Wie ist man beim Entlassen von Mitarbeitern auf der richtige

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Ecovis-beijing
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Wie ist man beim Entlassen von Mitarbeitern auf der richtige

Beitrag von Ecovis-beijing »

Chinas schwächelnde Wirtschaft hat für viele Unternehmen die Frage der Mitarbeiterentlassung erneut in den Vordergrund gerückt. Gerade Massenentlassungen und daraus resultierende Fabrikschließungen sind ein heikles Thema, und China ist da keine Ausnahme. Insbesondere weil arbeitslose, aufgebrachte Arbeiter schnell zu einem sozialen Problem werden können, werfen chinesische Behörden und lokale Regierungen ein wachsames Auge auf solche Maßnahmen.
 
Zudem kann es vorkommen, dass Mitarbeiter ihre Entlassung nicht akzeptieren und möglicherweise Beschwerden bei Behörden einreichen oder vor ein Arbeitsschiedsgericht ziehen. Da dies für Unternehmen sehr kostspielig und zeitaufwendig werden kann, ist es überaus wichtig, sich mit Chinas Arbeitsrecht auseinanderzusetzen.
 
Die beiden wichtigsten Dokumente, die bei einer Einstellung in China ernst-genommen werden sollten sind ein formaler Arbeitsvertrag und das Mitarbeiterhandbuch. Falls eines von beiden fehlerhaft ist, kann es sein, dass das Unternehmen später Schwierigkeiten bekommt, wenn es einen Mitarbeiter wieder entlassen möchte.
 
Formaler Arbeitsvertrag
 
In China ist das Unterzeichnen eines formalen Arbeitsvertrages ein Muss. Falls ein Arbeitsvertrag nicht innerhalb der ersten 30 Tage nach Beginn der Arbeitstätigkeit unterzeichnet wird, kann der Mitarbeiter später eine Entschädigung verlangen, welcher der Höhe des zweifachen Gehalts entspricht, das er/sie ab dem 2. Monat bezogen hat. Falls zudem ein Mitarbeiter ohne Vertrag länger als 12 Monate beim Unternehmen beschäftigt ist, wird sein Arbeitsverhältnis automatisch als unbefristet angesehen. Um solch ein Ergebnis und die daraus resultierenden Konsequenzen zu vermeiden, sollten neue Mitarbeiter möglichst am ersten Arbeitstag einen formalen Arbeitsvertrag unterschreiben. Weiterhin sollte darauf geachtet werden, dass alle Konditionen und Sonderregelungen bereits vor Arbeitsantritt ausgehandelt wurden.
 
Arten von Arbeitsverträgen
 
Das chinesische Arbeitsvertragsrecht kennt drei verschiedene Arten von Arbeitsverträgen: befristeter Arbeitsvertrag, unbefristeter Arbeitsvertrag, und projektbasierter Arbeitsvertrag. Wichtig ist zu wissen, dass in China nur zwei konsekutive, befristete Arbeitsverträge mit demselben Mitarbeiter geschlossen werden können. Falls der Mitarbeiter die Firma nach dem zweiten befristeten Arbeitsvertrag nicht verlässt, wird sein Arbeitsverhältnis automatisch als unbefristet angesehen (Artikel 14).
 
Was ein chinesischer Arbeitsvertrag beinhalten muss
 
Die nachfolgenden Punkte sind obligatorisch für jeden Arbeitsvertrag:
 
Name, Adresse & gesetzlicher Vertreter der Firma
Name, Adresse (Ausweisnummer des Mitarbeiters)
Zeitraum & Probezeit (falls anwendbar)
Gehalt
Beschreibung des Arbeitsortes
Regeln bezüglich der Arbeitszeit, Ruhetage und Abwesenheit des Mitarbeiters
Arbeitsbedingungen, inclusive Sicherheit und Schutzmaßnahmen
Sozialversicherung

In China werden die Beiträge zur Sozialversicherung vom Arbeitgeber abgeführt. Dabei müssen die Beiträge, die eigentlich in fünf verschiedene Versicherung fließen (Rentenversicherung, Krankenversicherung, Arbeitslosenversicherung, Arbeitsunfall- und Mutterschaftsversicherung), gleich von Beginn des Arbeitsverhältnisses an gezahlt werden. Das beinhaltet auch die Probezeit!
 
