: 23 Mal

Re: Erfahrungen zum Studium der Sinologie

Beitrag von punisher2008 »

MaxKraft hat geschrieben: Schwierig ist es, weil es im Chinesischen meiner Meinung nach nicht so einfach ist, Sprachniveaus zu bestimmen.
Chinesisch kann man wie jede andere Sprache auch testen, ich sehe da keine besondere Schwierigkeit. Sicher ist es problematischer da Mandarin die offizielle Sprache von zwei praktisch befeindeten Staaten ist. Mit HSK kenne ich mich auch nicht so aus. An deutschen Unis müsste man sich aber nicht unbedingt an HSK orientieren sondern könnte andere Sprachtests einführen, z.B. Wissen aus den verwendeten Lehrbüchern testen, Textverständnis mit Zeitungstexten aus beiden Chinas, oder besser noch auch den "anderen" Teilen Chinas wie Hong Kong, Macau und Singapur. Die verwendeten Sprachen dieser Gebiete werden sich IMO auch nicht mehr unterscheiden als z.B. britisches, amerikanisches oder neuseeländisches Englisch. Und auch Englisch kann man nach allgemeinen Kriterien testen. Spanisch wird weltweit in den meisten Ländern gesprochen die sicher viele eigene Varianten oder Vokabeln haben. Trotzdem kann man ein allgemeines Sprachniveau testen.
Ich kann einfach nur aus meiner Erfahrung sagen, dass ich viele Sinologen mit Abschluss kenne, die wenig bis keine Sprachkenntnisse besitzen.
Ich auch, darunter sogar einen Professor und Leiter der Fakultät für Sinologie der LMU München. Der konnte so gut wie gar kein gesprochenes Chinesisch. Aber ich denke dass das eher ein Problem früherer Sinologen-Generationen war. Heute legt man viel mehr Wert auf das moderne angewandte Chinesisch.
Benutzeravatar
Linnea
VIP
VIP
Beiträge: 2936
Registriert: 04.06.2007, 14:29
Danksagung erhalten: 1 Mal

Re: Erfahrungen zum Studium der Sinologie

Beitrag von Linnea »

punisher2008 hat geschrieben:Ich auch, darunter sogar einen Professor und Leiter der Fakultät für Sinologie der LMU München. Der konnte so gut wie gar kein gesprochenes Chinesisch. Aber ich denke dass das eher ein Problem früherer Sinologen-Generationen war. Heute legt man viel mehr Wert auf das moderne angewandte Chinesisch.
So gut wie gar nicht sprechen können und (fast) keine Sprachkenntnisse zu besitzen ist aber nicht das Gleiche. Mich würde schon interessieren, wo (und durchaus auch wann) die "vielen Sinologen" studiert haben, die wenige bis keine Sprachkenntnisse haben.
Benutzeravatar
punisher2008
VIP
VIP
Beiträge: 4865
Registriert: 26.07.2008, 12:35
Hat sich bedankt: 95 Mal
Danksagung erhalten: 23 Mal

Re: Erfahrungen zum Studium der Sinologie

Beitrag von punisher2008 »

Linnea hat geschrieben: So gut wie gar nicht sprechen können und (fast) keine Sprachkenntnisse zu besitzen ist aber nicht das Gleiche. Mich würde schon interessieren, wo (und durchaus auch wann) die "vielen Sinologen" studiert haben, die wenige bis keine Sprachkenntnisse haben.
Nein, ist nicht das gleiche. Mein Prof hatte wohl gute Kenntnisse der Schrift. Die Frage ist weniger wo diese Sinologen studiert haben sondern eher wann!
Antworten

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: Amazon [Bot] und 26 Gäste