Falls es der Arbeitgeber versäumt die Abgaben zu entrichten, hat der Mitarbeiter das Recht, den Arbeitsvertrag unilateral aufzulösen und vom Arbeitgeber eine Nachzahlung der Abgaben sowie eine Abfindung zu verlangen.
 
Mitarbeiterhandbuch
 
Obwohl ein Mitarbeiterhandbuch in China nicht gesetzlich vorgeschrieben ist, ist es höchst ratsam ein solches zu nutzen, da es später eine Kündigung erleichtert. Dies gilt insbesondere, wenn der Grund der Entlassung Fehlverhalten des Mitarbeiters war.
 
Besonders ersichtlich wird die Notwendigkeit des Handbuchs, wenn das Unternehmen die Entlassung eines Mitarbeiters mit einer Verletzung des unternehmensinternen Verhaltenskodex durch diesen begründen möchte. Falls das Verhalten nicht anderweitig rechtswidrig ist, kann die Abwesenheit eines Mitarbeiterhandbuchs, das vom Mitarbeiter unterschrieben wurde und in dem die Überschreitung schriftlich fixiert ist, dazu führen, dass es für das Unternehmen extrem schwer wird, den Mitarbeiter zu entlassen. Im Fall einer Anfechtung durch den Betroffenen, kann es dazu kommen, dass das Unternehmen eine hohe Entschädigung zahlen oder den Mitarbeiter weiterbeschäftigen muss.
 
Wie entwirft man ein Mitarbeiterhandbuch
 
In China ist der Entwurfsprozess des Mitarbeiterhandbuchs vom Gesetzgeber vorgeschrieben. Artikel 4 des Chinesischen Arbeitsvertragsrechts schreibt vor, dass jegliche Änderungen einen demokratischen Prozess durchlaufen müssen. Folglich muss der Vorstand das Mitarbeiterhandbuch in seiner neuen Fassung dem Betriebsrat oder allen Mitarbeitern zur Diskusion stellen und Rat von der entsprechenden Gewerkschaft eingeholen. Falls keine explizite Zustimmung geäußert wurde, der Inhalt des Handbuchs aber als generell vernünftig angesehen werden kann, ist es wahrscheinlich, dass ein chinesisches Arbeitsgericht das Handbuch trotzdem als legitime Rechtsgrundlage anerkennt. Andernfalls fehlt dem Handbuch die Gültigkeit und es kann nicht als Grundlage für eine Kündigung herhalten.
 
Der Arbeitnehmer sollte auch sicherstellen, dass der Inhalt des Handbuches nicht im Widerspruch zu geltendem Recht steht, z.B. bei der Zahl der Ruhetage etc. Falls gesetzeswidrige Regeln mit Verweis auf das Handbuch im Unternehmen durchgesetzt werden, haben Mitarbeiter das Recht, das Arbeitsverhältnis ohne Vorankündigung aufzulösen und eine Entschädigung zu verlangen.
 
Rechtsberatung ist entscheidend
 
Da sowohl der Arbeitsvertrag als auch das Mitarbeiterhandbuch enorm wichtig für den Schutz der Rechte von Arbeitergeber und Arbeitnehmer sind und dazu dienen zukünftige Rechtstreitigkeiten zu vermeiden, ist es äußerst ratsam beim Entwerfen dieser Dokumente die Meinung von Experten einzuholen.
 
Die Entlassung von Mitarbeitern
 
Sollten Sie sich trotz der oben genannten Maßnahmen in einer Siutation befinden in der Sie einen oder mehrere Mitarbeiter entlassen müssen, gibt es ein Reihe von Richtlinien, die Sie im Hinterkopf behalten müssen um unnötige Unannehmlichkeiten zu vermeiden.
 
Was ist zu beachten?
 
Grundsätzlich ist es äußerst ratsam eine detaillierte Datenbank mit allen wichtigen Informationen der Mitarbeiter zu führen. Dazu gehören insbesondere Vertragsdauer, Arbeitsjahre innerhalb des Unternehmens sowie Familienstand und gesundheitliche Situation des Mitarbeiters.
 
Sollte der Arbeitsvertrag eines Mitarbeiters innerhalb der nächsten Monate auslaufen, ist die Nicht-Verlängerung des Vertrages die einfachste Lösung. In diesem Fall sollte der Mitarbeiter einen Monat vor Vertragsende darüber informiert werden, dass sein/ihr Vertrag nicht verlängert wird. Beachtet werden muss, dass nach chinesischem Recht auch in diesem Fall eine Abfindung zu zahlen ist. Diese ist nur dann hinfällig, wenn der Mitarbeiter von sich aus kündigt oder wenn die Kündigung aus anderen rechtlichen Umständen geschieht (z.B. kriminelles Verhalten des Mitarbeiters oder grobe Verletzung von Regeln, die im Mitarbeiterhandbuch festgehalten wurden).
 
Im Falle eines unbefristeten Vertrages oder eines längerfristigen Arbeitsvertrages sollte mit dem Mitarbeiter eine einvernehmliche Einigung ausgehandelt werden. Am Verhandlungsprozess können auch mehrere Mitarbeiter im Kollektiv teilnehmen. Diese ist für den Arbeitergeber die rechtlich sicherste Variante. Die einzige Bedingung ist, dass das Unternehmen mit den Mitarbeitern über den Verhandlungsweg zu einer Einigung bezüglich der Abfindung und anderer etwaiger Bestimmungen gelangen. Die Einigung muss von beiden Seiten unterschrieben werden.
 
 
Massenentlassungen
 
Sollten von der Kündigung mehr als 20 Mitarbeiter oder mindestens 10% der gesamten Arbeitnehmerschaft betroffen sein, muss das Unternehmen einen Personalabbauplan vorlegen. Für eine 100% Tochterfirma mit Sitz in Peking, gilt es folgende Schritte einzuhalten:
 
Schritt 1:     Offenlegung und hinreichende Begründung der Maßnahme gegenüber der Gewerkschaft oder allen Mitarbeitern. Dies muss 30 Tage vor der Kündigung geschehen.
 
Schritt 2:     Erstellung eines Personalabbauplans mit einer Liste aller zu entlassenden Mitarbeiter, einem Zeitplan, den Prozessschritten, der Abfindungssumme gemäß chinesischem Recht oder anderen Vereinbarungen (z.B. Tarifverträge mit Gewerkschaften).
 
Schritt 3:     Einholung und schriftliches Festhalten der Meinung von Gewerkschaftsvertretern oder allen Mitarbeitern; entsprechende Anpassung des Personalabbauplans
 
Schritt 4:     Übergabe des Personalabbauplans an das Arbeitsministerium. Deren Meinung sollte ebenfalls schriftlich festgehalten werden.
 
Schritt 5:     Formelle Ankündigung des Personalabbauplans und Durchführung des Entlassungsprozesses, Auszahlung der Abfindung, und Aushändigung der Kündigungsschreiben.
 
 
Welche Mitarbeiter sollten besonders berücksichtig werden:
 
a)   Mitarbeiter mit längerfristigen Verträgen
 
b)   Mitarbeiter mit unbefristeten Verträgen
 
c)   Mitarbeiter, die in ihrer Familie die einzigen Werktätigen sind, oder die für den Lebensunterhalt von älteren oder jüngeren Familienmitgliedern (unter 16 Jahren) aufkommen müssen
 
Zudem dürfen folgende Mitarbeiter nicht Teil einer Massenentlassung sein oder mit einer nur einmonatigen Vorankündigung gekündigt werden.
 
a)   Mitarbeiter, die wegen einer Berufskrankheit beurlaubt wurden, sich aber noch keinem Gesundheitscheck unterzogen haben, oder sich zurzeit in medizinischer Behandlung befinden
 
b)   Mitarbeiter, die einen Arbeitsunfall hatten oder an einer Berufskrankheit leiden und denen daraufhin der Verlust der gesamten oder teilweisen Arbeitsfähigkeit bescheinigt wurde
 
c)   Mitarbeiter, die sich in medizinischer Behandlung aufgrund von Krankheit oder anderer, nicht arbeitsbezogener Verletzungen befinden. Die gesetzlich geschützte Behandlungsdauer kann von 3 bis 24 Monate andauern und ist abhängig von Berufsjahren und der im Unternehmen verbrachten Arbeitsdauer des Mitarbeiters.
 
d)   Schwangere Mitarbeiterinnen oder solche die sich im Mutterschaftsurlaub befinden
 
e)   Mitarbeiter, die für mindestens 15 Jahre im Unternehmen angestellt waren und innerhalb der nächsten 5 Jahre in Rente gehen werden
 
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